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Laborführung

Wissen, Können und gute Kommunikation

Als Zahntechnikermeisterin mit anschließendem Zahnmedizinstudium kennt Judith Kropfeld beide Seiten, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Labor und Praxis geht. In ihrem Artikel äußert sie sich zu Vorurteilen, Defiziten und Chancen.

. Gerd Altmann/Pixabay
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„Was ist das denn? Das hätten unsere Auszubildenden ja besser präpariert!“ Welcher Zahntechniker bzw. welche Zahntechnikerin hat sich das nicht schon einmal gedacht beim Abzug des Abformlöffels vom Sägemodell? Und wer hat sich nicht schon mal über die Überraschungen gewundert, die man auf einem Auftragszettel finden kann: „Eilig, Patient/-in fährt in den Urlaub“, „Kulanz“ – bei einer mindestens 3 Jahre alten Arbeit – oder auch „Farbänderung: B3 statt A3,5“. Ganz zu schweigen von den Sätzen, die man am Telefon wie eine hängende Schallplatte wiederholt: „Abdruck bitte neu“, „zu wenig Platz“, „Biss kann nicht stimmen“, …

Ich gebe zu, solche Gedanken gingen mir bis zu meiner Meisterausbildung und darüber hinaus oft durch den Kopf. Seit dem Zahnmedizinstudium verstehe ich einerseits mehr und mehr die Problematik der Zahnärzteschaft – sehe andererseits aber auch immer klarer, was davon berechtigt ist oder vermeidbar gewesen wäre. Techniker/-innen erwarten eine Perfektion seitens der Zahnärzteschaft, wie sie sie selbst auf dem Modell mit herausnehmbaren Stümpfen erreichen, vergessen dabei aber, dass die Präparation nicht allein vom handwerklichen Geschick abhängt.

Blut, Speichel, Koordinationsschwierigkeiten der Patienten und Patientinnen beim Finden des habituellen Bisses, Zungen im Schleudergang, Verrenkungen, die die ohnehin schon wirbelsäulengeschädigten Behandler/-innen anstellen müssen – nur weil ein Patient oder eine Patientin lieber im aufrechten Sitzen behandelt werden möchte anstatt im Liegen, … die Liste an beeinflussenden Faktoren ist lang und auch ich musste lernen, dass nicht immer alles so funktioniert, wie man sich das vorstellt. Durch meinen beruflichen Weg habe ich das Glück, beide Blickwinkel – den der Zahntechnik und den der Zahnmedizin – miteinander verknüpfen zu können, und möchte gerne einen kleinen Einblick in meine Perspektive zum Thema „Connect: Labor und Praxis“ geben.

Gelungene Zusammenarbeit braucht …

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Eben genannte Beispiele sind leider keine Seltenheit, doch gibt es ebenso gut funktionierende Labor-Praxis-Beziehungen, in denen das Arbeiten für beide Seiten Spaß macht. Was benötigt es dazu? Die Antwort darauf kennen wir alle und so simpel sie klingt, ihre Umsetzung ist oft schwierig: Wissen, Können und gute Kommunikation.

Wissen bedeutet nicht nur die eigene Fachkompetenz, sondern vielmehr den Blick über den Tellerrand hinaus und das Interesse am Gegenpart. Ich kann aufkommende Probleme nicht beheben, wenn ich nicht begreife, wie sie entstehen.

Bei einer so engen Zusammenarbeit, wie die Patientenversorgung sie erfordert, müssen alle einzelnen Komponenten wie Zahnräder ineinandergreifen können, um die Prozesskette optimal zu gestalten. Labor und Praxis sollten also so gut kommunizieren, was sie voneinander benötigen, dass sie ihren Part erfüllen können.

Das wirft die nächste Frage auf: Was gehört denn eigentlich zum „Part“ der Zahntechniker/-innen? Nur das Anfertigen von Zahnersatz ist schon lange nicht mehr die einzige Aufgabe.

Im Dentallabor muss man sich heutzutage mehr denn je mit der Flut an neuen Materialien, Techniken und Arbeitsabläufen auseinandersetzen und verstehen, wann man was sinnvoll einsetzt. Man sollte in der Praxis eine beratende Funktion übernehmen können und auch dürfen – sich im Gegenzug aber auch mal eines Besseren belehren lassen.

