Festsitzende Implantatprothetik

Am Beispiel der Komplettversorgung eines Ober- und Unterkiefers

Das systematische Vorgehen als zentrale Aufgabe

Fertig verblendete implantatgestützte und bedingt herausnehmbare Oberkieferversorgung.
Fertig verblendete implantatgestützte und bedingt herausnehmbare Oberkieferversorgung.

Um einen Patienten bestmöglich mit Zahnersatz zu versorgen, reicht es nicht, einfach anzufangen und zu schauen, wie das Ganze ausgeht. Das ist höchstens der erste Schritt des eigenen Brainstormings im stillen Kämmerlein. Bei jeder komplexen Versorgung ist die zielführende und zu Ende gedachte Planung zentral. Das Endergebnis darf keinesfalls „verschwommen“ sein. Durch eine weitreichende Analyse zu Beginn werden einzelne Bausteine und damit wichtige Informationen gesammelt. Diese sind die Basis, um das Ziel klar zu definieren und scharf hervortreten zu lassen. Am folgenden Fall zeigt ZTM Roman Wolf, warum eine gute Vorbereitung das A und O ist, um am Ende einen passgenauen und ästhetischen Zahnersatz zu erhalten.

Den Patienten in den Fokus zu rücken, ist für mich schon von der Planungsfindung her eine logische Konsequenz. Erst recht, wenn man bedenkt, dass die Wünsche, Ansprüche, Probleme und die Ausgangssituation nicht individueller sein könnten (Abb. 1a u. b). Die Auswirkungen einer fehlenden Analyse- und Planungsphase seitens des Dentallabors sind bei kleineren prothetischen Arbeiten in der Regel kaum messbar. Umso größer sind diese allerdings bei größeren und komplexeren Restaurationen, wie in dem vorliegenden Patientenfall dargestellt. Wenn die Planung von Anfang an stimmt, ist das Vorgehen rationell ohne Wiederholungsschritte, und Behandler und Patient werden am Ende zufrieden sein.

  • Abb. 1a: Am Anfang, bevor man noch keine Details zu den Wünschen, der aktuellen Aussprache, der Körperhaltung
usw. hat, ist das Bild, das man sich vom Patienten macht, noch relativ verschwommen.
  • Abb. 1b: Die dentale Historie des Patienten wird erfasst, bevor es an die Planung des neuen Zahnersatzes geht.
  • Abb. 1a: Am Anfang, bevor man noch keine Details zu den Wünschen, der aktuellen Aussprache, der Körperhaltung usw. hat, ist das Bild, das man sich vom Patienten macht, noch relativ verschwommen.
    © Wolf
  • Abb. 1b: Die dentale Historie des Patienten wird erfasst, bevor es an die Planung des neuen Zahnersatzes geht.
    © Wolf

Der hier beschriebene Patient klagte zwar nicht über funktionelle Probleme, sehnte sich allerdings nach einer Komplettlösung, die ästhetisch anspruchsvoll und vor allem von langer Dauer sein würde. Insbesondere äußerte er als Wünsche, dass mehr Zähne beim Lächeln zu sehen sein sollten, die Mittellinie wieder stimmen und der Zahnersatz natürlich aussehen sollte, und insgesamt, dass die Neuversorgung zu seiner Person passen sollte.

Für die komplette Restauration des Ober- und Unterkiefers folgte hier nach der intensiven zahnärztlichen Diagnostik die zahntechnische Analyse und Planung. Ein wesentlicher Schritt der Diagnostik war eine Kiefergelenksvermessung gewesen. Die zahntechnischen Schritte konnten sich somit auf eine umfangreiche Daten- und Informationsbasis stützen.

Es sei aber vorausgeschickt: Aus der Analyse und Planung soll an dieser Stelle keine Wissenschaft gemacht werden, auch wenn die Fachbücher und Fortbildungen unendlich viel Material dazu hergeben, sich auf diesem Gebiet zu einem eingefuchsten Experten zu entwickeln. Vielmehr geht es darum, dass man einen solchen Schritt konkret einbaut und sich so vor der Umsetzung mit dem Patientenfall ausführlich befasst. Durch eine systematische Vorgehensweise soll am Ende ein für den Behandler, für sich selbst und vor allem für den Patienten überzeugendes Ergebnis erzielt werden. Eine mögliche Herangehensweise zeigt der folgende Fall Schritt für Schritt auf.

