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Konstanze Pieter schildert ihre Erfahrungen

Mit Konzept zum Erfolg: Der Gysi-Preis für Auszubildende

An dieser Stelle und in weiteren Ausgaben des Zahntechnik Magazins kommen Auszubildende zu Wort, die den jüngsten Gysi-Preis gewonnen haben. Das ist der renommierte Nachwuchswettbewerb des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) für die Auszubildenden im Zahntechnikerhandwerk. Der Preis wurde zu Ehren von Professor Dr. med. Dr. h.c. Alfred Gysi ausgeschrieben und 1979 zum ersten Mal ausgelobt. Bundesweit können Zahntechnikerlehrlinge des zweiten, dritten und vierten Lehrjahrs alle zwei Jahre teilnehmen. Die Preisverleihung findet im Rahmen der IDS in Köln statt, das nächste Mal 2019.

Oberkiefer-Totalprothese und Kronen im Unterkiefer.
Oberkiefer-Totalprothese und Kronen im Unterkiefer.
Oberkiefer-Totalprothese und Kronen im Unterkiefer.

Mein Name ist Konstanze Pieter und ich bin Auszubildende bei Zahntechnik Berlin – Vach & Ehlert GmbH. Durch meinen Ausbilder und Laborinhaber ZTM Gerrit Ehlert bin ich auf diesen Contest aufmerksam geworden. Beim zuletzt abgeschlossenen, dem 16. Gysi-Preis, habe ich den 1. Platz (2. Lehrjahr) belegt und möchte Ihnen im Folgenden einen Einblick in die Teilnahme an diesem Wettbewerb, die Herstellung meiner eingereichten Arbeit und die Preisverleihung geben.

Die Aufgabenstellung der Gruppe A (2. Lehrjahr)
Die Aufgabenstellung der Gruppe A (2. Lehrjahr)

Herausforderungen der Wettbewerbsarbeit

Bei dieser Aufgabenstellung gab es für mich mehrere Herausforderungen, die ich bis dahin in meiner Ausbildung noch nicht bewältigen musste: Diese betrafen die besondere Art der Modellherstellung mit einer Stumpfpräparation, das Herstellen von verblockten Kronen im Seitenzahnbereich und die Komposit-Verblendungen im Frontzahnbereich. Da Zahntechnikermeister Gerrit Ehlert ein großer Fan von Edelmetalllegierungen ist, durfte ich die Arbeit in Gold anfertigen. Dessen Verarbeitung bildete für mich eine weitere Herausforderung.

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Vorbereitung und Konzept

Nach dem Eintreffen der Wettbewerbsaufgabe erstellte ich eine „To-do-Liste“ mit einem Wochenzeitplan. Hierbei teilte ich mir die Aufgabe in Schwerpunkte ein:

  • Modellherstellung
  • Kronen I: Modellation, Guss, Ausarbeitung, Fertigstellung der Seitenzahnkronen
  • Totalprothese: Auf- und Fertigstellung
  • Kronen II: Verblendung der Frontzahnkronen und Fertigstellung
  • Letzter Schliff, Politur, Einpacken der Arbeit

Anschließend erstellte ich für jeden Tag einzelne „To-do-Listen“. So musste ich immer vorausschauend planen und konnte anhand dieser Listen die einzelnen Schritte abarbeiten. Wichtig hierbei war es, genug Pufferzeit für eventuell auftretende Komplikationen einzuplanen: bei der Arbeitsherstellung – und auch beim Einpacken und dem Postversand.

Daneben recherchierte ich in Fachzeitschriften (Fotos und Anleitungen) alles, was sich mir hinsichtlich Zahnstellungen im Frontzahnbereich, Komposit-Schichtungen, Ausarbeitungen von Totalprothesen und der Färbung der Gingiva bot.

Modellherstellung

Abb. 1: Modellpaar für die Herstellung der Oberkiefer-Totalprothese und Kronen im Unterkiefer.
Abb. 1: Modellpaar für die Herstellung der Oberkiefer-Totalprothese und Kronen im Unterkiefer.

Ich habe mich im Oberkiefer für ein Funktionsmodell und im Unterkiefer für ein Geller- Modell aus Superhartgips entschieden. Zu Beginn wählte ich mir aus vorhandenen Laborfällen ein Modellpaar mit natürlicher Zahnstellung, welches allen Anforderungen der Wettbewerbsaufgabe entsprach. Dieses verwendete ich sowohl für die Herstellung der Totalprothese als auch für die Kronengestaltung als Situationsmodell (Abb. 1).

