Engagement und Enthusiasmus – meine Teilnahme am Gysi-Wettbewerb für Azubis

ZT Julia Bastuck sagt mit Markus Pöll (1963): „Sich einer Herausforderung auf seinem Fachgebiet zu stellen, seine Erfahrung und das Gelernte mit Engagement und Enthusiasmus einzusetzen und anzuwenden macht aus einem Beruf Berufung.“ Dies hat sie selbst erfahren, als sie sich dem Gysi-Wettbewerb widmete. Die Bewältigung der Aufgaben zeichnet sie im Folgenden nach.
Im Jahr 2015 entschied ich mich dazu, eine Zahntechnikerausbildung in Bous bei Dentale Technik Ronald Lange zu beginnen (Abb. 1). Auf mich wartete eine 3,5-jährige Ausbildung. Schon im zweiten Lehrjahr wurde ich mit dem Gysi-Preis konfrontiert. Dieser Nachwuchswettbewerb des VDZI (Verband Deutscher Zahntechniker- Innungen) zeichnet alle zwei Jahre die besten eingereichten zahntechnischen Arbeiten der Auszubildenden des 2., 3. und 4. Lehrjahres aus. Nach und nach erfuhr ich mehr über die Tradition dieses Preises in unserem Labor. Unsere Auszubildenden der angesprochenen Lehrjahre nehmen regelmäßig daran teil – und bisher immer wieder sehr erfolgreich. Die Teilnahme am Gysi-Preis 2019 war nicht meine erste, denn bereits 2017 versuchte ich mein Glück als Auszubildende des 2. Lehrjahres. Somit konnte ich mir eine Vorstellung davon machen, was mir im 4. Lehrjahr bevorstand.
Im November 2018, drei Monate vor Abgabe, erhielt ich meine Aufgabe für den anstehenden Wettbewerb 2019: Ziel war es, einen definierten Zahnersatz im Ober- und Unterkiefer zu konstruieren. Im Oberkiefer sollten auf 13, 14 und 22, 23 verblockte, vollflächig keramisch verblendete Kronen mit jeweils distalem Geschiebe angefertigt werden, auf 26 sollten eine Vollgusskrone mit Umlauffräsung und jeweils mesial und distal ein halbes Interlock entstehen. Darüber war ein Modellguss mit Schubverteilungsarm und vorbereiteten Flächen für Kunststoffverblendungen an 14 und 15 gefordert. Der zahnlose Anteil des Oberkiefers sollte mit Kunststoffzähnen ergänzt werden.
Im Unterkiefer sollten eine vollkeramisch verblendete Brücke von 31 auf 42 sowie auf 46 ein Metall-Inlay hergestellt werden. Dabei wurde sowohl für den Ober- als auch den Unterkiefer die Zahnfarbe A3,5 vorgegeben.
Der Anfang
Mit dem Wissen, dass nicht nur die Gysi-Preis-Abgabe, sondern auch meine Gesellenprüfung im Januar 2019 anstand, waren meine Gefühle anfangs eher gemischt. Wir Auszubildenden setzten uns zunächst mit unserem Ausbilder zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen und einen groben Plan zu entwerfen. Schritt für Schritt wurden Skizzen erstellt und einige Fachfragen geklärt. Meine anfänglichen Vorbehalte wurden bereits hier in Vorfreude umgewandelt. Unser Ausbilder motivierte uns und sicherte uns bei Fragen die Unterstützung des Labors zu. Es war uns schon jetzt klar, dass die Modellherstellung am meisten Zeit in Anspruch nehmen würde.
Die Modellherstellung
Die Modellherstellung bildet die wichtigste und konkrete Grundlage der Arbeit, nicht nur hier beim Gysi-Preis, sondern auch im zahntechnischen Alltag. Investierte Arbeit, Sorgfalt und Genauigkeit des Technikers spiegeln sich in der Qualität des Modells wider. Deswegen war ich mir der Bedeutung meiner Modelle bewusst. Zunächst habe ich zwei vollbezahnte Kiefer ausgesucht, die mir als perfekte Vorlage für weitere Verbesserungen dienten. Nach der Doublierung veränderte ich die Modelle zunächst nach meinen Wünschen und Vorstellungen. Ich gab den Zähnen 13 und 23 im Oberkiefer vestibulär mehr Bauch, 26 verlieh ich eine schönere Fissur und baute sowohl 14 als auch 23 palatinal etwas auf. Im Unterkiefer veränderte ich auch den Zahn 46 und verschönerte die Front bis zu meiner Zufriedenheit.
