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Festsitzende Implantatprothetik

Keramikimplantate: Ein Nischenprodukt für Veganer und Ästheten?

Neben den bewährten Implantaten aus Titan erobern zunehmend auch Keramik-Implantatsysteme den dentalen Markt. Als eine „inspirierende Innovation“ in der Implantologie der nächsten Generation wurden sie dem Kunden auf der Messe angepriesen. Wie schon die Firma Straumann das PURE Ceramic-Implantat, bringen aktuell zur IDS 2017 auch VITA und CAMLOG eigene Keramik-Implantatsysteme auf den Markt.

Placeholder – News shutterstock

Abb. 1: Ceramic.Implant von VITA Zahnfabrik.
Abb. 1: Ceramic.Implant von VITA Zahnfabrik.

Das einteilige Ceramic.Implant von VITA verspricht dem Behandler einen Einsatzbereich von Einzelzahnrestaurationen bis hin zu dreigliedrigen Brücken im Seitenzahnbereich (Abb. 1). Mit der einteiligen Variante versucht VITA die bakterielle Belastung und die Spannungsproblematik bei Verschraubungen von Abutments zu vermeiden. Ceramic.Implant bietet dem Anwender die Möglichkeit, den Implantatkopf intraoral zu individualisieren und über eine entsprechende Abformkappe mit sicherem Sitz an der unpräparierten Implantatschulter abzuformen. Die Oberfläche des Implantats cer.face wurde mechanisch und chemisch durch Anstrahlen, Ätzen und Tempern für die Osseointegration vorbereitet.

In den vergangenen fünf Jahren wurde laut VITA eine Invivo- Studie über ca. 70 Implantate durchgeführt. Leider sind aktuell lediglich Ein-Jahres-Daten der Öffentlichkeit zugängig. Hierbei handelt es sich um eine Studie der Universitäten Freiburg und Zürich zu 71 gesetzten Keramikimplantaten* aus dem Jahre 2013 mit einer Überlebensrate von 98,3 %.

Eine interessante Initiative ist die Gründung von PROSEC im Jahre 2016. VITA hat damit angefangen, sich ein Spezialisten-Netzwerk aufzubauen, wodurch über Forschung und Fortbildungen verlässliche Standards in der Anwendung für den Behandler geschaffen und weitergegeben werden sollen.

Abb. 2: Das CERALOG Implantatsystem von CAMLOG.
Abb. 2: Das CERALOG Implantatsystem von CAMLOG.

Die Firma CAMLOG hingegen hat sich mit dem Schweizer Unternehmen AXIS biodental SA einen Vorreiter auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung von Zirkoniumdioxid- Implantaten in ihr Haus geholt. Aus der Zusammenarbeit beider Firmen entstand das sogenannte CERALOG Implantatsystem (Abb. 2).

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Das Spektrum von CERALOG umfasst ein einteiliges Monobloc und ein zweiteiliges Hexalobe Implantat. Beide Varianten werden über ein Ceramic Injection Molding- Verfahren hergestellt und im Anschluss gesintert und gehipt. Dabei entsteht eine sogenannte duale Oberfläche mit verschiedenen Rautiefen. Am Implantatkörper zeigt sich eine Mikrorauigkeit von 1,6 ?m und am Hals von 0,5 ?m.

Obwohl CAMLOG mit der individuellen Verbindung via Hexalobe zwischen Abutment und Implantat eine radiale Kraftübertragung und hohe Rotationsstabilität verspricht, schränkte ein Vertreter von CAMLOG auf der IDS im persönlichen Gespräch den Einsatzbereich des zweiteiligen Implantatsystems auf Einzelzahnrestaurationen ein. Die Belastbarkeit eines verschraubten Vollkeramik-Abutments scheint wohl noch zweifelhaft zu sein.

CAMLOG bietet in Zusammenarbeit mit DEDICAM ab Mai 2017 neben ihren standardisierten PEKK-Abutments ein individuell gefertigtes Zirkoniumdioxid-Abutment an, das wahlweise über eine Titan- oder Goldschraube fixiert wird. In naher Zukunft plant CAMLOG zusätzlich die Einführung von Keramikbohrern in das System.

Fazit

Titanimplantate stellen weiterhin den Goldstandard unter den dentalen Implantaten dar. Über beobachtete Hypersensitivitätsreaktionen wurde schon mehrfach berichtet. Ursachen sind laut der DGUZ proentzündliche Reaktionen auf Titanabriebpartikel, die zur fehlenden knöchernen Integration und Periimplantitis führen können. Der Umstand, dass individuelle Überempfindlichkeiten auch die Ursache für ein Implantatversagen sein können, bleibt möglicherweise im zahnärztlichen Alltag oft unerkannt. Andererseits muss man immer wieder im Auge behalten, dass die zahnärztliche Implantologie einen sehr hohen Standard und Erfolgsquoten aufweisen kann und einhundertprozentige Erfolgsquoten bei keinem Therapieverfahren zu erwarten sind.

Keramikimplantate stellen aber dennoch eine aussichtsreiche Alternative dar. Sie eignen sich insbesondere bei Patienten mit dem ausdrücklichen Wunsch nach einer metallfreien Implantatversorgung, bei Patienten für eine ästhetische Behandlung mit einem dünnen gingivalen Biotyp oder einer Weichgeweberezession. Für Keramikimplantate sprechen ebenfalls die scheinbar gleichwertige Osseointegration (die sich noch im klinischen Langzeitverhalten beweisen muss) und eine schlechtere Plaque- bzw. Bakterienanlagerung im Vergleich zu Titan. Einzig und allein der Herstellungsprozess von Keramikimplantaten stellt eine Schwachstelle in der Implantatfestigkeit dar, die mittlerweile laut Herstellerangaben durch Qualitätskontrollen und technisch finalisierte Fertigungsprozesse gut umschiffbar sei.

Allen Vorteilen zum Trotz sind aber weitere klinische Daten unabdingbar und stellen die Voraussetzung für einen weitestgehend risikolosen und geübten Umgang mit keramischen Implantaten dar. Es gilt also nach wie vor für jeden Behandler, sich gut zu informieren und nicht von bunten Flyern und guten Rhetorikern der IDS beeindrucken zu lassen oder blind einem veganen Lifestyle-Trend zu folgen. 

Einige weitere Beispiele von Keramikimplantaten: die zweiteiligen mehren sich

Die Firma Straumann (Basel/Schweiz) zeigte auf der IDS neben dem schon eingeführten einteiligen PURE Ceramic-Implantat erstmals ein zweiteiliges Implantat, das ca. ab Ende dieses Jahres verfügbar sein soll; noch laufen Pilotstudien. Das Problem, Aufbauten aus Zirkoniumdioxid mit einem Implantat aus Zirkoniumdioxid zu verbinden, wird über eine Schraube aus Titan gelöst. Dabei macht sich Straumann die lange Erfahrung mit Titanimplantaten und Keramikaufbau zunutze. Für die Osseointegration erfolgt die Oberflächenaufrauung des Implantats analog zur SLA-Methode des Sandstrahlens und Ätzens mit Säure bei Titan (SLA = Sandblasted, Large-grit, Acid-etched).

Mit mehr als 10 Jahren Einsatz seiner Zeramex-Linie besitzt Dentalpoint, Zürich/Schweiz, die längste Erfahrung mit zweiteiligen Keramikimplantaten. Die Versorgungen sind komplett metallfrei, da die elastische Vicarbo-Schraube aus karbonfaserverstärktem Kunststoff eine formschlüssige und gleichzeitig spannungsfreie Verbindung herstellt. Im Vergleich zu Titan Grad V (Elastizitätsmodul: 114 GPa, Zugfestigkeit: 1.100 MPa) ist der Elastizitätsmodul hier größer als 160 GPa, die Zugfestigkeit liegt bei 2.000 MPa. Implantat und Abutment werden aus hochverdichteten Zirkoniumdioxid-Rohlingen hergestellt und weisen eine hohe Ermüdungsfestigkeit auf. Auf der diesjährigen IDS wurde als neuestes Mitglied der zweiteiligen reversibel verschraubbaren Keramikimplantate das konische Zeramex XT (tapered) vorgestellt.

Z-Systems (Oensingen/Schweiz) blickt auf eine 15-jährige Erfahrung mit Keramikimplantaten zurück und gilt hier als Weltmarktführer. Es ist der erste und einzige Hersteller eines Bone-Level-Implantats aus Keramik mit Platform-Switching. Zweiteilige Keramikimplantate (Z5c) kamen 2008 heraus. Verschraubbar ist das neuere zweiteilige Implantat Z5s. Das Unternehmen gibt eine „Überlebensrate vergleichbar mit Titanimplantaten“ an, auf Anfrage werden klinische Dokumentationen versendet. Die hydrophile SLM-Oberfläche (Surface Laser Modified) ist patentiert, mittels Laser wird eine erhöhte Makro-und Mikrorauigkeit geschaffen. Die so erreichte Oberflächenvergrößerung führt zu einer guten Osseointegration.

Ein anderer Hersteller ein- und zweiteiliger Keramikimplantate ist SDS Swiss Dental Solutions (Kreuzlingen/ Schweiz). Dieser Hersteller agiert schon mehr als 15 Jahre im keramischen Implantatmarkt. Das Implantatgewinde unterscheidet sich in Hals- und Body-Bereich (Kortikalis und Spongiosa), um die Primärstabilität zu erhöhen. Bei zweiteiligen Implantaten kann das Abutment zusätzlich als Locator-Patrize gestaltet und für abgestimmte Matrizen verwendet werden.

Für Keramikimplantate wird nicht nur Zirkoniumdioxid verwendet. Champions-Implants (Flonheim) hat auf der IDS als Weltneuheit das Champions (R)Evolution White-lmplantat aus dem patentierten zäh-elastischen pZircono vorgestellt. Im Unterschied zu den bisherigen Yttriumoxid-stabilisierten Keramiken enthält pZircono mit Plättchen aus seltenen Erden angereichertes Material. Hieraus resultiert eine gegenüber den Yttriumoxid-stabilisierten Keramiken sehr hohe Bruchzähigkeit – mit der Perspektive gesteigerter Langlebigkeit des Implantats. Mit seiner Neuentwicklung will Champions- Implants Risiken ausschalten – wie eine hydrothermale Instabilität, erhöhte Frakturgefahr oder auch eine mangelhafte Osseointegration durch nicht genug angeraute und kaum hydrophile Oberflächen. Die erhöhte Elastizität des Materials bringt dem Implantat die Perspektive, einer starken Wechselbelastung gut standzuhalten und zu einer verbesserten Osseointegration zu führen. Laut Hersteller werden die (R)Evolution White-Implantate ab Ende des Jahres zu einem „marktgerechten Preis“ verfügbar sein, ein- und zweiteilig. 

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