Teil 2: Warum ich die digitale Planung, neue Scanner-Technologien und Kommunikation in meine tägliche Routine integriert habe

An einem Strang ziehen, sodass man effizient zum Erfolg kommt, das ist auch im Bereich Zahnersatz von höchster Bedeutung. Es müssen Handlungsschritte gegangen werden, die das fehlerlose Ineinandergreifen ermöglichen und sicherstellen. Im Folgenden zeigt ZTM Andreas Hoffmann an einer aufwendigen Kronen- und Brückenarbeit, die beide Kiefer erfasst, wie man die Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor zu diesem Zweck klar strukturieren kann.
Im ersten Teil (siehe www.ztm-aktuell.de/hoffmann1) habe ich das Schaffen einer Win-win-Situation besonders am Beispiel der 1:1-Übertragung von der Mundsituation auf das Modell und zurück gezeigt; der Kontrollschlüssel spielte eine zentrale Rolle. Jetzt gehe ich auf einen Fall ein, der mit der Zahnarztpraxis Ulf Mahlke in Werder durchgeführt wurde und eine Komplettsanierung mit Neueinstellung der Okklusion beinhaltet. Hier gibt es erheblich mehr im zahnärztlich-zahntechnischen Ablauf zu bedenken, wenn alles reibungslos funktionieren soll.
Der Patientenfall – die ersten Schritte bis zur Bissnahme
Ich darf Ihnen Melanie Schwarz (Name von der Redaktion geändert) vorstellen, sie ist unsere Hauptperson (Abb. 33 u. 34) und das Maß aller Dinge, was Passung und anderes mehr angeht. Die Patientin kam mit typischen Erscheinungen einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) in die Praxis des Behandlers. In der Ausgangslage waren insuffiziente und stark vertikal eingefallene Bisslagen (Abb. 35) zu diagnostizieren.
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Abb. 33: Bild aus der Jugendzeit der Patientin: Hierauf erkennt man die klinische Länge der ursprünglichen Frontzähne, sowie deren Prominenz im Oberkiefer im Verhältnis zur Unterkieferansicht.
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Abb. 34: Frontaler, inzisaler Verlust der Frontzähne, der durch den vertikalen Verlust an Höhe, insgesamt auch noch die Zahnfleischbereiche, der vestibulären Kieferflächen stark hervorhebt.
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Abb. 35: Die inzisalen Abrasionen der Frontzähne zeigen den vertikalen Zusammenbruch schon in der Oberkiefersituation. Desgleichen haben wir ebenfalls im Unterkiefer. Grafi sch eingezeichnet ist die klinische Krone, wie sie sein müsste.
Seit einiger Zeit verzeichnete sie orale Veränderungen – diese möchten wir jetzt wieder zurückführen und ihr die alte Lebensqualität zurückgeben. Gerade bei CMD-Patienten können die digitalen Lösungsansätze unter Berücksichtigung der therapeutisch wiederhergestellten Okklusion perfekt umgesetzt werden. Der Einsatz digitaler diagnostischer Mittel und CAD/CAM-Techniken bietet hierbei ein enormes zeitliches und materielles Einsparpotenzial, da auf digital erfassten Werten fußend sowohl die temporäre als auch endgültige Prothetik gefertigt werden kann. Die konkrete Zusammenarbeit beginnt mit der Erfassung aller Daten einschließlich Röntgendiagnostik (Abb. 36) und Dokumentation der Ist- Situation. Dies bildet die Grundlage für eine reibungslose Teamarbeit. Analoge Schritte machen für uns den Anfang und geben uns Aufschluss über die vorhandenen Funktionen und Fehlfunktionen: Auf Modellen werden individuelle Löffel erstellt und Handbissnahmen gefertigt (Abb. 37- 39).
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Abb. 36: OPG-Aufnahme der Patientin vor Behandlungsbeginn.
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Abb. 37: Individueller Löffel auf Situationsmodell im Oberkiefer.
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Abb. 38: Individueller Löffel auf Situationsmodell im Unterkiefer.
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Abb. 39: Handbissnahme in Wachs zur Dokumentation der habituellen Interkuspidation.
