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Kolumne: Implantate

Was hat sich getan in den letzten 25 Jahren?

ZTM Matthias Schenk blickt zurück und lässt für uns – stets mit einem Augenzwinkern und so mancher Anekdote – die letzten 25 Jahre im Kontext der Zahntechnik Revue passieren. Was war gut, was fraglich und was vielleicht ganz und gar überflüssig? Wer weiß, vielleicht erkennen Sie sich in Teilen seiner Beitragsreihe wieder.

Schlussbiss gesperrt. Deutlich zu sehen ist, dass die Verzahnung suboptimal ist, was auch ein Grund für die vielen Chippings sein dürfte. Matthias Schenk
Schlussbiss gesperrt. Deutlich zu sehen ist, dass die Verzahnung suboptimal ist, was auch ein Grund für die vielen Chippings sein dürfte.
Schlussbiss gesperrt. Deutlich zu sehen ist, dass die Verzahnung suboptimal ist, was auch ein Grund für die vielen Chippings sein dürfte.

Sie erinnern sich noch? Gemeinsam haben wir meine Meisterprüfung, ein Auslandsjahr in Afrika, die Wende zum Geiz-Bürgertum und die zunehmende Globalisierung erlebt. Falls nicht, dürfen Sie – wenn Sie mögen – noch einmal in der September-Ausgabe des Zahntechnik Magazins nachlesen.

Heute widmen wir uns einem „alloplastischen Konfektionsteil“. Damals war es – begleitet von großangelegten Marketingkampagnen – in aller Munde. Es versprach endlich wieder vernünftige Gewinnspannen.

Das IMPLANTAT! Halleluja! Des Zahnarztes liebstes Kind. Früher nur für Tumorpatienten, dann für jedermann.

Bald vielleicht die Standardversorgung für den „unterprivilegierten“ Kassenpatienten: Schraube rein, vorgefertigte Krone einkleben, einschleifen fertig. Vielleicht übernimmt bald sogar das Setzen der Hightech-Schrauben ein Roboter.

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So passt auch alles und sitzt genau da, wo es hingehört. Sie verzeihen mir diesen kleinen dystopisch-ironischen Diskurs, ja? Manchmal geht es mit mir durch – nun aber zurück in die Vergangenheit.

Brånemark, IMZ und Säure

Damals – vor gut 25 Jahren – baute Brånemark eine Spielpassung ins System ein. Weil wir Zahntechniker angeblich nicht genau gießen können. Und es stimmt sogar – trotzdem hat es uns irritiert.

Glücklicherweise muss man in der Zahntechnik nicht alles verstehen, nur können. Ein weiteres Novum der Zeit waren die elastischen Eigenschaften des intramobilen Elementes beim IMZ-Implantat, mit dem die Funktion des Parodontiums nachgebildet werden sollte. Eine clevere Idee, die allerdings daran scheiterte, dass Schrauben nicht zur Kraftübertragung geeignet sind.

Insbesondere in den angedachten Dimensionen und spezifischen Materialeigenschaften. Erinnern Sie sich überhaupt noch an IMZ? Eine Art Stoßdämpfer sollte die Beweglichkeit des natürlichen Zahnes nachahmen.

Für die lesenden Jungtechniker, jene, die in der Lage sind, den Cursor wieder zum Laufen zu bringen, ohne den Rechner neu zu booten und demzufolge vermutlich das IMZ nicht mehr kennen: Die Stressbreakerschraube ist gebrochen, ganz klar. Ein Highlight, es gab begabte Chirurgen, die mittels aktivierter Säure den Schraubenrest im Mund aus dem Implantat herausgeätzt haben. Noch früher operierte man Blattimplantate ein.

Die jungen Techniker können das bei Interesse gerne nachgoogeln, die Alten wollen sich gar nicht mehr daran erinnern. Denn es war eine blutige Angelegenheit.

Bei erfolgreichem Vorgehen waren die Implantate jedoch recht stabil. Seit langem forscht die Wissenschaft an Transplantaten, man darf gespannt sein, wann wieder mehr davon zu hören sein wird.

Stahlzähne und Vernagelungen

Wir haben in unserem Labor Anfang der 90er frisch extrahierte Zähne vor Ort sofort mit Wurzel dubliert und ganz schnell aus NEM gegossen. Angeblich sind diese Stahlzähne wieder in der Alveole verwachsen. Aber diese Idee scheint wieder vom Markt verschwunden zu sein.

Das absolut Unbegreiflichste damals waren aber die Implantate, die wir selbst in der Modellgussabteilung fertigten. Die Gingiva wurde aufgeklappt, der Kieferkammknochen abgeformt und eine Modellgussbasis gegossen. Retentionen aus CrCoMo ragten durch die Schleimhaut in die Mundhöhle.

Das Ganze wurde zugenäht und lag, mit flächiger Auflage, lose zwischen Schleimhaut und Knochen. Darauf wurde dann weitergearbeitet. Ich persönlich habe schon sehr lange nichts mehr davon gehört, möchte aber auch keinem Professor der Zahnmedizin zu nahetreten, wenn meine persönliche Einschätzung und Erfahrung in dieser Zusammenfassung meist nicht so gut ausfällt.

So ist es eben in der Evolution, nur das Beste bleibt am Markt bestehen. Als Nächstes widme ich mich den allseits beliebten Sofortimplantaten. Sie sind heiß umworben, nicht nur Patienten stehen drauf.

Abb. 1: Glücklicher Patient mit OK/UK-Brückenversorgung auf Direktimplantaten. Matthias Schenk
Abb. 1: Glücklicher Patient mit OK/UK-Brückenversorgung auf Direktimplantaten.

Die Beteiligten dürften dafür unterschiedlichste Gründe gehabt haben. Auf jeden Fall ging das Ganze ruck zuck (Abb. 1 bis 3). Ebenfalls interessant in diesem Kontext: die Vernagelungen, die ich jedoch nur aus der Theorie und dem Aufstellen von Zirkuszelten kenne. Hierbei wurden mehrere Metallstifte durch die Schleimhaut in unterschiedliche Richtungen in den Knochen geschlagen, die Enden mit Kunststoff verbunden und zu einem Stumpf beschliffen.

Abb. 2: Seitwärtsbewegung. Matthias Schenk
Abb. 2: Seitwärtsbewegung.
Abb. 3: Schlussbiss gesperrt. Deutlich zu sehen ist, dass die Verzahnung suboptimal ist, was auch ein Grund für die vielen Chippings sein dürfte. Matthias Schenk
Abb. 3: Schlussbiss gesperrt. Deutlich zu sehen ist, dass die Verzahnung suboptimal ist, was auch ein Grund für die vielen Chippings sein dürfte.

Frialit-2, Teflonring und Einpressen

Was es doch alles gab – und vielleicht noch gibt? Wir Zahntechniker haben Chairside zwar nichts damit zu tun, müssen aber dennoch mit den vorgegebenen Situationen zurechtkommen. Spätestens hier ist es von Vorteil, über entsprechendes Wissen zu verfügen.

Abb. 4: Individuelles Abutment aus einer hochgoldhaltigen Legierung – bei heutigem Wertverlust des Geldes kaum noch vorstellbar. Matthias Schenk
Abb. 4: Individuelles Abutment aus einer hochgoldhaltigen Legierung – bei heutigem Wertverlust des Geldes kaum noch vorstellbar.

An dieser Stelle sei gesagt: Schön, dass es heute vorgefertigte breite Gingivaformer gibt. Endlich müssen keine individuellen Abutments mehr hergestellt werden, nur um Kronen zu fertigen, die wie Zähne aussehen und sich keine approximalen Vorratskammern für Speisen bilden (Abb. 4). Zudem gibt es heute Garniturzähne, die wie Zähne aussehen.

Sogar aus einem ähnlichen Material wie unsere Verblendungen. Vor 20 Jahren mussten sich Meisterschüler diese Zähne noch selbst basteln. Damals verwendeten wir auch liebend gerne das Frialit-2-Implantat.

Es hatte den größten Durchmesser und mit dem Spezialwerkzeug, dem Ausreiber (Abb.5), war es das am präzisesten passende Implantat – zumindest in Verbindung mit dem Gingivaformer: Der war nämlich separat von dem individuellen Aufbau bzw. der verschraubten Krone. Bei zu viel Gereibe lief die Brücke allerdings unter Umständen Gefahr zu schaukeln. Zur Abdichtung des Gingivaformers zum Implantat hin gab und gibt es den Teflonring (Abb. 6).

Abb. 5: Spezialwerkzeug mit Hartmetalleinlage für das Frialit-2-Implantat – die beste Passung aller Zeiten! Allerdings war die industriell hergestellte Verbindung in das Implantat eine stumpfe Verbindung, die mittels des blauen Teflonringes abgedichtet werden sollte. Matthias Schenk
Abb. 5: Spezialwerkzeug mit Hartmetalleinlage für das Frialit-2-Implantat – die beste Passung aller Zeiten! Allerdings war die industriell hergestellte Verbindung in das Implantat eine stumpfe Verbindung, die mittels des blauen Teflonringes abgedichtet werden sollte.
Abb. 6: Blauer Teflonring. Matthias Schenk
Abb. 6: Blauer Teflonring.

Aber – und hier wird die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis einmal mehr sichtbar – wer verwendete den? Dass der Konus dichthält, wussten übrigens bereits die alten Römer – und das kann er heute noch. Schade nur, dass er sich dreht.

Ja, es ist und bleibt schwierig, einen nicht rotationsgesicherten Aufbau zu positionieren. Einpressen war hierzu eine pfiffige Idee von Ankylos. Vielen war das zu umständlich und der Hammer erfüllte denselben Zweck.

Anstelle von Tiefkühlen und dem damit verbundenen Einpressen hat sich der Hammer als Universalwerkzeug herauskristallisiert. Heute wird das Abutment meistens eingeschraubt, die Geometrie sorgt für die Positionierung und Hohlräume innerhalb des Implantats werden versiegelt.

Individuell gefräste Implantataufbauten können wunderbar werden, wenn es die Software auch zulässt. Über das Austrittsprofil streiten sich heute noch die Experten.

Wo ist der Mensch?

Ja, und wo stehen wir heute? Was ist besser, was ist schlechter? Immer noch sehen wir meist den Menschen nicht, für den wir arbeiten – und das ist schade.

Wenn man doch wenigstens den Patienten als Person oder zumindest Kunden in den Mittelpunkt stellen und ihn mit geeigneten Methoden zu seiner wirklich eigenen Entscheidung führen könnte. Denn nur so passt es dann auch für alle. Jeder Patient hat andere Bedürfnisse.

Dies wie auch die individuell beste Lösung gilt es herauszufinden. Ganz egal, mit welcher Versorgung er dann glücklich wird. Denn die gesetzlichen Vorgaben der Krankenversicherung sind nicht immer das Beste für jeden.

Ach so, eines hat sich doch verändert: der Verwaltungsaufwand! Der ist höher als vor 25 Jahren.

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