Modellguss


Modellguss goes digital

Gefräster „Modellguss“ – noch im Wachs-„Blank“.
Gefräster „Modellguss“ – noch im Wachs-„Blank“.

Die moderne Zahntechnik ist ohne den Einsatz digitaler Komponenten kaum noch vorstellbar. Dies auch, weil die Möglichkeiten, Gerüst- und Objektkonstruktionen virtuell durchzuführen, dem manuellen analogen Arbeiten bereits weitgehend ebenbürtig sind – von Spezialfällen einmal abgesehen. Auch die Modellgusstechnik lässt sich heute in Teilen digital-gestützt durchführen. Am Beispiel der Fertigung einer Unterkiefer-Klammerprothesenbasis beschreibt unser Autor den Anwendungsnutzen, die ihm eine noch relativ junge Designsoftware hierfür bietet.

Metallische Prothesenbasen – wie aus Nichtedelmetall-(NEM)-Dentallegierungen gefertigt – machen herausnehmbare Zahnprothetik grazil und geben ihr Stabilität. Ursprünglich waren diese „Modellgüsse“ für Klammerprothesen mit definierten identischen Abzugskräften an allen Klammerzähnen konzipiert. Namentlich sind hierzu die Zahnvermessungssysteme nach Ney (ehemals Ney, Bloomfield, USA, für Goldgusslegierungen) und nach Bios (ehemals Bitter, Osnabrück, auch für NEM-Legierungen [Rapid-Flex-System]) zu erwähnen.

Ihre große Attraktivität erhält die Modellgusstechnik jedoch durch ihre Eignung für die „Kombitechnik“ – also die Kombination zwischen festsitzender und herausnehmbarer Zahnprothetik. Und so stehen heute überwiegend die Verbindung von Modellgussbasen mit Sekundärteilen von Konus- oder Teleskopkronen sowie feinmechanischer Halteelemente auf den Auftragszetteln. Durch das Einlasern oder Einkleben dieser Sekundärteile in die Prothesenbasen lassen sich exzellente, spannungsfreie Passungen erzielen.

Im Wandel der zahntechnisch handwerklichen Fertigungstechniken ist in den vergangenen Jahren die Nutzung digitaler Verfahren für viele Restaurationsformen zum Alltag geworden. Damit hat die Qualität der Arbeiten zugenommen und ihre Herstellungskosten sind gesunken. Trotzdem ist die manuelle Tätigkeit dieses Handwerks immer noch unverzichtbarer Bestandteil von fast allen Produkten, die im Labor gefertigt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Modellgusstechnik. Das Gerüst wird, wie der Name schon sagt, in der Regel im – sehr zeitaufwendigen – klassischen händischen Einbettmassemodell-Verfahren hergestellt. Denn erst nach der Vorbereitung und Dublierung des Meistermodells sowie der Herstellung eines Duplikat-Einbettmassemodells und dessen Härtung kann die Modellation beginnen. Mit den Weiterentwicklungen dentaler Konstruktionssoftware ist nun jedoch auch die CAD/CAM-gestützte Fertigung dieser metallischen Prothesenbasen möglich. Hierzu gehören: klammer- und konus- bzw. teleskopverankerte Prothesen, Gussklammern für Interimsprothesen sowie Angussteile für umfangreichere Modellgusserweiterungen (Reparaturen).

CAD-gestützte Konzeption

  • Abb. 1: Klammerprothesenbasis digital modelliert mit Sirona 15.0 Partial Framework in der finalen Ansicht.

  • Abb. 1: Klammerprothesenbasis digital modelliert mit Sirona 15.0 Partial Framework in der finalen Ansicht.
Die digitale Fertigungstechnik ist dann besonders effizient, wenn möglichst viele prothetische Arbeiten mit ihr gefertigt werden. So sollte das virtuelle Designen die Regel, das physische Modellieren die Ausnahme in einem zahntechnischen Labor sein – so, wie wir es in unserem Labor handhaben. Sinnvoll ist es dazu, wenn alle prothetischen Indikationen mit der Software eines Entwicklers durchgeführt werden können. Hierdurch bewegt sich der Anwender in einer einheitlichen Benutzeroberfläche, was ihm das Designen der jeweiligen Arbeiten erleichtert.

Wir haben uns aus diesen Gründen für die Software inLab SW 15.0 (Sirona Dental, Salzburg/Österreich und Bensheim) entschieden, die in diesem Jahr erstmals auf der Internationalen Dental-Schau (IDS) in Köln präsentiert wurde. Mit ihr ist es uns möglich, alle relevanten Designs für festsitzende und herausnehmbare Prothetik – aber auch für Bohrschablonen – zu realisieren. Wie das geht, skizzieren wir am Beispiel eines typischen Verlaufs der Softwareanwendung für die Fertigung einer Unterkiefer- Klammerprothesenbasis (Abb. 1).

Modellvorbereitung

Die Modelle werden ohne Ausblocken und Vermessen digitalisiert, eine Bissregistrierung artikuliert die Modelle mithilfe eines Bukkal-Scans virtuell ein. Ist eine Anzeichnung der geplanten Konstruktion gewünscht, kann diese mithilfe eines scanfähigen „Bleistiftes“ auf dem Modell angezeichnet werden – sie wird auf dem virtuellen Modell sichtbar.

Modelleinrichtung

  • Abb. 2: Ausblocken der Unterschnitte und Freilegen der farblich angezeigten Retentionsgebiete.

  • Abb. 2: Ausblocken der Unterschnitte und Freilegen der farblich angezeigten Retentionsgebiete.
In der Konstruktionssoftware wird dann die Einschubrichtung für den Modellguss festgelegt. Die Unterschnitte sind farblich von Grün bis Rot entsprechend ihrer Stärke sichtbar gemacht. Durch Neigen der Modellachse ist, wie im analogen Verfahren, die optimale Klammerverlaufslinie zu ermitteln. Die Unterschnitte der Zähne und alle Bereiche im Kiefer, den Gaumenfalten oder der Auflagen blockt die Software automatisch aus – an den Stellen der benötigten Retentionsgebiete kann diese Maßnahme mit einem abtragenden Tool wieder rückgängig gemacht werden. Darüber hinaus ist ein individuelles Auf- oder Abtragen von weiteren Ausblockungen außerhalb der festgelegten Einschubrichtung ebenfalls möglich. Immer wird die Unterschnittstärke farblich dargestellt (Abb. 2).

Prothesendesign

Im Designschritt werden die einzelnen Elemente ausgewählt und auf dem virtuellen Modell platziert. Die Reihenfolge der Platzierung ähnelt dem analogen Vorgehen. So sind Retentionen vom Lochdurchmesser, der Dicke und der Ausblockstärke zum Kieferkamm hin anpassbar. Die individuelle Anpassung der verfügbaren Elemente – Klammern, Auflagen, Retentionen, UK-Bügel/- OK-Platte und Verbinder – ist während der Modellation jederzeit möglich. Eine Besonderheit ist der Abschlussrand, der den definierten Übergang zwischen der Modellgussstruktur und dem Kunststoff darstellt: Dieser ist auf den Winkel der anschließenden Kunststoffanteile einstellbar. Stiftretentionen zum besseren Halt von Zähnen und Kunststoff können beliebig positioniert und verändert werden (Abb. 3 u. 4).

  • Abb. 3: Positionieren der einzelnen „Modellguss“-Elemente auf dem virtuellen Modell …
  • Abb. 4: … hier vor dem Zusammenfügen im Detail abgebildet.
  • Abb. 3: Positionieren der einzelnen „Modellguss“-Elemente auf dem virtuellen Modell …
  • Abb. 4: … hier vor dem Zusammenfügen im Detail abgebildet.

Endmodellation

Nach dem Positionieren der Elemente werden von der Software die einzelnen Teile miteinander verschmolzen. Zu dieser Finalisierung stehen einstellbare Werkzeuge zur Verfügung, mit denen man Auftragen, Abtragen und Glätten kann. Eine skalierbare Kugel, die als Aufwachswerkzeug verwendet wird, erleichtert das Füllen und Auftragen von Material.

  • Abb. 5: UK-Teleskop-„Modellguss“ – für Laserverbindung oder zum Verkleben mit Teleskop-Sekundärkrone.
  • Abb. 6: Fertige abgespeicherte STL-Modellation zur Weiterverarbeitung in einem STL-Viewer angezeigt.
  • Abb. 5: UK-Teleskop-„Modellguss“ – für Laserverbindung oder zum Verkleben mit Teleskop-Sekundärkrone.
  • Abb. 6: Fertige abgespeicherte STL-Modellation zur Weiterverarbeitung in einem STL-Viewer angezeigt.

Datentransfer

Nach dem Abschluss der Modellation (Abb. 5) wird das Objekt als offener STL-Datensatz abgespeichert und steht für die weitere Verarbeitung in jedem STL-kompatiblen Bearbeitungssystem zur Verfügung (Abb. 6). Damit haben wir größtmögliche Flexibilität bei der Wahl der Fertigungsoptionen. Verschiedene Wege stehen dafür zur Verfügung:

Lasersintern (mit end-festem NEM)

Lasersintern ist als Lohnauftrag in der Industrie verfügbar, hat unserer Meinung nach aber noch keine Langzeitstabilität im dentalen Einsatz bewiesen. Die Nacharbeit am endfesten NEM – das mit fertigungstechnisch notwendigen Stützstrukturen versehen ist – kann die Nacharbeit verlängern und erschweren. Die Auftragegenauigkeit (Schichtauftrag) dieser generativen Fertigung liegt bei ca. 30 bis 60 ?m.

