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Laborführung

Teil 1: Zündstoff „zahnärztliches Praxislabor“ – eine rechtliche Neubewertung

Die Frage, ob ein Dentallabor zulässig ist, das einer Zahnarztpraxis angegliedert ist und zahntechnische Produkte herstellt („zahnärztliches Praxislabor“), ohne die handwerksrechtlichen Vorschriften zu beachten, die für ein externes gewerbliches Dentallabor gelten, wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Die Zahnärzteschaft erachtet dieses Modell aus nachvollziehbaren Gründen für prinzipiell zulässig. Die Inhaber gewerblicher Dentallabore vertreten aus ebenso nachvollziehbaren Gründen die gegenteilige Auffassung. In einem zweiteiligen Beitrag stellt Prof. Dr. Steffen Detterbeck (Universität Marburg) den Sachverhalt detailliert dar.

Prof. Dr. Steffen Detterbeck von der Universität Marburg gibt eine rechtliche Einschätzung. Quelle: Robert Kneschke/fotolia.com
Prof. Dr. Steffen Detterbeck von der Universität Marburg gibt eine rechtliche Einschätzung.
Prof. Dr. Steffen Detterbeck von der Universität Marburg gibt eine rechtliche Einschätzung.

In diesem und im vergangenen Jahr war die rechtliche Problematik des zahnärztlichen Praxislabors Thema mehrerer Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung: zunächst des Parlamentarischen Abends in Berlin am 27. September 2016, dann des Unternehmertages des Arbeitgeberverbandes Zahntechnik e. V. am 31. März/1. April 2017 in Köngernheim in der Nähe von Mainz und schließlich auf der Veranstaltung des VDZI am 30. August 2017 in Berlin. Der Autor dieses Beitrages war als Gutachter, Referent und Diskussionsteilnehmer an allen drei Veranstaltungen maßgeblich beteiligt.

Im Folgenden sollen die zentralen rechtlichen Aspekte in einer auch für juristische Laien verständlichen Form erläutert werden. Eine ausführliche Darstellung findet sich in: Steffen Detterbeck, Das zahnärztliche Praxislabor – Handwerks-, berufs- und wettbewerbsrechtliche Grenzen, 2016, sowie in der gleichlautenden aktualisierten Kurzfassung, die demnächst in Heft Nr. 3 der Fachzeitschrift Wirtschaft und Verwaltung 2017, S. 153 ff., veröffentlicht wird.

Die Ausgangslage

Benötigt ein Zahnarzt für seine Patienten zahntechnische Produkte wie Inlays, Kronen, Brücken, Implantate oder Prothesen, kann er diese von einem gewerblichen Dentallabor beziehen, in dem das Handwerk der Zahntechnik ausgeübt wird. Ein gewerbliches Dentallabor unterliegt neben vielen anderen gesetzlichen Bestimmungen insbesondere auch den Vorschriften der Handwerksordnung (HwO). Die HwO ist ein Bundesgesetz, das regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Handwerk ausgeübt werden darf. Bestimmte Handwerke – sie sind in einer Anlage zur HwO aufgezählt – dürfen, verkürzt gesagt, selbstständig und in einem Handwerksbetrieb nur ausgeübt werden, wenn der Betriebsleiter die Meisterprüfung in diesem Handwerk bestanden hat oder über eine vergleichbare Qualifikation verfügt. Dieses sogenannte Meistererfordernis soll vor allem die Verbraucher vor Gefahren schützen, die Folge einer unsachgemäßen Handwerksausübung sind. Deshalb muss der Meister die handwerklichen Arbeitsabläufe im Betrieb steuern und die Mitarbeiter fachlich beaufsichtigen und anleiten. Für einige wenige Handwerke gelten insoweit sehr strenge Anforderungen. Betroffen sind die sogenannten Gesundheitshandwerke wie etwa die Augenoptik, Hörakustik und eben die Zahntechnik. Grund hierfür sind die erheblichen Gesundheitsgefahren, denen die Patienten ausgesetzt sind, wenn diese Berufe nicht einwandfrei ausgeübt werden. Um diesen Gefahren schon im Ansatz zu begegnen, muss sich der Meister – von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen – ständig im Betrieb aufhalten und die Arbeitsabläufe permanent steuern und überwachen. Dieser nur für die Gesundheitshandwerke geltende Grundsatz der permanenten Meisterpräsenz ist in der Fachliteratur und der höchstrichterlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt (zuletzt BGH, 16.6.2016 – I ZR 46/15 – juris Rn. 21; 17.7.2013 – I ZR 222/11 – juris Rn. 16). Allein schon diese handwerksrechtlichen Anforderungen – Beschäftigung zumindest eines Zahntechnikermeisters, wenn nicht der Betriebsinhaber selbst über diese Qualifikation verfügt, und permanente Meisterpräsenz – sind für die gewerblichen Dentallabore ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Auch er schlägt sich im Preis nieder, den der Zahnarzt an die gewerblichen Labore entrichten muss, wenn er ihre Dienste in Anspruch nimmt.

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Viele Zahnärzte beziehen die für ihre Patienten benötigten zahntechnischen Produkte nicht von einem externen gewerblichen Dentallabor. Vielmehr verfügen sie über ein Eigenlabor, das sich in ihrer Zahnarztpraxis oder in deren Nähe befindet. Dieses Eigenlabor wird auch als zahnärztliches Praxislabor bezeichnet. In ihm werden die zahntechnischen Produkte entweder vom Zahnarzt selbst, was die Ausnahme ist, oder von einem angestellten Zahntechniker angefertigt. Dieser Zahntechniker ist in aller Regel kein Zahntechnikermeister, sondern lediglich ein Zahntechnikergeselle. Der Vorteil für den Zahnarzt liegt auf der Hand. Der Gewinn, den das Dentallabor erzielt, wenn es für den Zahnarzt tätig wird, verbleibt nunmehr beim Zahnarzt selbst. Dieser verdient nicht nur an der Behandlung seiner Patienten, sondern auch an der Herstellung der zahntechnischen Produkte. Die Tätigkeit der Praxislabore ist für viele externe Dentallabore mittlerweile existenzbedrohend (Näheres zu den Zahlen aus dem Jahr 2014 in: Detterbeck, Das zahnärztliche Praxislabor, 2016, S. 13 f.). Vor diesem Hintergrund ist das Interesse der Inhaber der externen Dentallabore und ihrer beruflichen Organisationen an einer strikten Einhaltung der rechtlichen Vorgaben, die auch für ein Praxislabor gelten, nur allzu verständlich und auch berechtigt.

Keine klaren gesetzlichen Vorgaben

Das zahnärztliche Praxislabor unterliegt nicht nur handwerksrechtlichen, sondern auch berufs- und wettbewerbsrechtlichen Grenzen. Wo genau sie verlaufen, ist naturgemäß heftig umstritten. Das beruht darauf, dass es für das Praxislabor keine speziellen bundesgesetzlichen Regelungen gibt. Die allgemeinen Vorschriften vor allem der HwO, des zahnärztlichen Berufsrechts und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), die stattdessen angewendet werden müssen, eröffnen einen weiten interpretatorischen Spielraum und werden deshalb zum nicht geringen Teil nach Maßgabe der jeweiligen wirtschaftlichen Interessen auch ganz unterschiedlich ausgelegt. Hinzu kommt, dass schon der Begriff des Praxislabors nirgends näher definiert ist. Vielmehr gibt es verschiedene Erscheinungsformen, für die zwar alle der Terminus „Praxislabor“ verwendet wird, die sich aber rechtlich erheblich voneinander unterscheiden. Dies wirkt sich zwangsläufig auf die rechtliche Beurteilung aus. So bedeutet es einen erheblichen Unterschied, ob einer Ein-Mann-Zahnarztpraxis ein Labor mit nur einem Zahntechniker angegliedert ist, ob die Zahnarztpraxis von einer GmbH oder einer Partnergesellschaft betrieben wird oder ob mehrere Zahnärzte jeweils ihre eigene Zahnarztpraxis führen, aber gemeinschaftlich in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Praxislabor betreiben, in dem mehrere Zahntechnikergesellen beschäftigt sind. Auf all die damit verbundenen Besonderheiten und die hieraus folgenden rechtlichen Konsequenzen kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden (dazu näher in: Detterbeck, Das zahnärztliche Praxislabor, 2016, insbes. S. 17 ff., 48 ff., 68 ff.). Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf das einfache Grundmodell, bei dem ein einziger Zahnarzt eine Zahnarztpraxis mit angegliedertem Praxislabor betreibt, in dem ein oder mehrere Zahntechniker beschäftigt sind.

