Interview


Scan – if you can: Die ideale Schnittstelle zwischen Labor und Praxis

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11 Jahre Erfahrung mit der digitalen Abformung, 15.000 über den Intraoralscanner empfangene Patientenfälle. Wir treffen auf geballte Erfahrung im Bereich der digitalen Abformung im Interview mit Florian Schmidt, Zahntechnikermeister und Geschäftsführer der Stroh & Scheuerpflug Zahntechnik GmbH. In seinem Labor wird bevorzugt digital gearbeitet – und um den Scannereinsatz in den Praxen zu befördern, hat er sogar ein eigenes Mietkonzept für seine Partner etabliert.

Herr Schmidt, Sie sind auf CAD/CAM, Ästhetik und Keramik spezialisiert. Inwiefern gibt es eine wechselseitige Beeinflussung zwischen den genannten Bereichen?

Mittlerweile ist es möglich, über das Digitale auch ästhetische Fälle präprothetisch sauber und einfach zu planen. Dafür nötig ist lediglich ein Intraoralscanner, mit dem man einen Situations-Scan macht, den man anschließend mit einer Porträtaufnahme des Patienten, auf der man die Zähne gut sieht, vermatcht. Dann kann man richtig schön die Frontästhetik planen.

Wir machen das mittlerweile nicht nur in der Konzeption, sondern auch für definitive Versorgungen in der Front, indem wir zudem den Präparationsscan mit dem 2D-Foto vermatchen. Das ist alles tausendmal genauer als z.B. ein Gesichtsbogen. Mit dem eben beschriebenen Weg kann man direkt auf den Patienten schauen und entsprechend die Arbeit ausrichten.

Bisher haben wir damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Arbeiten passen hervorragend. Was wiederum definitiv ein Punkt ist, inwiefern CAD/CAM, Ästhetik und Keramik zusammengehören, vor allem, wenn man monolithisch arbeitet.

Auch die Zirkonoxide von heute geben das locker her. Da man die Form nicht nochmal komplett aufschichten muss, ist man wesentlich effizienter. Daraus ergibt sich ganz klar eine gegenseitige positive Beeinflussung.

Laut einer Studie der AG Keramik (2019), in der niedergelassene Zahnärzte nach ihrer Werkstoffpräferenzen befragt wurden, ist Zirkonoxid auf der Überholspur und dringt langsam aber sicher in die Indikationsdomänen des Lithiumdisilikat vor. Können Sie die Ergebnisse der Studie anhand Ihres Alltags bestätigen?

Absolut. Denn genau das sehen wir bei uns im Labor. Wir nutzen Lithiumdisilikat eigentlich nur noch für Onlays, Inlays und Veneers.

Im Kronen- und Brückenbereich würde ich Zirkonoxid immer bevorzugen. Vor allem auch ästhetisch. Mit den Multilayer-Zirkonoxiden hat man viel mehr Möglichkeiten, da es diese auch mit verschiedenen Transluzenzstufen gibt.

Meiner Meinung nach sind sie ästhetisch sogar dem monolithischen Lithiumdisilikat überlegen. Vor allem hat man bei bestimmten Herstellern von Lithiumdisilikaten den Effekt, dass die Konstruktion vergraut, wenn man zu oft brennt.

Beim Zirkonoxid passiert das nicht. Also ja, wir können die Studienergebnisse der AG Keramik bestätigen.

Wo liegen die Vorteile bzw. Nachteile des Zirkonoxids gegenüber dem Lithiumdisilikat?

Die klaren Vorteile von Lithiumdisilikat liegen natürlich in der Befestigung. Hier lässt sich viel besser ätzen. Dadurch hat man auch bei minimal-invasiven Präparationen, wo die Klebung sehr wichtig ist, mit Lithiumdisilikat einen Vorteil.

Trotzdem finde ich rein ästhetisch Zirkonoxid wesentlich interessanter. Auch was die zahntechnischen Indikationen betrifft, sind mit Zirkonoxiden z.B. große Brückenkonstruktionen problemlos möglich, wo man mit Lithiumdisilikat einfach beschränkt ist.

Zudem weist es wie gesagt in der Farbgebung deutliche Vorteile auf und rutsch nicht ins Graue, wenn man zu oft brennt. In dieser Hinsicht ist Zirkonoxid für uns im Labor wesentlich stabiler.

Der Titel Ihres Vortrages auf den cube days 2022 lautete „Digitale Abformung – Grenzen und Möglichkeiten“. Können Sie uns einen inhaltlichen Einblick gewähren?

Wir arbeiten bereits seit 11 Jahren mit Intraoralscans und konnten somit einiges an Erfahrung auf dem Gebiet sammeln. Mittlerweile empfangen wir rund 70% unserer Aufträge per Scandaten. Wir wissen also, wo die Grenzen der digitalen Abformung liegen, aber auch, was alles damit möglich ist und worin die Vorteile im Vergleich zur konventionellen Abformung bestehen.

Man kann mit der digitalen Abformung so ziemlich alles erreichen, was man auch konventionell machen kann. Man muss nur den Workflow kennen. Ausgenommen sind Arbeiten bzw. herausnehmbare Arbeiten, die rein schleimhautgetragen sind.

Damit meine ich totale Prothesen oder Cover-Denture-Prothesen. Aber selbst hier gibt es für den Intraoralscanner interessante Workflows. In meinem Vortrag, der mittlerweile online auf der Cube-Days-Webseite nachgehört werden kann, gehe ich genauer darauf ein und zeige, wo sich die digitale Abformung sinnvoll einsetzen lässt.

Es gibt definitiv kein Argument für die Behauptung, dass es bestimmte Arbeiten gibt, die ein Intraoralscanner nicht abformen könnte. Es kommt eben darauf an, wie man an die Sache herangeht und dass man den Workflow mit seinen Chancen und Schwierigkeiten kennt.

Ist es für Sie als Zahntechnikermeister ein praktischer Nachteil, wenn der behandelnde Zahnarzt nicht-digital arbeitet, also klassisch abformt? Und wenn es ein praktischer Nachteil ist: Worin liegt er konkret?

Natürlich ist es ein Nachteil, wenn der Zahnarzt nicht digital abformt. In der konventionellen Abformung gibt es Verzüge, Blasen, Dimensions-Probleme und natürlich auch unterschiedliche Materialien wie Silikone und Gips, die extrahieren bzw. kontrahieren. Da ist es klar, dass die Ergebnisse nicht so gut sind wie bei einem Scan.

  • Scan, if you can! Digitales Arbeiten in Labor und Praxis: Der Intraoralscanner stellt eine wichtige Schnittstelle dar.
  • Scan, if you can! Digitales Arbeiten in Labor und Praxis: Der Intraoralscanner stellt eine wichtige Schnittstelle dar.
  • Scan, if you can! Digitales Arbeiten in Labor und Praxis: Der Intraoralscanner stellt eine wichtige Schnittstelle dar.
    © Schmidt
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    © Schmidt

Auf dem Scan wird der Stumpf abgescannt und genau auf diesem Scan wird die Krone oder das Abutment designt. Damit haben wir viel weniger Passungsprobleme.

Für uns als Labor ist das ein großer Vorteil, da wir weniger Arbeiten neu anfertigen müssen. Deswegen forcieren wir den digitalen Workflow, weil er wesentlich schlanker und effizienter ist.

Glauben Sie, dass die Weiterentwicklung der dentalen digitalen Anwendungen die Handwerkskunst des Zahntechnikers irgendwann obsolet machen könnten?

Nein, das glaube ich überhaupt nicht. Ich denke schon, dass wir über den digitalen Weg die Prozesse effizienter und zuverlässiger gestalten können. Aber dadurch, dass jeder Patient individuell und auch jeder Zahn individuell ist und die Farben der Zähne nie 100% gleich sind, wird der Beruf des Zahntechnikers immer gefragt und gefordert sein.

Bei aller Digitalisierung, die die Prozesse verändert, wird es immer den spezialisierten Zahntechniker brauchen, der am Schluss die Arbeit – sei es durch eine Endkontrolle oder durch das Finish – patientenindividuell anfertigt.

Ein Blick in die Zukunft: Wie stellen Sie sich den Job des Zahntechnikers in 20 Jahren vor?

Der Bereich der Dienstleistung wird immer wichtiger werden, wenn man ein deutsches gewerbliches Labor ist. Es wird darum gehen, mehr zu sein als der Zahntechniker vor Ort. Ich denke da an unser Mietkonzept zum Intraoralscanner.

Die Dienstleistung eines zukünftigen Labors muss für die Praxen Vorteile im gesamten Workflow mitbringen. Da wird man in Zukunft sicherlich noch viele andere interessante Konzepte entwickeln.

Trotzdem denke ich, dass man auch in 20 Jahren einen gewissen Teil der Arbeit handwerklich fertigen oder finalisieren wird. Das Labor ist dann aber vermutlich mehr ein Servicepartner mit zahntechnischem Wissen und dem kompletten Know-how bzgl. der digitalen Fertigung.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: ZTM Florian Schmidt


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