Produktverantwortung des Zahnarztes und Zahntechnikermeisters Teil 2
Die Einhaltung aller Anforderungen des Medizinproduktegesetzes bei der Herstellung von Zahnersatz ist eine unabdingbare Voraussetzung. Die verschiedenen Fallstricke, die Zahnarzt wie Zahntechniker hierbei beachten müssen, zeigt der Autor in seinem Beitrag auf. Im vorliegenden zweiten Teil geht er detailliert auf die CAD/CAM Fertigung von Zahnersatz ein.
Bei einem CAD sind selbstverständlich hohe Anforderungen an den Sachverstand und an das Verantwortungsbewusstsein des Zahntechnikers gefordert, da sich die eigentliche Herstellung der Gerüstkonstruktion am Computer grundlegend auf das Basiswissen stützt. Auch in Bezug auf Dimensionierung, Strukturierung und Beschaffenheit der Formen, bei jeder Art von festsitzendem Zahnersatz, erfordert dieses spezielle Kenntnisse. So sind auch bei jeder gestalterischen Tätigkeit in der Herstellung von Zahnersatz Anforderungen an das Wissen und die Sorgfalt des Zahntechnikers gestellt und daher auch eine entsprechende Qualifikation erforderlich. Die Anwendung neuer Fertigungstechnologien erfordert meist auch die Umgestaltung von Qualifikations- und Beschäftigungsentwicklung. Kein Unternehmer kann im Handwerk mit einer neuen Technologie ohne die dazugehörige Ausbildung erfolgreich agieren. Doch auch wenn man seinen STL- Datenfile zur Produktion in ein Industriefräszentrum schickt kann der Schuss nach hinten losgehen.
Der CAM-Bereich (computer aided manufacturing) ist dadurch gekennzeichnet, dass die am Computer gefundenen Daten lediglich auf eine CNC-Maschine übertragen und überwacht werden. Diese Arbeitnehmer müssten nicht „vom Fach“ sein. Die automatisierten Abläufe an den Schleif- und Fräsmaschinen, setzen lediglich die Qualifikation der Maschinenbedienung voraus. Werden die Daten also in eine industrielle Fertigung gegeben, so muss dieser Betrieb die Voraussetzungen erfüllen, die für die Herstellung auch für die Teilherstellung eines Medizinproduktes vorgeschrieben sind. Das erfüllt bei weitem nicht jeder, der eine drei, vier oder fünfachsige Fräsanlage betreibt.
Obwohl das Produkt aussieht wie eine zahntechnische Arbeit wird aus dieser Fertigung kein Medizinprodukt. Denn bei der Fertigung dentaler Produkte muss immer der Hersteller alle Kriterien der Fertigung und der richtigen Verarbeitung prüfen und garantieren, der bei der Sonderanfertigung von Zahntechnik - auch nach dem Medizinproduktgesetz - verantwortlich zeichnet. Die Konformitätserklärung die hier bei jeder Fertigung, auch einer Teilfertigung dentaler Produkte gegeben wird, setzt ebenfalls die Fachkompetenz voraus. Eine allgemeine Freigabe für Kronenund Brückengerüste nach einem Arbeitsmuster kann es nicht geben, da immer der Einzelfall zugrunde gelegt wird und in diesem Bereich Serienfertigungen nicht relevant sind. Die im Rahmen des MPG geregelte Sonderanfertigung bezieht sich gerade hier auf die verantwortliche Einzelfertigung
Auszug: Sonderanfertigung..... ist ein Medizinprodukt, welches eigens nach schriftlicher Verordnung (z. B. auf Rezept) und spezifischen Auslegungsmerkmalen für einen namentlich genannten Patienten hergestellt wird (keine Serienfertigung der Produkte!). Bei diesen Produkten handelt es sich um Einzelfertigungen wie z. B. Gliedmaßenprothesen, Dentalprodukte, Brillen... Das Vorhandensein eines Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte sowie eines Medizinprodukteberaters sind in dieser Teilfertigung ebenfalls zu gewährleisten.
Ausarbeitung von Gerüsten
Außerdem besteht meiner Meinung nach eine allgemeine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Bezirksregierung. Aber auch wenn der gesamte CAD/ CAM Bereich selber hergestellt oder unter Zuhilfenahme eines zertifizierten Fräszentrums erfolgreich und MPG konform erfolgt ist, gibt es noch ein paar Hürden auf dem dentalkeramischen Fertigungsmarathon. Selbst die besten Dentaldesigner und die teuersten Fräsanlagen sind heute noch nicht in der Lage, das Produkt ohne händische Nacharbeit zu 100% zu fertigen. Korrekturen in Form und Passung erfolgen unter Einsatz rotierender Diamantschleifkörper und Oberflächengestaltungen werden mit diamantdurchsetzten Gummipolieren sowie mit Diamantpolierpasten hergestellt.
