Mit der steten Weiterentwicklung im Mikro- und Makrodesign bei Titanimplantaten und dem Markteintritt zweiteiliger Zirkoniumdioxidimplantate sind auch die Anforderungen an das Abutment als die entscheidende Schnittstelle zwischen Implantat, periimplantärer Mukosa und prothetischer Versorgung gestiegen. Benötigt werden Abutments, für deren Design – vom Durchtrittsprofil bis zur anatoformen Gestaltung – die Anatomie des Patienten und die Implantatachsen der Ausgangspunkt ist. Solche Ansprüche an individuell nach anatomischen, funktionellen und ästhetischen Erfordernissen geformte Abutments können von herkömmlichen Standardabutments nicht bzw. teilweise nur nach umfangreicher Bearbeitung erfüllt werden. Einteilige Titanabutments können bei dünner Gingiva grau durchschimmern und bei Zirkoniumdioxid-Abutments wiederum birgt ein Nachbearbeiten aufgrund der Materialeigenschaften das Risiko einer Reduzierung der Oberflächengüte und der prothetischen Stabilität [4]. In Fertigungszentren hergestellte, einteilige individuelle Zirkoniumdioxid-Abutments wiederum können eine zu hohe Oberflächenrauigkeit im basalen Bereich aufweisen, was vom Zahntechniker eine sehr sorgfältige und zeitaufwendige Nachbearbeitung dieser Abutments verlangt, um potenzielle Irritationen des periimplantären Weichgewebes zu vermeiden [5]. Darüber hinaus können Mikrobewegungen zwischen dem härteren Zirkoniumdioxid-Abutment und dem weicherem Titanimplantat zu einem Abrieb von Titanpartikeln mit möglichen mechanischen oder biologischen Folgeschäden führen [9,13]. Hier bietet das individualisierbare CAD/CAM BioHPP SKY elegance prefab Hybridabutment eine Alternative. Das Abutment ist mit entsprechenden Anschlussgeometrien und Abutmentschrauben für die gängigen Implantattypen – u.a. von Biohorizons, Biomet 3i, Camlog, Dentsply Sirona, Kohno, Nobel Biocare, Straumann und Zimmer Dental – verfügbar. Somit kann der Chirurg das ihm vertraute Implantatsystem verwenden und der versorgende Zahnarzt die modernen prothetischen Optionen einer physiologischen Versorgung nutzen. Der Zahntechniker muss sich ebenfalls nicht umstellen, da das prefab-Abutment im gewohnten digitalen Workflow hergestellt wird. Am Beispiel einer implantatprothetischen Versorgung im Seitenzahnbereich auf zwei XiVE 3.8 Implantaten wird die Verwendung im Folgenden geschildert.
Zweiteilige CAD/CAM-Hybridabutments
Als zeitgemäße Lösung für implantatprothetische Restaurationen gelten mittlerweile im CAD/CAM-Verfahren hergestellte verschraubbare, zweiteilige Hybridabutments mit konfektionierter Titanbasis und individuell formbarem Abutmentkörper, vornehmlich aus Zirkoniumdioxid. Sie können im entsprechend ausgestatteten Dentallabor designt und frästechnisch hergestellt werden. Die CAD/CAM-Steuerung bietet die Möglichkeit einer präzisen Planung und Gestaltung der Präparationsgrenze, was insbesondere für die Unterstützung und Ausformung der Papille entscheidend ist. Mit solchen Hybridabutments lassen sich die Parameter patientenspezifische Gestaltung, Stabilität, Festigkeit, Biokompatibilität, Reparatur- und Hygienemöglichkeit in der Herstellung optimieren. Die Verklebung des Abutmentkörpers mit der Titanbasis erfolgt extraoral, wodurch ein Entzündungsrisiko infolge submukosal verpresster Zementreste ausgeschlossen ist [7,11]. Darüber hinaus ist durch die Verschraubung eine Reparatur oder eine Neuanfertigung der Restauration in überschaubarem Rahmen möglich.
Weitere Vorteile individueller Hybridabutments liegen im Ausgleich differenter Implantatachsen für eine einheitliche Einschubrichtung und in der Förderung eines langfristigen Weichgewebsmanagements durch eine optimale Ausformung des Emergenzprofils, womit die periimplantäre Mukosa unterstützt wird. Zudem gewährleistet ein Abutmentdesign, das weitestgehend der anatomischen Kronenpräparation in mesio-distaler und oro-vestibulärer Ausdehnung entspricht, eine optimale biomechanische Unterstützung der späteren prothetischen Restauration und sichert damit einen dauerhaft stabilen Halt der definitiven Versorgung.