Das Unterkiefermodell setzte ich nach der Camperschen Ebene in den Artikulator ein. Anschließend stellte ich einen Silikonabdruck („Fifty-Fifty Silikon“) im Gaumen- und Lingualbereich des Modellpaars her, um daraufhin das Modell eines unbezahnten, natürlich gestalteten Oberkiefers in Bisslage und -höhe positionieren zu können. Form und Größe des zahnlosen Oberkiefers entsprachen dem Situationsoberkiefer. Es folgte die Artikulation des zweiten Modells. Anschließend verbreiterte ich die Modelle mit Wachs, um sie in späteren Schritten mit den Modellträgerplatten übereinstimmend trimmen zu können. Außerdem verlängerte ich die Zahnhälse im Unterkiefer, um bei der Präparation der entsprechenden Zahnstümpfe nicht zu kurze Stümpfe zu erhalten. Zunächst dublierte ich die Modelle und goss sie erneut aus. Im Unterkiefer sägte ich die Zähne für die Kronen heraus und schliff sie konisch entsprechend der Zahnwurzel. Dabei galt es darauf zu achten, für die Zähne 45 und 46 dieselbe Einschubrichtung festzulegen, da diese verblockt werden mussten. Dann stellte ich Silikonabdrücke der Zahnkronen her, um beim Präparieren der Stümpfe die Abstände prüfen zu können. Die Stümpfe wurden mit einer Hohlkehlpräparation versehen. Daraufhin dublierte ich diese, goss sie mit zahnfarbenem Stumpfkunststoff aus und setzte basal Pins (Axiopin; SAM Präzisionstechnik GmbH, Gauting), um zu einem besseren Halt im Modell zu kommen und gleichzeitig den korrekten Sitz nachvollziehen zu können. Die Stümpfe wurden isoliert, in die Dublierform reponiert und erneut ausgegossen. Die neuen Modelle wurden anschließend nacheinander gegen die zuvor eingesetzten Grundsituationsmodelle parallel zur Tischebene getrimmt. Ich arbeitete von basal jeweils eine Gewindeschraube und mehrere Zentrierkegel für den Rotationsschutz ein. Dann stellte ich die Sockelplatten her. Anschließend zeichnete ich mir die Umrandung der Modellträgerplatten an, trimmte die Modelle mit den Sockeln bis zur Anzeichnung und schliff von basal einige Retentionen in die Sockel. Zuletzt folgte die endgültige Artikulation.

Kronenmodellation

Bevor ich mit der vollanatomischen Wachsmodellation (Yeti Gusswachs; Yeti Dentalprodukte, Engen) begann, stellte ich im Oberkiefer provisorisch die Totalprothese auf, um die Okklusion anpassen zu können. Nach der Modellation entsprechend dem Situationsmodell reduzierte ich die Frontzahnkronen von vestibulär und verblockte die Seitenzahnkronen. Anschließend wurden die Kronen angestiftet, eingebettet und gegossen (Portadur P2; Ivoclar Vivadent, Ellwangen). Danach arbeitete ich die Kronen aus, passte die Kontaktpunkte an, strahlte sie von basal aus und polierte sie (Abb. 2a u. b).

Abb. 2a: Vollgusskronen auf den Zähnen 45 und 46 (bukkale Sicht).
Abb. 2a: Vollgusskronen auf den Zähnen 45 und 46 (bukkale Sicht).
Abb. 2b: Okklusale Sicht mit sorgfältig ausgearbeiteten Kauflächen (verblockte Kronen).
Abb. 2b: Okklusale Sicht mit sorgfältig ausgearbeiteten Kauflächen (verblockte Kronen).

Herstellung der Totalprothese

Abb. 3a u. b: Oberkiefer-Totalprothese mit möglichst natürlicher Anmutung ausgeführt.
Abb. 3a u. b: Oberkiefer-Totalprothese mit möglichst natürlicher Anmutung ausgeführt.

