Mit rund 180 Teilnehmern aus Dentallabor, Praxis, Industrie und Handel verzeichnete die vierte Auflage des auf die Zukunft ausgerichteten StrategieForums einen neuen Rekord. Auf der Agenda standen u. a. Workshops und Vorträge von renommierten Referenten rund um die Themen Intraoralscan sowie Möglichkeiten und Realitäten des digitalen Workflows.
Eine erfolgreiche Digitalisierung als Teamarbeit
„Mit der Digitalisierung werden die Karten neu gemischt“, machte Veranstalter und DentalTheke-Geschäftsführer ZTM Alfred Schiller (Abb. 1) in seinen Eröffnungsworten deutlich. Der Bote mit den Kisten voller Abdrücke gehöre der Vergangenheit an, so Schiller, aber wo landen eigentlich inzwischen die Patientendaten der digitalen Abformung: „Im Labor des Vertrauens, beim lizensierten Planungspartner oder gar in irgendwelchen Fertigungszentren?“
Vonseiten der Dentalindustrie entwickle sich ein großer Plattformen- Markt mit dem Ziel, „die Ästhetik vom Massengeschmack des Publikums auf ein industriekonformes Niveau hin zu verändern“, und damit „mutiert der ‚freie‘ Beruf des Zahnarztes immer mehr zum verlängerten Arm der Dentalindustrie“. Wollen das Zahntechniker und Zahnärzte wirklich? fragte ZTM Schiller. „Die Herstellung von zahntechnischen Leistungen ist ein Handwerk“ und „fehlende Zähne sind eine Krankheit“, erinnerte er die Forumsteilnehmer und machte deutlich: „Somit ist Zahnersatz keine Handelsware, sondern ein Gesundheitsgut!“ Und aus diesem Grund gehöre deren (digitale) Herstellung in das Meisterlabor.
Wichtig dabei ist, betonte ZINB-Obermeister Frank Schollmeier anschließend, „dass das Labor nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird“, was die Implementierung neuer Technologien und Geräte wie z. B. dem Intraoralscanner angehe. Aus diesem Grund seien die Teilnehmer eingeladen, sich an diesem Veranstaltungstag im Team Zahnarzt-Zahntechniker zu informieren. Digitale Geräte und Verfahren müssten sich immer „an der Qualität messen, die wir mit unseren analogen Techniken aufgestellt haben“, so Schollmeier weiter. Diese in Deutschland herausragende Qualität könne aber nur auch zukünftig gesichert werden, wenn der Zahntechniker stets Zugriff auf die Datensätze habe, ohne diese teuer zu bezahlen, und zahntechnische Arbeiten so lange wie möglich im Labor blieben.
Analoge vs. digitale Abformung
Eröffnet wurde der Vortragsteil von einem Spezialisten, der sich nicht nur auf eine breite Erfahrung mit der analogen, sondern auch mit der digitalen Abformung berufen kann, dem, wie es Moderator ZTM Carsten Müller (Leipzig) formulierte, „Abdruckpapst“ Prof. Dr. Bernd Wöstmann (Universitätsklinikum Gießen, Abb. 2). Sein Vortrag mit dem Titel „Abformung 2020 – Alles nur noch digital?“ machte die Vielschichtigkeit des Themas deutlich. Aktuell haben, so Prof. Wöstmann, rund 5–6 % der Zahnarztpraxen in Deutschland einen Intraoralscanner im Einsatz. Als Stärke der Scanner sieht er die leicht bessere resultierende Passgenauigkeit, die allerdings eine stets aktuelle Soft- (und Hardware) voraussetzt und vor allem beim Scan kleinerer Abschnitte zum Tragen kommt. Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung von Intraoralscannern eine Standardisierung im Ablauf und die Möglichkeit, einzelne Scanbereiche nachzuarbeiten/zu wiederholen und damit zu korrigieren.
Sein Gesamtfazit: „Optische Scanverfahren haben heute eine hohe Qualität erreicht, die Restaurationen hoher Genauigkeit reproduzierbar erwarten lässt. Wenn auch im Moment konventionelle Abformverfahren dominieren, so ist die Zukunft der Zahnmedizin ohne Zweifel digital. Die einzige Frage ist allein, wie lange dieser Prozess noch dauert!“
Auch ZTM Ralph Riquier (Remchingen, Abb. 3) ist sich sicher: „Wenn wir im Labor effektiv und produktiv arbeiten wollen, kommen wir um digitale Technologien nicht mehr herum!“ Mit den verschiedenen Arbeitsschritten, die verloren gingen, gingen auch Kosten verloren, sagt ZTM Riquier, und der Laboralltag werde so „ressourcenschonender, effektiver, schneller und vielleicht auch schöner, einfacher und mit weniger Fehlern“. „Im Spannungsfeld zwischen Labor, Zahnarzt und Industrie“ besprach er zunächst anhand verschiedener Indikationen, in welchem Fall für ihn digitale und wann aber auch noch herkömmliche Herstellungsverfahren die besten Ergebnisse liefern. So sieht er z. B. im Fräsen den entscheidenden Vorteil hinsichtlich der hohen Oberflächenqualität und der vorhersagbaren Qualität beim Endergebnis. Stärke des 3D-Drucks hingegen sei die Erstellung hochkomplexer Geometrien; wo aber „noch einiges getan werden müsse“, sei die Materialentwicklung als Schlüsseltechnologie für den definitiven Zahnersatz aus dem 3D-Drucker.