Auf die erneute Doublierung der jetzt verbesserten Kiefersituation folgte die Stumpfherstellung. Zunächst goss ich mit einem elfenbeinfarbenen Modellkunststoff die benötigten Zahnkränze aus, um sie anschließend zur Polymerisation in einen Drucktopf zu geben. Das Ergebnis wurde dann per Trennscheibe in Segmente getrennt.
Anschließend brachte ich die Segmente mithilfe verschiedener Fräsen in die gewünschte Form. Hierbei war vor allem die leicht konische Schleifung zu beachten. Der nächste Schritt erfolgte mit dem Rosenbohrer, mit dem ich basal am Kunststoffstumpf Löcher bohrte, um Pins zu montieren. Um die Schwierigkeit des Herausnehmens der Stümpfe zu bewältigen, strich ich mit einem Pinsel dünn Vaseline auf die Stümpfe. Darauf folgte erneutes Ausgießen der Dublierform mit Superhartgips (Abb. 2).
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Abb. 2: Dublierform für den Ober- und Unterkiefer.
© Bastuck -
Abb. 3: Unterseite des Split-Cast-Modells.
© Bastuck
Nach dem Abbinden des Gipses und Herausnehmen der Modelle trimmte ich mir mein fast fertiges Modell zurecht und versuchte dann vorsichtig, die Stümpfe herauszudrücken. Die Unterseite des Modells bestückte ich sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer mit Magneten (Abb. 3) und artikulierte die beiden Kieferhälften als Split-Cast-Modell ein. Anschließend folgten die beiden letzten Schritte: Zähne radieren und Stümpfe beschleifen.
Aus der Aufgabe ging hervor, dass die Regionen 15, 16, 17 und 24, 25, 27 zahnlos seien. Somit radierte ich dort die Zähne und gummierte anschließend die entstandenen Flächen.
Außerdem waren sowohl Hohlkehl- als auch Tangentialpräparationen gefordert, weshalb ich zum Schluss die jeweiligen Stümpfe nach dieser Vorgabe beschliff. Damit war nach einem Monat die Modellherstellung zu meiner Zufriedenheit weitestgehend abgeschlossen (Abb. 4) und ich konnte mich endlich meiner hauptsächlichen zahntechnischen Arbeit zuwenden.
Besonders wichtig war ein hohes Maß an Sorgfalt und Sauberkeit beim Fertigen der Arbeiten, da die Modelle durch die folgenden Arbeitsschritte sehr beansprucht wurden.
Der Oberkiefer
Hier bestand mein erster Schritt darin, die vollanatomische Modellierung der Vollgusskrone an 26 vorzunehmen. Ich orientierte mich am Situationsmodell und passte dem Antagonisten die Okklusion an. Nachdem ich sowohl die Palatinal- als auch die Bukkalhöcker aufgewachst hatte, versuchte ich, den Zahn mithilfe unterschiedlicher Tiefen der Fissuren zu „beleben“. Danach folgten mit einer zunächst gröberen Fräse die Umlauffräsung und jeweils distal und mesial eine halbe Interlockbohrung. Mit einer feineren Fräse glättete ich anschließend das Wachs. Dabei wählte ich während der gesamten Herstellung eine 2-Grad-Fräsung.
Nächster Schritt war die Modellierung der Metallgerüste sowohl von 13 und 14 als auch 22 und 23. Zuerst wachste ich dafür die palatinale Fläche und die Höcker auf, wobei ich auf ausreichende Fräsflächen achten musste. Da die Kronen jeweils miteinander verblockt sein sollten, verband ich sie mit heißem Wachs. Nun stand der schwierige Teil an: die Interlockbohrung mit einem Wachsbohrer, wobei der Interlock okklusal zwischen den beiden Kronen ausgerichtet sein sollte. Nach Öffnung des Interlocks mithilfe eines Skalpells fräste ich an beiden verblockten Kronen zuerst mit einer groben, anschließend mit einer feinen Fräse die zervikale Stufe wie auch die okklusale Schulter. Danach musste noch das Geschiebe distal an 13 und 14 angebracht werden, das am Zahnfleisch anliegen sollte. Nun bettete ich meine Modellierung ein und goss sie mit einer edelmetallfreien Legierung bei 1.500 °C.
Nachdem ich die Kronen aufgepasst und den Rand kontrolliert hatte, überprüfte ich anschließend die Okklusion und fräste die Kronen in Metall nach, sodass keine Rillen mehr sichtbar waren.
Durch die anschließende Politur verlieh ich der Vollgusskrone und den Metallgerüsten einen sehr schönen Glanz.
Nun stand die Keramikverblendung bevor. Zwar hatte ich schon einige Male zuvor als Vorbereitung auf die Gesellenprüfung eine Vollkeramikverblendung des Zahnes 23 angefertigt, dennoch hegte ich Zweifel an mir, gleich vier Kronen vollanatomisch perfekt verblenden zu können.
Ich startete mit dem Primer zum Konditionieren edelmetallfreier Gerüste. Das verwendete Produkt (NP-Primer, Kulzer) wirkt einer unkontrollierten Oxidation der edelmetallfreien Legierungsoberfläche entgegen. So wird eine gute Benetzbarkeit der Gerüstoberfläche mit Keramik vorbereitet und nach dem Abstrahlen braucht man keinen Oxidbrand.
Nach dem Opakerbrand zur Abdeckung des Metalls begann ich mit der Schichtung des Halses und komplettierte die anatomische Form durch eine Dentinschichtung. Danach ergänzte ich meine Schichtung durch die Schneidemasse. Abschließend erfolgte ein Glanzbrand (Abb. 5 u. 6). Auf die ausführlichere Beschreibung meiner Schichtung möchte ich später anhand der Herstellung der Unterkieferbrücke in der Front eingehen.
Nun war die Modellgussherstellung an der Reihe. Ich zeichnete zuerst das Prothesendesign auf das Gipsmodell, legte die Sattelausdehnung fest und drückte schließlich das Vorbereitungswachs an. Nach der Doublierung des Modells goss ich das Einbettmassenmodell aus und bereitete es auf die nachfolgenden Schritte vor. Nach der Modellierung des Schubverteilungsarmes legte ich die genarbte Wachsplatte über den Gaumen und erzielte durch dünne Wachsdrähte eine Abschlusskante.
Mit dem Ergebnis der Modellherstellung war ich zufrieden und konnte somit das Modell in einer Muffel einbetten und gießen. Nach Ausbettung, Schleifung und Politur musste die Genauigkeit meiner Arbeit überprüft werden, denn der Modellguss sollte nun einen perfekten Sitz auf dem zuvor gefertigten Gerüst aufweisen. Zum Glück passte mein Modellguss auf Anhieb und ich konnte abschließend die Kunststoffmatrizen basal an 15 und 24 einsetzen (Abb. 7 u. 8).
Um in der Fertigstellung ein Stück weiterzukommen, stellte ich Kunststoffzähne in Wachs auf. Somit bildete ich eine Grundlage für die darauffolgende Verblendung der Zähne 14 und 23 mit Komposit. Dazu strahlte ich die dafür vorgesehenen Flächen ab, um anschließend zu opakern. Zur farblichen Stabilisierung wurde im Halsbereich eine dunklere, wärmere Masse aufgetragen. Folgend schichtete ich den Dentinkern nach meiner Vorstellung mit der Grundmasse in der Farbe A3,5, um diesen zur Erhöhung der Vitalität mit einer Mamelonstruktur zu versehen.
Nach den jeweiligen Schritten folgte die Aushärtung der Massen unter einem Lichthärtegerät.
Die Schneidemasse wurde im oberen inzisalen Bereich aufgetragen und dünn auslaufend gestaltet. Zusätzlich trug ich Opaleffektpasten auf, da ich mir einen schönen Opaleffekt wünschte. Danach wurde die Oberflächenstruktur mit verschiedenen Fräsen und Gummis bearbeitet und poliert.
Schließlich folgte der letzte Schritt in der Herstellung meiner Oberkieferprothese: die Fertigstellung der beiden Freiendsättel. Dabei wählte ich einen individuell charakterisierten Kunststoff. Mithilfe dreier Rosarottöne des Kunststoffs erzielte ich eine naturgetreue Zahnfleischoptik (Abb. 9 u. 10). Nun fehlten nur noch die Politur und der letzte Feinschliff. Damit war meine Oberkieferprothese fertig (Abb. 11).
Der Unterkiefer
Den Anfang machte das Metallgerüst für meine Brücke 31, 41 und 42. Über die Stümpfe zog ich erwärmte Tiefziehfolie, um genau passende Käppchen zu erhalten, und wachste folgend mein Grundgerüst so auf, dass ich genügend Verblendfläche zur Verfügung hatte. Danach goss ich das Grundgerüst und passte die Stümpfe an, um sie zu beschleifen. Um einen guten Haftverbund sicherzustellen, strahlte ich das Gerüst vor der Verblendung zusätzlich ab.