Rat geben – in Zukunft zentral

Ich sehe in Zukunft gerade die Beratung stark im Vordergrund, da die zahntechnische Ausbildung im Zahnmedizinstudium immer kürzertritt und somit ein großes Defizit an Wissen vorliegen wird. Mein Semester durfte im Zahnmedizinstudium noch Zahnersatz von A-Z selbst anfertigen, das Gipsmodell herstellen, die Präparationsgrenze freilegen, Kronen und Brücken in Wachs modellieren, einbetten, gießen, ausarbeiten und mit Komposit verblenden. Es wurde den Studierenden beigebracht, wie eine Bruchreparatur funktioniert und wie man bestimmte Materialien bearbeitet und poliert.

Doch nur einmal selbst machen reicht noch lange nicht aus, um wirklich alle Arbeitsschritte zu verstehen, und mit der neuen Approbationsordnung wird nicht mehr alles davon einen Platz im Studium finden. Die verfügbare Zeit ist noch knapper bemessen als zuvor und nun soll eher auf digitale Techniken eingegangen werden.

Wie sollen sich junge Zahnmediziner/-innen auf diesem Wege mit der Vielzahl an Möglichkeiten der Patientenversorgung auskennen? Da obendrein die Wartezeit in der Studienplatzvergabe abgeschafft wurde und eine zahntechnische Ausbildung an den meisten Universitäten entweder gar nicht oder nur minimal angerechnet wird, werden die wenigsten „Zahnis“ mit einer beruflichen Vorbildung ins Studium gehen. Was für die einen ein Wermutstropfen ist, könnte für den Nachwuchs in der Zahntechnik eine Chance sein – es wird kaum noch „Abtrünnige“ geben, welche sich nach der Ausbildung für ein Studium entscheiden, weil sie schlicht und ergreifend keinen Studienplatz bekommen können.

Doch das allein wird nicht ausreichen, um mehr junge Menschen für den Beruf zu gewinnen. Es gilt für jeden einzelnen Betrieb, das Zahntechnikerhandwerk durch gute Arbeitsbedingungen, eine adäquate Vergütung und Liebe zum Beruf attraktiver zu gestalten.

Die Industrie erleichtert uns diese Aufgabe nicht gerade, indem sie Zahntechniker/-innen scheinbar obsolet macht und die Zahnärzteschaft mit „günstigen Chairside-Lösungen“ lockt. Das ist keinesfalls degradierend anzusehen, doch wie sollen z.B. Zahnmedizinische Fachangestellte, die lediglich eine kurze Schulung bekommen haben, eine 3,5-jährige Ausbildung ersetzen? Und wie ratsam ist es, dass derjenige, der Patienten und Patientinnen eine schnelle Versorgung verspricht und durch Termindruck an Wirtschaftlichkeit orientiert ist, das Endergebnis kontrolliert?

Das führt wieder zum endlos diskutierten Problem, auf welches scheinbar keine Lösung folgen wird, wie sinnhaft es ist, dass ohne Anwesenheit von Zahntechnikermeistern und -meisterinnen Zahnersatz in der Praxis angefertigt werden darf. Man kann nur hoffen und sich weiterhin dafür einsetzen, dass es bald eine sinnvolle Regulierung wie die Meisterpflicht für Praxislabore geben wird.

Fazit

Trotz aller Widrigkeiten sollten wir auf Augenhöhe als Team zusammenarbeiten und unser gemeinsames Ziel nicht aus den Augen verlieren: Den Patienten bzw. die Patientin weiterhin in den Mittelpunkt einer optimalen medizinischen sowie technischen Versorgung zu stellen. Es werden immer neue Herausforderungen auf Zahntechniker/-innen und Zahnmediziner/-innen zukommen, welche nur Hand in Hand gelöst werden können. Eine gute Kommunikation ist die Grundlage dafür, sich eigene Bedingungen zu schaffen, um den Beruf jeden Tag mit Freude und Begeisterung zu erleben.

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