Marketing


Flaute? Bitte rudern – Marketing für Zahnarzt und Labor

02.05.2013

Quelle: © D. Lange/pixelio.de
Quelle: © D. Lange/pixelio.de

… so lautete der Titel des auf dem 2. Dentalgipfel 2013 in Warnemünde gehaltenen Vortrages des renommierten Rechtsanwalts und Fachanwalts für Medizinrecht Dr. Ralf Großbölting von der „kwm kanzlei für wirtschaft und medizin“ aus Berlin. Der Anlass für die Veranstalter Dental Balance, einen juristischen Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen des Marketings werfen zu lassen, war ein einfacher: Die Entwicklung des Wettbewerbs der letzten Jahre sowie der kontinuierliche medizinische und technische Fortschritt beweisen, dass viele Aspekte für ein modernes Marketing sowohl für das Labor wie auch für den Zahnarzt sprechen.

Selbst wenn man es bedauern mag: Es reicht heute nicht mehr aus, allein eine gute, hochwertige und gegebenenfalls preisgünstige Leistung anzubieten und sich auf klassische Vorgehensweisen wie Mundpropaganda und Überweisungen von Kollegen zu verlassen. Rechtsanwalt Dr. Großbölting machte nach einer kurzen Einführung anhand zahlreicher praxisnaher Beispiele deutlich, welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen, um diesen neuen Notwendigkeiten und Chancen nachzukommen. Dabei wurden urheber- und wettbewerbsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Labore und Praxen ebenso erwähnt wie die berufsrechtlichen Freiheiten des Zahnarztes. Grundsätzlich gelte danach, dass Laboren und Zahnärzten lediglich die wettbewerbswidrige beziehungsweise berufswidrige Werbung untersagt sei. Die Frage, wann eine rechtswidrige Werbung vorliege, sei einzelfallabhängig zu bestimmen. Abzuwägen sei zwischen den Grundrechten des Labors/Zahnarztes, den Bedürfnissen der Patienten und dem Allgemeinwohl. Dabei sei immer zu berücksichtigen, dass die Bewertung von Darstellungen unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht statisch sei, sondern zeitbedingten Veränderungen unterliege. Das Werberecht sei in den letzten fünf Jahren insbesondere durch die Rechtsprechung und ebenso durch eine aktuelle Reform des Heilmittelwerbegesetzes erheblich liberalisiert worden. Nach der Vorstellung einiger Beispielfälle aus der jüngeren Vergangenheit – verbunden mit praktischen Hinweisen und Tipps, aber auch einigen Anekdoten aus dem juristischen Alltag – stellte Dr. Großbölting insbesondere die Änderungen im Heilmittelwerbegesetz (HWG) vor, die zu diversen Erleichterungen bei der Gestaltung der Marketingkonzepte für Zahnarzt und Labor führen können. Denn bislang hatten Praxen und Labore bei der Bewerbung von medizinischen Verfahren außerhalb zahnmedizinischer Fachkreise wenig Freiheiten in der Eigenwerbung. Aufgrund einer EU-Richtlinie wurde das HWG Ende 2012 nun deutlich an das europäische Recht angepasst und die bisher strengen Werbeverbote – insbesondere des Paragrafen 11 HWG – weiter gelockert.

Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen und fachlichen Veröffentlichungen

Exemplarisch wurden einige Änderungen vorgestellt. Ausweislich der Gesetzesbegründung war das ursprüngliche Verbot einer Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen und fachlichen Veröffentlichungen nicht mit dem europäischen Recht zu vereinbaren. Die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG wurde daher ersatzlos gestrichen, sodass eine solche Werbung nun grundsätzlich erlaubt ist.

Die Chance: Insbesondere in der Zahnmedizin, in der Patienten die medizinische Ergebnisqualität in der Regel schwer beurteilen können, spielen unabhängige Kompetenzbeweise für den Vertrauensaufbau und somit für die Entscheidung für einen bestimmten Zahnarzt beziehungsweise für ein bestimmtes Labor eine sehr wichtige Rolle. Eine Kommunikation dieser Kompetenzbeweise, durch das Labor beispielsweise im Rahmen der Praxis-Homepage oder in Online-Portalen, ist folglich eine gute Maßnahme, um vom Patienten oder vom Zahnarzt ausgewählt zu werden.