© Michael Tieck/fotolia.com
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Der Streit über die rechtliche Zulässigkeit solcher Praxislabore reicht zurück bis in die 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Kritiker vertreten die Ansicht, im Praxislabor werde das Zahntechnikerhandwerk ausgeübt, deshalb unterliege es uneingeschränkt den Anforderungen der HwO. Wenn der Zahnarzt nicht zugleich ein Zahntechnikermeister sei oder über eine handwerksrechtliche Ausnahmebewilligung verfüge, müsse er einen Zahntechnikermeister einstellen, der die Arbeiten selbst ausführe oder permanent überwache (Meisterprinzip und Meisterpräsenz). Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die zahnärztlichen Berufsordnungen, die von den Landeszahnärztekammern als Satzungen erlassen worden sind, nicht von den Anforderungen der HwO befreien können. Denn die HwO ist ein formelles Bundesgesetz und geht deshalb entgegenstehendem Satzungsrecht vor. Dies betrifft diejenigen Vorschriften der Berufsordnungen, die sich an § 11 Musterberufsordnung für Zahnärzte – erlassen von der Bundeszahnärztekammer – orientieren, der lautet: „Der Zahnarzt ist berechtigt, im Rahmen seiner zahnärztlichen Praxis ein zahntechnisches Labor zu betreiben … Das Zahnarztlabor kann auch in angemessener räumlicher Entfernung zu der Praxis liegen.“ Diese und ähnliche Satzungsbestimmungen sind nur insoweit anwendbar, wie sie sich im Rahmen halten, den die HwO und sonstiges Bundesrecht vorgeben.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Jahr 1979

Der Standpunkt der Kritiker des Praxislabors erscheint zunächst naheliegend. Gleichwohl haben im Jahr 1979 zunächst das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 11.5.1979 – 5 C 16.79 – BVerwGE 58, 93 ff.) und kurz darauf der Bundesgerichtshof (BGH, 14.12.1979 – I ZR 36/78 – NJW 1980, 1337 f.) anders entschieden. Beide Entscheidungen argumentieren zweigleisig. Dies wird häufig, auch von Juristen, übersehen. Das Hauptargument beider Gerichte lautet: Weil die Anfertigung zahntechnischer Produkte auch Gegenstand der zahnmedizinischen Ausbildung sei, übe der Zahnarzt kein Handwerk, sondern den freien Beruf des Zahnarztes aus, wenn er selbst oder durch seinen angestellten Zahntechniker in seinem Praxislabor tätig werde. Nur für den Fall, dass hierbei doch von der Ausübung des Zahntechnikerhandwerks auszugehen sei, so das zweite Argument beider Gerichte, handele es sich beim Praxislabor um einen bloßen handwerklichen Hilfsbetrieb nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 HwO. Richtig und unbestritten ist, dass in beiden Fällen das Meistererfordernis der HwO einschließlich des Grundsatzes der permanenten Meisterpräsenz nicht gilt. Denn der Zahnarztberuf ist kein Gewerbe, sondern ein freier Beruf, der von vornherein nicht den Restriktionen der HwO unterliegt. Ein bloßer handwerklicher Hilfsbetrieb ist weitgehend von der HwO freigestellt, insbesondere vom Meistererfordernis.

Die beiden höchstrichterlichen Urteile haben die Auseinandersetzung um das zahnärztliche Praxislabor nicht beendet. Das beruht zum einen darauf, dass beide Gerichte das Praxislabor nur unter bestimmten Voraussetzungen von der HwO freistellen. Die Bedeutung dieser Voraussetzungen und ihre Konsequenzen für den Einzelfall sind keineswegs völlig klar. Zum anderen hat sich das Recht fortentwickelt. Im Handwerksrecht fand durch die am 1.1.2004 in Kraft getretene große Novelle zur HwO ein Paradigmenwechsel statt. Meisterpflicht und Meisterpräsenz verfolgen, anders als noch im Jahr 1979, aus dem die beiden Urteile datieren, primär den Zweck der Abwehr von Gefahren für die Verbraucher. Auch neue wettbewerbsrechtliche Aspekte, die im Jahr 1979 noch nicht diskutiert wurden, sind ins Blickfeld geraten. Diese Umstände bieten genügend Anlass, die beiden Urteile von 1979 daraufhin zu analysieren, ob und in welchem Ausmaß sie auch heute noch maßstabsetzend sind.