Nach erneuter Abformung (Abb. 40-43) und einfacher Bissregistrierung werden die Meistermodelle gegossen und mittels Gesichtsbogen neu im Artikulator eingestellt (Abb. 44a u. b). Es folgt das Fertigen von Schienen und Registraten. Die Registrierverfahren und die Anwendung der verschiedenen Artikulatoren sind zu vielfältig, um hier beschrieben zu werden – das Endresultat jeder Bissnahme und Kieferrelationsbestimmung soll jedenfalls eine dreidimensional richtige Orientierung des Unterkiefers zum Oberkiefer sein, die die Zentrik des Patienten – bzw. in unserem Fall der Patientin – wiedergibt (Abb. 45-47).
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Abb. 40: Abformung der Oberkiefersitu mit konfektioniertem Löffel mit Impregum (3 M Espe, Seefeld).
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Abb. 41: Situationsmodell der Oberkiefersituation.
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Abb. 42: Abformung der Unterkiefersituation mit konfektioniertem Löffel.
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Abb. 43: Situationsmodell der Unterkiefersituation.
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Abb. 44a: Gesichtsbogenbissgabel im Übertragungsstand im Artikulator.
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Abb. 44b: Oberkiefermodell in den Impressionen des Gesichtsbogenschlüssels.
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Abb. 45: Stützstiftregistrat im Oberkiefer im Mund.
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Abb. 46: Stützstiftregistrat im Oberkiefer im Mund.
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Abb. 47: Verschlüsselung des Stützstiftregistrats in der Mundhöhle.
Die Zentrik-Frage
Aber welche Zentrik? Es gibt schließlich das Problem der Kieferköpfchenposition. Wo soll der Unterkiefer und somit das Kiefergelenkköpfchen zu liegen kommen? Eigentlich sollte sich diese Frage einfach beantworten lassen: dort, wo sich die Patientin wohlfühlt!
Das Ziel des Pfeilwinkelregistrates ist die Neueinstellung der Lage des Unterkiefers zum Oberkiefer, um die Kondylen zentrisch, seitengleich und nicht verschoben in den beiden Gelenkgruben zu positionieren. Die Indikation besteht im Rahmen einer Totalrehabilitation bei Erfordernis der Neueinstellung oder als therapeutische Position für die Behandlung von Patienten mit craniomandibulärer Dysfunktion. Mit dem klassischen Stützstiftregistrat und anschließender Verschlüsselung des Registrates kommen wir zum Ergebnis – ebenso mithilfe der digitalen Aufzeichnung, wie sie die IPR-Technik von Dental Balance (Potsdam) und auch die DIR-Technik der Gesellschaft für Funktionsdiagnostik DIR System mbH & Co. KG (Essen) bietet. Beide nutzen dasselbe Stützstift-Prinzip, zeichnen aber digital auf und bieten Auswertungen.
Im Resultat sollen sich die Kondylen nicht seitenverschoben in der kranio-ventralsten Position gegenüber dem hinteren Abhang des Tuberculum articulare in der Fossa mandibularis befinden [1]. Interessanterweise wurde diese heute (wieder) als erstrebenswert angesehene Kondylusposition bereits vor 100 Jahren als die «physiologische » Lage angesehen.
Schienentherapie
Ist die Zentrik patientenindividuell bestimmt, beginnt die eigentliche Schienentherapie mit einer Relaxierungsschiene.
Diese wird nach einer Eingewöhnungsphase dann zur adjustierten Schiene (nach Stützstiftregistrat) umgebaut. Mit jeweils 4 zentrischen Kontaktpunkten auf den Seitenzähnen wird eine entsprechende Positionierung erreicht. Ergeben weitere Registrate neue Verschiebungen der Position, werden diese etabliert. Wenn die erneuten Stützstiftregistrate schließlich keine Veränderungen mehr zeigen, wird die Schiene zur Michigan-Schiene umgerüstet. So kann die nun eingebaute Eckzahnführung dafür sorgen, dass alle Protrusions- und Lateralbewegungen geführt diskludieren und in der Zentrik wieder Kontakt haben. Kommt die Patientin auch damit gut zurecht, wird diese Schiene zur Tanner-Schiene erweitert. Die nun neben der Eckzahnführung vorhandene Frontzahnführung ermöglicht später die gesamte okklusale Rekonstruktion.
