Das Einschleifgerät
Wir befinden uns in der Zeit von Sir Norman Bennett und Professor Dr. Dr. Alfred Gysi. Diese beiden Pioniere schufen Grundlagen, um Kaubewegungen nachzuvollziehen und passenden Zahnersatz schaffen zu können. Eine konkrete Anwendung der Kenntnisse zeigt das Einschleifgerät im Dentalhistorischen Museum in Colditz-Zschadraß, rund 50 km von Chemnitz und Leipzig entfernt gelegen.
Bei Besuchern rufen diese Geräte immer wieder ungläubiges Staunen hervor. Es sind jedoch Maschinen, die in den 1920-er und 1930-er Jahren viele größere Labore bereichert haben müssen (Abb. 1). Im Museum sind mittlerweile schon vier Baureihen ausgestellt: ein Hinweis auf eine damals verbreitete Nutzung. Einige wenige dieser Einschleifgeräte blieben bewahrt und können von ihrem damaligen Nutzen berichten.
Damals ...
Im besten Fall konnten sich die Patienten an neuen Zahnersatz, der Prothesenzähne enthielt, gewöhnen. Bis in die 1930-er Jahre gab es jedoch nur harte Porzellanzähne, die sich nicht einbeißen ließen – diesbezüglich fühlen sich die heutigen Museumsbesucher an Zirkoniumdioxid erinnert.
Um nun den Prothesenträgern von vornherein eine gewisse Artikulationsfreiheit zu bieten, wurden die harten Porzellanzähne in solchen Einschleifgeräten voreingeschliffen. Ein Brei aus Korundpulver, Wasser oder Öl wurde zwischen den Zahnreihen appliziert und Drehen an der Kurbel eine Artikulationsbewegung simuliert. Die Zähne schliffen sich so ähnlich wie beim Kauvorgang ein, nur im Einschleifgerät wesentlich schneller – und patientenschonend. Trotzdem dauerte dieser Vorgang je nach Technologie mehrere Tage. Einige Geräte konnten auch mithilfe eines Motors und einer Transmission oder mit einer Tretbohrmaschine betrieben werden. Bei der hier gezeigten Einschleifmaschine kann wahlweise per Kurbel oder mit einem Antrieb gearbeitet werden. Wenn das gewünschte Ergebnis erreicht ist, erspart es dem Patienten unnötige Druckstellen und Wege zum Zahnarzt. Mit der Entwicklung der viel weicheren Kunststoffzähne verloren die Einschleifgeräte ihre Bedeutung.
… und heute
Wie erreicht man die patientengerechte Okklusion – dieses Thema wird immer aktuell bleiben. Einschleifgeräte gibt es nicht mehr, aber Artikulatoren (Abb. 2) zum Überprüfen der Zahnbeziehungen am physisch vorhandenen Objekt werden kontinuierlich weiterentwickelt. Daneben ist heute der virtuelle Artikulator schon gang und gäbe.
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