Einschränkungen erfahren Hybridabutments mit Zirkoniumdioxid-Abutmentkörpern jedoch in mehrerlei Hinsicht. So bedingt das laborseitig manuelle Verkleben des Zirkoniumdioxid- Abutmentkörpers mit der Titanbasis eine Klebefuge mit dem Risiko einer erhöhten Plaqueaffinität im sensiblen Übergangsbereich vom Implantat zum Abutment [12]. Zudem kann sich bei unsachgemäßer Ausführung der Abutmentkörper lockern und die Verklebung lösen. Des Weiteren ist mit einem Zirkoniumdioxid-Abutment kein Eingliedern eines definitiven Abutments unmittelbar nach der Implantation – im Sinne des „One-Time-Abutment“-Verfahrens – möglich. Haben sich nach einer temporären Phase die weichgeweblichen Strukturen verändert, können die Präparationsgrenzen intraoral nur noch mit hohem Aufwand nachgearbeitet werden.
Individuelle CAD/CAM-Hybridabutments mit BioHPP-Abutmentkörper
Diese Einschränkungen lassen sich mit individualisierbaren, für die CAD/CAM-Bearbeitung vorbereiteten Hybridabutments mit einem PEEK-Abutmentkörper wie beim BioHPP SKY elegance prefab (Bredent) umgehen, ohne dabei auf die beschriebenen Vorteile von Hybridabutments verzichten zu müssen. So ist der Abutmentkörper aus dem keramisch verstärkten thermoplastischen Hochleistungspolymer BioHPP bereits herstellerseitig stoffschlüssig und spaltfrei mit der Titanbasis verbunden. Durch den fehlenden Klebespalt ist der Verbund alterungsbeständig und bietet keine Angriffsfläche für eine Keimbesiedelung. Zudem ist BioHPP nicht plaqueaffin und zeigt in Studien eine im Vergleich zu Titan bessere Anlagerung des Weichgewebes [10, 15]. Voraussetzungen wiederum, um für das periimplantäre Weichgewebe möglichst langfristig reizfreie Bedingungen sicherzustellen.
Die BioHPP SKY elegance prefab Abutments werden frästechnisch individualisiert und sind für Restaurationen – Einzelzahn- und Brückenversorgung sowie Teleskopversorgungen – mit einer Angulation bis maximal 25 Grad zur Implantatachse indiziert.
Im Gegensatz zu einem Zirkoniumdioxid-Abutmentkörper entfällt jedoch das anschließende Sintern, der Abutmentkörper muss lediglich noch gemäß Protokoll entsprechend geglättet und poliert werden [14]. Zur optimalen Anhaftung des periimplantären Weichgewebes und um einem Attachmentverlust infolge einer zu glatten Oberfläche vorzubeugen, empfiehlt es sich, den Abutmentkörper im Bereich des Durchtrittsprofils nicht unter einem Ra-Wert von 0,15 ?m zu polieren [8]. Der BioHPP-Werkstoff selbst lässt sich bis auf einen Ra-Wert von 0.03 µm glätten.
Unter physiologischen Aspekten ist noch die stoßdämpfende Eigenschaft („Off-Peak“) des BioHPP-Abutmentkörpers anzuführen. Mit einem Elastizitätsmodul von ca. 4 GPa weist der Werkstoff eine ähnliche Elastizität auf wie natürlicher Knochen und kann damit kaubedingte Komprimierung und Torsion aufnehmen und teilweise kompensieren. Dieser mit der Funktion des parodontalen Ligamentes vergleichbare Effekt geht mit einer Erhöhung des Tragekomforts einher (Abb. 1 u. 2).
Zahntechnischer Workflow
BioHPP elegance prefabs können auf den gängigen CAD/ CAM-Frässystemen verarbeitet werden, die eine Aufnahme für Cerec-Halterung haben. Für die Systemimplementierung werden benötigt:
- CAD-Datensatz für 3Shape | DentalWings | exocad (kostenfrei)
- Implantatsystemspezifische Scanabutments (über Bredent)
- ggf. speziellen Blankhalter, abhängig vom CNC-System und Hersteller
- CAM-Datensatz/update
Der eigentliche digitale zahntechnische Workflow gehorcht gewohnten Abläufen. Um bis zum Re-Entry die Abutments im Sinne einer „One-Time-Abutment“-Therapie und das Provisorium fertigstellen zu können, wird direkt nach der Implantation der beiden XiVE 3.8 Implantate in regio 24 und 26 mit dem SKY Abformabutment für das Meistermodell abgeformt und das Durchtrittsprofil auf der Zahnfleischmaske mit dem apikalen Teil des Abformabutments vorgeformt.
