Die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) verstehen
Monatlich erhält jeder Laborunternehmer von seinem Steuerberater eine Auswertung seiner Buchführung, die sogenannte BWA. Leider wird diese betriebswirtschaftliche Auswertung allzu oft ungelesen abgelegt. Dabei enthält sie wertvolle Informationen über die finanzielle Situation des Dentallabors – für den, der weiß, wie man die BWA liest und interpretiert.
Die BWA ist ein nützliches Instrument, um zu erkennen, wie der Betrieb finanziell dasteht und wo Verbesserungen möglich sind. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit den betriebswirtschaftlichen Auswertungen sorgt für ein gutes Zahlenverständnis. Außerdem ist die BWA eine Hilfe, wirtschaftlich gute Entscheidungen zu treffen: wenn es gilt, frühzeitig in Krisenzeiten gegenzusteuern oder gut vorbereitete Investitions- und Personalentscheidungen zu treffen. Besonders wichtig für Dentallabore: Überprüfen Sie regelmäßig das Verhältnis von Umsatzerlösen und Personaleinsatz!
Damit Sie stetig und erfolgreich mit der BWA arbeiten können, sollte diese monatlich vorliegen – im Idealfall spätestens drei Wochen nach Monatsende. Dies setzt natürlich voraus, dass Sie die Buchführungsunterlagen zeitnah nach dem Monatsabschluss an den Steuerberater übermitteln.
Wer lernt, wie sich eine BWA zusammensetzt und an welcher Stelle sich welche Informationen befinden, kommt mit der Zahlenflut leicht zurecht. Nachfolgend sind die wichtigsten Aspekte und Fragen aufgeführt, die Ihnen helfen, die BWA zu lesen und zu verstehen.
Welche Bestandteile hat eine BWA?
Die meisten Steuerberater verwenden für die Buchführung das Datev- System. Aus diesem Grund ist bei den allermeisten Dentallaboren ein mehr oder weniger ähnlicher Aufbau der BWA anzutreffen. Dieser gliedert sich in die drei Teile:
- Kurzfristige Erfolgsrechnung
- Summen- und Saldenliste
- Offene-Posten-Liste
Die kurzfristige Erfolgsrechnung gibt einen Gesamtüberblick über die Erlös-, Kosten- und Ergebnissituation des Dentallabors.
Die Summen- und Saldenliste geht ins Detail: Hier kann abgelesen werden, wie sich die Kosten und Erlöse im Einzelnen zusammensetzten. Darüber hinaus werden unterjährig die Bewegungen und Bestände in den Bilanzpositionen dargestellt.
Aus der Offene-Posten-Liste erfahren Sie, wie sich Forderungen gegenüber Kunden und Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten entwickelt haben und welche Salden zum Monatsende noch offenstanden.
Vom Steuerberater können darüber hinaus weitere Auswertungen bereitgestellt werden, beispielsweise grafische Auswertungen oder Liquiditätsauswertungen.
Wie werte ich die kurzfristige Erfolgsrechnung aus? Welche Kennzahlen sollte ich beachten?
Abbildung 1 zeigt eine Muster-BWA, wie sie den Dentallaboren von der Mehrzahl der Steuerberater so oder ähnlich zur Verfügung gestellt wird. Zur Erläuterung wurde die BWA vom Autor zusätzlich mit Zeilen- und Spaltenzahlen nummeriert. In Spalte 1 sind alle Erlösarten und Kostenarten in Staffelform aufgeführt. Die Zeilen in Fettdruck zeigen die Zwischensummen, die sich durch Addition von Gruppen ergeben bzw. durch die Subtraktion der Kosten von den Erlösen zum Ausweis von Zwischenergebnissen.
In Spalte 2 werden die Ergebnisse des jeweiligen Buchungsmonats in Euro ausgewiesen, analog dazu in Spalte 7 das kumulierte Ergebnis aller in dem Buchungsjahr gebuchten Monate. Im vorliegenden Beispiel ist es das I. Quartal.
Als weitere Auswertungen erhalten die meisten Dentallabore noch ein Blatt mit dem Vorjahresvergleich und ein Blatt, in dem alle Monate nebeneinander dargestellt werden. Auch diese Auswertungen sind für die Analyse von Bedeutung.
