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Werkstoffe

Vollgussrestaurationen – Renaissance einer Versorgungsform

Goldstandard – Goldstandard ist ein Schlagwort. Es wird zur Bezeichnung von Verfahren verwendet, die bislang unübertroffen sind (Wikipedia).

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Zahnärztliche Aspekte

Abb. 1: Schemadarstellung der Präparation für eine gegossene Teilkrone aus EM; aus: Lehmann/Hellwig: Zahnärztliche Propädeutik, DÄV 2016. Pospiech
Abb. 1: Schemadarstellung der Präparation für eine gegossene Teilkrone aus EM; aus: Lehmann/Hellwig: Zahnärztliche Propädeutik, DÄV 2016.

Gold und hochgoldhaltige Legierungen gehörten jahrzehntelang zur Spitzenversorgung in der restaurativen Zahnheilkunde und wurden zu Recht als „Goldstandard“ bezeichnet. Einerseits der stetig steigende Goldpreis und die zunehmend reduzierte Zuzahlung durch die Kassen, aber andererseits auch der Hang zu zahnfarbenen – sehr oft tatsächlich „weißen“ – Restaurationen, die mit Schlagworten wie „ästhetisch“ und sogar „hochästhetisch“ belegt werden, führten in den letzten 20 Jahren zu einem starken Rückgang von unverblendeten Versorgungen. Hinzu kommt der Gang in den Ruhestand derjenigen Zahnarztgenerationen, die noch präzises Präparieren intensiv lernen durften: Da eine primäre Retention der Vollgussrestaurationen auf den Zähnen nur durch exakte Präparationsgrenzen und annähernd parallele Wände zu erreichen ist, wurden diese immer und immer wieder geübt (Abb. 1).

Die präzise Passung wird bei metallfreien Restaurationen heute nicht mehr unbedingt zum primären Ausbildungsziel erhoben, da das Vertrauen in das Kleben von Restaurationen selbst am Dentin groß ist. Die klassischen und ehemals weitverbreiteten Goldrestaurationen sind gegossene Voll- und Teilkronen sowie Inlays und Overlays im Seitenzahnbereich. Die dazu verwendeten Gold-Platin-Legierungen sind seit Jahrzehnten bewährt und gut zu verarbeiten.

Ihre Biokompatibilität ist erwiesen und sie gehören zu den minimalinvasiven Restaurationsformen, da sie unverblendet sind. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie sich funktionell perfekt in die Mundhöhle einpassen.

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Sie erlauben eine gewisse Abnutzung durch Abrasion und Attrition, sind aber wiederum sehr langzeitstabil, sodass es Studien zu Restaurationen mit erfolgreichen Nutzungsdauern über dreißig Jahre gibt. Wenn man also nicht die Wünsche nach zahnfarbenen Restaurationen als primäres Behandlungsziel sieht, sind hochgoldhaltige Restaurationen im Seitenzahnbereich unter funktionellen Gesichtspunkten die Versorgung der ersten Wahl und durch die jahrzehntelangen Erfahrungen auch im übertragenen Sinne der Goldstandard.

Zahntechnische Aspekte

Die Arbeitsausrichtung eines zahntechnischen Labors wird eindeutig vom Zahnarzt und seinen Patienten als Auftraggeber bestimmt. Der Rückgang von hochgoldhaltigen Restaurationen hat natürlich auch Auswirkungen im Labor. So fehlt es zunehmend an Erfahrung mit dem zahntechnischen Guss an sich und dem Goldguss im Besonderen.

Die Bedingungen, die an einen erfolgreichen Guss geknüpft sind, können womöglich nicht mehr sicher erfüllt werden, wenn nur noch sporadische Aufträge für solche Restaurationen erteilt werden. Die Beherrschung des Gusswachses beim Aufwachsen, das Management der Einbettmassen und der Guss an sich sind auch an Erfahrungswerte geknüpft, die nur durch ein konstantes Tun gewonnen und erhalten werden. Zu der reduzierten Auftragslage kommt der allgemeine Übergang in die CAD/CAM-Technologie, die ein manuelles Aufwachsen immer weniger notwendig zu machen scheint.

Es bleiben aber auch für den Zahntechniker die Vorteile der Goldrestaurationen: Das Material ist gut zu verarbeiten, da es sich perfekt und einfach beschleifen und polieren lässt. Die dafür notwendigen Hilfsmittel sind bewährt und preiswert und das Instrumentarium hält sich auch mengenmäßig in Grenzen. Hochgoldhaltige Legierungen sind zwar materialseitig gesehen teuer, aber dafür durch die gute Verarbeitbarkeit nicht so zeit- und damit kostenintensiv.

Neue Chancen für das Gold?

Zahnärztliche Aspekte

Abb. 2: Darstellung der Okklusionskontakte auf einer frisch eingegliederten Teilkrone mit mattierter Kaufläche an Zahn 16. Pospiech
Abb. 2: Darstellung der Okklusionskontakte auf einer frisch eingegliederten Teilkrone mit mattierter Kaufläche an Zahn 16.

Wie schon oben erwähnt, ist aus funktioneller Sicht gerade bei Bruxismus und Abrasionsgebissen die Goldrestauration das Mittel der ersten Wahl. Komposite sind verschleißanfälliger und Keramiken schwerer okklusal zu adjustieren und die funktionelle Adaptation ist nicht bei allen Keramiken hundertprozentig gegeben. Die Eingliederung von Restaurationen mit mattierten Kauflächen erlaubt eine gute Zeichnung der Okklusionskontakte bei der Einprobe und eine gute Verlaufskontrolle durch leichtes Erkennen von möglichen Frühkontakten und Hyperbalancen (Abb. 2).