Die Interimsversorgung
Was kommt nach der Schiene? Die Antwort ist relativ einfach: Es muss eine kiefergelenkprotektive Okklusion etabliert werden, da nur so ein Rezidiv der CMD verhindert werden kann. Alle Zähne werden im Artikulator aufgewachst und alle Bewegungen im Artikulator justiert (Abb. 48 u. 49). Danach werden die Modelle dubliert und in Gips neu angefertigt, sowie wieder in den Artikulator zurückgesetzt – immer wechselseitig, um für einen Austausch der Modelle zu sorgen und die Lageposition nicht zu verlieren. Die aus den Formen gewonnenen Modelle können jederzeit ein weiteres Mal reproduziert werden.
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Abb. 48: Aufgewachste Kaufl ächen aller Zähne. Inklusive Verlängerung der Frontzähne auf die – durch die Schienentherapie – diagnostisch eingestellte Bisshöhe.
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Abb. 49: Das Aufwachsen der Funktionskaufl ächen erfolgt händisch mit Wachs.
Die Scans der Modelle und der Wax-ups werden zusammengeführt: Daraus erhalten wir die Grundformen der Kauflächen und der neuen gnathologischen Okklusalflächen. In Form von Table-Tops können diese im CAM-Verfahren hergestellt werden, z. B. aus der Hybridkeramik mit Kompositanteil Vita Enamic (VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen). Die Kauflächen können filigran gestaltet und nach Wunsch gefräst werden: einzeln Zahn für Zahn und auch als Doppel- oder Quadranten-Kauflächen aus einem Block. Zur Absicherung werden die fertigen Schienen auf dem Modell mit Wachs verklebt. Es folgt die Dublierung der Modelle und Einsetzen der Kopien in den Artikulator. Diese dienen später der Kontrolle: War die Übertragung in den Mund der Patientin erfolgreich? Die Table-Tops fungieren als semipermanente Schienung; sie werden im Alltag rund um die Uhr getragen und für alle Aufgaben im oralen Milieu genutzt. Dazu müssen sie fest auf die vorhandenen Zahnoberflächen aufgeklebt werden.
Um eine stabile Übertragungsschiene mit einer definierten Bisssperrung zu erhalten, werden nun die neuen Kauflächen in einen Transferschlüssel übertragen und am Gegenbiss, der nicht aufgewachst ist, fixiert. Man benötigt eine Schiene mit neuen Kauflächen, die am ursprünglichen Gegenkiefer fixiert ist, und eine Schiene, die beide neuen Kieferoberflächen beinhaltet. Die Einprobe aller Teile ist mithilfe einer Positionierungsschiene aus Splintmaterial sicher und erheblich leichter im Mund durchzuführen, als wenn man versucht, die Bauteile einzeln und lagerichtig zu verkleben. Die Einprobe der nicht konditionierten Kauflächen ohne Hilfsmittel kann noch recht gut mit Fingerspitzengefühl auf Passung geprüft werden. Aber schon die Okklusionskontrolle ist so nicht mehr durchführbar. Eine Positionierungsschiene, die sowohl die Lage als auch den Biss stabilisiert, ist mehr als wichtig (Abb. 50). Alle Bauteile eines Kiefers mit gleicher Einschubrichtung sind in der Schiene leicht fixiert und können direkt mit ihr eingegliedert werden (Abb. 51-53). Der Bissschlüssel zum Gegenbiss ist durch die Impressionen der antagonistischen Kronen und Brücken in der endgültigen Höhe in der Schiene fixiert und kann so perfekt überprüft werden. Eine Hälfte der Schiene stützt sich auf den Zähnen ab, der andere Quadrant wird mittels Table-Tops fixiert und in der richtigen Position belichtet. Am Schluss wird mit einem dunkelfarbigen Silikon ein Kontrollregistrat in habitueller Kontaktbeziehung aller Kauflächen abgegriffen. Schon die Gegenlichtkontrolle dieser Silikonimpressionen zeigt, ob richtig geklebt wurde und die therapeutische Relation richtig wiederhergestellt ist. Eine abschließende Kontrolle diese Bisslage auf den Sicherungsmodellen muss eindeutig sein. Differenzen würden durch neue Erstellung der semipermanenten Schienung ausgemerzt werden müssen. Das kostet Zeit, Nerven und Geld. Abgesehen davon ist dies aber problemlos machbar, da die Dateien hierfür immer wieder zur Verfügung stehen.
