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Laborführung

Wir sehen uns nicht vor Gericht – vermeidbare Fehler bei Kündigungen seitens des Arbeitgebers

Kündigung auszusprechen, ist immer eine schwierige und risikobehaftete Angelegenheit für Arbeitgeber. Ob die Kündigung tatsächlich auch vor Gericht Bestand hat, ist für den Laien nur schwer abschätzbar und selbst für Juristen nicht immer einfach vorherzusagen. Worauf es u.a. zu achten gilt, erläutert Michael Henn, Rechts- und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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Kündigungen sind leider manchmal unvermeidlich und müssen vollzogen werden. Aus Sicht eines erfahrenen Arbeitsrechtlers ist es allerdings verblüffend und auch ärgerlich, dass viele Arbeitgeberkündigungen nicht etwa an den vermeintlich oder tatsächlich hohen Hürden des Kündigungsschutzgesetzes scheitern – z.B. ob die Kündigungsgründe ausreichen – sondern daran, dass Formalien oder sonstige vermeintliche Nebensächlichkeiten nicht ausreichend beachtet wurden.

Dies ist oftmals auch für die Richter eine „angenehme Lösung“, denn wenn eine Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam ist, kann sich ein Richter die Mühe einer eventuell langwierigen Beweiserhebung zur Frage, ob ein bestimmter Kündigungsgrund tatsächlich gegeben ist, ersparen. Beachtet ein Arbeitgeber aber die nachfolgenden Punkte, erhöhen sich seine Erfolgsaussichten in Kündigungsschutzprozessen bereits deutlich.

Kündigungsschreiben und Zustellung

Kündigungen können nur schriftlich erfolgen. Schriftlich bedeutet hierbei, dass ein Schriftstück aus Papier übergeben werden muss, das zum einen das Wort „Kündigung“ enthält und zum anderen mit einer Originalunterschrift des Arbeitgebers bzw. einer vertretungsberechtigten Person versehen ist. So hat das Arbeitsgericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung vom 22.6.2020 (AZ 19 Ca 15942/19) festgestellt, dass eine Unterzeichnung mit Handzeichen (Paraphe) nicht ausreichend ist. Kündigungen per E-Mail, Fax oder gar mündliche Kündigungen sind daher zwingend unwirksam.

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Doch selbst die formell beste Kündigung nutzt nichts, wenn nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, dass der Arbeitnehmer sie auch erhalten hat. Die beste Möglichkeit ist noch immer, das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer im Original in Anwesenheit von Zeugen zu übergeben. Ist dies nicht möglich, sollte die Kündigung durch einen Boten in den Briefkasten eingeworfen werden.

Idealerweise wird dieser Bote von einem Zeugen begleitet. Beide Personen dürfen dann aber nicht einfach einen Brief mit einem ihnen unbekannten Inhalt in den Briefkasten einwerfen, sondern müssen davon Kenntnis haben, welches Schriftstück (hier also die Kündigung) sich in dem Umschlag befindet. Denn ansonsten besteht immer die Gefahr, dass der Arbeitnehmer später behauptet, er habe zwar einen Briefumschlag in seinem Briefkasten vorgefunden, dieser habe aber nur Werbung enthalten oder sei leer gewesen.

Auch sollte man eine Kündigung nicht per Einschreiben mit Rückschein übersenden. Denn trifft der Postbote den Empfänger nicht an, wirft er nur eine Benachrichtigungskarte in den Briefkasten und nimmt den Brief wieder mit aufs Postamt. Dort wird er zur Abholung niedergelegt.

Durch den Einwurf der Benachrichtigung in den Briefkasten ist die Kündigung demzufolge noch nicht zugegangen und es bleibt fraglich, ob der Arbeitnehmer sie je von der Post abholt.

