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Digitale Systeme

Alles 3D-Druck oder was?

50. Jahrestagung der ADT – Vortrag 19, 17. Juni 2022: Wie weit sind wir eigentlich im 3D-Druck im Jahre 2022? Mit dieser Frage startete ZTM Christof Hafermann aus Würzburg seinen Vortrag zur Herstellung einer Teleskopprothese mittels Druckverfahren – und stellt dabei überzeugend dar, dass selbst diese zu über 90% gedruckt werden können.

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Was ist heute bereits möglich und wann ist eine analoge Vorgehensweise ggf. noch sinnvoller? Dieser Fragestellung widmete sich Christof Hafermann während seines Vortrags zum 3D-Druck auf der ADT 2022 in Nürtingen. In eindrucksvoller Weise stellte er den kompletten Workflow zur Fertigung einer gedruckten Teleskopprothese dar.

Ausgangspunkt war entsprechend der digitalen Ausrichtung des Vortrags der intraorale Scan der Präparation. Zur Kontrolle der späteren Innenteleskope wurde zwar noch ein Modell gedruckt, für die Herstellung des individuellen Löffels zur Transferabformung war dies allerdings nicht mehr nötig: Auch er lässt sich am „Bildschirmmodell“ konstruieren und anschließend drucken.

Die Sammel- oder Transferabformung der Innenteleskope erfolgte konventionell mit Impregum, woraus ein klassisches Gipsmodell entstand – jedoch lediglich zur „Sicherheit“ für den Kontrollvergleich. Denn der Referent zeigte, dass auch die Digitalisierung der Sammelabformung mit dem Laborscanner gut funktioniert. So entstanden 2 Modelle auf unterschiedlichen Wegen, doch mit vergleichbar gutem Ergebnis. Die Bissschablone für die Kieferrelationsbestimmung per Handbissnahme wurde ebenfalls gedruckt.

Softwareseitig ist noch Luft nach oben

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Das Nachfräsen der Primärkronen erfolgte nach alter Väter Sitte. Danach wurde zur Konstruktion des endgültigen vollanatomischen Designs der Zahnreihen das Meistermodell mit den Innenteleskopen noch einmal eingescannt. An dieser Stelle begann „ein bisschen hohe Kunst“, wie es Hafermann beschrieb. Denn das Gerüst aus dem vollanatomischen Design heraus zu konstruieren, sei softwareseitig bislang noch nicht optimal gelöst (Abb. 1). Hier bestünde anbieterunabhängig noch IT-technischer Verbesserungsbedarf.

Nach dem Design der Verblendungen wird das Gerüst digital getrennt. Der separierte Datensatz geht dann an das Druckcenter. Christof Hafermann
Nach dem Design der Verblendungen wird das Gerüst digital getrennt. Der separierte Datensatz geht dann an das Druckcenter.

Nach der Konstruktion folgt der Versand des Gerüstdatensatzes an die zentrale SLM-Produktion, in der bereits die Primärkronen gedruckt wurden (Abb. 2). Eine kleine Besonderheit beim Design: Hafermann konstruiert in die Sekundärkronen Aufnahmen für Geschiebebuchsen, die er selbst als „Angst-Anker“ bezeichnet. Im eher unwahrscheinlichen Fall des Friktionsverlustes könnten dann aktivierbare Kunststoffelemente eingeklebt werden. Eine kritische Anmerkung des Berichterstatters sei hier erlaubt: Bis dahin dienen diese Hohlräume aber eher als Schmutzfänger, die besonderer Aufmerksamkeit bei der Reinigung bedürfen.

Beispiel eines im SLM-Verfahren hergestellten Gerüstes. Auf der rechten Seite sind von unten die Aufnahmebuchsen für eventuelle Friktionselemente zu erkennen. Christof Hafermann
Beispiel eines im SLM-Verfahren hergestellten Gerüstes. Auf der rechten Seite sind von unten die Aufnahmebuchsen für eventuelle Friktionselemente zu erkennen.

Während der Gerüstherstellung im Druckzentrum via SLM-Verfahren werden die Verblendungen individuell im eigenen Labor gedruckt. Selbst die Zähne für den zahnlosen Anteil lassen sich in hochwertigem Kunststoff auf diesem Wege herstellen. Entsprechend mutmaßt der Referent, dass die Zeit der Konfektionszähne möglicherweise bald vorbei sei. Die Verblendungen werden dann ganz einfach mit einem Spezialkleber mit dem gelieferten Prothesengerüst verbunden (Abb. 3).

Die aus dem Block gefrästen Verblendungen, die dann mit dem Gerüst verklebt werden. Christof Hafermann
Die aus dem Block gefrästen Verblendungen, die dann mit dem Gerüst verklebt werden.

Einzig die "Rotanteile", also die Prothesensättel, ließen sich (noch) nicht drucken und mussten konventionell mit Vorwall und PMMA hergestellt werden. An dieser Stelle gab es den wertvollen Hinweis, dass sich Kunststoffmodell und Sattelkunststoff leicht verbinden, weshalb eine sorgfältige Isolation Pflicht ist. Anderenfalls muss nämlich das Modell aus den Sätteln herausgeschliffen werden.

Fazit

Insgesamt konnte Christof Hafermann in 20 Minuten überzeugend darstellen, dass sich selbst Teleskopprothesen zu über 90% drucken lassen. Lediglich bei Prothesensätteln gilt es, auf die bewährte Vorwalltechnik zurückzugreifen. Kein Problem allerdings, wenn gut isoliert wird.

Es macht demnach zunehmend Sinn, sich mit der Drucktechnologie zu beschäftigen und Schritt für Schritt den Übergang zu wagen. Für den Vorsichtigen ist es aber auch ein guter Ratschlag, bei manchen Schritten doppelgleisig oder noch konventionell zu arbeiten: Die Verwendung des klassischen Meistermodells aus Gips nach Sammelabformung wäre ein solcher Schritt im prothetischen Workflow, solange Prothesensättel noch angegossen werden. Generell gilt aber auch hier wie stets: Nur das Bessere ist der Feind des Guten und Digitalisierung um ihrer selbst willen ist sicher nur etwas für Tüftler.

Anmerkungen: Für eventuelle Produktnamen kann man sich an den Referenten wenden. Die Bilder wurden als Screenshots aus dem Vortrag entnommen. Die Bildrechte liegen bei dem Referenten. 

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