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Digitale Systeme

Das „perfekte“ 3D-Druck-Modell

Wer sich mit der Digitalisierungsthematik nicht ausreichend auseinandersetzt, kann schnell unnötig Geld ausgeben oder in die falschen Technologien investieren. Um vom Potenzial digitaler Fertigung vollumfänglich zu profitieren, gilt es entsprechendes Wissen aufzubauen. Stephan Kreimer, Experte in Sachen digitaler Workflows, hat verschiedene Systeme und Produkte auf dem Weg zum perfekten 3D-Druck-Modell getestet.

. Stephan Kreimer
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Kaum eine Branche ist aktuell stärker im Umbruch als die Dentalbranche. Die digitale Abformung durch Intraoralscanner bietet sowohl dem Patienten als auch dem Team von Behandler und Zahntechniker neue Versorgungsmöglichkeiten. So ist der Intraoralscan mehr als nur eine digitale Abformung.

Es entstehen neue Möglichkeiten, ortsunabhängig zu arbeiten, die Kommunikation zwischen Behandler und Techniker zu verbessern und neue Geschäftsmodelle zu erschließen. Gleichzeitig verlangt dieser Digitalisierungsprozess auch von beiden Seiten neue Fähigkeiten und nicht unerhebliche Investitionen in Soft- und Hardware. Wenn man sich auf diesen Wandel einlässt, sind schnellere Prozesse, eine bessere Dokumentation und eine sehr hohe, reproduzierbare Qualität möglich.

Unser Dentallabor hat sich bereits frühzeitig auf den digitalen Workflow spezialisiert. Seit 2015 empfangen wir regelmäßig Intraoralscandaten – mittlerweile verwenden 70% unserer Kunden regelmäßig Intraoralscanner für die Abformung.

Digitaler Wandel

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Die 3D-Druck-Technologie sollte inzwischen ein fester Bestandteil in jedem Dentallabor sein – die Realität sieht jedoch anders aus. Wer sich mit der Thematik nicht ausreichend auseinandergesetzt hat, kann schnell unnötig Geld ausgeben oder in die falschen Technologien investieren. Grundsätzlich benötigt es auch Zeit, das notwendige Know-how aufzubauen, um vom Potenzial digitaler Fertigung umfassend zu profitieren.

Die Herstellung von Dentalmodellen und weiteren 3D-Druck-Applikationen haben wir anfangs an einen externen Dienstleister ausgelagert. Dieser Workflow kostete Zeit: Die Arbeit verzögerte sich um 2 bis 3 Tage aufgrund der externen Fertigung und des Versands.

Daher haben wir uns schnell dazu entschlossen, die 3D-Druck-Technologie im eigenen Labor einzuführen, um neben der Zeitersparnis auch Kompetenz in diesem Bereich aufzubauen. Mittlerweile befinden sich bei uns sechs 3D-Drucker im Dauereinsatz und neben der Modulproduktion werden Indikationen wie z.B. Bohrschablonen, Provisorien, Schienen, Löffel- und Bissschablonen abgedeckt.

Empfang und Aufbereitung der Scandaten

Die Intraoralscandaten erreichen unser Dentallabor auf verschiedenen Wegen, idealerweise aber über die Herstellerportale wie z.B. das Sirona Connect Case Center, 3Shape Communicate, Medit Link oder andere datenschutzkonforme Plattformen. Direkt nach dem Empfang findet eine visuelle Überprüfung der Daten statt. So kann der Behandler ggf. notwendige Korrekturen an dem Scan bereits durchführen, während der Patient noch im Behandlungsstuhl liegt. Die meisten Hersteller setzen auf offene STL- und PLY/OBJ-Dateien.

Vor allem bei Aufträgen, bei denen eine Präparationsgrenze festgelegt werden muss, empfiehlt es sich, die Intraoralscandaten im PLY/OBJ-Dateiformat zu importieren, da diese neben den geometrischen Daten auch Textur bzw. Farbinformationen beinhalten und so visuell die Präparationsgrenze präziser festgelegt werden kann. Die Scandaten lassen sich nun z.B. in der kostenfreien Software Meshmixer von Autodesk aufbereiten und zuschneiden oder direkt in die CAD-Software importieren.

Modelldesign in der CAD-Software

Heutzutage gibt es eine große Anzahl an CAD-Software, die in der Lage ist, digitale Modelle zu generieren. Es empfiehlt sich, sowohl das CAD- als auch das Modelldesign in derselben Software durchzuführen, da sich dann Daten aus dem CAD-Design, wie z.B. eine Präparationsgrenze, direkt in das Modelldesign importieren lassen, wodurch viele, ansonsten nötige Schritte entfallen. Falls die Scandaten zuvor noch nicht aufbereitet wurden, ist dies nun mit den Tools in der CAD-Software durchführbar.

