Anzeige

Werkstoffspezifisches Vorgehen

Bearbeitung von dentalen Glaskeramiken

Worauf es bei der Politur dentaler Glaskeramiken zu achten gilt und weshalb, stellen Prof. Dr. Martin Rosentritt und Dr. Thomas Strasser in Kürze dar.

Lithiumdisilikatkrone nach der Politur. Dr. Michael Schmidt
Lithiumdisilikatkrone nach der Politur.
Lithiumdisilikatkrone nach der Politur.

Glaskeramiken gehören zur Gruppe der Silikatkeramiken und unterscheiden sich in der Zusammensetzung, den Eigenschaften und den Indikationen. Es stehen einfache Glaskeramiken mit Festigkeiten unter 150 MPa (z.B. Leuzitkeramik Empress CAD, Ivoclar) und verstärkte, meist Lithiumsilikatkeramiken (LiSi), mit Festigkeiten über 350 MPa (z.B. emax, Ivoclar) [1,2] zur Verfügung.

Meist werden diese Festigkeiten erst durch eine entsprechende Oberflächenbearbeitung gewährleistet [3,4]. Raue Oberflächen erhöhen die Frakturanfälligkeit durch die Entstehung und Ausbreitung von Mikrorissen.

Eine Keramikpolitur soll unter anderem den Glanz der Konstruktion erhöhen und die oberflächliche Rauheit reduzieren. Glatte Flächen sind die Grundlage für eine gute Ästhetik, einen guten Tragekomfort und die Vermeidung von Sekundärkaries. Eine gut polierte keramische Oberfläche löst zudem weniger Verschleiß am Antagonisten aus.

Primär soll durch die Politur eine Verkleinerung – bzw. bei Metallen eine Verdichtung – der angreifbaren Oberfläche erreicht werden. Wie für jeden Werkstoff sind für die Bearbeitung von Glaskeramiken in jedem Fall die Herstellerangaben zu berücksichtigen. Insbesondere die geforderten Mindestwandstärken müssen nach der Bearbeitung gewährleistet bleiben.

Anzeige

Rauigkeiten sind unbedingt zu vermeiden, da durch die Keramikbearbeitung Spannungen, Risse, Abplatzungen und Aussprengungen – vor allem im Randbereich – induziert werden können [5]. Nach der Theorie des schwächsten Gliedes („Weakest Link“) kann bereits eine Fehlstelle zum Komplettversagen der Konstruktion führen, wenn sie unter Zug- oder Biegespannung gerät. Daher sind Größe, Form, Ausrichtung und Lokalisierung der kritischsten Defekte für das Versagen ausschlaggebend.

Abb. 1: Materialdifferenzierte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (4000x) einer glaskeramischen Oberfläche. Deutlich sichtbar ist die Struktur der Glaskeramik. Gut erkennbar sind die kristallinen Bereiche (dunkel), die in der Glasmatrix (hell) eingebettet sind. Die Kristalle sind zur „Verstärkung“ der Keramik gedacht und liegen in unterschiedlichen Größen, Formen und Ausrichtungen vor. Prof. Dr. Martin Rosentritt
Abb. 1: Materialdifferenzierte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (4000x) einer glaskeramischen Oberfläche. Deutlich sichtbar ist die Struktur der Glaskeramik. Gut erkennbar sind die kristallinen Bereiche (dunkel), die in der Glasmatrix (hell) eingebettet sind. Die Kristalle sind zur „Verstärkung“ der Keramik gedacht und liegen in unterschiedlichen Größen, Formen und Ausrichtungen vor.
Abb. 2: Topografiedifferenzierte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (4000x)
einer glaskeramischen Oberfläche. Hauptsächlich ist eine homogene glaskeramische Struktur (hell mit kristallinen Bereichen) erkennbar. Am oberen Bildrand (dunkle Bereiche) weicht die Struktur unverkennbar ab. Hier ist die Topografie der Probe durch Einlagerungen und Beschädigungen verändert. Prof. Dr. Martin Rosentritt
Abb. 2: Topografiedifferenzierte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (4000x)
einer glaskeramischen Oberfläche. Hauptsächlich ist eine homogene glaskeramische Struktur (hell mit kristallinen Bereichen) erkennbar. Am oberen Bildrand (dunkle Bereiche) weicht die Struktur unverkennbar ab. Hier ist die Topografie der Probe durch Einlagerungen und Beschädigungen verändert.

Besonders gefährdete Bereiche sind die Verbinder von Brücken, Kronenrandbereiche und Kontaktpunkte auf Höckern, die unter Scherbelastung stehen. Einmal induzierte Risse können unterkritisch weiterwachsen und dann erst später zu spontanen Frakturen führen. Daher ist es wichtig, die Restaurationen nach jedem Bearbeitungsschritt auf mögliche Fehlstellen hin zu untersuchen.

Schleifen

Das nachträgliche Beschleifen von Glaskeramiken am Zahnarztstuhl sollte grundsätzlich auf ein Minimum reduziert werden und möglichst unter Wasserkühlung mit wenig Anpressdruck erfolgen [6]. Geeignete Instrumente sind mit gesinterten oder verglasten Diamanten beschichtet. Der Abtrag und die damit verbundenen Defektgrößen sind von der Körnung und der Binderart abhängig.