Nach anschließender Reinigung der Gerüstoberfläche mit dem Dampfstrahlgerät bestand mein erster Schritt darin, den NP-Primer hauchdünn mit einem Opaker-Pinsel aufzutragen. Es folgte ein einminütiger Brand des Gerüstes. Danach wurden zwei dünne Schichten Pastenopaker aufgetragen und gebrannt. Somit erhielt ich eine gleichmäßig aufgetragene Schicht, die nun als Grundlage für die Keramik dienen konnte.
Mit Chroma baute ich den zervikalen Bereich der Zähne auf. Danach gestaltete ich den Dentinkern und legte Transparenzkeile zur besseren Individualität im Inzisalbereich ein. Es folgte die Verblendung der Schneidemasse und ich trug die Masse an den drei Zähnen inzisal dünn zum Zahnkörper hin verlaufend auf. Nach dem Keramikbrand wurde die strukturiert glänzende Oberfläche mit einem Diamantfräser zurechtgeschliffen. Vorsicht war vor allem beim Beschleifen der approximalen und basalen Kontaktpunkte des Brückengliedes geboten. Nach einigen Formkorrekturen, beispielweise den Aufbau von Zahnleisten betreffend, beschichtete ich nun das erstellte Gerüst erneut mit Dentin-, Schneide- und Transpamasse.
Als Nächstes gestaltete ich sowohl Konturen als auch Oberflächenstrukturen und überprüfte zusätzlich die Protrusionsbewegung. Um meine Keramikverblendung individuell zu charakterisieren, ergänzte ich den Glanzbrand abschließend mit Malfarben (Abb. 12).
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Abb. 12: Unterkieferarbeit, insbesondere mit Blick auf die Front.
© Bastuck -
Abb. 13: Im Fokus: das Inlay auf Zahn 46.
© Bastuck
Nun fehlte nur noch das Inlay auf 46, das eine große Herausforderung für mich darstellte. Nachdem ich den Stumpf isoliert hatte, modellierte ich das Inlay in Wachs entsprechend der Gegenseite und kontrollierte schon hier sowohl okklusale als auch approximale Kontaktpunkte. Vor dem Einbetten in die Gussmuffel zog ich den Zervikalrand nochmals nach, um daraufhin mit einer EMF-Legierung zu gießen (Abb. 13).
Im letzten Schritt war es besonders schwer, das gegossene Inlay auf den Kunststoffstumpf aufzupassen, da der Rand dünn auslaufend gestalten werden sollte, wobei die Bruchgefahr bei der EMF-Legierung aber sehr hoch ist.
Als auch dieser Schritt gelungen war, waren nach anschließendem Gummieren und Polieren meine zahntechnischen Arbeiten sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer abgeschlossen (Abb. 14 u. 15).
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Abb. 14: Wettbewerbsarbeit auf dem Modell, von rechts.
© Bastuck -
Abb. 15: Wettbewerbsarbeit auf dem Modell, von links.
© Bastuck
Fazit
Ein sehr hilfreiches und ermutigendes Motto ist dieses: Schrick nicht vor dem zurück, was du noch nicht kannst! Zu Beginn war ich mich selbst betreffend sehr skeptisch bezüglich der Anforderung des Gysi- Preises, da ich in der bis dato 3,5-jährigen Ausbildungszeit zwar schon viel gelernt und gesehen hatte, dennoch einige Arbeitsschritte nur aus der Theorie kannte. Im Laufe der Herstellung meiner Gysi- Preis-Arbeit merkte ich aber, wie ich zunehmend an dieser Aufgabe wuchs und meine Fähigkeiten verbesserte. Oft stieß ich während des Arbeitens auch an meine Grenzen, aber rückblickend stellte dieser Nachwuchswettbewerb nicht nur eine großartige Vorbereitung für meine bevorstehende Gesellenprüfung im Januar 2019 dar, sondern es war vor allem eine Bereicherung in Hinblick auf meine zahntechnische Zukunft. Jedem Auszubildenden empfehle ich die Teilnahme am Gysi-Preis, denn auch bei anfänglicher Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten ist man im Nachhinein stolz auf seine erbrachten Leistungen. Zum Gysipreis und zur allgemeinen Ausbildung als Zahntechniker kann man sich hier informieren:
- Mach dein Ding! – Ausbildung zum Zahntechniker: www.youtube.com/watch?v=dALSTj7BsUk
- Interview zum Gysi-Preis 2019: www.youtube.com/watch?v=YjfTtAdDNxE
- Hohmann A, Hielscher W: Lehrbuch der Zahntechnik, Band 2 (Prothetik). Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin (2012).
- Lehmann KM, Hellwig E, Wenz HJ: Zahnärztliche Propädeutik, Einführung in die Zahnheilkunde. Deutscher Zahnärzteverlag, Köln (2015).