Dabei sollten die Scangrenzen zugeschnitten, Löcher geschlossen und die Korrelation des „Bisses“ überprüft werden. Es empfiehlt sich, alle Modelle mit präparierten Zähnen als Modell mit freigelegten Präparationsgrenzen und zusätzlichen – also nicht herausnehmbaren – Stümpfen zu erstellen. So werden Fehlerquellen reduziert und gleichzeitig Einzelstümpfe generiert, die im weiteren Verlauf der Arbeit ggf. notwendig sind.

Für alle gängigen 3D-Drucker gibt es sowohl für 3Shape (Abb. 1) als auch für exocad (Abb. 2) validierte Parameter, die bereits hochwertige Modelle ermöglichen. Das Feintuning liegt dann im Detail, so werden z.B. die Parameter für implantatanaloge oder herausnehmbare Stümpfe in 10-μm-Schritten eingestellt.

Abb. 1: Für alle gängigen 3D-Drucker gibt es softwareseitig in 3Shape und exocad validierte Parameter, die hochwertige Modelle ermöglichen. Stephan Kreimer
Abb. 1: Für alle gängigen 3D-Drucker gibt es softwareseitig in 3Shape und exocad validierte Parameter, die hochwertige Modelle ermöglichen.
Abb. 2: Für alle gängigen 3D-Drucker gibt es softwareseitig in 3Shape und exocad validierte Parameter, die hochwertige Modelle ermöglichen. Stephan Kreimer
Abb. 2: Für alle gängigen 3D-Drucker gibt es softwareseitig in 3Shape und exocad validierte Parameter, die hochwertige Modelle ermöglichen.

Je nach Geometrie kann es zu leichten Abweichungen kommen. Wir verwenden intern ausschließlich massive Modelle, da wir damit die besten Erfahrungen gesammelt haben.

Druckvorbereitung in der Slicing Software

Abb. 3: Ausrichtung der Scandaten auf der Bauplattform und Vorbereitung der Druckdaten in der Slicing Software. Stephan Kreimer
Abb. 3: Ausrichtung der Scandaten auf der Bauplattform und Vorbereitung der Druckdaten in der Slicing Software.

Nachdem die digitalen Modelle in der CAD-Software erstellt wurden, werden die Daten in die Slicing Software des 3D-Drucker-Herstellers importiert. Hier finden eine Ausrichtung der Scandaten auf der Bauplattform, die Generation der Stützstrukturen sowie die Vorbereitung der Druckdaten statt. Generell ist es von Vorteil, die Modelle flach auf der Bauplattform zu drucken, da die Modellbasis den restlichen Teil des Modells unterstützt und so keine zusätzlichen Supportstrukturen benötigt werden (Abb. 3).

Abb. 4: Generation der Stützstrukturen für Zahnfleischmasken und Stümpfe. Stephan Kreimer
Abb. 4: Generation der Stützstrukturen für Zahnfleischmasken und Stümpfe.

Die Dentalmodelle sollten in 50- oder 100-μm-Schichtstärke gedruckt werden. Es wird empfohlen, Implantat- und Stumpfmodelle mit 50 μm und Situations- oder Alignermodelle mit 100-μm-Schichtstärke zu drucken. Separate Stümpfe benötigen Stützstrukturen von der Unterseite, damit eine ausreichende Unterstützung während des Druckvorganges gewährleistet ist (Abb. 4).

Vor dem Druckvorgang muss genau geprüft werden, ob keine Stützstrukturen den Bereich der Präparationsgrenze beeinträchtigen. Flexible Zahnfleischmasken lassen sich in einem separaten Druckvorgang in einem flexiblen Resin drucken. Damit erhält man ein ähnliches Feeling wie bei den gängigen Zahnfleischmasken-Silikonen im konventionellen Bereich der Zahntechnik.

Zahnfleischmasken, die in 3Shape konstruiert werden, haben eine flache Unterseite und können daher direkt flach auf der Bauplattform gedruckt werden. In exocad hergestellte Zahnfleischmasken sollten um 180° gedreht und mit der Unterseite nach oben gerichtet mit Stützstrukturen gedruckt werden.

3D-Druck-Prozess

Für die Modellproduktion kommen vor allem Resin-3D-Drucker im SLA-, DLP- oder LCD-Verfahren zum Einsatz. Dabei ist bei allen Herstellern die Sauberkeit der optischen Oberflächen eines der wichtigsten Kriterien für reproduzierbare Ergebnisse. Da wir bei Resin-Druckern immer mit einer Lichteinheit arbeiten, die flüssiges Kunstharz auf der Bauplattform aushärtet, darf dieser optische Pfad nicht von Verschmutzungen beeinträchtigt werden.

Ansonsten können schlechte Ergebnisse oder gar ein Fehldruck die Folge sein. Darüber hinaus spielen die Harztankpflege, das Durchmischen des Kunstharzes sowie die korrekte Temperierung eine wichtige Rolle. Die meisten 3D-Drucker verfügen über eine Heizung, um das Kunstharz immer auf der richtigen Temperatur zu halten.

Allerdings verfügen die wenigsten Drucker zusätzlich über einen automatischen Wischer, um das Resin zu durchmischen. Dieser Prozess muss daher oft manuell durchgeführt werden. Ein Modell, das z.B. über eine Heizung und einen Wischer verfügt, ist der Formlabs Form 3B(+)-Drucker.

Der Druckvorgang wird je nach Drucksystem über den Drucker selbst, über die Slicing Software oder aber über ein Webinterface gestartet, während die Daten via Ethernet, WLAN oder USB übertragbar sind. Viele 3D-Drucker bieten heutzutage eine hohe Prozessqualität, allerdings gibt es deutliche Unterschiede im Bereich Druckvorbereitung, Post-Processing und im generellen Handling. Darüber hinaus spielt gerade bei biokompatiblen Anwendungszwecken die Validierung des Resins für das jeweilige Druckersystem eine entscheidende Rolle, um rechtskonform zu arbeiten.

Post-Processing

Das Post-Processing hat einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Endproduktes. Es besteht aus dem Waschen und dem Nachbelichten. Als Reinigungsmittel kommt meist hochprozentiger (99%) Isopropylalkohol zum Einsatz.

Gerade für den professionellen Einsatz ist ein automatisches Reinigungsgerät von Vorteil. Sehr detaillierte Bereiche, wie z.B. Aussparungen für 3D-Druck-Modellanaloge können in einem Einsatz im Ultraschallbad gereinigt werden. Hier sollte unbedingt die Gebrauchsanleitung des Herstellers beachtet werden, da generell keine brennbaren Flüssigkeiten im Ultraschallbad eingesetzt werden dürfen.

Die Aushärtung findet in einem UV-Nachbelichtungsgerät statt, welches auf die Aushärtung von Objekten mit einer Wellenlänge von 385 nm bzw. 405 nm optimiert ist. Die Nachbelichtung sorgt dafür, dass die Druckobjekte sowohl die Biokompatibilitätsanforderungen als auch die optimalen mechanischen Eigenschaften erreichen.

Beurteilung der Qualität

Die visuelle Kontrolle von 3D-gedruckten Modellen ist leider nicht aussagekräftig genug, um die Qualität transparent beurteilen zu können. Daher setzen wir eine Oberflächenanalyse-Software ein, um den Ausgangsdatensatz mit dem 3D-gedruckten Objekt vergleichen zu können. In dieser Software werden die beiden Modelle im sog. „Best-Fit-Matching-Verfahren“ übereinandergelegt und anschließend analysiert.

Dabei sollten die Abweichungen so gering wie möglich sein – natürlich bietet kein 3D-Druck-System eine hundertprozentige Übereinstimmung mit dem Originaldatensatz. Daher hat sich eine Abweichung von < 100 μm über den Gesamtkieferscan als klinisch relevant erwiesen. Bei unseren internen Oberflächenanalysen setzen wir daher den Toleranzbereich auf 100 μm.

Bei der korrekten Umsetzung sind mit den aktuellen 3D-Drucker-Systemen sehr gute Ergebnisse zu erzielen. Allerdings kann die Qualität der Druckergebnisse je nach 3D-Drucker/Kunstharz und durch unterschiedliche interne Prozesse auch deutliche Ausreißer aufweisen. Demzufolge sind Wartung, Reinigung nebst interner 3D-Druck-Prozesse sehr entscheidend für reproduzierbare Ergebnisse.

Abb. 5: Die visuelle Kontrolle von 3D-gedruckten Modellen ist nicht aussagekräftig, daher kommt eine Oberflächenanalyse-Software zum Einsatz. Stephan Kreimer
Abb. 5: Die visuelle Kontrolle von 3D-gedruckten Modellen ist nicht aussagekräftig, daher kommt eine Oberflächenanalyse-Software zum Einsatz.

Wir haben 8 Kunstharze auf 3 3D-Druck-Systemen (SLA, DLP, LCD) miteinander verglichen. Alle Modelle wurden mit 50 μm Schichtstärke gedruckt. Das beste Ergebnis lag dabei bei einer Standardabweichung von 30 μm, und 99,3% der Oberfläche lagen innerhalb der Toleranz von 100 μm (Abb. 5).

Bei dem schlechtesten Ergebnis der Testreihe lag die Standardabweichung bei 90 μm, und lediglich 79,6% der Oberfläche lagen innerhalb der Toleranz von 100 μm. Wir haben die Modelle sowohl vor als auch nach dem Post-Curing vermessen. Hier ist aufgefallen, dass auch das Post-Curing noch einmal Auswirkungen auf die Oberflächengenauigkeit hat.

Fazit

Gerade für Einsteiger in die 3D-Druck-Technologie ist ein System von Vorteil, bei dem bereits alle Komponenten wie Software, 3D-Drucker, Kunstharz, Post-Processing etc. nachweislich aufeinander abgestimmt sind. Anders als bei der konventionellen Zahntechnik sollte das 3D-Druck-Modell – trotz der mittlerweile sehr hohen Qualität – nicht als Referenz dienen. Denn das perfekte 3D-Druck-Modell existiert im Grunde nicht, da schlussendlich der Ausgangsdatensatz aus dem Intraoralscanner die Referenz darstellt.

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