Die provisorische Aufstellung der Totalprothese passte ich an die Okklusion der Unterkieferkronen an. Dann modellierte ich die Prothese aus und ahmte insbesondere die Gaumenfalten und Bändchen nach. Über die Vorwall-Technik setzte ich meine Wachsaufstellung in Kunststoff in die Prothesengrundfarbe um (Candulor Aesthetic Blue 34; Candulor Dental, Rielasingen-Worblingen). Es folgte das Einschleifen der statischen und dynamischen Okklusion. In der Front reduzierte ich die Gingiva von 14 bis 24, um darauf folgend eine individuelle Zahnfleischfärbung vorzunehmen. Im Bereich der Attached Gingiva verwendete ich dunklere graue und blaue Farbnuancen. Interdental färbte ich mit Orange-Rot-Tönen, für den Zahnfleischsaum sowie die Gaumenfalten und Bändchen wählte ich eher weißliche Farben. Anschließend arbeitete ich die Prothese, insbesondere die Stippel, aus und polierte die Arbeit (Abb. 3a u b).

Verblendung der Frontzahnkronen

Ich verblendete die Frontzahnkronen von vestibulär mit Komposit (Espe Sinfony; 3M, Seefeld) entsprechend der Schichtanleitung VITA A3. In die Schneide baute ich leichte Effektmassen ein, um ein lebendigeres Farbspiel und mehr Transluzenz zu erreichen. Anschließend passte ich die Kontaktpunkte an und polierte die Frontzahnkronen (Abb. 4a u b).

Abb. 4a: Frontzahnkronen auf 33 und 34 aus okklusaler Sicht.
Abb. 4a: Frontzahnkronen auf 33 und 34 aus okklusaler Sicht.
Abb. 4b: Blick auf die vestibuläre Kompositverblendung der Frontzahnkronen.
Abb. 4b: Blick auf die vestibuläre Kompositverblendung der Frontzahnkronen.
Abb. 5: Die fertige Gysi-Arbeit im Artikulator, fertig für die Einreichung.
Abb. 5: Die fertige Gysi-Arbeit im Artikulator, fertig für die Einreichung.

Letzter Schliff

Zuletzt säuberte ich alle Bestandteile der Wettbewerbsarbeit, beschriftete die Modelle und den Artikulator mit der Teilnehmernummer und stellte für die Stümpfe und Kronen Einrichtschlüssel (Candulor C-Plast) zur Kontrolle des exakten Sitzes her (Abb. 5).

Abschließend packte ich meine Wettbewerbsarbeit gut gepolstert ein und sendete sie ab.

Reflexion und Bewertung der Wettbewerbsteilnahme

Man sollte bei der Herstellung einer solchen Wettbewerbsarbeit, aber auch sonst, sowohl bei den Kronen als auch bei der Totalprothese sehr sorgsam und ordentlich sein. In unserem Labor wird grundsätzlich unter dem Mikroskop gearbeitet. Ebenfalls ist darauf zu achten, immer wieder Passungskontrollen durchzuführen, um einen exakten Sitz der Arbeit sicherzustellen.

Ich entschied mich bei der Herstellung der Totalprothese für eine möglichst natürliche Aufstellung der Frontzähne mit leichter Verschachtelung. Außerdem färbte ich die Kunststoff- Gingiva mit unterschiedlichen Farbnuancen, um das Zahnfleisch möglichst natürlich und echt wirken zu lassen. Hierbei geht man als Wettbewerbsteilnehmer ein gewisses Risiko ein, da man nicht weiß, ob die Wettbewerbs-Jury eine „Lattenzaun“-Aufstellung oder eine individuelle Zahnstellung bevorzugt; das geht aus der Ausschreibung nicht hervor. Ich wollte aber eine ‚glaubhafte’ Arbeit realisieren, da die zahntechnische Ausbildung ja auf die Versorgung echter Patienten abzielt.

Empfehlenswert ist es, zeitgleich zu der Wettbewerbsarbeit Trainingsarbeiten herzustellen, um beispielsweise die Bearbeitung von Edelmetall, das Verblenden mit Komposit in der Front oder die Gingiva-Einfärbung zu erproben und zu üben.

Die Teilnahme an einem solchen Wettbewerb erfordert viel Zeit, Ausdauer, Willen und Herzblut. Man muss sein Ziel stets im Auge behalten und sich „durchbeißen“, auch wenn beim Workflow vielleicht nicht immer alles problemlos abläuft. Es können immer wieder Komplikationen auftreten, die einen womöglich ein Stück zurückwerfen; aber nur dadurch lernt man, die Nerven zu behalten und neue Lösungsansätze zu finden.

