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Grundlagen, Tipps und Tricks in der KFO

Teil 5: Tipps und Tools

Mit den folgenden Tipps und Informationen schließt der mehrteilige Beitrag unseres Autors Jörg Stehr, Zahntechniker für Kieferorthopädie. Er geht hier auf Hilfsmittel und Hilfestellungen ein, die er im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit erarbeitet oder für sich modifiziert hat, um effizient zu perfekten Ergebnissen zu kommen. Der Leser erfährt, wie abwechslungsreich, ja fesselnd die kieferorthopädische Zahntechnik ist, wenn man mit Engagement und Freude bei der Arbeit ist.

Die kieferorthopädische Zahntechnik. Jörg Stehr
Die kieferorthopädische Zahntechnik.
Die kieferorthopädische Zahntechnik.

Jeder Patient ist anders und erfordert eine individuell auf ihn zugeschnittene Behandlung und Therapie einschließlich Erstellung der dazu benötigten Geräte und Hilfsmittel. Das gilt nicht nur für den prothetisch tätigen, sondern gleichermaßen auch für den kieferorthopädisch tätigen Zahntechniker. Wie biegt man die Drähte und wo legt man sie entlang? Wo platziert man alle benötigten Elemente und wie gestaltet man die Kunststoffbasis? „Funktioniert“ das Gerät auch tatsächlich so, wie die Behandlung es vorsieht?

Dafür gibt es keine standardisierte Anleitung und keine industriell vorgefertigten Komponenten, die man einfach zusammensetzen kann. Bei unserer Arbeit ist fachliche Kreativität gefragt, um die vorgegebenen Aufgaben anzugehen und Lösungen für die gegebene Situation zu finden. Man muss sein Tun reflektieren und hinterfragen, sich überlegen, was für den Patienten gut ist und was einem hilft, die eigene Tätigkeit besser und effizienter zu gestalten. Zur Unterstützung und Erleichterung der täglichen Arbeit darf und sollte man auch selbst nach Hilfsmitteln und Tools suchen, die einem weiterhelfen. Man sollte nicht einfach das übernehmen, was für jemand anderen gut und richtig ist oder war. Auch wenn das Ergebnis genau dasselbe ist, hat jeder seine eigene Herangehensweise an eine Aufgabe.

Eine Auswahl meiner Hilfsmittel stelle ich Ihnen im Folgenden vor. Wenn Sie als Leser noch andere Ideen oder Vorschläge haben: Teilen Sie sie mir mit. Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen!

Unterlage zum Gipsen

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Abb. 47: Linoleumunterlage. Jörg Stehr
Abb. 47: Linoleumunterlage.

Auf Abbildung 47 sehen Sie unter den ausgegossenen Abformungen ein Stück Linoleum, wie es für Fußböden verwendet wird. Ich habe mir aus Resten, die bei Renovierungsarbeiten übrig waren, mehrere Unterlagen mit einer Kantenlänge von 20 bis 30 cm zugeschnitten, damit ungefähr zwei bis drei Abformungen auf einem Linoleumstück Platz finden können. Das Linoleum ist sehr stabil und kratzfest, aber trotzdem biegbar. Ich platziere es neben dem Rüttler und gipse darauf meine Modelle. Falls ich anschließend noch mehr Abformungen ausgießen muss, schiebe ich das Linoleumstück mit den noch weichen Gipsmodellen zur Seite oder nach hinten und lege den Auftragszettel dazu, damit nichts durcheinanderkommt. So habe ich im vorderen Teil meiner Arbeitsfläche wieder Platz zum Weiterarbeiten geschaffen. Auf einem neuen Linoleumstück kann ich nun die nächsten Modelle herstellen.

Wenn der Gips etwas angezogen hat und langsam fest wird, kann man die Abformungen leicht vom Linoleum lösen und bis zum kompletten Aushärten auf die Seite legen oder mit Auftragszettel in die Arbeitsschale geben.

Die groben Gipsreste lassen sich anschließend einfach über einem offenen Mülleimer durch Biegen des Linoleumstücks entfernen, bei Bedarf kann man die Unterlage am Waschbecken abspülen und säubern. So ist alles wieder bereit für den nächsten Einsatz. Das Linoleum ist nahezu unverwüstlich.

Fixator

Beim Eingipsen von Modellen in Fixatoren gibt es viele unterschiedliche Herangehensweisen. Ich habe mir vor Jahren die im Folgenden vorgestellte Methode erarbeitet:

Abb. 48: Modelle mit Splitcast und Fixator. Jörg Stehr
Abb. 48: Modelle mit Splitcast und Fixator.

Man kann vorab, wenn man möchte, zur Sicherheit mit einer dicken Gipsfräse eine einfache Art von Splitcast in die Standflächen der Modelle fräsen (Abb. 48). Anschließend gipse ich zuerst das Oberkiefermodell auf den oberen Teil des Fixators. So erhalte ich auch auf der Rückseite des Oberkiefermodells eine ebene Auflagefläche, die mir später das Arbeiten erleichtert. Nach dem Aushärten gipse ich in einem zweiten Arbeitsschritt den Oberkiefer mit Konstruktionsbiss und Unterkiefermodell auf den unteren Teil des Fixators. Das Eingipsen kann nebenherlaufen, während man an etwas anderem arbeitet. Diese Zeit sollte man sich unbedingt nehmen und die Arbeit so in zwei Schritte teilen. Man hat es dann später beim Biegen und Aufwachsen leichter und spart diese Zeit locker wieder ein.

Wenn man OK- und UK-Modelle gleichzeitig eingipst, muss man aufpassen, dass die Modelle nicht verrutschen, da sonst der Biss nicht mehr stimmt.

Außerdem kann es passieren, dass man mit dem weichen Gips von der Oberseite, wenn er seitlich herunterfließt, die Modelle an den Zähnen verschmiert. Falls man dennoch so vorgehen möchte, ist es wichtig, den weichen Gips auf der Oberseite abzuflachen. Wenn man den oberen Gipssockel nicht plan modelliert oder eventuell sogar kuppelförmig abrundet, besteht die Gefahr, dass das Oberkiefermodell später beim Biegen und Festwachsen der Drahtelemente etc. schaukelt und wackelt und man dadurch kein ruhiges Arbeitsfeld hat. Oder das Modell hält nicht, wenn man es wie ich zum Arbeiten in einen Modellträger einspannen möchte.

Auf keinen Fall sollte das Modellpaar derart eingegipst werden, dass das vertikale Verbindungsteil des Fixators entweder seitlich neben den Seitenzähnen oder vor der Front steht. Sonst hat man später beim Arbeiten am Unterkiefermodell an dieser Stelle den vertikalen Teil des Fixators im Weg. Das stört beim Biegen und Festwachsen der Drahtelemente und beim Aufstreuen des Kunststoffs, weil man an dieser Stelle dann keinen freien Zugang zu seinem Arbeitsfeld hat (Abb. 49). Auch direkt hinten vor der Öffnung zum Innenraum sollte der vertikale Teil auf keinen Fall platziert werden. Sonst kann man bei geschlossenem Fixator den intraoralen Raum kaum einsehen. Außerdem hat man so beim Aufstreuen von bimaxillären Geräten Probleme, mit den Kunststofffläschchen innen an die zu streuenden Stellen heranzukommen (Abb. 50).

Abb. 49: Modelle schräg hinten in Fixator eingegipst. Jörg Stehr
Abb. 49: Modelle schräg hinten in Fixator eingegipst.
Abb. 50: Modellpaar im Fixator. Jörg Stehr
Abb. 50: Modellpaar im Fixator.
Abb. 51: Modellpaar im Fixator von distal. Jörg Stehr
Abb. 51: Modellpaar im Fixator von distal.

Ich empfehle, das Modell so auf den Fixatorarm zu setzen, dass dieser im 1. Quadranten schräg hinten vom Modell absteht. Linkshändern schlage ich vor, den Fixatorarm im 2. Quadranten abstehen zu lassen (Abb. 51).So ist der Fixator bei Rechtshändern auf der linken Seite und stört nicht beim Arbeiten, bei Linkshändern rechts. Wenn man dies beachtet, hat man den ganzen Zahnbogen von allen Seiten frei vor sich liegen und kann gut und bequem arbeiten.

