Anzeige

Finanzen

Einkommensteuerliche Vergünstigungen bei Veräußerung oder Aufgabe eines Dentallabors 2017

Der bei Veräußerung oder Aufgabe eines Dentallabors entstehende Buchgewinn unterliegt der Einkommensbesteuerung (§ 16 EStG). Das ist für den Betriebsinhaber, insbesondere wenn er seinen Betrieb aus Altersgründen nicht mehr weiterführen kann oder will, ein Kostenfaktor, den er häufig nicht in Rechnung stellt und der ihn insofern unvorbereitet trifft. Mangelnde Vorsorge für diesen Fall bringt nicht selten erhebliche Probleme für die Betroffenen mit sich.

Unser Steuerexperte Dr. Hans-Ludwig Dornbusch gibt in dieser Rubrik regelmäßig Steuer- und Rechtstipps für Laborinhaber. Quelle: Tim Reckmann/pixelio.de
Unser Steuerexperte Dr. Hans-Ludwig Dornbusch gibt in dieser Rubrik regelmäßig Steuer- und Rechtstipps für Laborinhaber.
Unser Steuerexperte Dr. Hans-Ludwig Dornbusch gibt in dieser Rubrik regelmäßig Steuer- und Rechtstipps für Laborinhaber.

Nach dem Gesetz ist der Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Veräußerungsgewinn entsteht also immer dann, wenn das Betriebsvermögen ganz oder teilweise abgeschrieben, am Markt aber noch ein Preis dafür erzielbar ist. Ob der Betrieb tatsächlich veräußert oder nur aufgegeben wird, ist dabei unerheblich. Steuerlich wird beides gleich behandelt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Liegt kein Veräußerungsgewinn vor, wie bei der Betriebsaufgabe, wird vom Finanzamt der erzielbare Veräußerungspreis geschätzt. Im Folgenden umfasst deshalb der Begriff der Betriebsveräußerung auch die Aufgabe eines Betriebes.

Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er mehr als 45.000 Euro beträgt (§ 16 Abs. 4 Satz 1 EStG). Er reduziert sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt (§ 16 Abs. 4 Satz 3 EStG). Wenn also der Inhaber eines Dentallabors, der älter als 55 Jahre oder berufsunfähig ist, seinen Betrieb verkauft und dabei einen Veräußerungsgewinn von 181.000 Euro oder mehr erzielt, wird ihm steuerlich kein Freibetrag eingeräumt. Liegt der Veräußerungsgewinn bei 136.000 Euro oder weniger, steht ihm der volle Freibetrag von 45.000 Euro zu. Liegt der Veräußerungsgewinn zwischen 136.000 Euro und 181.000 Euro, erhält er einen Freibetrag, der um den Betrag gekürzt ist, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Auch bei der Veräußerung eines Betriebsanteils wird der volle Freibetrag von 45.000 Euro gewährt, wenn der Veräußerungsgewinn die Freigrenze von 136.000 Euro nicht überschreitet.

Beispiel 1

Der 60-jährige Inhaber eines Dentallabors veräußert seinen gesamten Betrieb zu einem Preis von 210.000 Euro. An Veräußerungskosten z. B. für die Einschaltung eines Vermittlers und die Aufgabe von Annoncen entstehen ihm 10.000 Euro. Der Buchwert seines Betriebes beträgt 100.000 Euro. Daraus errechnet sich folgender zu versteuernder Veräußerungsgewinn:

Anzeige

Beispiel 1
Beispiel 1

 

Ergebnis: Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro nicht übersteigt, ist der volle Freibetrag von 45.000 Euro abzuziehen. Es ergibt sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 55.000 Euro.

Beispiel 2

Der 60-jährige Inhaber eines Dentallabors veräußert seinen mit dem Wert von 50.000 Euro zu Buche stehenden Betrieb zum Preis von 230.000 Euro. An Veräußerungskosten muss er 10.000 Euro aufwenden. Daraus errechnet sich folgender zu versteuernder Veräußerungsgewinn:

Beispiel 2
Beispiel 2

 

Ergebnis: Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro um 34.000 Euro übersteigt, ist der Freibetrag von 45.000 Euro um diese 34.000 Euro auf 11.000 Euro zu kürzen, sodass sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 159.000 Euro ergibt.

Beispiel 3

Drei Gesellschafter haben zusammen ein Dentallabor zu gleichen Anteilen. Einer der drei Gesellschafter, der 60 Jahre alt ist, möchte seinen Betriebsanteil an die beiden anderen Gesellschafter veräußern. Man einigt sich auf einen Preis von 100.000 Euro. Veräußerungskosten fallen keine an. Der Buchwert des gesamten Betriebes beträgt 90.000 Euro. Daraus errechnet sich folgender zu versteuernder Veräußerungsgewinn:

Beispiel 3
Beispiel 3

 

Ergebnis: Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro nicht übersteigt, ist der volle Freibetrag von 45.000 Euro abzuziehen. Es ergibt sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 25.000 Euro.

Der Freibetrag darf aber nur einmal in Anspruch genommen werden (§ 16 Abs. 4 Satz 2 EStG). Veräußerungen vor 1996 zählen dabei nicht mit.

Neben der Freibetragsregelung kommt ein zusätzlicher einkommensteuerlicher Vorteil bei der Betriebsveräußerung hinzu. Diese Veräußerungsgewinne zählen nämlich zu den sogenannten außerordentlichen Einkünften (§ 34 EStG, R und H 34 EStR). Sie werden – soweit sie den Betrag von fünf Millionen Euro nicht übersteigen – mit einem ermäßigten Steuersatz belegt. Der Inhaber des Dentallabors hat also die Wahl, ob er eine rechnerische Verteilung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns auf fünf Jahre nach § 34 Abs. 1 EStG oder den ermäßigten Steuersatz von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG bei der Versteuerung seines Veräußerungsgewinnes bevorzugt. Um dieses Wahlrecht so auszuüben, dass der Inhaber des Dentallabors seine steuerliche Belastung minimiert, sollte er sich der Mühe unterziehen und beide Besteuerungsmethoden durchrechnen. Dazu zunächst ein Beispiel für die Methode der Verrechnung auf fünf Jahre:

Beispiel 4

Der 60-jährige Inhaber eines Dentallabors, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wird, erzielt bei der Veräußerung seines Betriebes einen Veräußerungsgewinn von 120.000 Euro. Im Jahr der Veräußerung hat er noch einen laufenden Gewinn von 30.000 Euro und zu versteuernde Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 15.000 Euro. Die Einkommensteuer errechnet sich dann wie folgt:

Beispiel 4
Beispiel 4

 

Ergebnis: Es ergibt sich durch die tarifbegünstigte Versteuerung des Veräußerungsgewinns eine Steuerersparnis von 5.038 Euro (regulärer Steuerbetrag von 29.248 Euro auf das gesamte zu versteuernde Einkommen einschließlich Veräußerungsgewinn von 35.000 Euro + 75.000 Euro, also von insgesamt 110.000 Euro, abzüglich tatsächlich zu zahlender Steuerbetrag von 3.730 Euro + 20.480 Euro = 24.210 Euro).

Mit der Wahl des ermäßigten Steuersatzes ist ein Mindeststeuersatz von 14 % verbunden (§ 34 Abs. 3 Satz 2 EStG). Außerdem muss der Antragsteller das 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig sein und darf diese Ermäßigungsvorschrift nur einmal im Leben, gerechnet ab dem Veranlagungszeitraum 2001, in Anspruch nehmen (§ 34 Abs. 3 Sätze 1 und 4 EStG). Die Beispielsrechnung sieht dann wie folgt aus:

Beispiel 5

Der 60-jährige Inhaber eines Dentallabors, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wird, erzielt bei der Veräußerung seines Betriebes im Jahr 2017 einen Veräußerungsgewinn von 120.000 Euro. Im Jahr der Veräußerung hat er noch einen laufenden Gewinn von 30.000 Euro und zu versteuernde Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 15.000 Euro. Die Einkommensteuer errechnet sich dann wie folgt:

Beispiel 5
Beispiel 5

 

Nach der Einkommensteuer-Splittingtabelle 2017 ergibt sich ein Steuerbetrag von 29.248 Euro. Daraus errechnet sich ein durchschnittlicher Steuersatz von 29.248 Euro : 110.000 Euro = 26,59 %. Der ermäßigte Steuersatz beträgt also 26,59 × 0,56 = 14,89 %. Das ist etwas mehr als der Mindeststeuersatz von 14 %. Der endgültige Steuerbetrag ist nunmehr in folgender Weise zu ermitteln:

Beispiel 5.1
Beispiel 5.1

 

Ergebnis: Es ergibt sich durch die ermäßigte Versteuerung des Veräußerungsgewinns eine Steuerersparnis von 14.350 Euro (29.248 Euro regulärer Steuerbetrag auf das gesamte zu versteuernde Einkommen einschließlich Veräußerungsgewinn von 110.000 Euro, abzüglich 14.898 Euro tatsächlich zu zahlender Steuerbetrag). Die Steuerersparnis ist rund dreimal so hoch wie bei der rechnerischen Verteilung auf fünf Jahre.