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Abb. 50: Eine Positionierungsschiene, die die Table-Tops in ihrer geografischen Position einfriert und damit vom Modell in den Mund übertragbar macht.
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Abb. 51: Zur Absicherung der Schlussbissposition wird der Gegenkiefer jeweils mit Silikon zusätzlich fest verschlüsselt.
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Abb. 52: Sowohl die Table-Tops als auch die Verschlüsselung sind in der Schiene perfekt zu erkennen.
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Abb. 53: Direkt nach der Eingliederung der inzisalen Kanten der Frontzähne, als auch der veneerartigen Verblendungsschalen vor den 2ern, sieht man die vertikal, in der Höhe wiederhergestellten Kronen.
Wir haben in dieser neuen therapeutischen Bisslage eine entsprechende Interimsprothetik erstellt, damit alle 4 Quadranten wieder in Funktion kommen. So wird die Patientin vorerst einmal die neue Bisslage und die Veränderung beim Kauen und Sprechen spüren. Vor allen Dingen erlebt sie diese Bisssituation mit neuem Gefühl. Sollten es einmal geschehen, dass sich einzelne Teile lösen oder verloren gehen, so genügt ein Knopfdruck und die Kauflächen sind neu geschliffen.
Beginn der definitiven Behandlung nach Behebung der CMD
Die Implantatberatung fand schon während der Schienentherapie statt (Abb. 54). Sie wurde hier nicht im chronologischen Ablauf dargestellt, sondern wird in diesem Textteil des Beitrages aufgenommen. Mithilfe der navigierten Implantologie ist es möglich, die neuen Bissverhältnisse und die noch zum Teil provisorischen Zahnoberflächen in die Planung zu integrieren. Gerade diese Informationen werden wir der Patientin nicht vorenthalten, damit sie die Bedeutung und Zusammenhänge erkennt. Für unser weiteres Vorgehen sind die in unserem Artikulator eingestellten Werte, die wir in der Mundsituation geprüft und bestätigt gefunden haben, wichtig. Sie lassen sich durch die oben beschriebenen Modellkopien der Zahnstellung, Gestaltung und der Relationswerte einscannen.
Eine Kunststoffkopie der Interimsprothetik dient als Röntgenschablone. Mit dieser, die die Form und Funktionswerte überträgt, kann man die Patientin zur Computertomographie (CT) schicken oder mithilfe der Volumentomographie (DVT) einen Schädelscan erstellen. Die hierdurch erhaltenen digitalen Daten werden über Dicom-Sätze in den verschiedenen Navigationssystemen dann zu perfekten 3D-Grafiken. So kann die Lage der Implantate sowohl aus der zahnmedizinischen Sicht (Anatomie, Funktion) als auch aus der zahntechnischprothetischen Position heraus beurteilt und festgelegt werden. Die neuen Verfahrenstechniken bieten die Möglichkeit, diese Daten der Prothesenaußenhaut direkt in die prothetische Planung einzubeziehen (Abb. 55 u. 56). Für alle Versorgungarten, ob Brückengerüst oder Stegarbeit, können die perfekte Form und optimale Lage in der Prothesenbasis am Rechner mithilfe der CAD-Software erzeugt werden. Die navigierte Implantologie mit virtuell geplanter und real umgesetzter Bohrschablone (Abb. 57) unterstützt den Behandler bei der chirurgischen Realisierung der Implantatpositionierung (Abb. 58). Dem Zahntechniker bietet diese Vorgehensweise die Grundlage zur perfekten Gestaltung der prothetischen Leistung.
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Abb. 55: Die CT-Schablone wurde mittels Legoverschlüsselung im Artikulator auf dem Modell justiert und in einem Gipstransferschlüssel verschlüsselt.