Preisverleihung auf der IDS

Abb. 6: Die Erst- bis Drittplatzierten erhalten Urkunden und Medaillen. Aber es kann nur betont werden: Jeder Teilnehmer profitiert von der gewonnenen Erfahrung.
Abb. 6: Die Erst- bis Drittplatzierten erhalten Urkunden und Medaillen. Aber es kann nur betont werden: Jeder Teilnehmer profitiert von der gewonnenen Erfahrung.

Die Verleihung des Gysi-Preises (Abb. 6) findet während der IDS auf dem Kölner Messegelände statt. Diese Fachausstellung für Zahnärzte, Zahntechniker, Dentalfachhandel und Dentalindustrie sowie Studenten und Azubis ist die größte weltweit. Fachbesucher aus der ganzen Welt kommen hier zusammen, um sich weiterzubilden, sich untereinander auszutauschen und sich vor allem an den Ständen die neuesten Entwicklungen der Technik anzuschauen. Auch die Preisverleihung des Nachwuchswettbewerbes findet hier immer große Beachtung. 2017 hat sich sogar Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die Gysi-Siegerarbeiten zeigen lassen. Diese werden immer auf einer großen Ausstellerfläche des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen in Glasvitrinen präsentiert, auf einem breiten und stark frequentierten Boulevard zwischen den Messehallen.

Die Verleihung des Preises fand in einem großen Saal mit edlem Blumenschmuck und Musikuntermalung statt. Zahntechnikermeister Jens Diedrich hielt einen Fachvortrag über den aktuellen Stand des Zahntechnikerberufes und die Zukunftsentwicklung. Beim 16. Gysi-Preis wurden die eingesendeten Wettbewerbsarbeiten von einer sechsköpfigen Fachjury, bestehend aus den international bekannten Zahntechnikermeistern Monika Dreesen-Wurch, Alexander Bannas, Dietrich Siepermann, Gregor Stobbe, Bert Teeuwen und Armin Walz, bewertet. Die Urkunden- und Medaillenübergabe an die Teilnehmer erfolgte durch den Präsidenten des Verbandes Deutscher Zahntechniker- Innungen Uwe Breuer und das Mitglied im VDZI-Vorstand Heinrich Wenzel. Jeder Wettbewerbsteilnehmer wurde einzeln auf die Bühne gerufen und herzlich beglückwünscht. Die Sieger der einzelnen Lehrjahre erhielten Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen, eine entsprechende Urkunde und große Blumensträuße. Einige Sponsoren förderten die Sieger mit Geschenken für den Arbeitsalltag. Im Anschluss an die Ehrung fand ein Fototermin mit Sektempfang und kleinem Buffet statt. Für die reibungslose und besonders freundliche Organisation des Wettbewerbsablaufs war Anja Olschewski vom VDZI verantwortlich.

Die Wettbewerbspreisträger wurden vor Ort in ein Video-Interview eingebunden und konnten somit Teil eines Info- und Werbefilms für den Gysi-Preis im Internet sein (www.facebook.com/gysipreis). Auch auf YouTube werden die Arbeiten vorgestellt („Gysi-Preis 2017: Junge Zahntechniker zeigen, was sie können“).

Mitmachen

Dieser Nachwuchswettbewerb bietet Zahntechniker-Auszubildenden die Chance, ihren Leistungsstand deutschlandweit während der Ausbildung mit anderen zu messen. Für Auszubildende aus dem zweiten Lehrjahr wie mich gibt es sogar die Möglichkeit, ein zweites Mal im vierten Lehrjahr an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Darüber hinaus bildet man sich durch den Gysi-Preis zusätzlich neben der Arbeit weiter und bekommt ein Gefühl dafür, sich zu organisieren und sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Die wertvollen Erfahrungen, die man während der Teilnahme an diesem Wettbewerb sammelt, bieten gute Voraussetzungen für die Zwischenprüfung, die Gesellenprüfung – und nicht zuletzt auch für sämtliche Situationen im Leben, denen man sich stellen muss. Aus diesen Gründen kann ich jedem Auszubildenden im Zahntechniker-Handwerk nur empfehlen, die Chance zu ergreifen, an diesem Wettbewerb teilzunehmen.

Anmeldungen für den Gysi-Preis 2019 werden im Sommer 2018 möglich sein, E-Mail: anja.olschewski@vdzi.de. Auch das Zahntechnik Magazin wird den Aufruf bekanntgeben.

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