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Der Einsatz von Miniimplantaten zur Prothesenstabilisierung

Geriatrische Zahnheilkunde

Die zahnmedizinische Versorgung von geriatrischen Patientinnen und Patienten mit Zahnersatz ist oft herausfordernd. Es gilt, die optimale Therapieform zu bestimmen aus der Wiederherstellung bzw. dem Erhalt des Kauvermögens, einer multimorbiditätsbedingten Therapieeinschränkung und den finanziellen Aspekten. Der Einsatz von Miniimplantaten in die Neu- oder Wiederherstellung des Zahnersatzes kann die Planungssicherheit und den Therapieerfolg deutlich verbessern. Anhand eines Patientenfalls stellt Dr. Höhne den Ablauf einer Miniimplantattherapie vor.

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Patientinnen und Patienten mit reduzierter Restbezahnung sind oftmals mit herausnehmbarem Zahnersatz versorgt. In einer Umfrage gaben 55% der befragten Prothesenträger/-innen an, dass sie das Tragen der Prothesen als unangenehm empfinden[1].

Eine Einschränkung der Lebensqualität ist die Folge. Auch fallen geriatrische Prothesenträgerinnen und Prothesenträger aus der regelmäßigen zahnärztlichen Betreuung heraus aufgrund eingeschränkter Mobilität, Umzug ins Altenheim oder weil einfach noch immer die weitverbreitete Meinung existiert, dass man als Prothesenträger/-in nicht mehr zur zahnärztlichen Vorsorge gehen müsse. Ziel muss es deshalb sein, diese Patientinnen und Patienten wieder in die Praxis oder zahnärztliche Betreuung zurückzuholen.

Zielführend ist grundsätzlich das Implementieren eines sicheren Therapiekonzeptes. Übliche Therapien bei insuffizientem Halt von Zahnersatz sind wiederholte Unterfütterungen sowie bei Ausbleiben des Therapieerfolges die Empfehlung, Haftcreme zu nutzen. Ab diesem Punkt kann mangels Alternativen eine gewisse Ohnmacht der Behandler entstehen.

Totalprothesenträger/-innen gelten im konventionellen Sinne auch als austherapiert. Eine alternative Therapie kann sein, zur Verankerung des Zahnersatzes Implantate in Erwägung zu ziehen, um die Kaufähigkeit zu verbessern[2]. Hier stellen neben herkömmlichen Implantaten, die insbesondere im athrophierten Kiefer oft augmentative und damit invasive, nicht zuletzt kostenintensive Maßnahmen notwendig machen, die MDI-Miniimplantate eine erprobte und sichere Therapiealternative dar[5,6]. Umstände, wie z.B. Multimorbidität, eingeschränkte Mobilität, das Bedürfnis die Anzahl von Behandlungsterminen zu reduzieren, begrenzte finanzielle Möglichkeiten sowie der Wunsch nach kurzfristiger Verbesserung des Prothesenhalts ohne monatelange Einheilphase vor Belastung[3] sollten Anlass für eine Aufnahme von Miniimplantaten in die Therapieplanung bieten.

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Miniimplantate eignen sich für die Stabilisierung von Totalprothesen und zur Pfeilervermehrung z.B. nach Verlust von Ankerzähnen mit Teleskop- oder Geschiebeverbindungen aber auch nach Verlust von Klammerzähnen[4]. Im parodontal gesunden Gebiss kann regelmäßig eine Reduktion vorhandener Lockerungsgrade der durch Miniimplantate entlasteten, restlichen Ankerzähne im Kiefer beobachtet werden. Ziel soll immer sein, eine bilaterale Retention mit möglichst großem Unterstützungspolygon zu generieren, um den Abzugskräften über die Kippachse bei Mastikation entgegenzuwirken.

Im interforaminalen Raum des Unterkiefers lässt sich dies regelmäßig durch sorgfältige Planung der Miniimplantatposition erzielen. Oft gelingt es, den inkorporierten Zahnersatz durch Pfeilervermehrung zu erhalten oder auch durch Pfeilervermehrung zu retten. Die platzsparenden Metallgehäuse des MDI-Systems der condent GmbH* lassen sich einfach in die Basis des vorhandenen Zahnersatzes einarbeiten, auch wenn ggf. mit einer geeigneten NEM-Fräse basale Metallanteile ausgeschliffen werden müssen.

Das prothetische Protokoll bietet einen optimalen Leitfaden für die Chairside-Versorgung ohne Laborlaufzeiten. Auch das chirurgische Protokoll ist einfach und sicher erlern- und beherrschbar, sodass es als Standardtherapie in die Allgemeinzahnarztpraxis gehört; zumindest sollte eine Aufklärung über die Möglichkeit einer Prothesenstabilisierung durch Miniimplantate in der Allgemeinzahnarztpraxis erfolgen oder die Patientinnen und Patienten sollten durch eine Überweisung einer Beratung zugeführt werden. Durch das bei allen Implantatversorgungen medizinisch notwendige Recall holt man diese Patienten dann auch wieder in die Behandlungsbetreuung zurück.

Professionelle Implantat- und Prothesenreinigung mit Pflegeanweisung, Kontrolle des Übungserfolges mit Prüfen sowie einem eventuellen Auswechseln der Retentionsringe sichern den Langzeiterfolg. Von meiner Praxis werden im Rahmen eines Kooperationsvertrages der Zahnärztekammer des Saarlandes mehrere Alten- und Pflegeheime betreut.