Die Scanbodies werden auf den Laboranalogen verschraubt, um darüber Position und Ausrichtung der Implantatachsen digital erfassen zu können. Jedem Implantatsystem ist ein Scanabutment zugeordnet und in die entsprechende CAD/ CAM-Software implementiert. Das virtuelle Wax-up wird anhand der Zahndatenbank erstellt. Daraus werden durch Reduzierung der geplanten Kronenform die Abutments designt und der Datensatz für die provisorische Brücke generiert (Abb. 3–5).
Die provisorische Brücke wird im Fräsverfahren hergestellt und wie beschrieben finalisiert. Bei der Nassbearbeitung mit Standard- PMMA-Frästemplates muss der Zahntechniker keinerlei spezielle Einstellungen oder Verarbeitungseigenschaften beachten. Für eine Schleifbearbeitung jedoch sind Thermoplaste wie BioHPP und PEEK grundsätzlich nicht geeignet.
Parallel dazu wird aus dem Datensatz – ebenfalls in Nassverarbeitung – ein dreigliedriges Provisorium aus breCAM. resin (Bredent), einem thermoplastischen PMMA, mit einer Verbinderfläche von > 15 mm2 gefräst (Abb. 6–12).
Das passgenaue Einsetzen der Abutments in der „One-Time-Abutment“-Therapie erfolgte mit einer Einbringhilfe. Das PMMA-Provisorium wird temporär zementiert (Abb. 13–19). Die finale Versorgung erfolgte auf herkömmlichen Weg mit einer keramisch verblendeten und farblich an die natürlichen Nachbarzähne angepassten Brücke aus Lithium-Disilikat (Ivoclar Vivadent, Ellwangen, Abb. 20–22).
Die „One-Time-Abutment“-Therapie
Die genannte „One-Time-Abutment“-Therapie gibt dem Zahntechniker die Möglichkeit, alle folgenden Arbeitsschritte auf Abutmentebene ausführen zu können, da kein Abutmentwechsel zwischen Provisorium und definitiver Restauration mehr notwendig ist. Ein Provisorium kann dabei auf dem definitiven Abutment verschraubt oder temporär zementiert werden. In der Folge können sich die periimplantäre Mukosamanschette und die approximalen Papillen in der Remodellierungsphase stabil und unter weitestgehendem Erhalt der umlaufenden Gingiva-Faser-Architektur ausbilden. Eine intakte Mukosamanschette senkt das Periimplantitisrisiko erheblich [1,2,3,5,16]. Verändern sich während oder nach einer provisorischen Phase die weichgeweblichen Strukturen, können die Präparationsgrenzen intraoral nachbearbeitet werden, ohne hierbei die werkstofflichen Eigenschaften zu beeinträchtigen.
Fazit
Die BioHPP SKY elegance prefab Abutments sind kompatibel zu den gängigen Implantatsystemen. Das gibt Zahntechnikern erstmals die Möglichkeit, mittels Weichbearbeitung individuelle, permanente Abutments für verschiedene Implantattypen im eigenen Labor herzustellen. Für den Behandler hat das den Vorteil, dass er nicht extra auf ein für ihn ungewohntes Implantatsystem umsteigen muss, um die geschilderten Vorteile des BioHPP SKY elegance prefab Abutments nutzen zu können. Der Zahntechniker wiederum kann sich unabhängig von dem verwendeten Implantattyp auf einen ihm vertrauten Workflow bei der Abutmentherstellung stützen. Das gibt dem Behandlerteam den Freiraum, ausschließlich nach indikationsspezifischen Aspekten entscheiden zu können und somit auch in schwierigen Fällen eine funktionelle, langfristig stabile und sichere Restauration herstellen zu können. Die Wertschöpfung aus dem kosteneffizienten CAD/CAM-Prozess verbleibt unabhängig vom Implantattyp im Labor.
Mehr Infos zu BioHPP finden Interessierte hier:
www.bredent.com/de/bredent/download/29341/
Näheres zu den Autoren des Fachbeitrages: ZTM Stephan Adler, Dr. Frank Kistler, Dr. Steffen Kistler, Dr. Jörg Neugebauer
Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels
Keine Kommentare.