Herstellung zahntechnischer Produkte als Teil des zahnärztlichen Berufsbildes

Um einen wichtigen Aspekt vorwegzunehmen: Das zentrale Argument der beiden Höchstgerichte, die Herstellung zahntechnischer Produkte gehöre deshalb auch zum zahnärztlichen Berufsbild, weil sich die universitäre zahnmedizinische Ausbildung hierauf erstrecke, ist nach wie vor zutreffend. Die aktuelle Approbationsordnung für Zahnärzte – eine Rechtsverordnung des Bundes – schreibt verschiedene Ausbildungs- und Prüfungsgegenstände der Zahntechnik rechtsverbindlich vor. An diesen Vorgaben orientieren sich die Studien- und Prüfungsordnungen der humanmedizinischen Fakultäten und Fachbereiche für den Studiengang Zahnmedizin. Sie listen die zahntechnischen Studieninhalte und studienbegleitenden Prüfungen auf, zum Teil unter genauer Angabe der Anzahl der Semesterwochenstunden der entsprechenden universitären Lehrveranstaltungen und Praktika. Die zahntechnische Ausbildung und die hierauf bezogenen Prüfungen bilden zwar keinen Schwerpunkt des zahnmedizinischen Studiums. Um eine nur unwesentliche Randerscheinung handelt es sich aber keineswegs. Auf den Punkt gebracht: Die Herstellung zahntechnischer Produkte gehört zum zahnärztlichen Berufsbild, weil es die Zahnärzte gelernt haben. Wird diese Tätigkeit von den Zahnärzten ausgeübt, handelt es sich zwar um keine Heilbehandlung, aber eben um zahnärztliche Tätigkeit, die nicht der HwO unterliegt.

Der vonseiten der Zahntechnik häufig erhobene Einwand, die zahntechnische Ausbildung der Zahnärzte bleibe weit hinter derjenigen eines Meisters der Zahntechnik zurück, die zahntechnische Qualifikation reiche an diejenige eines Meisters nicht heran, ist völlig zutreffend. Das ändert aber nichts daran, dass die Anfertigung zahntechnischer Produkte nach Maßgabe der aktuellen Rechtsvorschriften dennoch zum zahnärztlichen Berufsbild gehört und keine Handwerksausübung ist, wenn diese Tätigkeit von einem Zahnarzt verrichtet wird. Dies würde sich erst dann ändern, wenn die zahntechnische Ausbildung und die hierauf bezogenen Prüfungen weitgehend aus der Approbationsordnung und den universitären Studienordnungen gestrichen würden. Allerdings hätte dies lediglich Konsequenzen für die nach neuem Recht ausgebildeten Zahnmediziner. Für die nach aktuellem Recht ausgebildeten würde sich nichts ändern.

Die Herstellung zahntechnischer Produkte als zahnärztliche Tätigkeit

Die Herstellung zahntechnischer Produkte durch den Zahnarzt ist allerdings nur unter zwei zentralen Voraussetzungen zahnärztliche Tätigkeit. Zum einen muss sie sich auf die Versorgung der eigenen Patienten beschränken. Dies folgt daraus, dass die Ausübung der Zahnheilkunde und sonstiger mit ihr zusammenhängender Tätigkeiten der Versorgung der eigenen Patienten dient. Hierauf erstreckt und beschränkt sich die zahnärztliche Ausbildung. Werden die zahntechnischen Produkte auch für andere Personen, insbesondere für andere Zahnärzte, hergestellt, handelt es sich um typische Handwerksausübung, d. h. um die Ausübung des Zahntechnikerhandwerks. So sehen dies auch zwei ältere obergerichtliche Entscheidungen und Vertreter der Fachliteratur (Badura, Zahnärztliche Mitteilungen 1978, S. 601; Pohl, Zahnärztliche Mitteilungen 1977, S. 714), auf die sich die oben genannte Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beruft. Weitaus wichtiger ist indes die zweite Voraussetzung: Der Zahnarzt muss die Produkte entweder eigenhändig anfertigen – oder er bedient sich qualifizierten Personals, das er permanent überwacht und gegebenenfalls anleitet. Denn nur in diesen beiden Fällen ist die zahntechnische Tätigkeit von den Kenntnissen und Fertigkeiten des Zahnarztes geprägt. Überwacht der Zahnarzt seinen im Praxislabor tätigen Zahntechniker nicht permanent und engmaschig, wird der Zahntechniker zwar nach wie vor für seinen Zahnarzt tätig und erbringt eine Leistung, die dem Zahnarzt gegenüber seinem Patienten obliegt. Allerdings handelt es sich, auch aus Sicht des Patienten, dann nicht mehr um zahnärztliche, sondern um handwerkliche Tätigkeit eines Zahntechnikers. In diesem Fall bedeutet es keinen Unterschied mehr, ob sich der Zahnarzt eines externen oder eines bei ihm angestellten Zahntechnikers bedient.