Es ist sicher sinnvoll, mit dem Patienten zu überlegen, ob sich nicht die primär größere Investitionssumme in Gold langfristig durch eine längere Nutzungsdauer und problemlosere Nutzungsphase auszahlt. Ein guter Kompromiss könnte bei der Sanierung in allen 4 Quadranten die Goldkaufläche im Oberkiefer und die glaskeramische Kaufläche aus ästhetischen Gründen im Unterkiefer sein. Letztere wird vom Betrachter eher wahrgenommen als Restaurationen im Oberkiefer.

Zahntechnische Aspekte

Der dentale Goldguss gehört zu den unkomplizierteren Arbeiten, wenn es sich um klassische Hochgoldlegierungen handelt. Einzelzahnrestaurationen sind aus gusstechnischer Sicht gut zu beherrschen, auch wenn solche Arbeiten nur noch seltener das Labor erreichen. Aber das Vorhalten von Einbettmassen, die einer gewissen Alterung unterliegen, muss sorgfältig geplant werden.

Abb. 3: Negativbeispiel: Gegossene Krone mit erheblicher Lunkeransammlung an der dicksten Stelle im okklusalen Bereich. C.HAFNER
Abb. 3: Negativbeispiel: Gegossene Krone mit erheblicher Lunkeransammlung an der dicksten Stelle im okklusalen Bereich.

Ein Just-in-Time-Bestellwesen kann kritisch werden, wenn Bestell- und Lieferketten wie jetzt in der aktuellen Weltlage unterbrochen sind. Bei großvolumigen Güssen braucht es wiederum etwas routinegestützte Erfahrung, damit die gerichtete Erstarrung der Güsse und somit die Verlagerung von Lunkern in das Gusskanalsystem zuverlässig gelingt (Abb. 3). In diesem Fall wäre bei Nutzung bereits bestehender CAD/CAM-Einrichtungen im Labor wie Scanner und Designsoftware die Auftragsvergabe an Fräszentren eine gute Möglichkeit, um ein ideales Gefüge zu erhalten.

Die investitionsreiche Lagerung von Gold sowie das Handling von Resten und Altgüssen belasten damit nicht mehr das Laborbudget. Mittlerweile bieten verschiedene Firmen gefräste Restaurationen an, die gute Passungen zeigen. Die Firma Hafner bietet zudem lasergesinterte Goldrestaurationen an, die den klinischen Anforderungen an eine gute Passung gerecht werden können.

Die vorliegenden Schliffbilder (Abb. 4 bis 7) zeigen jeweils die Übersicht von gegossenen, gefrästen und lasergesinterten Restaurationen sowie eine Gefügedarstellung von den verschiedenen Herstellungsverfahren.

Abb. 4: Gelungenes Gussgefüge einer EM-Krone: Das Ziel eines homogenen Gefüges ist erreicht worden. C.HAFNER
Abb. 4: Gelungenes Gussgefüge einer EM-Krone: Das Ziel eines homogenen Gefüges ist erreicht worden.
Abb. 5 a: Perfektes Gefüge einer gefrästen Restauration in der Übersicht. Hinweis: Korngröße ist beim Druck um den Faktor 5-10 geringer als beim Guss. C.HAFNER
Abb. 5 a: Perfektes Gefüge einer gefrästen Restauration in der Übersicht. Hinweis: Korngröße ist beim Druck um den Faktor 5-10 geringer als beim Guss.
Abb. 5 b: Gefügedarstellung einer Krone aus einem Fräsblank: Es wurde ebenfalls ein sehr homogenes Gefüge erreicht. C.HAFNER
Abb. 5 b: Gefügedarstellung einer Krone aus einem Fräsblank: Es wurde ebenfalls ein sehr homogenes Gefüge erreicht.
Abb. 6 a: Übersichtsschliffbild einer gedruckten Krone mit vereinzelten Porositäten. C.HAFNER
Abb. 6 a: Übersichtsschliffbild einer gedruckten Krone mit vereinzelten Porositäten.
Abb. 6 b: Das rasterelektronenmikroskopische Bild der gedruckten Restauration zeigt neben einigen Porositäten ein eher unregelmäßiges Gefüge. C.HAFNER
Abb. 6 b: Das rasterelektronenmikroskopische Bild der gedruckten Restauration zeigt neben einigen Porositäten ein eher unregelmäßiges Gefüge.
Abb. 7: Bild einer lasergesinterten Krone: Aufgrund der Supportansätze auf der Kau-
fläche ist die Gefahr groß, dass die okklusale Gestaltung und die Kontaktsituation beim Ausarbeiten und Polieren doch stark verändert werden. Lasergesinterte Kronen scheinen deshalb zunächst eher für die Indikation als Verblendkrone geeignet zu sein. Pospiech
Abb. 7: Bild einer lasergesinterten Krone: Aufgrund der Supportansätze auf der Kau-
fläche ist die Gefahr groß, dass die okklusale Gestaltung und die Kontaktsituation beim Ausarbeiten und Polieren doch stark verändert werden. Lasergesinterte Kronen scheinen deshalb zunächst eher für die Indikation als Verblendkrone geeignet zu sein.

Fazit

Aus funktioneller Sicht und aufgrund der nachgewiesenen langen und zuverlässigen Lebensdauer sollte gerade bei der zunehmenden Anzahl von Bruxismuspatienten über eine Renaissance der Vollgussrestaurationen auf Edelmetallbasis nachgedacht werden. Für die Herstellung scheint aus besagten Gründen derzeit die gefräste Restauration den besten Kompromiss darzustellen.

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