Was Hersteller und MPG von uns fordern muss auch eingehalten werden. Für den Zahntechniker heißt das, gestattet der Hersteller lediglich eine Nassbearbeitung mit der Turbine, so ist das eben so. Die Trockenbearbeitung mit dem Technikerhandstück und dem Diamantschleifkörper mit Umdrehungsbereichen zwischen 1- 30000 U/min und einem durch die Hand des Techniker gesteuertem Anpressdruck auf die Werkstoffoberfläche des Zirkondioxides, entspricht eben nicht der gültigen DIN Norm oder den Herstellerangaben. Es erlischt damit wieder die Konformität des Herstellers und geht in die volle Verantwortung des Zahntechnikers über. Ob man das nun gut findet oder nicht oder ob diese Tätigkeit dem Material nun schadet oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Damit ist der Hersteller in Regressfragen wieder einmal aus dem Schneider. Im MPG ist klar geregelt, dass die Herstellerangaben und die einschlägigen DIN- Normen unsere Tätigkeit steuern. Die Regeln der Vollkeramik gelten für die gesamte Arbeit, also von der Präparation über die Gerüstgestaltung und auch für die Keramik auf dem Gerüst, bis hin zur endgültigen Befestigung.
Die Voraussetzungen für vollkeramische Arbeiten werden im Wesentlichen geschaffen von bestimmten Präparationsgeometrien und klarer Mindestplatzvorgaben. Bei CAD/CAM gefertigten Gerüsten können spitz zulaufende Innenwinkel aufgrund der spezifischen Schleifkörpergeometrie nicht ausgefräst werden. Muldenförmige Auskehlungen, die zum Präparationsrand wieder ansteigen, sowie unter sich gehende Bereiche sind zudem beim Einscannen nur schwer zu erfassen. Der Konvergenzwinkel bei der Präparation sollte zwischen 2° und 6° liegen, um den Mangel an einer primären Friktion von vollkeramischen Kronen zu kompensieren und um gemeinsame Einschubrichtungen ohne Unterschnitte in den Stümpfen zu generieren.
Präparation
Das bedeutet, der Zahnarzt hat für die Einhaltung dieser Parameter eine klare Vorgabe. In Bezug auf die Flankenwinkel der Stümpfe sowie auf die ausgeprägte Hohlkehle in der Randgestaltung der Kronenpfeiler sind die Anforderungen nicht diskutierbar. Stümpfe mit tangentialer Präparation sind kontraindiziert genauso wie Stumpfgeometrien, die cervical unter 0° gestaltet sind. Auch wenn ein Ausblocken der Stümpfe auf dem Meistermodell oder über den Mausklick am Rechner machbar ist, so täuscht das nicht darüber hinweg, dass es beim Patienten damit zu große Freiräume in den für die Vollkeramik notwendigen Druckzonen kommen kann. Fehlt hier die Passung, dann können Druckkräfte die circulär den Kaudruck auf den Stumpf übertragen sollen nicht wirken und es kommt zu Fehlbelastungen in der Keramikstruktur.
Falsche Grundvoraussetzungen zu schaffen und dann per Auftragsschein eine Verordnung zu diktieren, die nicht legeartis ausgeführt werden kann, ist auch nicht die feine englische Art. Das Verhältnis zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern ist über wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse hinaus durch eine Reihe struktureller und sozialer Asymmetrien geprägt, die die handwerklichen Zahntechniker strukturell in eine schwächere Position gegenüber ihren akademischen Auftraggebern bringen.
Die fachliche Ablehnung eines Auftrages wegen ungenügender Voraussetzungen für eine vollkeramische Arbeit obwohl die technischen Fertigungsmöglichkeiten gegeben währen, fällt dem Zahntechniker sehr schwer. Gibt es doch genügend Kollegen, die in Unwissenheit oder aus anderen Gründen, diesen Auftrag mit Kusshand ausführen. Dazu kommt, dass solche Arbeiten nicht unbedingt sofort auffällig werden und damit der Kollege, der sich MPG konform verhält, das Nachsehen hat.
Das Zusammenspiel zwischen Industrie, Handwerk und Zahnmedizin ist also durch das MPG Regelwerk klar miteinander verknüpft.##pic_2_r## Die Herstellung eines solchen Medizinproduktes wird hierbei von verschiedenen Personen übernommen, die alle über die Konformität ihrer Produkte, Materialien und Herstellungsverfahren, sowie über die fachliche Eignung verfügen müssen. Wenn der Zahntechniker als Medizinprodukthersteller dem Zahnarzt vorschreibt, dass diese Arbeit adhäsiv befestigt werden muss, dann ist das eben auch genauso konformitätsbindend. Auch wenn der Gerüstlieferant in seiner Produktbeschreibung eine Zementierung frei gibt. Denn er als Zahntechniker muss die Reklamation bzw. die Kulanzleistung erbringen wenn irgendetwas passiert. Deshalb muss bei der Fertigung dentaler Produkte immer der Hersteller alle Kriterien der Fertigung und der richtigen Verarbeitung prüfen und garantieren, der bei der Sonderanfertigung von Zahntechnik auch nach dem Medizinproduktgesetz verantwortlich zeichnet.