Strenge Überwachungspflicht des Zahnarztes

Das Erfordernis, den im Praxislabor beschäftigten Zahntechniker durch seinen Zahnarzt zu überwachen und anzuleiten, damit die Arbeit des Zahntechnikers als zahnärztliche Tätigkeit qualifiziert werden kann, wird in der Rechtsprechung zwar ganz vereinzelt thematisiert (LSG Schl.-Holst., 7.6.1994 – L 6 Ka 25/93 –, wiedergegeben von Freund, in: Bayerisches Zahnärzteblatt 1996, S. 52 f.). Allerdings sind die hierbei geltenden Anforderungen nicht einmal annäherungsweise geklärt. Im Ergebnis können für die zahnärztliche Überwachungsund Anleitungspflicht keine geringeren Anforderungen gelten als für die Meisterpräsenz im Zahntechnikerhandwerk. Ebenso wie der Zahntechnikermeister die Mitarbeiter des Zahntechnik-Handwerksbetriebes permanent zu überwachen und zu steuern hat, muss auch der Zahnarzt seinen oder seine Zahntechniker überwachen und anleiten. An einen Zahnarzt dürfen keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an den Leiter eines externen Dentallabors. Der Zahnarzt muss sich deshalb in unmittelbarer Nähe seines Praxislabors aufhalten. Außerdem muss er die zahntechnischen Arbeitsvorgänge auch tatsächlich engmaschig anleiten. Dies dürfte kaum der Fall sein, wenn sich das Praxislabor nicht in den Räumen der Zahnarztpraxis befindet. Aber selbst wenn das Labor in der Praxis liegt, dürften sich die Arbeiten des Zahntechnikers häufig nicht als zahnärztliche Tätigkeiten darstellen. Denn ein Zahnarzt, der laufend seine Patienten behandelt, kann sich nur schwerlich persönlich in kurzen Zeitabständen um seinen im Nebenraum tätigen Zahntechniker kümmern.

Zwischenfazit und Ausblick

Fertigt der Zahnarzt die für seine Patienten benötigten zahntechnischen Produkte nicht eigenhändig an, sondern beschäftigt er hierfür in seinem Praxislabor einen Zahntechniker, dürfen die Arbeiten des Zahntechnikers nur dann als zahnärztliche Tätigkeit qualifiziert werden, wenn der Zahnarzt diesen Mitarbeiter permanent und engmaschig überwacht und anleitet. Wenn dies, wie zumeist, nicht der Fall ist, wird im Praxislabor das Zahntechnikerhandwerk ausgeübt. Dies ist nur dann zulässig, wenn der Zahnarzt einen Meister des Zahntechnikerhandwerks beschäftigt, der die Arbeiten im Praxislabor selbst ausführt oder permanent überwacht und anleitet. Eine Ausnahme von diesem Meistererfordernis auch für das Praxislabor ist dann nur noch in drei Fällen möglich: Entweder wird der Zahnarzt aufgrund einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO mit dem Zahntechnikerhandwerk in der Handwerksordnung eingetragen, obwohl er nicht die Meisterprüfung in diesem Handwerk bestanden hat. Oder das Praxislabor ist ein bloßer handwerklicher Hilfsbetrieb der Zahnarztpraxis nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 HwO. Oder – das ist die dritte Möglichkeit – das Praxislabor ist ein bloßer unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb der Zahnarztpraxis nach § 3 Abs. 1 und 2 HwO. In den beiden zuletzt genannten Fällen darf im Praxislabor das Zahntechnikerhandwerk ohne Eintragung des Zahnarztes in der Handwerksrolle ausgeübt werden; das Meistererfordernis samt handwerksrechtlichen Überwachungspflichten gilt dann nicht.

Im folgenden Teil des Beitrags (Link siehe unten) werden die handwerksrechtliche Ausnahmebewilligung für Zahnärzte und die Qualifizierung des Praxislabors als bloßer Hilfs- oder unerheblicher Nebenbetrieb ebenso näher beleuchtet wie die Sondersituation des Zahntechnikerhandwerks und andere Aspekte. Schließlich wirft der Autor die Frage nach dem Wettbewerbsverstoß durch Praxislabore auf und betrachtet unter rechtlichem Gesichtspunkt sowohl die Berufspflicht des Zahnarztes, das Patientenwohl über die Gewinnmaximierung zu stellen, als auch das Korruptionsstrafrecht.

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