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Ein Werkstoff-Steckbrief

Politur von polymerbasierten Werkstoffen

Das Spektrum gegenwärtiger Anwendungen von Kompositen ist groß und reicht von direkt im Labor bzw. am Patienten zu polymerisierenden, licht- oder dualhärtenden Materialien bis hin zu industriell vorpolymerisierten CAD/CAM-Werkstoffen. Eine Alternative zu den CAD/CAM-Kompositen mit klassischer Mikrostruktur (Polymermatrix mit eingelagerten anorganischen Füllkörpern) stellen die sogenannten PICN-Werkstoffe dar: Polymer Infiltrated Ceramic Network. Dabei handelt es sich um eine keramische Netzstruktur, die von polymeren Anteilen durchzogen ist. Für langfristige klinische Erfolge ist – unabhängig von der Materialwahl – eine korrekte Verarbeitung essenziell.

. sujit/adobestock
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Bei Restaurationen erfolgt häufig zu Beginn der Ausarbeitung eine Feinanpassung der Form durch rotierende Instrumente. Unter Laborbedingungen setzt man für Komposite tendenziell Hartmetallfräsen ein, da diese gegenüber diamantierten Instrumenten bei guter Abtragsleistung eine geringere Hitzeentwicklung aufweisen. Anschließend wird unabhängig vom Herstellungsverfahren die Restaurationsoberfläche poliert.

In der Regel werden dazu Gummipolierer genutzt – also Instrumente, bei denen Abrasionskörper meist in einer Silikon-, Chloropren- oder Polyamidmatrix gebunden vorliegen. Zudem können mit Schleifkörpern belegte Scheiben verwendet werden. Vorzugsweise mit Al2 O3 – oder Diamant- Schleifpartikel, mehrstufig mit systematisch verringerter Größe.

Die Empfehlungen zur Ausarbeitung und Politur der PICN-Werkstoffe unterscheiden sich in einem wesentlichen Aspekt. Hier sollten Hartmetallfräsen vermieden werden, der Hersteller empfiehlt die Ausarbeitung mit diamantierten Schleifinstrumenten, um die Gefahr einer möglichen Mikrorissbildung zu vermindern.

Für die Politur wird ein zweistufiges Polierset mit Siliziumcarbid- bzw. Diamantpolierinstrumenten empfohlen. Die Hochglanzpolitur kann mittels Ziegenhaarbürstchen und Diamantpolierpaste erfolgen.

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Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: a) Füller verbleibt, ragt aus Oberfläche heraus. Dr. Thomas Strasser
Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: a) Füller verbleibt, ragt aus Oberfläche heraus.

Grundlegend beeinflusst die individuelle Zusammensetzung des jeweiligen Materials die Polierbarkeit. Bei Kompositen bestimmen insbesondere die Füllkörperart und -größe, aber auch deren Form das Maß der Rauheit und des Glanzes, das sich auf einer Restaurationsoberfläche erzielen lässt. Der Poliervorgang geht mit einem oberflächlichen Abtrag und Versatz der weicheren Kunststoffmatrix einher, während die unterschiedlich harten Füllerpartikel entweder herausgerissen oder abgeschliffen werden bzw. in der Oberfläche verbleiben und herausragen (Abb. 1). Hierbei spielt der Anteil der anorganischen Füllstoffe an der Materialoberfläche eine besondere Rolle.

Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: b) Füller wird
herausgelöst. Dr. Thomas Strasser
Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: b) Füller wird
herausgelöst.
Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: c) Füller wird angeschliffen. Dr. Thomas Strasser
Abb. 1 zeigt, wie das Verhalten der Füllkörper die Oberfläche nach Politur maßgeblich beeinflusst: c) Füller wird angeschliffen.

Ein hoher Füllstoffanteil, eine geringe Größe und eine runde Form der Füllkörper verdichten die Oberfläche und sind der Polierbarkeit zuträglich. Je dichter gelagert die Füllerpartikel vorliegen, umso besser ist die Kunststoffmatrix geschützt.