Die Diamanten sollten immer abgestuft vom gröberen zum feineren Instrument verwendet werden, da Diamantkorngröße und erzielte Oberflächenrauheit proportional zueinander sind [7]. Als gröbstes Diamantinstrument sollte ein Diamant mit 80 μm verwendet werden [8,9]. Eine Besonderheit bei der Bearbeitung von einigen Lithiumsilikatkeramiken, die in einem CAD/CAM-Prozess (z.B. emaxCAD, Ivoclar) verarbeitet werden, ist, dass die Bearbeitung an der Konstruktion sowohl im vorkristallisierten Zustand (Metasilikat, z.B. „blauer Zustand“ Ivoclar) als auch nach einer abschließenden Kristallisation durchgeführt werden kann.

Wird die Bearbeitung im Metasilikatzustand ausgeführt, d.h. in der Phase, in der keine Endfestigkeit besteht, ist sie aufgrund der geringen Härte und Festigkeit der Keramik leichter umzusetzen. Größere Korrekturen gilt es deshalb vor dem Kristallisationsbrand durchzuführen.

Zudem sind Bearbeitungsspuren auf der Oberfläche vor dem Kristallisationsbrand zu eliminieren und die Restauration zu polieren. Der Kristallisationsbrand führt zur Endfestigkeit des Werkstoffes und kann zur Schließung von entstandenen Rissen beitragen [10].

Polieren

Instrumente werden unterschieden nach Größe, Verteilung, Menge und Art der verwendeten Schleifmittel. Polierer sind meist mit Diamanten oder Siliziumcarbid in einer Silikon- oder Kunstoffmatrix beschichtet. Je nach Elastizitätsmodul, Biegefestigkeit, Härte und Zähigkeit der Keramik werden unterschiedlich abrasive Instrumente benötigt und die entsprechenden Parameter wie Drehzahl oder Schleifzeit müssen angepasst werden.

Größe und Art der kristallinen Bestandteile sowie der Glasanteil einer Keramik können das Polierergebnis beeinflussen. Die erzielbare Oberflächenrauheit ist damit abhängig von der Kombination aus dem zu polierenden Material und dem verwendeten Polierer [11,12]. Empfohlen werden Diamantpolierer in absteigender Körnung: Im Allgemeinen sollten mit den grobkörnigsten Polierern die Oberfläche zum Polieren vorbereitet und eine gleichmäßige Oberfläche geschaffen werden.

Mit Diamantpolierern mittlerer Körnung wird vorpoliert und abschließend mit feinen Diamantpolierern finalisiert. Sowohl zwei- als auch dreistufige Poliersysteme sowie Praxis- und Laborsysteme können ähnlich gute Ergebnisse erzeugen und glatte Oberflächen garantieren [6]. Wichtig ist, dass immer alle Stufen unter Einhaltung der Reihenfolge verwendet werden und ausreichend lange poliert wird.

Empfohlen werden oft Diamantpolierer, die mit Wasserkühlung eingesetzt werden sollten. Mit Filzrädern, Ziegenhaarbürsten oder Polierschwabbeln und Diamantpolierpasten lässt sich anschließend auf Hochglanz polieren. Eine sorgfältige und erfolgreiche Politur benötigt Zeit [5].

Abb. 3: Lithiumdisilikatkrone nach der Politur. Dr. Michael Schmidt
Abb. 3: Lithiumdisilikatkrone nach der Politur.

Bei Materialien, die schnell einen hohen Glanz annehmen, besteht die Gefahr, dass sie nicht ausreichend lange poliert werden, um oberflächliche Defekte ausreichend zu entfernen. Erst die stärkende Wirkung des Glättens und eines ausreichenden Polierens erzielt die bestmögliche Festigkeit. Abschließend kann ein Glanzbrand erfolgen.

Nach dem Einschleifen sollten Politur und, wenn möglich, Glanzbrand wiederholt werden, um optimale Eigenschaften zu gewährleisten [12]. Polieren führt zu einer geringeren Rauheit und morphologischen Veränderungen der Oberfläche. Allerdings können die Biofilmbildung und die Biegefestigkeit einer glasierten Oberfläche bei bestimmten Keramiken durchaus vergleichbar sein zu denen einer polierten Oberfläche [13].

Fazit

Ein Beschleifen der keramischen Restauration sollte auf ein Minimum reduziert werden. Die Bearbeitung sollte immer abgestuft vom gröberen (max. 80 μm) zum feineren Instrument durchgeführt werden und möglichst unter Wasserkühlung mit wenig Anpressdruck erfolgen. Um beste Polierergebnisse zu erzielen, empfiehlt es sich, neuwertige Diamantpolierer in absteigender Körnung zu verwenden, dabei alle Stufen unter Einhaltung der Reihenfolge zu nutzen und ausreichend lange zu polieren (geringer Anpressdruck, Abtrag nicht forcieren, schlechte Schnittleistung erzeugt Hitze, spezifische Schleifparameter).

Evtl. kann es sich zudem lohnen, Filzräder, Ziegenhaarbürsten oder Polierschwabbel mit Diamantpolierpasten zu nutzen, um stärkeren Glanz zu erzielen. Des Weiteren sollte mit Wasserkühlung und geringem Schleifdruck sowie entsprechenden Drehzahlen gearbeitet werden. Bereiche unter Zugbelastung (Konnektoren, Kroneninnenseiten, Ränder) sind, wenn möglich, unbearbeitet zu belassen.

Brückenverbinder sollten nicht mit Trennscheiben nachsepariert, sondern basal mit einem Gummipolierer geglättet werden. Grundlegend sind materialspezifische Mindestwandstärken und Verbinderquerschnitte auch nach der Bearbeitung einzuhalten.

Dabei ist umso größere Sorgfalt geboten, je dünner die Wandstärke ausfällt. Zu guter Letzt gilt wie stets, die Arbeit vor und nach der Weiterverarbeitung auf Defekte und Risse zu prüfen.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige