Herausnehmbare Implantatprothetik


Denturismus – Gesundheitsdienstleistung für abnehmbare Prothetik

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In vielen Ländern, in denen der Beruf des Denturisten bzw. der Denturistin etabliert und gesetzlich anerkannt ist, haben sich zukunftsweisende Modelle für Gemeinschaftspraxen entwickelt.

In diesen Praxen arbeiten erstere sehr erfolgreich mit DHs, Zahnärzten und Zahnärztinnen zusammen. Durch das hohe Spezialistentum sind diese Praxen effizient, liefern ein überaus hohes Maß an Qualität und Patientenzufriedenheit.

Die Denturismus-Ausbildung beinhaltet Fächer wie Anatomie, Histologie, Pathologie, Pharmakologie, Embryologie, Mikrobiologie etc. In vielen Ländern ist sie mit einem 3-jährigen Vollzeitstudium geregelt. Andernorts ist es eine klinische Weiterbildung, die nur auf eine abgeschlossene Zahntechniklehre folgen kann.

Der weltweite Standard wird vom Weltverband der Denturisten, dem IFD (International Federation of Denturists), mit einer „Baseline Competency“ definiert. In den teilnehmenden Ländern ist die betreffende Ausbildung in Bezug auf öffentliche oder private Ausbildungsgelder leistungsgerecht.

Definition des Denturismus

Professionelle Denturisten und Denturistinnen sind Mitglieder des zahnmedizinischen Gesundheitsteams, die speziell in den Fähigkeiten geschult und ausgebildet wurden, die für die Bereitstellung von nicht invasiven Zahnersatzdienstleistungen erforderlich sind. Ausgestattet mit einer soliden technischen Ausbildung und einer posttechnischen Ausbildung in Naturwissenschaften und klinischen Fähigkeiten, können sie Prothesen entwerfen, erstellen, konstruieren und modifizieren (reparieren und neu unterfüttern), um eine optimale Passform, maximalen Komfort und allgemeines Wohlbefinden zu gewährleisten.

Dabei führen sie dedizierte Verfahren sowohl als unabhängige Kliniker/-innen als auch als Zahntechniker/-innen durch. Sie sind bestens gerüstet, um alle Aspekte der Erstellung und Gestaltung der idealen Prothese zu kontrollieren und gleichzeitig eine Kostenersparnis für Patienten und Patientinnen zu ermöglichen.

Abgrenzung zur Zahnheilkunde

Zahnmediziner und Zahnmedizinerinnen erbringen das gesamte Spektrum der Dienstleistungen im Zusammenhang mit der zahnmedizinischen Versorgung von der Diagnose über die Festlegung des Therapieverlaufs bis hin zur Behandlung und Nachsorge. Der Tätigkeitsbereich der Denturisten und Denturistinnen umfasst klinische Arbeiten, grenzt jedoch klar zwischen invasiven zahnärztlichen Eingriffen und zahnprothetischer Anpassung und Neuherstellung ab.

Gearbeitet wird ausschließlich mit künstlichem Zahnersatz. Weder werden Zähne extrahiert noch beschliffen. Die Tatsache, dass Denturisten und Denturistinnen allein für die klinischen und technischen Verfahren verantwortlich sind, bringt ein hohes Maß an Expertise und führt zu individuellen und hochwertig konstruierten Prothesen.

Abhängig vom Zustand des Mundes können Patienten bzw. Patientinnen während des ersten Besuchs in einer denturistischen Praxis an eine zahnärztliche überwiesen werden, falls im Vorfeld zahnmedizinische Eingriffe wie Extraktionen, Implantatinsertion, Füllungen etc. notwendig sind. Bei verdächtigen Veränderungen im Patientenmund können Denturisten und Denturistinnen aufgrund der Ausbildung in oraler Pathologie direkte Überweisungen an spezialisierte Stellen zur Abklärung und histologischen Befundaufnahme tätigen.

Der Beruf des Denturisten/der Denturistin ist eine Alternative zu einem sehr kleinen Teil der zahnmedizinischen Arbeit und trägt zur Effizienz und Effektivität einer guten Gemeinschafts- und Zahngesundheitsversorgung bei. Die Entwicklung, Anerkennung und Akzeptanz weltweiter Standards für die denturistische Ausbildung – unterstrichen durch die Unterstützung der Gemeinschaft in Form von Gesetzesänderungen – ebnet den Weg für die internationale Anerkennung des Berufsbildes als reglementierter, selbstverwalteter Beruf. Der Berufsstand an sich bietet der Gemeinschaft eine alternative, hochspezialisierte und erschwingliche Form der Behandlung.

Historie

  • Denturisten und Denturistinnen arbeiten unmittelbar an Patienten und Patientinnen. Sie haben
eine explizit definierte Rolle in Bezug auf Konstruktion, Anpassung, Patientennachsorge und
Pflege von Zahnersatz.

  • Denturisten und Denturistinnen arbeiten unmittelbar an Patienten und Patientinnen. Sie haben eine explizit definierte Rolle in Bezug auf Konstruktion, Anpassung, Patientennachsorge und Pflege von Zahnersatz.
    © prostooleh/AdobeStock
Das Berufsbild des Denturismus ist in Neuseeland, Nordamerika und Kanada schon seit Jahrzehnten etabliert. So führte bereits 1921 ein Programm zur Verbesserung der Mundhygiene in Neuseeland zu einem großangelegten Projekt, um bestimmte nicht invasive zahnmedizinische Eingriffe an Zahntechniker/-innen auszulagern. Das Programm entstand als Reaktion auf die damals hohe Inzidenz von Zahnerkrankungen, die nicht durch die vorhandenen zahnmedizinischen Arbeitskräfte abgefangen werden konnte.

Im Jahr 1957 verabschiedete das tasmanische Parlament dann ein Gesetz, das es Zahntechnikern und Zahntechnikerinnen mit anerkannten Qualifikationen (die Prüfungen wurden von einem neu ernannten Dental Mechanics Registration Board festgelegt) ermöglichte, direkt mit Patienten und Patientinnen zu arbeiten, die Voll- und Teilprothesen zur Verfügung stellten. Ein zahnärztliches Mundgesundheitszeugnis war ursprünglich vorab erforderlich, wurde jedoch nach einer 5-jährigen Überprüfung der Gesetzgebung obsolet.

In Nordamerika war es 1933 der Alberta Health Amendment Act, der erstmals eine direkte Gesetzgebung für die Ausübung des denturistischen Berufes vorsah. Diese Gesetzgebung wurde 1961 aktualisiert und war die erste, die sich nur auf die Praxis des Denturismus bezog.

In Kanada bemühte man sich in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren erfolgreich um eine Legitimation des Berufs. Kanada ist heute mit rund 2.500 Denturisten und Denturistinnen die größte Verbandseinheit des IFD und hat sein demografisch bedingtes Problem der unterversorgten Zahnprothesenträger auf diese Weise erfolgreich gelöst.*

Weltverband der Denturisten – IFD

Unter dem IFD sind weltweit 26 Staaten zusammengefasst, die bereits seit vielen Jahren die gesetzliche Grundlage für den denturistischen Beruf geschaffen haben oder am Anfang dieser Bewegung stehen. Dazu zählen: Australien, Belgien, Kanada, Kamerun, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, Malta, Mauritius, Neuseeland, Polen, Portugal, Slowakische Republik, Südafrika, Südkorea, Spanien, St. Kitts & Nevis, Schweiz, Niederlande, das Vereinigte Königreich sowie die Vereinigten Staaten von Amerika.

Fazit

Milton Friedman, der bekannte amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger, argumentiert überzeugend, dass restriktive Maßnahmen sowohl die Qualität als auch die Quantität der Gesundheitsdienste verringern. Restriktive Praktiken, gesetzgeberisch oder de facto, die die Kontrolle des Angebots an prothetischen Dienstleistungen ermöglichen, treiben den Preis dieser gemeinschaftlichen zahnärztlichen Gesundheitsdienste künstlich in die Höhe.

Der IFD arbeitet daran, die Beziehungen zu anderen zahnmedizinischen Berufen neu zu definieren und Probleme wie gesetzliche Monopole anzugehen. Im Interesse der Sicherheit und des Wohlergehens der öffentlichen Gesundheit sind konkurrierende Berufe verpflichtet, einen wesentlichen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten, indem sie sich gegenseitig stärken und unterstützen.

Die Zahnärzteschaft pflegt und erhält natürliche Zähne, beugt Munderkrankungen vor und behandelt diese. Denturisten und Denturistinnen hingegen haben eine explizit definierte Rolle in Bezug auf Konstruktion, Anpassung, Patientennachsorge und Pflege von Zahnersatz. Sie sind Mitglieder eines Gesundheitsteams, das besonders gut darauf vorbereitet ist, Zahnersatzdienstleistungen direkt für die Gemeinschaft anzubieten.

Weitere Informationen erhalten Interessierte auf der Homepage des Weltverbandes IFD, International Federation of Denturists: www.international-denturists.org

* Dies bestätigt ein offener Brief vom ehemaligen kanadischen Prime Minister Stephen Harper (2011) und des damaligen Chief Dental Officer Dr. Peter Cooney (Denturism. Denturologie Canada, Fall/Automne 2011, S. 19).

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dipl.-Denturist Urban Christen