Dental-Gipfel am Meer …

Die raue Seeluft, eine maritime Atmosphäre, die Vielzahl an Vorträgen und Workshops sowie das attraktive Begleitprogramm, das zum Mitbringen der Familie einlädt – seit nunmehr 8 Jahren bildet der Dental-Gipfel von Dental Balance in Rostock-Warnemünde die Auftaktveranstaltung im jährlichen Fortbildungskalender der Dentalbranche, und das mit stetig steigenden Teilnehmerzahlen. Vom 11. bis 13. Januar 2019 trafen sich mehr als 400 Zahntechniker und Zahnärzte wieder zum „Schnittstellenkongress“ in der Yachthafenresidenz Hohe Düne.
„Wenn die Seele in den Zähnen schmerzt“ – dieser Vortragstitel von Diplom-Psychologin Hilde A. Urnauer (Berlin) zeigt beispielhaft auf, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung von Körper und Psyche für den therapeutischen Langzeiterfolg sein kann. Hier müssen unterschiedliche Professionen, angefangen von Zahnarzt (Implantologen, Prothetiker oder Allrounder) und Zahntechniker, bis hin zu Vertretern angrenzender Disziplinen wie z.B. Funktionsspezialisten, Psychotherapeuten oder Sportmedizinern im Sinne des Patienten zusammenarbeiten. Wo deren „Schnittstellen“ liegen, dies demonstrierten die Referenten dieses 8. Dental-Gipfels an der Ostsee. Sie beleuchteten in insgesamt 20 Vorträgen und 17 Workshops die verschiedensten Aspekte des Kongressmottos „Der therapeutische Langzeiterfolg im Spannungsfeld von Ästhetik, Funktion, Psyche und Wirtschaftlichkeit“ aus dem und für den Labor- und Praxisalltag (Abb. 1–3).
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Abb. 1: ZTM Frederic Reimann sprach über „Die Hybridabutment-Sinterverbundkrone – ein Versorgungskonzept zwischen Ästhetik und Stabilität“.
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Abb. 2: ZTM Stefan Frei widmete sich den „Emotionen, Daten und Fakten zur Materialwahl“.
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Abb. 3: „Die Kunst des Gefallens ist die Kunst des Täuschens“, so die These von ZT Attila Kun.
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Von der Anatomie zu den Zähnen
Die interdisziplinäre Ausrichtung des Dental-Gipfels war von Anfang an wichtig für den Veranstalter, Helge Vollbrecht (Geschäftsführer und Inhaber von Dental Balance in Potsdam) (Abb. 4). Nicht nur bei seinen beruflichen Stationen, die ihn zu den unterschiedlichsten Herstellern in der Dentalbranche geführt haben, sondern auch aus damals eigenen gesundheitlichen Problemen hat der studierte Diplom-Ingenieur diesbezüglich eine bedeutende Erkenntnis gewonnen: Nur wenn Zahnärzte, Zahntechniker und Spezialisten angrenzender Bereiche zusammenarbeiten, kann der Patient langfristig erfolgreich therapiert werden.
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Abb. 4: Seit dem 1. Dental-Gipfel ein eingespieltes Team: Helge Vollbrecht (rechts) mit den Moderatoren ZTM Carsten Müller (Leipzig, links) und Prof. Dr. Klaus-Peter Lange (Berlin).
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Abb. 5: Ausflug in die Anatomie des Menschen mit Prof. Dr. Björn Spittau.
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Grundvoraussetzung ist allerdings, dass die Vertreter all dieser Disziplinen dieselbe Informationsgrundlage etwa durch gemeinsame Kongresse bzw. Vorträge erhalten. Und um diese zu schaffen, beschrieb z.B. Prof. Dr. Björn Spittau (Institut für Anatomie, Universitätsmedizin Rostock, Abb. 5) die Anatomie des Schädels und des Kiefergelenks sowie die Innervation des Kopfes und seine neuronalen Verschaltungen. Dabei machte er deutlich, dass das craniomandibuläre System mit zahlreichen Körpersystemen komplex vernetzt ist und somit nicht isoliert von den funktionellen Anteilen des Bewegungsapparates betrachtet werden darf.
Ergänzend zeigte der Sportmediziner Dr. Stephan Gutschow (Potsdam) auf, dass das Kiefergelenk in Funktion und Statik einen entscheidenden funktionellen Einfluss auf die übrigen Gelenk- und Muskelstrukturen hat, aber auch umgekehrt. Das bedeutet, dass z.B. Statikstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates die Kieferfunktion beeinflussen können und daher vor einer prothetischen Behandlung orthopädisch/physiotherapeutisch versorgt werden sollten. Dazu gab Dr. Gutschow Tipps mit auf den Weg, mit welchen Möglichkeiten auch in der Zahnarztpraxis der Stütz- und Bewegungsapparat untersucht werden kann.