Kombination von Medizinprodukten
Weitaus interessanter wird es für den Behandler wenn er verschiedene Produkte verschiedener Hersteller miteinander verarbeitet. Gerade bei Zahnärzten, die als Überweiser ihre Patienten zum Setzen der Implantate an einen anderen Behandler überweisen, kommt es häufig zu interessanten Kombinationen in der prothetischen Versorgung.
Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich für den Zahnarzt,##pic_3_r## wenn zum Beispiel ein Original- Implantat des Herstellers A wissentlich mit einem Copycat versorgt wird, auch dann wenn es auf der Rechnung deklariert wird? Durch die Kombination von Medizinprodukten unterschiedlicher Hersteller wird der Zahnarzt rechtlich selber zum Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes ( § 4 Abs.1 ProdHaftG). Auch wenn in §1 Abs. 1 Satz 1 des ProdHaftG nur der Hersteller als Haftender genannt wird, ist eine Differenzierung notwendig, da verschiedene Arten des Herstellers unterschieden werden. So müssen sich auch andere Personen in bestimmten Fällen wie oder als Erzeuger eines Produktes behandeln lassen.
Der tatsächliche Erzeuger ist die Person, die „eigenverantwortlich ein Produkt geschaffen oder gewonnen hat“ (Zitat nach Taschner/Frietsch, § 4, Rdn. 12). Dabei umfasst der Begriff des Herstellers den Hersteller des Endproduktes, Teilproduktes und Grundstoffes. Alle drei haften gegenüber dem Geschädigten gleichermaßen für einen auf ihre Person bezogenen Fehler des Produktes. Der Hersteller des Endproduktes haftet gegenüber dem Endkunden für alle Fehler des Produktes, auch wenn lediglich ein zugekauftes Teilprodukt fehlerhaft war. Beim Einsatz von Systemen mit intraoraler Digitalisierung (mit einer sog. „Mundkamera“) geht die Veränderung noch tiefer: Hier fällt zusätzlich die Abformung beim Zahnarzt sowie die Modellfertigung weg. Das digitalisierte Modell wird per Datenübertragung an ein externes Bearbeitungszentrum abgegeben.
Die Herstellung eines solchen Medizinproduktes wird hierbei von verschiedenen Personen übernommen, die alle über die Konformität ihrer Produkte, Materialien und Herstellungsverfahren, sowie über die fachliche Eignung verfügen müssen. Reklamationen sind hierbei schon ausgesprochen schwierig. Die Schuldzuweisung wird extrem kompliziert.
Wiederholung von Aufträgen
Sollte die Präparationsgeometrie nicht den Ansprüchen gerecht werden und führt das zum Versagen der Arbeit, kommt es zur Wiederholung. Bei der Reklamation ist in der Regel der Zahntechniker eher bereit in eine Kulanzleistung zu seinem Kunden zu treten als ein dritter Partner ( Fräszentrum oder zentrale Modellherstellung). Bei dem Fertigungszentrum, welches dem Zahntechniker gegenüber keine starke Geschäftsbindung hat, sind Kulanzleistungen eher die Ausnahme. Die Wiederholung einer Leistung bei der zusätzliche Kosten im Dentallabor landen ist hierbei vorprogrammiert. Gerade wenn neue Technologien nicht sofort einwandfrei funktionieren wird nach dem ersten Wiederholungsversuch oft der konventionelle Arbeitsweg beschritten. Selbstverständlich lernt man daraus und es wird über das Nachpräparieren der Stümpfe eine verbesserte Geometrie geschaffen, die klassische Silikonabformung und die routinierte Fertigungsschiene im Labor sorgen für ein gutes Ende dieser Behandlung. Abrechnungstechnisch sicherlich eine klare Sache. In der Realität meistens ein einseitiges Entgegenkommen auf finanzieller Basis durch das Labor. Obwohl es das Ziel dieser Entwicklung ist die der Herstellung ästhetischer und biokompatibler Kronen und Brücken zu Preisen, die schließlich deutlich unter den derzeitigen Kosten der Herstellung von Zahnersatz liegen sollen zu erreichen, ist die Entwicklung dahin meistens finanziell erst einmal ein Zusatzgeschäft. Die Produktentwicklung gehört in einem solchen Zusammenspiel in die Hände derer, die die Produktionswege MPG konform miteinander abgestimmt haben und die auch bereit sind, miteinander auf die Einhaltung der Medizinproduktregeln zu achten und sich gegenseitig fair behandeln. Die Produktverantwortung CAD CAM gestützter Medizinprodukte liegt jedenfalls bei allen Beteiligten, die an einem zahntechnischen Meisterwerk beteiligt sind. Sie wird mit der Eingliederung beim Patienten vom Zahnarzt übernommen, der sich auf die Einhaltung des MPG, seiner Vorschriften, Verfahrenstechniken und der zum Einsatz gekommener Medizinproduktwerkstoffe, vertraut.
Der Patient erwartet von seinem Arzt eine Medizinproduktleistung auf die er sich voll und ganz verlassen kann. Das MPG gibt ihm dafür die Vertrauensbasis; und das ist auch gut so.