Außer Fixatoren gibt es noch andere Hilfsgeräte, die man zur Herstellung von bimaxillären Geräten benutzen kann.

Abb. 52: Bimaxilläre Hilfsgeräte. Jörg Stehr
Abb. 52: Bimaxilläre Hilfsgeräte.

Abbildung 52 zeigt links einen Fixator, der sehr starr ist und mit dem nur vertikale Bewegungen möglich sind. Rechts im Bild ist ein sogenannter „Klipp-Klapp“, ein einfacher Artikulator. Er rotiert beim Öffnen über ein Scharnier und simuliert so die Mundöffnungsbewegung. In diesen müssen die Modelle allerdings fest eingegipst werden. In der Mitte sehen Sie einen Yamaura MK Schraubartikulator: In ihm werden die Modelle nur festgeschraubt und nicht eingegipst, so kann man diese, wenn man sie entsprechend markiert hat, einfach zum Bearbeiten herausnehmen und wieder einsetzen. Man muss sich so nicht die Mühe machen, die Modelle mit Magnet und Splitcast in einen üblichen Artikulator einzusetzen, wenn sie herausnehmbar sein sollen, was viel Zeit spart. Diese einfachen Artikulatoren eignen sich besonders für Geräte mit Aufbissen im Seitenzahnbereich.

Auch bei OK-Platten nur mit Frontzahnaufbiss schadet es nicht, diese samt Gegenkiefer einzuartikulieren, um sie nur so weit wie nötig zu sperren, damit man zusätzlich noch einen optimalen UK-Frontzahnkontakt von drei bis drei auf dem Plateau hinter der Oberkieferfront erhält.

Modellträger

Zum Biegen der Drahtelemente spanne ich mir meine Modelle in einen sogenannten Modellträger ein (Abb. 53). Diese sind so ähnlich aufgebaut wie Frästische, Modellhalter für Parallelometer oder Stumpfsägen, wie man sie aus der Kronen- und Brückentechnik kennt. Der Unterschied ist, dass diese Modellträger beweglicher sind und so stärker gekippt werden können (Abb. 54). Somit kann man das Modell stets so kippen und drehen, dass man eine optimale und ergonomisch bequeme Arbeitshaltung einnehmen kann. Man hat einen guten Blick auf den eigenen momentanen Arbeitsbereich – ohne sich verbiegen oder verkrampfen zu müssen – und kann komfortabel arbeiten. Außerdem rutscht einem das Modell durch das Eigengewicht des Modellträgers auf dem Arbeitsplatz nicht so leicht hin und her. Dieser Modellträger hat zudem den Vorteil, dass die Gipsmodelle durch eine Feder zwischen den Halteklemmen fixiert werden, und nicht durch eine Schraube. So kann man das Gipsmodell zwischendurch sehr schnell herausnehmen und wieder einsetzen. Falls ein Modell zu klein sein sollte, um zwischen den Klemmen gehalten zu werden, habe ich mir dafür einen kleinen „Gipsbalken“ zurechtgetrimmt, den ich in diesem Fall zusätzlich einsetzen kann (Abb. 55).

Abb. 53: Verschiedene Modellträger. Jörg Stehr
Abb. 53: Verschiedene Modellträger.
Abb. 54: Modellträger gekippt. Jörg Stehr
Abb. 54: Modellträger gekippt.
Abb. 55: Modell und „Gipsbalken“ auf dem Modellträger. Jörg Stehr
Abb. 55: Modell und „Gipsbalken“ auf dem Modellträger.
Abb. 56: Wachsbrett. Jörg Stehr
Abb. 56: Wachsbrett.

Weitere Tipps

Zur Erleichterung der täglichen Arbeit habe ich mir noch weitere Hilfen beschafft.

Abbildung 56 zeigt mein Wachsbrett, es ist das Bruchstück einer Terrassenfliese mit einer sehr glatten Oberfläche. Darauf habe ich durch vorsichtiges Heißmachen der Unterseite über dem Bunsenbrenner einen Klebewachsblock befestigt. Daneben liegt etwas rosa Plattenwachs zum Aufnehmen mit dem heißen Wachsmesser. Durch ihr Gewicht rutscht die Steinplatte nicht so leicht weg, wenn ich mit dem heißen Wachsmesser etwas Wachs fließfähig machen möchte. Zusätzlich habe ich noch eine kleine Schachtel darauf befestigt, in der ich Kleinteile aufbewahren kann, die ich kurzfristig brauche. Auf diese Weise gehen sie auf der Arbeitsfläche in der täglichen Hektik nicht verloren.

Auf der rechten Seite der Abbildung 57 sehen Sie ein weiteres Stück Linoleum, das ich mir etwas größer als eine rosa Wachsplatte zugeschnitten habe. Auf diesem schneide ich die Wachsstreifen zurecht, die ich zum Ausblocken und Abschirmen beim Herstellen der Geräte benötige.

Abb. 57: Wachsbrett und Plattenwachsablage aus Linoleum. Jörg Stehr
Abb. 57: Wachsbrett und Plattenwachsablage aus Linoleum.
Abb. 58 u. 59: Twinblock Tool und VDP-Einbauschablone. Jörg Stehr
Abb. 58 u. 59: Twinblock Tool und VDP-Einbauschablone.

Wenn ich mit den Wachsarbeiten fertig bin oder sie wegen anderer Arbeiten unterbrechen muss, kann ich dadurch schnell und einfach meinen Arbeitsplatz „umrüsten“ und die Sachen zur Seite räumen, z.B. um das Aufstreuen oder eine andere dringendere Arbeit zu erledigen, und kann dann später wieder ohne Probleme auf der ersten „Baustelle“ weiterarbeiten. Die nächsten Hilfsteile, die ich nicht mehr missen möchte, sind das Twinblock Tool nach Roger Harman (Abb. 58) zur Herstellung der schiefen Ebenen bei Twinblock- Apparaturen und zum anderen die Einbauschablone nach Gerd Schaneng für Vorschubdoppelplatten (Abb. 59). Sie gehören für mich zu den unverzichtbaren Dingen für eine effiziente, schnelle und perfekte Arbeit – genauso wie das LeCron Instrument mit abgeschnittenem Teller, der Heißwasserbereiter zum Ausbrühen oder der Dampfstrahler (siehe in den vorangegangenen Folgen dieses Fachbeitrags).

Spezielle Geräte, Schrauben und Federn

Kieferorthopädische Geräte gibt es in den unterschiedlichsten Modifikationen. Sie alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Als einen guten Überblick über den größten Teil aller herausnehmbaren Geräte möchte ich Ihnen den O-Atlas meiner sehr verehrten Kollegin Ulla Wirtz [1] wärmstens empfehlen. Er ist so etwas wie die Bibel der kieferorthopädischen Zahntechnik.

Im Folgenden habe ich Ihnen eine Auswahl von speziellen kieferorthopädischen Apparaturen zusammengestellt.

Abbildung 60 zeigt die Ober- und Unterkieferplatten für ein sogenanntes Vorschubdoppelplatten- System („VDP“). Manchmal wird es auch Doppelvorschubplatten-System genannt („DVP“). Dieses Gerät wird zur Protrusion des Unterkiefers eingesetzt. Hierbei sitzt die schiefe Ebene an der UK-Platte hinter den Unterkieferfrontzähnen. Zur Führung dient ein Bügel oder es sind Sporne, die in die Oberkieferplatte eingebaut werden. Diese Sporne gibt es schon ab Werk an Schrauben befestigt, was die Arbeit wesentlich erleichtert.

Abb. 60: Vorschubdoppelplatten. Jörg Stehr
Abb. 60: Vorschubdoppelplatten.
Abb. 61: Twinblock-Platten. Jörg Stehr
Abb. 61: Twinblock-Platten.

Dieselbe Aufgabe, das Protrudieren des Unterkiefers, erfüllen auch die sogenannten Twinblock-Apparaturen (Abb. 61). Bei ihnen werden die schiefen Ebenen in die Aufbisse auf den Seitenzähnen eingearbeitet.

Abbildung 62 zeigt einen Aktivator nach Andresen und Häupl mit einfachen U-Schlaufen an den Labialbögen.

Abb. 62: Standard-Labialbögen. Jörg Stehr
Abb. 62: Standard-Labialbögen.
Abb. 63: Labialbogen für das Bionator-Grundgerät. Jörg Stehr
Abb. 63: Labialbogen für das Bionator-Grundgerät.
Abb. 64: Labialbogen für das Bionator-Umkehrgerät. Jörg Stehr
Abb. 64: Labialbogen für das Bionator-Umkehrgerät.

Balters hat die Labialbögen für seine Bionatoren stark modifiziert (Abb. 63 u. 64).

Abb. 65: Offener Aktivator mit modifizierten Labialbögen und Palatinalbügel. Jörg Stehr
Abb. 65: Offener Aktivator mit modifizierten Labialbögen und Palatinalbügel.

Auf Abbildung 65 sehen Sie modifizierte Labo-Schlaufen bei einem offenen Aktivator. Die U-Schlaufen wurden zu M-Schlaufen gebogen, mit denen man bukkal oder labial verlagerte Eckzähne wieder in den Zahnbogen eingliedern kann.

Ein offener Aktivator ist ein FKO-Gerät, bei dem die Oberkieferfront palatinal nicht mit Kunststoff abgedeckt wird. Dies erleichtert dem Patienten die Atmung und engt den Zungenraum nicht so sehr ein. Zur Abstützung und Ausformung der Oberkieferfrontzähne kann man hier noch einen sogenannten Palatinalbügel einbauen.

Die Abbildungen 66 u. 67 zeigen eine Oberkieferplatte mit Diastemaschraube. Das sind offene Schrauben, an denen zwei Drähte befestigt wurden. Diese Drähte werden wie Interdentalfedern gebogen und verwendet, um eine dazwischenliegende Lücke durch Aktivieren der Schraube zu schließen. Diese Schrauben können auch im Seitenzahnbereich zum Lückenschluss eingesetzt werden.

Abb. 66 u. 67: OK-Platte mit Diastemaschraube. Jörg Stehr
Abb. 66 u. 67: OK-Platte mit Diastemaschraube.
Abb. 68: OK-Platte mit Fächerdehnschraube, seitlichen Aufbissen und Zungengitter. Jörg Stehr
Abb. 68: OK-Platte mit Fächerdehnschraube, seitlichen Aufbissen und Zungengitter.

Auf Abbildung 68 sieht man eine OK-Platte mit einer Fächerdehnschraube. Beim Aktivieren dieser Schraube wird nur der frontale Teil des Kiefers fächerförmig erweitert. Bei Bedarf kann diese Schraube auch andersherum eingebaut werden. Außerdem wurden an dieser Platte noch seitliche Aufbisse sowie ein Zungengitter angebracht.

Abbildung 69 zeigt eine UK-Platte mit Federbolzenschrauben zum Protrudieren oder Drehen einzelner Zähne, hier z.B. der Zähne 32 und 42. Auf Zahn 36 ist eine Auflage in Längsrichtung des Kieferkamms angebracht, und auf dem Milchzahn 85 wurde eine Blattfeder als Auflage oder als ein sehr dünner Aufbiss zur Bisssperrung angebracht. Auf Abbildung 70 sehen Sie eine Unterkieferplatte mit einer UK-Bogenschraube an den Frontzähnen, einer offenen Schraube rechts im Bild und einer Hebelschwenkschraube auf der linken Seite. Die Hebelschwenkschraube ist dazu gedacht, vor allem endständige Zähne, die im Unterkiefer lingual gekippt sind oder im Oberkiefer zu weit palatinal stehen, aufzurichten und in den Zahnbogen einzugliedern. Die UK-Bogenschraube soll ähnlich der Fächerdehnschraube im Oberkiefer Platz in der Front schaffen.

Abb. 69: UK-Platte mit Federbolzenschrauben und verschiedenen Auflagen. Jörg Stehr
Abb. 69: UK-Platte mit Federbolzenschrauben und verschiedenen Auflagen.
Abb. 70: UK-Platte mit Bogenschraube, offener Schraube und Hebelschwenkschraube. Jörg Stehr
Abb. 70: UK-Platte mit Bogenschraube, offener Schraube und Hebelschwenkschraube.

Zur Unterstützung und Begleitung von logopädischen Behandlungen kann man verschiedene Elemente an einer kieferorthopädischen Platte anbringen oder den Kunststoff dementsprechend gestalten. Als Beispiele nenne ich hier Kunststoffschilde im Front- oder Seitenzahnbereich, die ähnlich gestaltet werden wie Pelotten, um das Einziehen der Lippe oder der Wange zwischen die Zahnreihen zu verhindern, oder kleine Wulste und ringförmige Erhöhungen („Badewannen“ nach Castillo Morales), die palatinal an Oberkieferplatten angebracht werden, um die Zunge nach vorne und oben zu orientieren.

Abb. 71: OK-Platten mit zungenmotorischen Elementen. Jörg Stehr
Abb. 71: OK-Platten mit zungenmotorischen Elementen.

Man kann auch kleine Kunststoffperlen auf einem Draht aufgefädelt verwenden (Abb. 71 rechts). Wenn die Zunge zu weit vorne liegt oder der Patient damit gegen die Frontzähne drückt und diese dadurch protrudiert werden, kann man auch Zungendorne einbauen (Abb. 71 links). In diesen Fällen sollte man es aber zuerst mit einem Zungengitter versuchen, bevor man zu solch einem rabiaten Mittel greift.

In diesen Bereich der kieferorthopädischen Zahntechnik gehören auch Trinkplatten für Neugeborene, die bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zum Einsatz kommen, um Spalten zu verschließen, sowie speziell konstruierte Geräte, um bei Fehlbildungen oder krankheitsbedingten Veränderungen im Mund- und Kieferbereich korrigierend und therapierend einzugreifen.

In die Platten auf der Abbildung 72 sind verschiedene Arten von Federn zur Protrusion von Einzelzähnen eingebaut.

Abbildung 73 gibt eine Pendulum-Apparatur zur Distalisierung von Molaren wieder.

Die Abbildungen 74 u. 75 zeigen zwei unterschiedliche Schrauben für forcierte Gaumennahterweiterungen, auch GNE- oder Hyrax-Schrauben genannt.

Auf Abbildung 76 sehen Sie ein Frozatgerät: Dies ist eine festsitzende Apparatur zum Ausformen von Unterkieferfrontbögen.

Die letzten Bilder dieses Beitrags (Abb. 77 u. 78) stellen eine spezielle Schiene nach Prof. Dr. Bumann zur Behandlung von craniomandibulären Dysfunktionen dar.

Abb. 72: Verschiedene Protrusionsfedern zur Einzelzahnbewegung. Jörg Stehr
Abb. 72: Verschiedene Protrusionsfedern zur Einzelzahnbewegung.
Abb. 73: Pendulum-Apparatur. Jörg Stehr
Abb. 73: Pendulum-Apparatur.
Abb. 74 u. 75: Gaumennahterweiterungsapparaturen. Jörg Stehr
Abb. 74 u. 75: Gaumennahterweiterungsapparaturen.
Abb. 76: Frozatgerät. Jörg Stehr
Abb. 76: Frozatgerät.
Abb. 77 u. 78: Bumann-Schiene. Jörg Stehr
Abb. 77 u. 78: Bumann-Schiene.

Hiermit möchte ich meine Artikelreihe über das Grundwissen zur Herstellung von kieferorthopädischen Geräten abschließen.

Schlusswort

Man muss immer bedenken, dass der kieferorthopädisch tätige Zahntechniker Medizinprodukte herstellt, die am lebenden Menschen und vitalen Zahn eingesetzt und angewandt werden und eine Veränderung am Gebiss und Kiefer herbeiführen sollen. Die Zielsetzung ist also eine ganz andere als beim „prothetischen“ Zahntechniker, der künstliche, der Natur nachgebildete Objekte in entstandene Lücken einbaut – außer etwa in der Funktionstherapie, wo sicher die engsten Berührungspunkte liegen.