Ein durchdachtes Kongressprogramm
Die Referenten eines jeden Dental-Gipfels sucht Helge Vollbrecht sorgfältig im Verlauf des Jahres aus. Zuerst stehen die Themen fest, dann geht er oftmals Empfehlungen nach, entscheidet sich aber erst, wenn er den jeweiligen Referenten auch live gesehen und gehört hat. „Und da kriege ich dann des Öfteren Ärger mit meinen Mitarbeitern, die mich drängen, das Programm schnellstmöglich herauszugeben. Aber ich gebe es erst heraus, wenn ich fertig bin, und wenn es erst im Oktober ist!“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Dass er bis jetzt aber wohl immer ein glückliches Händchen mit seiner Themen- und Referentenauswahl hatte, beweisen die vielen Anmeldungen, die bereits ohne vorliegendes schriftliches Programm eingehen. Kleine Vorab-Einblicke gibt Helge Vollbrecht übrigens auf der Dental Balance-Facebook- Seite unter www.facebook.com/dentalbalancegmbh.
„Das Denken nicht einstellen, bloß weil digital designt wird!“
– Mahnende Worte von ZTM Jochen Peters (Kleinmeinsdorf), der in seinem Vortrag Tipps zur „Minimierung von Einschleifmaßnahmen in Zahnarztpraxis und Labor“ gab, denn 68% aller Reklamationen beim Zahnersatz beziehen sich auf Okklusion und approximale Kontakte. Dass die Aspekte der „Funktionellen Zahntechnik“ eine wichtige Basis für den therapeutischen Langzeiterfolg sind, das betonte auch ZTM Matthias Gürtler (Schwarzheide). Ob Zahnersatz überhaupt gelingen kann, entscheidet sich oft bereits beim ersten Schritt, der Abformung. Wie er die digitale Version in seine Praxis implementiert hat und welche Vorteile sich dadurch für ihn und auch sein Partnerlabor ergeben haben, darüber berichtete ZA Michael Sackewitz.
Auch Behandlerteams, bestehend aus Zahnarzt und Zahntechniker, teilten ihr Know-how und besondere Patientenfälle mit dem Auditorium. So sprachen Prof. Dr. Daniel Edelhoff und ZTM Otto Prandtner (beide München, Abb. 6) über die „Exploration von Ästhetik und Funktion bei Patienten mit komplexen Rehabilitationen“, Prof. Dr. Tassilo-Maria Schimmelpfennig (Hochschule Wismar) und ZTM Günter Rübeling (Bremerhaven/ Berlin) gaben Einblicke in die Forschungsergebnisse, wie eine „Optimierte Präzision bei implantologischem und teleskopierendem Zahnersatz durch Neuentwicklungen in der Funkenerosionstechnologie“ gelingt (Abb. 7). Jeweils Pro und Contra von Zementierung und okklusaler Verschraubung bei Implantaten diskutierten Dr. Insa Herklotz und ZTM Andreas Kunz (beide Berlin) anhand der Aspekte Versorgungskonzept, Abutmentart und Gerüstmaterial und erläuterten ihre jeweilige Entscheidung bei mitgebrachten Patientenfällen.
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Abb. 6: Teamvortrag von Prof. Dr. Daniel Edelhoff (links) und ZTM Otto Prandtner.
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Abb. 7: ZTM Günter Rübeling (links) und Prof. Dr. Tassilo-Maria Schimmelpfennig stellten die neueste Technik für das SAE-Funkenerosionsverfahren vor.
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Ein Hoch und ein Preis auf die Pünktlichkeit
Wer kennt das nicht auf Kongressen? Das Programm am Vortag war ausführlich und lang, das Networking am Abend intensiv, die Nacht kurz und bei den ersten morgendlichen Vorträgen müssen die Referenten oft vor leeren Reihen beginnen, die Teilnehmer tröpfeln nach und nach ein und stören die tapferen Frühaufsteher. Aus diesem Grund verleiht Helge Vollbrecht an jedem Kongressmorgen den Pünktlichkeitspreis – einzigartig in der Branche. Jeder Teilnehmer, der bis zum offiziellen Beginn im Vortragsraum eingetroffen ist, erhält eine Losnummer und ein Freiwilliger aus dem Publikum zieht anschließend den glücklichen Gewinner des Pünktlichkeitspreises, der dann einen Spezialitätenkorb oder z.B. eine Flasche von Günther Jauchs Weingut überreicht bekommt. Ein einfacher Anreiz, der wunderbar funktioniert und pünktlich den Saal füllt (Abb. 8).