Fallanalyse 

Ein wichtiger, nicht zu vernachlässigender Aspekt ist, dass der Zahnersatz mit der individuellen dynamischen Mimik und Körperhaltung des Patienten harmonieren sollte. Diese Harmonie lässt sich auf der alleinigen Grundlage von statischen Modellen bzw. Abformungen aus der Zahnarztpraxis nicht erreichen. Deshalb kommt der Patient zu einer ersten Besprechung ins Labor, damit die Ausgangssituation so ausführlich wie möglich erfasst wird. Neben der Erfassung seiner persönlichen Situation und seiner Wünsche geht es darum, das Gesicht aus allen relevanten Winkeln (Abb. 2) fotografisch aufzunehmen. Zudem können weitere wichtige Informationen durch die Analyse der Haltung sowie der Aussprache gewonnen werden.

  • Abb. 2: Die Ausgangssituation des Patienten wird ausführlich erfasst.

  • Abb. 2: Die Ausgangssituation des Patienten wird ausführlich erfasst.
    © Wolf

Dentale Historie

Der Patient wurde zuletzt mit einer provisorischen Versorgung – vor 12 Jahren – behandelt (vgl. Abb. 1b). Das Oberkiefer-Provisorium war auf Pfeilerzähnen und Implantaten geplant und umgesetzt worden. Im Unterkiefer hatte der Patient eine provisorische Prothese auf vier Locatoren erhalten. So versorgt war er lange zufrieden gewesen. Er hielt es erst für nötig, die definitive Versorgung in Angriff zu nehmen, nachdem mehrere Pfeilerzähne verloren gingen und die obere bedingt herausnehmbare Versorgung nicht mehr auf den Implantaten alleine abgestützt werden konnte. Die neue Lösung beinhaltete die Planung und Versorgung des kompletten Ober- und Unterkiefers, um eine ideale neue Stellung der Zähne zu finden und nicht gegen die abgenutzten Unterkieferzähne arbeiten zu müssen.

Gesichtsanalyse

Aus der Gesichtsanalyse gewinnen wir zahlreiche wichtige Informationen und Daten. Diese erhält man, indem am Computer mithilfe von einfachen Programmen Referenzlinien und -punkte eingezeichnet werden (Abb. 3). Die erhaltenen Informationen liefern entscheidende Grundsteine, die für eine erfolgreiche prothetische Versorgung wichtig sind. So wurde durch die Einzeichnung der Ala-Punkte (Nasenflügel) rechts und links die Harmonie zwischen Nasenbreite und Schneidezahnbreite in Bezug auf die Breitenwahl der Zähne definiert. Der Sto (Stomion) kennzeichnet den Kontaktpunkt der Oberlippe zur Unterlippe. Dieser Punkt entsteht und zeigt sich beim Sprechen des „m-Lautes“. 

  • Abb. 3: Anhand der Patientenbilder können anatomische Referenzpunkte/-linien festgelegt werden.

  • Abb. 3: Anhand der Patientenbilder können anatomische Referenzpunkte/-linien festgelegt werden.
    © Wolf

Anschließend wurde die Bipupillarlinie angezeichnet. Diese verläuft durch die beiden Pupillenmitten und dient als horizontale Bezugslinie. Die danach gefundene Mittellinie steht senkrecht auf der Bipupillarlinie und verläuft durch den Subnasalpunkt. Sie definiert die ästhetische Mitte und verläuft im Idealfall durch den Kontaktpunktbereich der mittleren Frontzähne. Sodann ist die Länge der Zähne für die Lachlinie sehr wichtig. Hierbei muss der parallel bogenförmige Verlauf der Unterlippe zu den oberen Frontzähnen beachtet werden. Folgen die Oberkieferzähne dem Schwung der Unterlippe, erscheint uns die ästhetische Aufstellung harmonisch zum Patienten.