Empfehlungen von Wissenschaftlern oder anderen Personen

Das ursprüngliche generelle Verbot im § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG, mit der Angabe zu werben, dass ein (technisches oder zahnmedizinisches) Verfahren und Ähnliches ärztlich, zahnärztlich oder anderweitig fachlich empfohlen oder geprüft ist oder angewendet wird, bezieht sich nun nur noch auf die Werbung für Arzneimittel. Verboten ist somit lediglich noch eine Werbung mit Empfehlungen von Wissenschaftlern oder anderen im Gesundheitswesen tätigen Personen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können.

Die Chance: Aus dieser Lockerung ergibt sich insbesondere die Möglichkeit, die Qualität der eigenen Behandlungen durch weitere Vertrauen stiftende Indikatoren zu untermauern. Dies kann online oder in Druckerzeugnissen mit Aussagen geschehen, die zeigen, dass das Verfahren, die Behandlung und so weiter zahnärztlich oder anderweitig fachlich empfohlen wird, geprüft ist und angewendet wird.

Wiedergabe von Krankengeschichten

Nach der bisherigen Regelung in § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HWG war eine Werbung mit der Wiedergabe von Krankengeschichten oder Hinweisen darauf in jeder Form unzulässig. Mit der Neufassung dieser Vorschrift gilt das Verbot nur noch für solche Werbemaßnahmen, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen oder die durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten können.

Die Chance: Bereits seit vielen Jahren nutzt die Industrie die Geschichten ihrer Kunden für die eigene Werbung, denn reale Geschichten sind sehr glaubhaft und regen potenzielle Konsumenten an. Für den Gesundheitsbereich bedeutet diese Lockerung einen Meilenstein, denn erstmals können so echte Patientengeschichten kommuniziert werden.

Vorher-nachher-Bilder

Durch die Neuregelung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 HWG wurde das gesetzliche Verbot des Werbens mit „Vorher-nachher-Bildern“ aufgehoben. Eine Werbung mit entsprechenden bildlichen Darstellungen ist nun lediglich unzulässig, wenn sie in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt. Nur für operative plastisch-chirurgische Eingriffe besteht weiterhin ein umfassendes Verbot.

Die Chance: Für das Marketing von Zahnarztpraxen und Laboren ergeben sich viele neue Freiheiten, die verschiedenen Behandlungen mit Vorher-nachher- Beispielen anschaulich zu flankieren. Das verbessert beim Patienten nicht nur das Verständnis der Behandlung, sondern hilft, Entscheidungsalternativen besser abwägen zu können.

Dank-, Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben

Auch die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 11 HWG erfährt eine einschränkende Änderung. Die Werbung mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dankes-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, ist zukünftig nur unzulässig, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt.

Die Chance: Das Gästebuch auf der Homepage und die Pinnwandfunktion bei sozialen Medien berührten regelmäßig diesen Paragraphen des HWG. Insofern ist insbesondere diese Novellierung ein Meilenstein, da Patientenempfehlungen gezielt eingesetzt werden können, um potenzielle Patienten – oder aus Sicht der Labore: den Zahnarzt – von der eigenen Kompetenz zu überzeugen.

Fazit

Als Ergebnis seines Vortrages fasste Dr. Großbölting zusammen, dass deutlich mehr Möglichkeiten für ein modernes und effektives Marketing bestünden als gemeinhin angenommen. Aufgrund der vielen Beispiele haben die Teilnehmer nicht nur den aktuellen Stand der Rechtsprechung kennengelernt, sondern nahmen auch viele Anregungen für die eigene Praxis und das eigene Labor mit. Die Novelle des HWG beinhaltet viele Lockerungen und eröffnet damit Chancen für die Kommunikation und vor allem auch die Werbung des Zahnarztes und des Labors.

Teile des Vortrages können beim Referenten angefordert werden unter berlin(at)kwm-rechtsanwaelte.de.


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