Die Steuerermäßigung – Verteilung auf 5 Jahre oder ermäßigter Steuersatz – kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn die stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden. Die Veräußerung eines Betriebes im Ganzen ist anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang – nicht nach und nach – gegen Entgelt in der Weise auf einen Erwerber übertragen werden, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann (R 16 Abs. 1 EStR). Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber selbst den Betrieb fortführt. Auch kann der Veräußerer Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten, um sie später bei sich bietender Gelegenheit zu veräußern.

Schließlich ist noch auf eine weitere Besonderheit einzugehen, und das ist die Betriebsveräußerung auf Rentenbasis. In diesem Fall hat der Inhaber des Dentallabors ein Wahlrecht (R und H 16 Abs.11 EStR). Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. Die Folge ist, dass ihm sowohl die Freibetragsregelung nach § 16 Abs. 4 EStG als auch die tarifbegünstigte Besteuerung nach § 34 EStG zugute kämen. Veräußerungsgewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem um etwaige Veräußerungskosten geminderten versicherungsmathematischen Barwert der Rente und dem Buchwert des Betriebes im Zeitpunkt der Veräußerung. Die laufenden Rentenzahlungen würden dann nur noch mit dem weitaus geringeren Ertragsanteil der Besteuerung unterliegen.

Der Inhaber eines Dentallabors kann stattdessen aber auch eine sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns ablehnen. Damit ist allerdings der Verzicht auf den Freibetrag und die tarifbegünstigte Besteuerung verbunden. In diesen Fällen führen die Renteneinnahmen erst dann zu einem Veräußerungsgewinn, wenn sie zusammen mit den sonstigen Zahlungsansprüchen gegenüber dem Erwerber des Betriebes nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigen. Der Veräußerungsgewinn wird erst im Zeitpunkt des Rentenbezugs steuerpflichtig und als nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit behandelt, d. h. nicht der Ertragsanteil der Rente, sondern der volle Betrag unterläge der Besteuerung.

Beispiel 6

Der 60-jährige Inhaber eines Dentallabors verkauft seinen Betrieb auf Rentenbasis. Die Jahresrente wird auf 14.000 Euro festgelegt. Der versicherungsmathematische Barwert dieser Rente auf Lebenszeit (Leibrente) beträgt 177.982 Euro (Rente 14.000 Euro × Kapitalwert-Faktor von 12,713 für Leibrenten von 60-jährigen Männern. BMF-Schreiben IVD4-S3104/09/10001 vom 26.10.2012 zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG; BStBl. 2012 I S. 950; Kapitalwerttabelle ab 01.01.2013). An Veräußerungskosten sind 2.500 Euro angefallen. Der Buchwert des Betriebes beläuft sich auf 50.000 Euro. Daraus errechnet sich folgender Veräußerungsgewinn:

Beispiel 6
Beispiel 6

 

Ergebnis: Wenn der Inhaber des Dentallabors den Veräußerungsgewinn sofort versteuert, steht ihm, da er älter als 55 Jahre ist, ein Freibetrag von 45.000 Euro zu. Der Restbetrag von 80.482 Euro wird tarifbegünstigt besteuert. Die laufenden Renteneinnahmen in Höhe von 14.000 Euro pro Jahr sind dann nur noch mit einem für 60-Jährige maßgeblichen Ertragsanteil von 22 % (§ 22 Nr. 1a EStG) zu versteuern, im vorliegenden Fall also mit 3.080 Euro jährlich. Wenn der Inhaber des Dentallabors eine sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinnes ablehnt, dann zahlt er zwar 3,75 Jahre lang keine Steuern. Danach aber übersteigen die Renteneinnahmen den Buchwert des Betriebes zuzüglich Veräußerungskosten, sodass sie in voller Höhe mit alljährlich 14.000 Euro zu versteuern sind.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige