Die Modellherstellung im digitalen Zeitalter

Die Entwicklung von Intraoralscannern ist in den vergangenen Jahren mit großen Schritten vorangekommen, analog dazu steigt die Anzahl der eingesetzten Systeme in den Praxen an. War der Ursprung der Herstellung von Zahnersatz nach intraoraler Scannung noch überwiegend als Chairside-Lösung für kleinere Restaurationen gedacht, die ohne gegenständliches Modell auskamen, so wird es durch die fortschreitende Entwicklung der Scansysteme möglich sein, immer größere Restaurationen anzufertigen; hier ist und bleibt das Labor gefragt. Dabei stößt die modellfreie Anfertigung von Zahnersatz sehr schnell an ihre Grenzen: Für händische Individualisierungen (Schichtung der Verblendung) oder Anpassungsarbeiten von aufwendigen Konstruktionen ist und bleibt ein Modell unerlässlich. Nun stellt sich also die Frage, wie und zu welchen Kosten ein gegenständliches Modell generiert werden kann. Auch wenn hier neue Wege gegangen werden: Die traditionelle Gipsmodellherstellung nach der Abdrucknahme setzt als bewährtes Verfahren die Maß täbe für Präzision und Wirtschaftlichkeit.
Das ProfiCAD System von ERNST HINRICHS, Goslar, gibt eine moderne Antwort, in dem es die bereits etablierten Frässysteme in den Laboren mit dem Traditionswerkstoff Gips kombiniert und per subtraktiver Frästechnik die Arbeitsmodelle herstellt. Dabei kommen keine herkömmlichen Ronden aus Gips zum Einsatz, sondern speziell vorgefertigte Pre-Form Blanks auf einer Kunststoff-Pinbasisplatte in Teil- und Vollkieferform.
Aufbereiten der Datensätze
Für die CAD/CAM-gestützte Frästechnik müssen zunächst die Datensätze aus dem Intraoralscan aufbereitet werden. Die Daten werden hierzu in die zum System gehörende HinriCAD Software importiert, der Zahnkranz wird an den Rändern sauber beschnitten und in der Gesamtausdehnung auf ein zahntechnisch sinnvolles Ausmaß reduziert. Die Verkleinerung und Bereinigung des Scans führen bei der nachgelagerten Fräsbearbeitung zu einer deutlichen Verkürzung der Fräszeit (Abb. 1). Im nächsten Schritt erfolgt die Ausrichtung des Scans zur Z-Achse des Fräsgeräts, um später die bestmögliche Platzierung für den Fräsprozess sicherzustellen. Die dabei dargestellte Nulllinie der Z-Ebene definiert zugleich die tiefste Bearbeitungsebene. Die Scans können anhand dieser Ebene optimal tief über der Pinbasisplatte der Preform-Blanks positioniert werden, was den Feinschleifbereich und damit die Fräszeit weiter reduziert. Darüber hinaus wird in diesem Arbeitsschritt der basal offene Oberflächenscan in ein Volumenmodell umgewandelt, dies ermöglicht überhaupt erst eine Fräsbearbeitung (Abb. 2). Bevor die Modelldaten abschließend dem Nesting zugeführt werden, lassen sich noch optional die Präparationsgrenzen freistellen. Dabei wird nach ihrer Definition eine individuelle Hohlkehle aus dem Datensatz heraus berechnet, wodurch die Präparationsgrenze frästechnisch optimal darstellbar ist (Abb. 3).
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Abb. 2: Ausrichtung zur Z-Achse.
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Abb. 3: Freigestellte Präparationsgrenze.
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Abb. 4 u. 5: Teil- und Vollkiefer-Datensatz im Nesting-Bereich.
Definition des Nesting-Bereiches
Die aufbereiteten Datensätze können nun dem Nesting- Bereich zugewiesen werden. Da im späteren Fräsprozess eine Unterscheidung zwischen Vollkiefer und Teilkiefer Preform-Blank gemacht wird, muss die Auswahl entsprechend der Modellgeometrie getroffen werden (Abb. 4 u. 5). Beim Exportieren der Daten zur Weiterbearbeitung in der HinriCAD CAM-Software wird diese Position automatisch in den Datensatz codiert, sodass per Direct-Mill Funktion unmittelbar mit der Fräsbearbeitung begonnen werden kann.
Vorbereiten zum Fräsprozess
Durch den Export-Button der HinriCAD Software wird abschließend der fertige STL-Datensatz automatisch in die HinriCAD CAM-Software importiert, wo nur noch das entsprechende Frässtrategiemodul für den Vollkiefer- und Teilkiefer Preform-Blank zugewiesen werden muss. Die HinriCAD Software mit ihren speziell für diese Preform- Blankvarianten entwickelten Frässtrategien lässt sich hierbei mit verfügbaren Post-Prozessoren problemlos auf allen gängigen dentalen Fräsmaschinen betreiben (Abb. 6).
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Abb. 6: Fräsjob in Position.
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Abb. 7a u. b: Preform-Blanks für Teil- und Vollkiefer.
Der Fräsprozess
Der Fräsprozess geschieht nicht wie sonst üblich im Vollblank, sondern in speziell entwickelten Preform-Blanks in Kiefer- bzw. Teilkieferform aus einem neu entwickelten Fräsgips. Die mechanischen Eigenschaften des Fräsgipses sind speziell auf die Anforderungen einer Fräsbearbeitung abgestimmt und führen selbst bei hohen Vorschüben und großen Materialzustellungen zu glatten und splitterfreien Fräsoberflächen. Die Gipsblanks sind auf Sockelplatten, wie von dem bereits in vielen Laboren etablierten Modellsystem Profident 2010 bekannt, vormontiert und sorgen für höchste Präzision in allen Segmentbereichen nach Fertigstellung des Modells (Abb. 7a u. b). Für den Fräsprozess werden die Preform-Blanks in den jeweiligen Blankhalter eingesetzt und fixiert. Speziell bei den vorrangig durchgeführten Kiefersegment-Scans ist durch den doppelten Teilkiefer-Blankhalter eine Bearbeitung von Ober- und Unterkiefer in einem Arbeitsgang möglich; das erlaubt Gesamtfräszeiten von lediglich rund 30 Minuten.
Die anschließende Bearbeitung für dieses Verfahren erfolgt ausschließlich in 5-Achs-Fräsgeräten wie z. B. der HinriMill 5. Hinterschnitte, Hohlkehlen oder divergente Einschubrichtungen lassen sich nur über die Anstellung in der fünften Achse realisieren. Nach Abschluss der Fräsbearbeitung können die Modelle wie gewohnt einartikuliert oder zur Okklusionsprüfung im systemzugehörigen Fixator montiert werden (Abb. 8 u. 9). Die notwendigen Segmentierungsarbeiten am Arbeitsmodell erfolgen abschließend per Hand in gewohnter Manier, wobei die Freilegung der Präparationsgrenze durch den Fräsprozess bereits erfolgt ist.
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Abb. 8: Gefräste Teilkiefer.
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Abb. 9: Teilkiefer im Fixator.
Fazit
Die kontinuierlich fortschreitende Entwicklung der dentalen CAD/CAM-Technologie hat die computergestützte Fertigung von definitiven Restaurationen mittlerweile fest in der Branche etabliert. Auch die bislang traditionelle Herstellung von Gipsmodellen wird in Teilbereichen durch das modellfreie Konstruieren nach intraoraler Scannung abgelöst. Durch moderne Systeme entsteht in Zahnarztpraxen und Dentallaboren eine ganz neue Herausforderung: Wie gelange ich zu meinem gegenständlichen Modell, um erforderliche Individualisierungen oder Endbearbeitungen durchzuführen?
Ein wichtiger Punkt bei der Auswahl des Verfahrens wird die Präzision der hergestellten Modelle sein, die mit der traditionellen Herstellung mittels physischer Abformung mithalten können muss. Weiterhin ist die Wirtschaftlichkeit der Systeme ein entscheidender Punkt. Müssen für die Anfertigung der Modelle zusätzlich kostenintensive Geräte angeschafft werden, so ist eine Herstellung allenfalls für industrielle Fertigungszentren kostendeckend möglich. Eine individuelle Einzelfertigung in Praxis oder Labor ist unter diesen Bedingungen kaum wirtschaftlich zu realisieren. Nur die Systeme, die bei den Entstehungskosten je Modell innerhalb der BEL-Sätze rangieren, werden Akzeptanz bei potenziellen Anwendern finden. Speziell für die Anwendung in Labor und Praxis wurde daher das ProfiCAD System von ERNST HINRICHS entwickelt. Es bietet den Zahntechnikern die Möglichkeit, bereits im Labor vorhandene Fräskapazitäten zu nutzen und mit geringem zusätzlichen Kosten- und Zeitaufwand den anstehenden Bedarf an Modellen aus dem Intraoralscan zu decken. Die subtraktive Fräsbearbeitung der Pre-Form Blanks sorgt überdies für exzellente Präzision bei den Modellen in dem bewährten Dentalwerkstoff Gips.