Sonderkündigungsschutzrecht und Betriebsratsanhörung

Oftmals werden auch Sonderkündigungsschutzrechte nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar ist weithin bekannt, dass Schwerbehinderte, Schwangere und Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen. Weithin unbekannt ist jedoch immer noch, dass auch Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden und in dieser Zeit eine Teilzeittätigkeit ausüben, ebenfalls einem Sonderkündigungsschutz unterliegen.

Es sollte deshalb immer geprüft werden, ob ein Sonderkündigungsschutz besteht, z.B. als Datenschutzbeauftragter. Bei Unternehmen mit eigenem Betriebsrat scheitern Kündigungen darüber hinaus oft bereits an einer mangelhaften Betriebsratsanhörung. Denn bei sämtlichen Kündigungen muss vor deren Ausspruch der Betriebsrat angehört werden.

Dies gilt auch bei Kündigungen in der Probezeit. Formelle Mängel in der Anhörung führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. In der Betriebsratsanhörung müssen die sozialen Daten des Arbeitnehmers und die Kündigungsgründe umfassend und ausführlich dargelegt werden.

Die vielfach zu beobachtende Praxis, dass die Betriebsratsanhörung als eine überflüssige Formalie betrachtet wird, die nebenbei erledigt wird, führt oft zur Unwirksamkeit von Kündigungen. Eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung lässt sich niemals nebenbei erledigen, sondern muss gründlich ausgearbeitet werden. Auch sollte sie aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen.

Kündigungsfrist und fristlose Kündigung

Jede Kündigung sollte immer die Erklärung enthalten, dass zu einem konkreten Termin gekündigt wird, hilfsweise aber auch zum nächstmöglichen Termin. Dieser Zusatz kann sicherstellen, dass bei einer nicht korrekt kalkulierten Kündigungsfrist und damit einem falsch errechneten Endzeitpunkt nicht die ganze Kündigung unwirksam ist, sondern automatisch zum nächstmöglichen Kündigungstermin wirkt.

Bei fristlosen Kündigungen wird oft die Kündigungsfrist versäumt. Denn eine fristlose Kündigung muss nach § 626 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem Kündigungsgrund ausgesprochen werden. Wird diese Frist versäumt, ist die fristlose Kündigung automatisch unwirksam.

Arbeitgeber verteidigen ihre Fristversäumnis oft mit dem Argument, man habe den Sachverhalt noch näher recherchieren müssen. Diese Argumentation ist jedoch immer mit Risiken behaftet, da man natürlich immer trefflich darüber streiten kann, wann der Arbeitgeber ausreichend Kenntnis von einem Sachverhalt hatte. Arbeitgeber sollten deshalb grundsätzlich immer davon ausgehen, dass die Kündigung innerhalb von 14 Tagen nach erstmaliger Kenntnis des Sachverhaltes, auch wenn der Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt noch nicht umfassend bekannt war, ausgesprochen werden muss.

Auch sollte eine fristlose Kündigung immer mit der Formulierung verbunden werden, dass hilfsweise auch eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen wird. Soweit ein Betriebsrat vorhanden ist, darf dann auf keinen Fall versäumt werden, den Betriebsrat sowohl zur fristlosen als auch zur fristgerechten Kündigung anzuhören.

Fazit

Generell ist es empfehlenswert, sich im Zweifel bereits im Vorfeld einer Kündigung anwaltlich beraten zu lassen. Diese Beratung ist zwar mit Kosten verbunden, die von Arbeitgebern oft gescheut werden.

Eine gut vorbereitete und formell ordnungsgemäße Kündigung hat aber die Vorteile, dass sie von Arbeitnehmern eher akzeptiert wird, da sie weniger Angriffsfläche bietet, und dass sie natürlich auch die Erfolgsaussichten im gerichtlichen Verfahren erheblich verbessert. Wird der Rechtsanwalt erst im gerichtlichen Verfahren eingeschaltet, hat er oftmals nicht mehr die Möglichkeit, Fehler, die bereits im Vorfeld der Kündigung geschehen sind, zu beheben.

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