3D-Druck (mit ausbrennbarem Wachs oder Kunststoff)

Wachs- oder Kunststoffformteile können im 3D-Druck mit aktuellen Systemen leistungsfähig sowie in guter Qualität und Bearbeitungszeit im eigenen Labor produziert werden. Die Auftragegenauigkeit dieser Geräte liegt bei ca. 30 bis 50 ?m.

Fräsen (mit ausbrennbaren Wachsen oder Kunststoffen etc.)

  • Abb. 7: Gefräster „Modellguss“ – noch im Wachs-„Blank“.

  • Abb. 7: Gefräster „Modellguss“ – noch im Wachs-„Blank“.
Das Fräsen von Werkstoffen ist in vielen Laboren „In- House“ möglich. So können aus ausbrennbaren Wachsen oder Kunststoffen – auch „Sonderkunststoffen“, wie PEEK – sowie end-festem NEM und weiterer Materialien die konstruierten Strukturen ausgefräst werden (Abb. 7). Die Qualität dieser Objekte ist von der Oberflächengüte bestens geeignet, Gussobjekte zu erzeugen. Fräsoberflächen sind je nach Frässtrategie zwischen 20 bis 30 ?m genau und haben keinen Schichtauftrag wie additive Verfahren.

Der Vorteil von 3D-gedruckten oder gefrästen Objekten aus Wachs oder Kunststoff besteht darin, dass sie vor dem Gießen auf- bzw. angepasst werden können.

Digitale und analoge Symbiose

Wir haben uns dafür entschieden, unsere virtuell designten Strukturen mit einem 3D-Drucker (Projet 1200, 3DSystems, Darmstadt) in ausbrennbaren Kunststoff zu drucken. Daran anschließend wechseln wir in der Fertigung zum klassisch erlernten zahntechnischen Handwerk mit der gewohnten Gusstechnik und den analogen Schritten zur Fertigstellung der Restauration.

Zeitvorteil für Modellgusserweiterungen

  • Abb. 8: 3D-„Modellguss“-Erweiterung: virtuell designt, 3D-geprintet und auf Modell aufgepasst.

  • Abb. 8: 3D-„Modellguss“-Erweiterung: virtuell designt, 3D-geprintet und auf Modell aufgepasst.
Der Zeitvorteil, der sich durch die digitale Technik bei der Fertigung von Modellguss-Prothesenbasen erzielen lässt, macht sich insbesondere bei Modellgusserweiterungen bemerkbar (Abb. 8): Die bestehende Modellgussprothese wird auf dem Arbeitsmodell gescannt, wodurch ein virtuelles Arbeitsmodell erzeugt wird. Es folgt das Design des Erweiterungselements, das dann als STL-File gedruckt wird. Als analoge Arbeitsschritte schließen sich das Einbetten, Gießen, Ausarbeiten und Verbinden (Lasern) mit der Modellgussbasis an.

Zusammenfassung

Der „digitale Modellguss“ gehört bereits zum zahntechnischen Alltag. Wir haben uns dafür für ein Softwaregesamtpaket entschieden, mit dem wir den digitalen Workfl ow der Kronen- und Brückentechnik auch auf diesen Prothetikbereich übertragen können. Der 3D-Druck und das Fräsen von Gerüstvorlagen ist mittlerweile Bestandteil unseres Dentallabors und ersetzt Teile unserer analogen Modellgussherstellung. Da der gusstechnische Prozess eine von uns sehr gut beherrschte Technik ist, mit der wir qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielen, führen wir den Fertigungsprozess komplett „In-House“ durch. Mit der Kombination von digitaler Konstruktion und Fertigung sowie der analogen Weiterarbeit behalten wir die gesamte Wertschöpfung in unserem Labor.

Trotzdem: Die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zum klassisch analogen Herstellungsprozess ist Indikations- und CAD/CAM-System-abhängig und muss sich in Zukunft noch beweisen. Und: Auf welche Kombinationen der digitalen und analogen Fertigung ein Dentallabor setzt, muss es nach individueller Beurteilung für sich selbst entscheiden.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: ZTM Hans Jürgen Lange

Bilder soweit nicht anders deklariert: ZTM Hans Jürgen Lange


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