Der Thriller, der im Schmelz- und Gießprozess steckte

Im Mittelalter hatten es vermeintliche Goldmacher leichter als einige Hundert Jahre später die Zahntechniker, welche Legierungen durch Schmelz- und Gießprozesse in Form bringen wollten. Bei einem beliebten Trick brauchten die „Goldmacher“ nämlich nur Wachs bei ca. 60 °C zu schmelzen: Hinter einem Wachsdeckel verbarg sich in einem Gefäß versteckt schon eine kleine Menge Gold. Beim Goldmachen wurde der Deckel verflüssigt und vor allen Augen wurde so pures Gold „produziert“. Diese Gaukelei war relativ risikolos – nur erwischt zu werden war der reinste Thriller.
Als das Schmelzen in Dentallaboren aufkam, war es der Prozess selbst, der nicht ganz ungefährlich war, vor allem, wenn man sich neben der reinen Schwerkraft zusätzlich der Zentrifugalkräfte bedienen wollte. Auch ein Thriller – wie ebenso das Untersuchen auf Fehlstellen nach Erkalten des produzierten Objekts.
Damals …
Mit Handschleudern wurde wie auch bei Steinschleudern die Muffel mit ihrem über 1.000 °C heißen Gut nur durch Geschick und Muskelkraft auf einer Kreisbahn bewegt, ohne die Muffel aus ihrer Halterung zu verlieren. Da mag so manche Muffel dennoch den Weg auf den Fußboden gefunden haben. So ist die Gussschleuder mit Handkurbel und einem geschlossenen Zahnradgetriebe schon ein echter Fortschritt zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewesen (Abb. 1). Hier wurde der Einfluss des Faktors Mensch zwar nicht ganz ausgeschlossen – die Versetzung in die Rotation erfolgte aber schon wesentlich kontrollierter. Die für heutige Augen ungewöhnliche Anordnung von Muffelhalter und Gegengewicht auf einer vertikalen Kreisbahn weist noch auf die Ursprünge mit der Handschleuder hin.
… und heute
Den Schleuderguss als Prinzip gibt es immer noch, aber es hat sich die Drehbewegung wie beim Kinderkarussell in der Horizontalebene durchgesetzt. Heute verzichten jedoch viele Laborgießgeräte auf die Zentrifugalkraft und setzen Vakuum und Überdruck als die wesentlichen Kräfte ein, um die dünnflüssige Schmelze bis in die kleinsten Hohlräume eindringen zu lassen (Abb. 2).
ZTM Andreas Haesler, Prof. Dr. Peter Pospiech
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