Es finden sich hier viele geriatrische Patientinnen und Patienten, die über eine eingeschränkte Lebensqualität durch mangelhaft „sitzende“ Prothesen klagen. Hier ist es unabdingbar, diese über alle medizinisch denkbaren Möglichkeiten zu beraten – auch unter Einbeziehung der Betreuer. Hierzu sollte standardmäßig auch die Möglichkeit der Prothesenstabilisierung durch MDI-Miniimplantate zählen[7].

Patientenfall

Abb. 1: Athrophierter Unterkiefer nach Verlust des letzten Zahnes Regio 33. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 1: Athrophierter Unterkiefer nach Verlust des letzten Zahnes Regio 33.

Nach dem Verlust des letzten Zahnes – Teleskopkrone 33 – stellte sich der Halt der erweiterten Totalprothese als insuffizient dar (Abb. 1). Es war der Wunsch des Patienten, den Kaukomfort wieder zu erlangen, zumindest das Niveau vor Zahnverlust. Klinisch imponiert das crestrale Knochendefizit regio 33, die fortgeschrittene Atrophie des Kieferkammes und die Beweglichkeit der Unterkiefertotalprothese.

Nach Kugelmessaufnahme (Abb. 2), Planung und Aufklärung erfolgte die transgingivale, minimalinvasive Miniimplantatinsertion mit dem MDI-System in Lokalanästhesie im Bereich des N. mentalis beidseits. Dabei konnte insbesondere die cortikalen vertikalen Extraktionsalveolenwände mesial und distal regio 33 für eine hohe Primärstabilität gerade im Extraktionsbereich durch lateralen Implantatgewindekontakt genutzt werden (Abb. 3).

Abb. 2: Kugelmessaufnahme zur Implantatplanung. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 2: Kugelmessaufnahme zur Implantatplanung.
Abb. 3: Situs nach Insertion von 4 MDI Miniimplantaten am OP-Tag. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 3: Situs nach Insertion von 4 MDI Miniimplantaten am OP-Tag.

In gleicher Sitzung wurden chairside die „metal housings“ in den vorhandenen Zahnersatz eingearbeitet (Abb. 4). Nach Okklusionskontrolle, Silikon-Fit-Check des Prothesenlagers, Pflegeinstruktion und Üben des Aus- und Eingliederns konnte der Patient entlassen werden (Abb. 5). Nach Abklingen der Lokalanästhesie empfand er noch am gleichen Tag den stark verbesserten Prothesenhalt und Kau- und Sprechkomfort.

Abb. 4: Vier in die Prothese eingearbeitete MDI metal housings. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 4: Vier in die Prothese eingearbeitete MDI metal housings.
Abb. 5: Eingegliederte Prothese am OP-Tag. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 5: Eingegliederte Prothese am OP-Tag.

Abb. 6: Follow up 5 Jahre post OP. Dr. Arndt Christian Höhne
Abb. 6: Follow up 5 Jahre post OP.

Dank des postoperativen, dauerhaften Betreuungskonzepts mit regelmäßiger, professioneller Implantat- und Prothesenreinigung im Recall zeigt sich im 5 Jahres-follow-up ein reizfreier, stabiler intraoraler situs und periimplantär sichtbare, durch physiologische Implantat-Knochenbelastung eingetretene Volumenzunahme des Kieferkammes (Abb. 6).

Fazit

Leiden geriatrische Patientinnen und Patienten an mangelnder Kaufähigkeit aufgrund des eingeschränkten Prothesenhalts, dann sollte es nicht bei einem erfolglosen Unterfütterungsversuch bleiben. Vielmehr sollte jedem Patienten oder jeder Patientin die Möglichkeit der Stabilisierung von Zahnersatz durch Implantate oder Miniimplantate angeboten werden. Diese Aufgabe sollte die allgemeine Hauszahnarztpraxis übernehmen und entweder selbst die Behandlung mit Miniimplantaten anbieten oder über eine Überweisungsstruktur den betroffenen Patientinnen und Patienten Zugang zu dieser Behandlungsalternative verschaffen.

Interessenkonflikt:

Der Autor gibt an, seit 2017 internationale Referententätigkeit für condent (MDI) auszuüben.
Literatur:
[1] Kosten-beim-zahnarzt.de; zahnprothesenstudie 2021
[2] Mundt, Torsten; Schwahn, Christian; Heinemann, Friedhelm; Schimmel, Martin; Lucas, Christian; Al Jaghsi, Ahmad. Stabilizing Removable Partial Dentures by Immediate or Delayed Loading of Mini-implants: Chewing Efficiency in a Randomized Controlled Clinical Trial. Int J Oral Maxillofac Implants; 35(1): 178-186, 2020.
[3] Al Jaghsi A*, Heinemann F, Biffar R, Mundt T: Immediate versus delayed loading of strategic mini-implants under existing removable partial dentures: patient satisfaction in a multi-center randomized clinical trial CLINICAL ORAL INVESTIGATIONS. 2021; 225-264
[4] Müller, J.: Stabilität von Zähnen und Implantaten in einer randomisierten klinischen Studie zur Pfeilervermehrung mit Miniimplantaten bei Patienten mit Teilprothesen Inaugural-Dissertation Greifswald
[5] Todd Ellis Shatkin, Christopher Anthony Petrotto: Mini dental implants: a retrospective analysis of 5640 implants placed over a 12-year period October 2012 Compendium of continuing education in dentistry (Jamesburg, N.J.: 1995) 33 Spec 3:2-9
[6] Streckbein P, Wiederhold S, Wilbrand JF, Streckbein R, Schaaf H.: Mini-Implantate sind im Kommen – eine Alternative zur Augmentation. Dent Implantol 2009; 13: 420-425.
[7] Mundt T.: Implantatprothetische Behandlungen bei Senioren – Eine versorgungsepidemiologische Betrachtung. Implantologie 2009;17:11-24.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

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