Als „No-Go“ sieht ZTM Riquier die Einrichtung einer eigenen Digital-Abteilung im Labor, er empfiehlt stattdessen die Abstimmung der gesamten Laborstruktur auf CAD/CAM-Anwendungen und den Aufbau indikationsbezogener Arbeitsplätze. Durch diese könnten klare Kompetenzbereiche abgesteckt, die Standardisierung vorangetrieben (nicht mehr: jeder Mitarbeiter hat einen festen Arbeitsplatz mit seinen individuellen Parametern) und auch PC-ferne Mitarbeiter durch Schulungen integriert werden. Der Zahntechniker müsse „vom Bediener zum Beherrscher“ der digitalen Technologien werden, und damit dies gelinge, müssten zusätzliche Wissensgebiete wie „Datengewinnung, Datenverarbeitung, Datenstrukturen, Datenmanipulation und Datenintegration“ erschlossen und einbezogen werden.
Kollegenhilfe über die digitale Theke
Silas Feddersen, aktuell Student an der FH Osnabrück, stellte als Mitarbeiter der DentalTheke diese als das „Modell einer digital vernetzten Zahntechnik“ vor (Abb. 4). Auf dem virtuellen Marktplatz der App bzw. Website unter www.dentaltheke.de tragen sich Dentallabore mit ihren spezifischen Leistungsangeboten ein. Wenn nun z. B. ein Zahntechniker eine Leistung benötigt, die er in seinem Labor nicht selber erbringen kann, kann er sich über die Suchfunktion eine Liste von Laboren anzeigen lassen, die sich für diese spezialisierte Teilleistung eingetragen haben. Per Mausklick kann er nun so mit einem Kollegen in Kontakt treten und sich die gewünschte Arbeit anfertigen und liefern lassen. Dies fördere nicht nur den Kontakt und den Zusammenhalt unter Zahntechnikern, sondern bestärke auch die Stellung des Dentallabors als kompetenten Ansprechpartner für den Zahnarztkunden und soll zudem der zunehmenden Industriefertigung entgegenwirken.
Dieses Angebot der ZINB wird kontinuierlich weiterentwickelt und steht aktuell nicht nur für die eigenen, sondern auch für Innungsmitglieder der Innungen Dresden-Leipzig, Ostwestfalen-Lippe, Münster, Baden und Thüringen zur Verfügung. Eine bundesweite Ausdehnung ist geplant.
Fiktion und Realität im Laboralltag
Äußerst unterhaltsam und auch mit einem Schuss Selbstironie schloss ZTM José de San José Gonzalez (Weinheim, Abb. 5) den informationsreichen Tag. Anhand konkreter Beispiele von (Miss-)Erfolgen aus seinem Labor widmete er sich den Fragen: „Digitaler Workflow – wie lassen sich Arbeitsabläufe in Praxis und Labor integrieren? Fiktion oder Realität – wo stehen wir?“. Sein Fazit: „Das Digitale ist nicht erst am Werden, wir sind voll dabei!“ Man müsse erkennen, dass „Maschinen keine Arbeitsplätze rationalisieren, sondern die Mitarbeiter kompensieren, die wir im Moment nicht haben!“ (Stichwort: Fachkräftemangel). Digitale Planungen erhöhen die Vorhersagbarkeit, der Einsatz digitaler Technologien erlaubt die Präfabrikation von hochwertigen Restaurationen präoperativ und insbesondere komplexe Fälle profitieren deutlich, so ZTM José de San José Gonzalez. Außerdem erhöhe sich die Ergebnisqualität in diesem Zuge durch eine frühzeitige Kommunikation zwischen zahntechnischem Labor und dem Zahnarzt.
Intraoralscanner im Fokus
Darüber hinaus hatte ZTM Schiller vier Herstellerfirmen von Intraoralscannern eingeladen, ihre Geräte samt Workflow dem Auditorium vorzustellen. Zur besseren Vergleichbarkeit stellten Firmenvertreter anhand von vier Kriterien
- Technischer Hintergrund des Systems
- Kurze Beschreibung des Scan-Ablaufs
- Workflow – Zahnarztpraxis – Labor
- Kosten
zunächst in einer Kurzpräsentation die TRIOS Intraoralscanner von 3Shape (ZTM Thomas Riehl, Abb. 6), die CS-Serie von Carestream (Stefan Haupt), den Primescan von Dentsply Sirona (ZT Frederic Anders) und den Intraoralscanner DiOS 4.0 von Organical CAD/CAM (ZTM Marko Bähr) vor. In anschließenden zwanzigminütigen Workshops konnten Interessierte diese dann selber ausprobieren (Abb. 7) und Fragen stellen.
*Die kompletten Ergebnisse der Studie finden Sie auf www.eao.org unter dem Reiter „News & Press“.
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