Alle Zahntechniker und besonders wir „KFO-Zahntechniker“ müssen uns immer vor Augen halten: Kein Mensch möchte seinen Zahnersatz/sein kieferorthopädisches Gerät unter Schmerzen und Beschwerden tragen. Aber vielen Kindern wird dies beim Tragen ihrer mangels Wissen und Können falsch oder schlecht konstruierten und hergestellten Zahnspangen zugemutet. Es heißt dann bloß: „Das muss so sein, da muss man durch.“

Zugegeben: Es kann und darf bei der Behandlung kurzzeitig ein Ziehen oder auch Druckbeschwerden geben, aber es darf nicht wehtun. Der Kieferorthopäde Dr. Arno H. Geis und der ZTM Friedbert Schmeil haben diesen Missstand in der Ausbildung schon vor Längerem angeprangert [2] und die Notwendigkeit einer Spezialisierung des Zahntechnikers nach der allgemeinen Gesellenprüfung betont: einerseits mit einer Fortbildung zum „prothetischen Zahntechniker“ und andererseits zum „kieferorthopädischen Zahntechniker“.

Nur ein fortgebildeter Zahntechniker, analog zum Kieferorthopäden, der auch Zusatzqualifikationen erlangen muss, ist durch seine spezialisierten Kenntnisse im Bereich der Kieferorthopädie fähig, die Anweisungen des Kieferorthopäden in ihrer Zielrichtung zu verstehen und zum Wohle des Patienten umzusetzen.

Beim kieferorthopädischen Zahntechniker sind nicht so sehr Farbgebung, Ästhetik, Kauphysiologie oder die Materialkunde für Zahnersatz gefragt. Er denkt an die Kongruenz der Zahnbögen, das Zahn- und Kieferwachstum, die Bisslage und -umstellung, den Form-Funktions-Komplex sowie den inneren und äußeren Wirkungskreis. Hier muss man sich sorgfältig einarbeiten und mit der Materie auseinandersetzen.

In der Konsequenz bedeutet dies: Mit dem Wissen aus der hier vorgelegten Artikelreihe ist man noch lange kein guter oder versierter Hersteller von KFO-Geräten. Das lässt sich auch nicht schnell „mal eben“ mit dem Durchlesen eines Fachbuchs oder mit ein paar Wochenendkursen und Seminaren lernen. Dazu bedarf es schon einer längeren grundlegenden und vor allem auch praktischen Ausbildung unter Anleitung eines erfahrenen Fachmanns.

Die kieferorthopädische Zahntechnik ist ein Berufszweig der Zahntechnik, der sehr viel spezielles Können und Hintergrundwissen verlangt. Sie ist kein angelernter Hilfsjob, auf den sie aber leider oft reduziert wird.

Es ist ausdrücklich hervorzuheben: Wie in vielen Bereichen des täglichen Lebens macht am Ende auch in diesem Beruf nur die lange und gründliche Übung den Meister. Auszubildende des Zahntechnikerhandwerks suchen aber oft vergeblich nach geeigneten Angeboten zur Erreichung dieser Qualifikationen. Ich hoffe deshalb sehr, dass an den zuständigen Stellen ein rasches Umdenken eintritt und die Schulung und Ausbildung für zahntechnische KFO-Fachkräfte rasch vorankommt. Dies muss geschehen, solange es noch erfahrene Fachleute mit Fachwissen gibt, die ihr fundiertes KFO-Wissen auch weitergeben können. Ich möchte jedoch aus meiner eigenen Erfahrung heraus nicht aufhören zu betonen: Bemüht man sich um die Fertigkeiten und Kenntnisse, kniet man sich in die Materie hinein, sucht man den Kontakt zu Kollegen und informiert sich auf Kursen und Seminaren, z.B. dem „Harzer Fortbildungsseminar“ der Gesellschaft für kieferorthopädische Zahntechnik oder den Fortbildungskursen, die von verschiedenen Dentalfirmen und Laboren angeboten werden, dann ist dies ein sehr befriedigender, abwechslungsreicher und interessanter Beruf, den ich jedem manuell versierten Auszubildenden nur ans Herz legen kann. 

Weiterführende Links

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