Fallplanung

Nach eingehender Erfassung aller wichtigen Informationen der Ist-Situation des Patienten kann nun die Planung des Soll-Zustandes beginnen. Aus der Gesichtsanalyse wurde deutlich, dass die Mittellinie des Patienten um ca. 2 mm nach links verschoben war. Dies soll bei der ästhetischen und phonetischen Aufstellung unbedingt ausgeglichen werden. Eine Oberkieferverschiebung konnte als Ursache ausgeschlossen werden, die Papilla incisiva liegt direkt auf der Schädelmittellinie. Die Verschiebung der Mittellinie um ca. 2 mm nach links war durch die nicht korrekt eingestellten Provisorien hervorgerufen worden.

Fotografien zeigten zudem auf, dass die Länge der Frontzähne deutlich zu kurz war und der Patient eine negative Lachlinie besaß. Diese Auffälligkeiten müssen bei der neuen Aufstellung ausgeglichen bzw. vermieden werden. Zugleich war über die Jahre die Bisshöhe immer geringer geworden. Ein Provisorium ist nicht dafür ausgelegt, eine so lange Zeit im Mund des Patienten zu verbleiben, daher muss nun auch eine neue Bisshöhe definiert werden.

Zu den Daten aus der Gesichtsanalyse und der dentalen Historie nehmen wir ergänzend die Informationen aus der Angle-Klassifikation hinzu. Der Patient hatte zum Planungszeitpunkt Prothesen in Mesialbiss – sprich: eine Klasse-III-Verzahnung (Abb. 4). Da wir beide Kiefer gleichzeitig versorgen, wird angestrebt, in den Neutralbiss zu gelangen (Klasse-I-Verzahnung). Ob dies überhaupt möglich ist, sehen wir nach der skelettalen Vermessung anhand der Daten aus der Slavicek-Analyse.

Ãœbertragung der Ist-Situation auf das Modell und in den Artikulator

Als Erstes muss die Ist-Situation aus dem Mund des Patienten mittels Modellen in den Artikulator übertragen werden (Abb. 5). Hierfür gibt es zahlreiche Übertragungsmöglichkeiten. In unserem Fall bestimmte der Zahnarzt die schädelbezogene Lage des Oberkiefers und übermittelte die Schädel-Achs-orientierten Daten mithilfe des Gesichtsbogens an das Labor.

  • Abb. 4: Sichtbar werden hier die Angle-Klasse III, Progenie sowie der mesiofaziale Typ.
  • Abb. 5a u. b: Ãœbertragung der Ist-Situation in den Artikulator.
  • Abb. 4: Sichtbar werden hier die Angle-Klasse III, Progenie sowie der mesiofaziale Typ.
    © Wolf
  • Abb. 5a u. b: Ãœbertragung der Ist-Situation in den Artikulator.
    © Wolf

  • Abb. 6: Die ausgewerteten Axiodaten zur Programmierung des Artikulators.
  • Abb. 7: Analyseergebnis aus der Axiografie.
  • Abb. 6: Die ausgewerteten Axiodaten zur Programmierung des Artikulators.
    © Wolf
  • Abb. 7: Analyseergebnis aus der Axiografie.
    © Wolf

Zur Bestimmung der Bisslage wurde die provisorische Restauration verwendet. Diese wurde lediglich um die über Jahre verloren gegangene vertikale Dimension angepasst. Mithilfe eines Equalizers wurde die alte Situation deprogrammiert, daraufhin wurde mithilfe des Jigs eine stabile Mitte gefunden. Diese Bisslage wurde mittels Feinbissregistrat eingefroren und in den Artikulator übertragen. Um so genau wie möglich mit dem Artikulator arbeiten zu können, führte der Zahnarzt eine Kiefergelenksvermessung durch. Diese wurde mit dem Cadiax II Analyzer der Firma GAMMA vorgenommen. Der Cadiax lieferte uns alle relevanten kiefergelenksbezogenen Bewegungsdaten für die Diagnostik und funktionelle Therapie der Okklusion. Dank dieser Daten kann der Artikulator so programmiert werden (Abb. 6), dass die Bahnen das Verhalten des Kiefergelenks nahezu perfekt adaptieren.

Aus der Slavicek-Analyse (Abb. 7), die mit den Interimsprothesen vorgenommen wird, erhalten wir viele wichtige Informationen, die für die Planung der Funktion erheblich sind. In diesem Fall ergab die Analyse folgendes Ergebnis:

  • Der skelettale Trend des Schädels ist stark brachyfazial.
  • Der skelettale Trend der Mandibula ist mesiofazial.
  • Die skelettale Klasse ist III.
  • Die Maxilla liegt prognath.
  • Die Mandibula liegt extrem prognath.
  • Die Untergesichtshöhe ist vermindert.
  • Die dentale Klasse ist unbekannt (keine Daten).
  • Die Protrusion des oberen und unteren Schneidezahnes ist normal.
  • Die Inklination des oberen und unteren Schneidezahnes ist normal.
  • Der Interinzisalwinkel ist erhöht.
  • Okklusionskonzept: Tendenz zur Gruppenfunktion.

Erstellung und Einprobe des Set-ups

Nach erfolgreicher Übertragung der Ist-Situation in den Artikulator wird die Aufstellung vorgenommen. Die Aufstellung kann mit CAD/CAM-Unterstützung oder rein analog erfolgen. Dieser Fall wurde auf konventionellem Weg gelöst (Abb. 8). Basierend auf den Daten der Slavicek-Analyse konnte die gewünschte Klasse-I-Verzahnung nicht realisiert werden, da der Unterkiefer extrem prognath liegt. Die Zahnauswahl wurde folglich so getroffen, dass wir bei der Aufstellung einen leichten Overjet und Overbite erzielten. Im Beisein des Patienten wurde dann eine phonetische und ästhetische Aufstellung vorgenommen. Dieses Setup wurde zur Einprobe im Mund des Patienten vorbereitet.

Basierend auf der analogen Aufstellung wurde das Set-up digitalisiert und als Prototyp aus zahnfarbenem Kunststoff monolithisch gefräst. Dann wurde es mit Komposit veredelt und charakterisiert. Bereits der Prototyp wird auf den Implantaten im Mund verschraubt. Parallel wird die Unterkiefer-Aufstellung auf den Locatoren als Wachsaufstellung zur Einprobe vorbereitet.

  • Abb. 8a–c: Für den vorliegenden Fall wurde ein konventionelles diagnostisches Set-up im Beisammensein mit dem Patienten erstellt.
  • Abb. 9: Das Set-up entfaltet bei der Einprobe (re.) seine volle „Wirkung“.
  • Abb. 8a–c: Für den vorliegenden Fall wurde ein konventionelles diagnostisches Set-up im Beisammensein mit dem Patienten erstellt.
    © Wolf
  • Abb. 9: Das Set-up entfaltet bei der Einprobe (re.) seine volle „Wirkung“.
    © Wolf

Auf Abbildung 9 ist der Patient im Vergleich zur alten Versorgung mit dem neuen diagnostischen Set-up dargestellt. In diesem Schritt kann noch alles geändert werden, was dem Patienten nicht gefällt. So ist das Set-up eine gute Diskussionsgrundlage. Diese zeigt dem Patienten, welche ästhetischen Gestaltungsmöglichkeiten uns zur Verfügung stehen. Damit können spätere Überraschungen minimiert bzw. ganz ausgeschlossen werden. Dank der ästhetischen und phonetischen Aufstellung ist die Einprobe des Set-ups in diesem Fall nahezu perfekt, und es werden lediglich minimale Korrekturen vorgenommen. Es wurden die okklusalen Kontaktpunkte optimiert sowie Lichtleisten verstärkt und der bukkale Korridor angepasst. Der Patient kann bei der Einprobe des Set-ups aktiv gestalterisch mitwirken und sich schon auf die definitive Versorgung freuen.

Erstellung der Gerüste
  • Abb. 10: Das digitalisierte Set-up zur Gerüstherstellung für das SLM-Verfahren.
  • Abb. 11: Im Labor gescannte und konstruierte CAD-Daten. Anhand dieser wird im SLM-Verfahren ein Laser gesteuert, der das Gerüst Schicht für Schicht aus einem Metallpulver additiv aufbaut.
  • Abb. 10: Das digitalisierte Set-up zur Gerüstherstellung für das SLM-Verfahren.
    © Wolf
  • Abb. 11: Im Labor gescannte und konstruierte CAD-Daten. Anhand dieser wird im SLM-Verfahren ein Laser gesteuert, der das Gerüst Schicht für Schicht aus einem Metallpulver additiv aufbaut.
    © Wolf

  • Abb. 12: Einbetten des Gerüstes in die glasklare Küvette zur Fertigstellung.
  • Abb. 12: Einbetten des Gerüstes in die glasklare Küvette zur Fertigstellung.
    © Wolf

Nach erfolgreicher Anpassung des Setups wurde dieses erneut digitalisiert (Abb. 10). Die Anfertigung der Gerüste erfolgte mittels der CAD/CAM-Technologie. Für den Patienten wurden eine kompositverblendete Hybrid-Versorgung mit Metallgerüst im Oberkiefer und eine Prothese auf vier Locatoren im Unterkiefer hergestellt. Die eingescannte Konstruktion im Oberkiefer wurde um 1,2 mm reduziert und anschließend im SLM-Verfahren (Laserschmelzen) gedruckt (Abb. 11). Die Unterkieferprothese wurde mit einer Metallverstärkung versehen und mit heißem individuellem Kunststoff geschichtet und fertiggestellt.

Einbetten des Set-ups

Das Set-up wurde nun in eine glasklare Küvette eingebettet und zur Fertigstellung und individuellen Schichtung vorbereitet (Abb. 12). Hierfür wurden verschiedene Silikone herangezogen. Direkt auf dem Set-up wurde ein Silikon mit einer hohen Shore-Härte verwendet. Das Silikon wurde aus der Kartusche auf das Set-up aufgetragen und anschließend in den Drucktopf gegeben. Bei 3 bar wird das Silikon in alle Zwischenräume sowie in die eingearbeitete Oberfläche und in die Fissuren hineingedrückt. So erhalten wir eine perfekt passende Pressung. Anschließend muss das Silikon mit einer Universalisolierung isoliert werden, damit sich das klare Silikon vom Basis-Silikon problemlos lösen lässt.

Zum Schluss wurde dann mit einem weichen klaren 50/50-Silikon mit einer niedrigen Shore-Härte die Form aufgefüllt. Dank des weichen Silikons kann die Form ohne Spannung und Druck repositioniert werden. Somit kann beim Pressen eine Bisshebung komplett ausgeschlossen werden.

Schichtung und Fertigstellung 

Nun wird mit der Fertigstellung begonnen. Zuerst wurde das Gerüst silanisiert und opakert (Abb. 13). Der Opaker wurde so dünn wie möglich und so deckend wie nötig aufgetragen, damit dieser bis auf das Gerüst durchgehärtet wird und somit jegliches Ablösen ausgeschlossen werden kann. Als erste Komposit-Schichtung wurde Opak-Dentin appliziert. Dieser Schritt dient dazu, das Gerüst dünn abzudecken, um mögliche Abrisse in der Schichtung zu vermeiden. Hierfür ist ganz klar ein kurzer Space-Check erforderlich. Nach erfolgreichem Abdecken des Kerns wurde mit der Masse D2 von palatinal nach inzisal der Kern nochmals verstärkt. Dies beeinflusst das spätere Erscheinungsbild sehr, indem es eine sehr gute Tiefenwirkung hervorruft. Zum Schluss der Dentinpressung wurde mit der Grundmasse die Form vollständig aufgefüllt und in der Küvette gepresst.

  • Abb. 13: Silanisieren und Opakern des Gerüstes sowie Abdecken des Dentinkerns.
  • Abb. 14: Rationelles Cut-back.
  • Abb. 13: Silanisieren und Opakern des Gerüstes sowie Abdecken des Dentinkerns.
    © Wolf
  • Abb. 14: Rationelles Cut-back.
    © Wolf

  • Abb. 15: Individuelle Schneideschichtung mit verschiedenen Transpamassen.
  • Abb. 15: Individuelle Schneideschichtung mit verschiedenen Transpamassen.
    © Wolf

Nach 20-minütiger Entspannungszeit des Kunststoffes in der Küvette konnte nun lichtgehärtet werden. Die Entspannungszeit des Kunststoffes muss unbedingt eingehalten werden, da sonst eine Bisshebung möglich ist. Als das Dentin vollständig durchgehärtet war, kam das Cutback an die Reihe (Abb. 14). Es wurde so viel Platz geschaffen, dass eine ästhetisch schöne Verblendung individuell geschichtet werden konnte. Begonnen wurde mit einem groben Diamanten, um ein rationelles Cut-back unter dem Aspekt Zeitersparnis generieren zu können. Anschließend wurde mit einem feinen Diamanten sowie mit verschiedenen Trennscheiben eine anatomisch korrekte Dentinform geschliffen. Dabei sollten immer Space-Checks durchgeführt werden, sodass ständig der zur Verfügung stehende Platz überprüft wird und man überall gleichmäßig an Schichtstärke reduziert.

Nun kommen wir zu meinem Lieblingsteil: zur individuellen Schneideschichtung. Die Zähne wurden mit verschiedenen Transpamassen Schicht für Schicht von innen nach außen rekonstruiert (Abb. 15). Systematisch wurden die Massen in kleinen Portionen Zahn für Zahn aufgetragen und dabei zwischengehärtet. So haben wir stets die Kontrolle, dass die Massen genau dort stehen bleiben, wo wir sie auch brauchen. Dabei wird auch hier immer ein Space-Check durchgeführt: Wir müssen innerhalb des Vorwalls bleiben, um ein Verpressen der kompletten Schichtung anschließend zu vermeiden.

Zum Schluss wurde die Form wieder vollständig mit der Schneidemasse gefüllt und in der Küvette gepresst. Nach 20-minütiger Entspannungszeit des Kunststoffes in der Küvette, wie zuvor, konnte daraufhin endgehärtet werden. Auch jetz tist die Entspannungszeit des Kunststoffes unbedingt einzuhalten, da sonst eine Bisshebung die Folge sein kann.

Zum Schluss wurde die Arbeit ausgebettet, ausgearbeitet und finalisiert. Dazu gehörten in diesem Fall das feine Einstellen der okklusalen Kontakte sowie die Einstellung der Front-Eckzahn-Führung. Die Form und Oberfläche der Zähne wurden nochmals mit viel Liebe zum Detail feingeschliffen. Insbesondere achte ich hierbei darauf, dass die Zähne einen natürlichen Eindruck hervorrufen.

Das erreiche ich wesentlich, indem ich die Zähne interdental separiere, sodass jeder Zahn für sich selbst steht. Zudem achte ich auf das Einstellen der Oberflächenstruktur. Diese sollte unbedingt sichtbar sein, jedoch nicht unnatürlich und optisch aggressiv wirken. Als alles in Form gebracht war, wurde schließlich noch das Zahnfleisch modelliert und mit Kompositmassen mehrfarbig geschichtet. Nun ist es Zeit zum Glänzen: Die Arbeit wurde in mehreren Schritten auf Hochglanz gebracht: Dazu wurden verschiedene Polierbürsten und Poliermassen verwendet. Dabei werden die Interdentalräume optimal glatt und schrammfrei, wenn man sie mit einem Ziegenhaarbürstchen und Polierpaste (Candulor KMG) poliert. Der Polierschritt ist sehr wichtig: Je besser jetzt zum Schluss gearbeitet und die Arbeit veredelt wird, umso geringer ist die Plaqueanfälligkeit des Zahnersatzes.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Herstellung und Unterstützung der Reinigungsfreundlichkeit des Zahnersatzes. Dazu schleife ich Freiräume um die Implantate herum, damit der Patient diese mit Bürstchen und Zahnseide von Belägen befreien und gut reinigen kann. Grundsätzlich gilt: Die Brückenglieder zur besseren Reinigbarkeit nicht sattelförmig, sondern Pontic-artig gestalten.

Das Finale in Bildern

Die Abbildungen 16 bis 19 zeigen das Resultat und einen zufriedenen Patienten.

  • Abb. 16: Die harte Arbeit wird mit einem breiten Lächeln von einem glücklichen Patienten belohnt.
  • 17a–c: Impressionen der fertig verblendeten implantatgestützten und bedingt herausnehmbaren Oberkieferversorgung.
  • Abb. 16: Die harte Arbeit wird mit einem breiten Lächeln von einem glücklichen Patienten belohnt.
    © Wolf
  • 17a–c: Impressionen der fertig verblendeten implantatgestützten und bedingt herausnehmbaren Oberkieferversorgung.
    © Wolf

  • Abb. 18: Eindrücke der individuellen Schichtung in situ.
  • Abb. 19: Der Zahnersatz wurde reinigungsfreundlich für den Patienten gestaltet (li.). Nach der Endkontrolle ist die Arbeit bereit zum Einsetzen (re.).
  • Abb. 18: Eindrücke der individuellen Schichtung in situ.
    © Wolf
  • Abb. 19: Der Zahnersatz wurde reinigungsfreundlich für den Patienten gestaltet (li.). Nach der Endkontrolle ist die Arbeit bereit zum Einsetzen (re.).
    © Wolf

Mein Fazit 

Eine Komplettrestauration zieht sich über mehrere Monate hin. Am Ende „mal eben“ etwas abzuändern ist daher nicht ohne einen sehr hohen Zeit- und Arbeitsaufwand zu machen. Eine gute Planung ist das A und O, um Fehlerquellen auf dem Weg der Umsetzung bestmöglich auszuschließen. Daneben baut die Zielsetzung auf einer soliden vorhergehenden Analyse auf und zieht sich wie ein roter Faden durch jeden Prozessschritt.

Die Einbeziehung des Patienten von Anfang an bietet zudem viele Vorteile. Neben der persönlichen Absprache von Wünschen etc. erhält man viele dynamische Daten, die ein statisches Modell nicht hergibt. Es ist verständlich, dass der Patient gerade bei höheren finanziellen Ausgaben auch höhere Ansprüche und Erwartungen an den Zahnersatz hat. Die Ansprüche von Anfang an abzuklären, schafft auf der Seite des Zahntechnikers Empathie für den Patienten und auf der Patientenseite Vertrauen für die Arbeit des Zahntechnikers.

Durch einen weiteren Zwischenschritt – die Einprobe des Set-ups – gehen wir zusätzlich auf Nummer sicher und holen uns das finale „OK“ des Patienten. Haben wir unsere Hausaufgaben gut gemacht, kann es direkt mit Vollgas an die Umsetzung gehen. Auf den letzten Metern geben wir natürlich nochmals alles: Von der individuellen Schichtung über die Charakterisierung der Zähne bis zur funktionellen Anpassung werden alle Register gezogen, um ein individuelles ästhetisch ansprechendes Endergebnis zu erzielen. Voller Vorfreude wird die definitive Arbeit schlussendlich eingesetzt und die harte Arbeit mit einem breiten Lächeln und einem glücklichen Patienten belohnt.


Verwendete Materialien: 

  • Artikulator: Reference, Amann Girrbach
  • CAD-Software: exocad, Dental Direkt
  • Gerüste: SLM, Dental Direkt
  • Komposit: Creation VC, Creation
  • Kunststoff: Aesthetic Color Set Easy, Candulor
  • Charakterisierung: Make Up Neo, Creation
  • Prothesenzähne: PhysioSelect TCR, Candulor
  • Scanner: T500, Medit
  • Vermessung: Cadiax II Analyzer, Gamma

 

 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: ZTM Roman Wolf - Jessica Wolf


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