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Abb. 56: Die 3D-Darstellung auf dem Rechner, mit dargestellter CT-Schablone und der für die Planung möglichen und in Frage kommenden Implantatplanung.
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Abb. 57: Die stereolithographisch hergestellte OP-Schablone wird auf dem Originalmodell auf Passung kontrolliert und kann mithilfe des Legotransferschlüssels perfekt im Artikulator kontrolliert werden.
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Abb. 58: Die Bohrschablone hilft dem Behandler, die geplante Implantatposition chirurgisch zu realisieren – eines der modernen Mittel für die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Zahnmediziner und Zahntechniker.
Die erfolgreiche Umsetzung der therapeutischen Bisslage in eine dauerhafte Prothetik
Für mich ist es immer eine Frage der Zeit, wann es denn am besten beim Patienten weitergeht. Man kann einen festen Terminplan machen. Aber der könnte für den Patienten zu früh sein, weil noch nicht alle Funktionen im Mund richtig vom Gehirn abgespeichert sind und somit alte Bewegungszyklen eventuell noch Stress auf die Kauflächen übertragen, den wir gerne vermieden hätten. Einem Bauchgefühl folgend habe ich mir darüber Gedanken gemacht, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um die endgültige Prothetik zu etablieren. Ein Ansatz dazu ist: Der Patient hat vergessen, dass die Bisslage eigentlich neu ist. Er spürt überhaupt nichts mehr davon, dass hier gravierende Veränderungen in der sagittalen sowie horizontalen Bisslage stattgefunden haben. Wenn er von „seinen Zähnen“ spricht und in gemeinsamen Gesprächen nicht über „die Schienen“ referiert, dann ist die Akzeptanz der stattgefundenen Neueinstellung gelungen und es kann weitergehen.
Die Präparation beginnt mit den beiden Frontzähnen und wird Zahn für Zahn in einer Verschlüsselung abgesichert. So wird der gesamte Kiefer kontrolliert beschliffen. Mithilfe des Bisstransfer-Schlüssels, den wir mit unseren Sicherungsmodellen im Artikulator in einer exakt definierten Sperrung hergestellt haben, nimmt die Oberkieferversorgung ihren Anfang. Diese okklusale Aufbissschiene greift die Position der Kronen und den Biss im Artikulator ab und dient der Bisskontrolle. Lässt sich die Schiene ohne Wenn und Aber im Mund perfekt eingliedern und kann der Patient mittels Schiene perfekt in die Endsituation gelangen, so ist die Relationsbestimmung erfolgreich überprüft. Ohne Spalt und weitere Korrekturen muss dieser Schlüssel auch nach der Herstellung des neuen oberen Stumpfmodells zum Unterkiefer-Meistermodell wieder perfekt passen. Damit kann dann dieses Modell wiederum perfekt in den Artikulator eingestellt werden. Der Bisskontrollschlüssel wird nach jeder einzelnen Präparation eines Zahnes mit dualhärtendem Komposit (LuxaBite, DMG, Hamburg) wieder ergänzt, damit die Abstützung aller Zähne gesichert bleibt. So wird Zahnstumpf um Zahnstumpf präpariert und übertragen. Eine Kontrollschiene über den gesamten Kiefer gibt Aufschluss darüber, ob die Platzverhältnisse für die Kronen ausreichend sind. Die Abformung (Korrekturabformung) und anschließende provisorische Versorgung mit den Formschienen als Hilfsmittel für die Herstellung von mundgefertigten Provisorien schließt für unsere Patientin diesen Tag ab.
Nach erfolgreicher Modellherstellung und Positionierung in den Artikulator können die Stümpfe eingescannt (NobelProcera 2G Scanner, Nobel Biocare, CH-Zürich) und die Gerüste am Rechner designt werden. Nach Lieferung der Kronen von Nobel Biocare sind diese zu kontrollieren und mit einem neuen Bisstransfer-Schlüssel in der endgültigen Bisshöhe im Artikulator einzustellen.
Bei der Einprobe sind keine Korrekturen in den Schlüsseln durchzuführen: Fehler können nicht durch Fehler beseitigt werden. Entweder es passt – oder wir suchen den Fehler. Es kann sogar sein, dass die Grundlagen nicht stimmen, dann geht es wie beim Monopoly zurück und nicht über Los. Stimmt die Mundsituation mit der Modellsituation überein, so können wir mit der keramischen Verblendung beginnen und das Design der Krone im Artikulator gestalten. Nach dem Glanzbrand und der definitiven Fertigstellung der Kronen wird das Modell dubliert und als Kontrollmodell wieder in den Artikulator gesetzt. Dann erfolgt die Herstellung des Einsetzschlüssels. Dieser dient der programmierten Zementierung und der definitiven Presspassung auf den Stümpfen. Somit ist ein kontrolliertes behandler- und tagesformunabhängiges Verkleben der Restauration realisierbar.
Die Übertragung der gnathologischen Kauflächen auf den Unterkiefer
Direkt im Anschluss an die definitive Eingliederung im Oberkiefer beginnt die Präparation der Unterkiefer-Zähne nach demselben Protokoll wie im Oberkiefer. Vor der Präparation sind Bissschlüssel aus hartem Kunststoff hergestellt worden. Nach Präparation der einzelnen Stümpfe sind diese mit hartem Silikon jeweils in die Schlüssel übertragen worden. So kann der Biss sicher auf die Stumpfsituation übertragen werden. Die Position der Unterkiefer-Implantate ist mit provisorischen verschraubten Titanzylindern und Dualkomposit fixiert worden. Damit lässt sich die Bisshöhe genau kontrollieren. Die Übertragung der Relationsbestimmung unter Freilegung der Stumpfimpressionen des Transferschlüssels erfolgt unter dem Arbeitsmikroskop – nur hier kann man den Spalt zwischen Stumpf und Kunststoff richtig beurteilen. Gemäß Protokoll folgen die Modellherstellung und der Transfer in den Artikulator. Sowohl das Scannen und Konstruieren der Kronen als auch das Designen der Implantatstrukturen vollziehen sich am Rechner und werden mit der Bestellung in Schweden abgeschlossen. Das weitere Vorgehen entspricht dem Protokoll der vorhergehenden Arbeitsschritte und Maßnahmen, gefolgt vom programmierten Festsetzen der Kronen und Brücken. Hier endet der Weg dieser Wiederherstellung eines gesamten stomatognathen Systems. Das Happy End ist das Lächeln der Patientin.
Das Allgemeingültige an diesem Fall: Erfolg durch angewandtes Szenario-Management
In der Unternehmensführung umfasst das Szenario-Management die Konzeption, die systematische Entwicklung sowie die Anwendung von Szenarien zur Identifikation und Erschließung von Erfolgs- und Nutzenpotenzialen. Bei uns in der Zahnmedizin und Zahntechnik ist das wichtigste Szenario – der Dreh- und Angelpunkt – der 1:1-Transfer aus dem Mund auf das Modell und sicher wieder zurück in den Mund. Zahnersatz muss passen. Es geht darum, ein Konzept, ein systematisches Protokoll entwickeln – unter Einsatz von Mitteln, die dies auch erlauben. Unser neues Szenario zur Erschließung des Erfolges heißt: Verschmelzung analoger und digitaler Handlungsfelder in der Zahnmedizin und Zahntechnik. Durch digitale Arbeitsmittel können Zahnarzt und Zahntechniker viel enger miteinander agieren. Nicht der analoge, sondern der digitale Techniker begleitet den Behandler in der Praxis. Die Schnittstellen zwischen beiden können viel besser definiert werden, Software hilft Passungsfehler zu vermeiden, digitales Messen verbessert die Arbeit und Arbeitsbedingungen – man denke nur an die Anschlussgeometrie für Abutments oder den Platzbedarf für die Verblendung. Außerdem führt die Nutzung digitaler Mittel zu einer verbesserten, weil eindeutigen Kommunikation zwischen Labor, Chirurg und Zahnarzt und stringente Abläufe. Die Voraussetzung für den zukünftigen Erfolg ist eine gemeinsame Zusatzqualifikation in digitaler Zahnmedizin und -technik.