Zugute kam dies am frühen Morgen z.B. Dipl.-Ing. Wolfgang Thiel (Rostock), der mit Blick über den dentalen Tellerrand hinaus die Arbeitswelt 4.0 als die sogenannte VUKA-World beschrieb (die sich durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität/Ambivalenz auszeichnet) und die damit einhergehenden Herausforderungen, aber auch Chancen für das Finden und Binden von Fachkräften aufzeigte. Ebenfalls unter dem Überthema „Wirtschaftlichkeit“ stellte Dr. Peter Zeitz (Düsseldorf) die Bausteine für eine erfolgreiche Patientengewinnung über das Internet vor. Dazu gehören u.a. eine mobiltaugliche Praxis-Homepage im Responsive Design, eine patientenorientierte Suchmaschinenoptimierung für die bestmögliche Auffindbarkeit im Internet, die regionale Reichweitenerhöhung über die Heimatstadt hinaus durch das Angebot spezieller Leistungen, die Anzeigenschaltung in Printprodukten bzw. via Google Adwords sowie der Aufbau einer regionalen Praxismarke. Punkte, die sich sicherlich auch modifiziert für das Dentallabor umsetzen lassen.
Süße Verführung mit dem Pralinenkurs
Helge Vollbrecht lädt zu jedem Dental-Gipfel explizit auch die ganze Familie der Teilnehmer mit ein. Hintergrund ist, dass er im Laufe seines Berufslebens an vielen Wochenenden der Arbeit wegen unterwegs war und es stets genossen hatte, wenn er nicht fern der Familie sein musste, sondern auch einmal seine Ehefrau oder die Söhne auf eine Dienstreise mitnehmen konnte. Und diese Möglichkeit gibt er gerne auch an die Teilnehmer der Dental-Gipfel weiter und sorgt für ein begleitendes Rahmenprogramm, z.B. in diesem Jahr mit einem Pralinenkurs bei Martin Armster, dem Küchenchef der Yachthafenresidenz Hohe Düne, und der traditionellen Party mit Band und Programm am Samstagabend.
Oder mit Freitagabendvorträgen, die nicht zu fachbezogen und auch für „Nichtdentale“ interessant sind, so z.B. mit Dr. Ismail Özkanli (Abb. 9). Bekannt wurde der Berliner Implantologe 2017 durch seinen TV-Auftritt in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“, bei dem er seine Erfindung, das „Parodont Zahnfleischpflege-Gel“, vorstellte. Dr. Özkanli erzählte emotional über seinen Weg raus aus der Praxis hin zum Unternehmer, wie sich sein Berufsleben und sein Alltag seit der Ausstrahlung der Sendung verändert haben und welche persönlichen sieben Herausforderungen er bis zu seinem Erfolg meistern musste.
Fazit
„Alles hängt mit allem zusammen“ – das ist das Fazit des 8. Dental-Gipfels, das die Inhalte der vielschichtigen Vorträge auf den Punkt bringt. Nicht nur Seele und Körper agieren als wechselseitiges Spiegelbild, auch die zahlreichen körpereigenen Systeme sind hochkomplex miteinander vernetzt. Dadurch beeinflussen sie sich gegenseitig und dürfen bei auftretenden Schmerzen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, um einen Therapieerfolg, und diesen im langfristigen Sinne, zu erzielen. An zwei Tagen wird auf dem Dental-Gipfel viel praktisches Wissen vermittelt, zu jedem Vortrag folgt jeweils am folgenden Nachmittag ein Workshop bei den Referenten, um Fragen zu stellen oder Aspekte zu vertiefen.
Mit viel Liebe zur Profession gestalten Jahr für Jahr die Familie Vollbrecht und die Mitarbeiter von Dental Balance den Dental-Gipfel. Und das an einem stürmischen, aber malerischen Zipfel an der Ostsee, an dem sich nicht nur ein bereits eingeschworener Teilnehmerkreis trifft, sondern auch immer wieder neue Interessenten die Reise auf sich nehmen, um in Vorträgen und der begleitenden Ausstellung (Abb. 10) Neues zu erfahren und in einer freundschaftlich-kollegialen, fast schon familiären Atmosphäre den beruflichen und persönlichen Austausch zu pflegen. Also, gleich vormerken: 10. bis 12. Januar 2020, 9. Dentalgipfel in der Yachthafenresidenz Hohe Düne in Warnemünde!