Suprananofill-Komposite (0,2 μm), Nanofill-Komposite (4–20 nm; gebündelt zu Clustern von 0,66–1,4 μm) und Mikrofill-Komposite (0,02–0,2 μm) weisen tendenziell die glattesten bzw. glänzendsten Oberflächen auf [7,8]. Nanofill-Komposite zeigen zudem – entsprechend ihrer guten Polierbarkeit – eine geringe Verfärbungsneigung [9,10]. Im direkten Vergleich konnte mittels Politur auf Kompositmaterialien eine etwas geringere Rauheit erzielt werden als auf PICN.

Allerdings scheint PICN weniger anfällig für ein späteres Aufrauen der Oberflächen durch die Belastungen während der Gebrauchsperiode [11]. Somit ist für PICN eine geringe Verfärbungsneigung zu erwarten [12].

Eine Politur ohne Wasserkühlung führt lokal zu einem starken Temperaturanstieg. Dadurch kann die Kunststoffmatrix erweichen und verstreichen, wodurch die Oberfläche mitunter glatter und glänzender erscheint. Darüber hinaus kann Wärmeeinwirkung den Verbund von Kunststoffmatrix und Füllkörpern beeinträchtigen [13].

Schleifpartikel können sich vom Instrument lösen und in die erweichte Oberfläche einlagern. Dies spricht besonders beim Polieren ohne Wasserkühlung für die strikte Einhaltung der individuellen Herstellerempfehlungen, etwa bezüglich der anzuwendenden Drehzahl und Anpresskraft. Am Patienten kommt die Gefahr der Überhitzung der Zahnhartsubstanz und einer in der Folge auftretenden Pulpaschädigung hinzu, was eine konsequente Wasserkühlung während des Poliervorgangs erforderlich macht.

Ziel ist es, bei adäquater Zeit- und Kosteneffizienz eine hohe Oberflächengüte zu erreichen. Nach wie vor scheinen dabei mehrstufige Poliersysteme die besten Ergebnisse zu liefern [14].

Ergänzend empfiehlt sich die Verwendung von Komposit-Polierpaste mit Polierbürsten. Auch optimal polierte Kompositoberflächen sind im Rahmen einer klinischen Nachsorge kritisch zu prüfen und ggf. erneut aufzupolieren, da die in der Gebrauchsperiode auftretenden Belastungen die Oberflächen beeinträchtigen können [15].

Fazit

Die optimale Politur ist durch die Eigenschaften des verwendeten Materials definiert, wobei mehrstufige Poliersysteme meist effektiver sind und es herstellerspezifische Drehzahl- und Druckangaben zu berücksichtigen gilt. Zudem hilft die regelmäßige klinische Nachkontrolle, Restaurationen langfristig in Funktion zu halten.

Basics: Warum Polieren?

In Anbetracht der vorherrschenden Materialvielfalt ist die korrekte Verarbeitung von Kompositen für langfristig gute Ergebnisse unabdingbar. Bei Klasse-III- und -IV-Restaurationen aus direkt eingebrachten Kompositmaterialien lassen sich z.B. 10-Jahres-Erfolgsraten von mindestens 90% erzielen [1]. Als Hauptursache für ein Versagen werden neben Frakturen der Restaurationen vor allem ästhetische Gründe angegeben [2].
Exogene Verfärbungen, etwa durch färbende Nahrungsmittel wie Kaffee oder Rotwein [3], sind hier entscheidend. Maßgeblich für die Reduktion der Frakturanfälligkeit und die Verbesserung der Farbbeständigkeit sind eine korrekte Polymerisation und adäquate Politur [4]. So besteht etwa ein deutlicher Zusammenhang zwischen Verfärbungsneigung und Oberflächenrauheit [5,6].
Neben diesen, insbesondere für Komposite relevanten Aspekten sind glatte Restaurationsoberflächen hinsichtlich der Verbesserung des Tragekomforts, der Verhinderung mikrobieller Besiedelung und der Optimierung des Abrasionsverhaltens prinzipiell immer anzustreben. Da bei der Herstellung indirekter Restaurationen vermehrt industriell unter Idealbedingungen polymerisierte CAD/CAM-Komposite eingesetzt werden, verbleibt als wesentliche Einflussgröße für die Oberflächengüte die Ausarbeitung der Restaurationen.

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