Umsatzerlöse (Zeile 1)
Die Umsatzerlöse in Zeile 1 werden häufig in einer Summe ausgewiesen und nicht differenziert in Umsatzerlöse aus zahntechnischer Leistung und Umsatzerlöse aus fakturierbaren Materialien. Eine solche Differenzierung würde die BWA bezogen auf die Dentalbranche deutlich aussagekräftiger machen. Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, ob die BWA dahingehend angepasst werden kann.
Material- und Wareneinsatz (Zeile 5)
Der Material- und Wareneinsatz in Zeile 5 ist ebenfalls eine Position, die auf die Branche Dentallabor hin optimiert werden kann: durch die Unterscheidung in fakturierbare Materialien und Verbrauchsmaterialien. In Abbildung 2 sehen Sie ein Beispiel der Steuerberatungskanzlei HNV plus, die auf die Beratung von Dentallaboren spezialisiert ist. Neben einer Branchen-BWA bietet diese Steuerberatungskanzlei darüber hinaus beispielsweise Betriebsvergleiche. Die Mehrzahl der Dentallabore führt mittlerweile kein eigenes Lager mehr, sondern nutzt das Serviceangebot von Zahnanbietern, ein sogenanntes Konsignationslager geführt zu bekommen. Dabei bleiben die Zähne bis zur Entnahme im Eigentum des Herstellers. Vorteil ist, dass kein eigenes Kapital im Lager gebunden wird. Positiver Nebeneffekt ist, dass die Position „Materialeinsatz“ unterjährig aussagekräftiger wird: Dadurch, dass regelmäßig Buchungen getätigt werden, wird ein realistischer Materialverbrauch abgebildet. Dies ermöglicht unterjährig Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Einkaufs und den sparsamen Umgang mit Materialien. Im Gegensatz dazu wird bei Eigenlagern unterjährig kein Verbrauch gebucht; eine Bewertung erfolgt nur einmal jährlich.
Personalkosten (Zeile 9)
Abhängig von der Rechtsform ist das Gehalt des Unternehmers in den Personalkosten bereits enthalten oder auch nicht. Dies gilt es bei der Arbeit mit der BWA zu beachten. Bei einer GmbH wird das Geschäftsführergehalt gebucht und mindert somit den Gewinn. Hingegen ist beim Einzelunternehmer das Betriebsergebnis noch nicht um den Unternehmerlohn gemindert. Somit muss beim Einzelunternehmer das Betriebsergebnis über die Steuerzahlungen hinaus auch noch den Unternehmerlohn abbilden – in Form von Privatentnahmen.
Tipp: Auch bei Einzel- oder Personengesellschaften ist es möglich, einen kalkulatorischen Unternehmerlohn zu buchen. Steuerlich hat das zwar keine Relevanz, aber der Lohn des Unternehmers selber wird dadurch in den Personalkosten berücksichtigt.
Abschreibungen (Zeile 17)
Die Abschreibungen in Zeile 17 sollten unterjährig, also monatlich, auf Basis einer Schätzung gebucht werden. Die Differenz zur tatsächlich ermittelten Abschreibung gleicht dann der Steuerberater im Jahresabschluss durch eine Korrekturbuchung aus. Noch immer werden in vielen Labor-BWA keine Abschreibungen unterjährig gebucht. Sprechen Sie unbedingt Ihren Steuerberater an.
Betriebsergebnis (Zeile 21)
Eine der wichtigsten Kennzahlen in der Analyse der BWA für Dentallabore findet sich in Zeile 21: das Betriebsergebnis. Das Betriebsergebnis zeigt den wirtschaftlichen Erfolg des Labors durch den Abzug der betrieblich regelmäßig anfallenden Kosten von den Erlösen.
Wo schaue ich nach, wenn ich weitere Informationen über die Zusammensetzung einer Position erhalten möchte?
Besonders die Position: „Sonstige Kosten“ setzt sich aus einer Vielzahl von einzelnen Kosten zusammen. Die genaue Zusammensetzung lässt sich der Summen- und Saldenliste entnehmen. Für den ungeübten Leser ist meist nicht leicht zu erkennen, welche Konten zu einer Rubrik addiert werden. Kontaktieren Sie dazu Ihren Steuerberater, damit er Ihnen eine weitere Auswertung zur Verfügung stellt – den sogenannten „Wertenachweis“. Dort erhalten Sie dann Auskunft darüber, aus welchen Unterpositionen sich die jeweilige BWA-Position zusammensetzt.
Positionen, die unterjährig meist wenig aussagekräftig sind
Die Buchungen, die unterhalb des Betriebsergebnisses in Zeile 28 angegeben werden, haben unterjährig nur wenig Aussagekraft. Beispiele dafür sind die Steuern vom Einkommen und Ertrag oder außerordentliche Kosten und Erlöse. Solche Positionen geben erst dann ein genaues Bild für das Jahr, nachdem der Steuerberater die Jahresabschlussbuchungen, wie die Bildung von Rückstellungen, vorgenommen hat.
Weitere Positionen, die ebenfalls unterjährig kaum eine Rolle spielen, finden sich in den Zeilen 2 und 3: „Bestandsveränderungen“ und „Aktivierte Eigenleistungen“. Bestandsveränderungen passen den Lagerbestand auf Basis der Inventur zum Jahresende an und aktivierte Eigenleistungen fallen nur bei umfangreichen Investitionsvorhaben an, bei denen Mitarbeiter beispielsweise selber „mit anpacken“ und Eigenleistungen in Form von Arbeitszeit erbringen.
Was sagen die %-Kennzahlen in den Spalten aus?
In den Spalten 3, 4 und 5 wird der Monatsbetrag in der jeweiligen BWA-Zeile ins Verhältnis gesetzt zur Gesamtleistung/Umsatzerlöse (Spalte 3), zu den Gesamtkosten (Spalte 4) oder zu den Personalkosten (Spalte 5). Am häufigsten verwendet man bei Dentallaboren die Kennzahlen Personalkosten im Verhältnis zu den Umsatzerlösen (= 100%), Materialaufwand im Verhältnis zu den Umsatzerlösen (= 100%) und Betriebsergebnis im Verhältnis zu den Umsatzerlösen (= 100%).
Die Personalkostenquote sollte unter Berücksichtigung des Unternehmerlohns unter 55% vom Umsatz liegen. Das heißt: 55% von den Umsatzerlösen wird für Personalkosen ausgegeben. Die Materialaufwandsquote kann je nach Ausrichtung und Preispolitik des Dentallabors zwischen 12% und 18% liegen. Das Betriebsergebnis sollte bei Berücksichtigung des Unternehmerlohns eine Rendite von mindestens 10% vom Umsatz ausweisen (je 100.000 Euro Umsatzerlöse sollten mindestens 10.000 Euro Betriebsergebnis erwirtschaftet werden). Bei allen Kennzahlen sind sowohl die eigene Entwicklung im Zeitverlauf interessant (z.B. Vorjahr) als auch der Vergleich innerhalb der Branche.
Die Kennzahl: „%-Aufschlag“ bezieht sich auf den Materialaufschlag und ist in BWA von Dentallaboren seltener ausgewiesen. Die Werte in den Spalten 8 bis 11 sind bis zum Ende des Buchungsmonats kumuliert ermittelt. Sie sind genauer, weil sie die unterjährige Abgrenzungsproblematik ausgleichen, beispielsweise die Frage, wann eine Lieferantenrechnung gebucht wurde.
Wie werte ich die Summen- und Saldenliste aus?
Die Summen- und Saldenliste gibt es als Monatsauswertung und als Jahresübersicht, welche die Entwicklung aller im Geschäftsjahr bebuchten Konten bis zum jeweiligen Buchungsmonat zeigt. In Abbildung 3 sehen Sie eine vereinfachte Darstellung einer Summen- und Saldenliste in Form der Jahresübersicht mit drei Konten als Beispiel.
Die Summen- und Saldenliste listet alle Konten auf, die in der Abrechnungsperiode bebucht wurden: Neben den Erlösen und Aufwendungen werden hier auch die Bilanzkonten aufgelistet. Es erfolgt eine Gruppierung nach Kontenklassen. Dies sind Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Verbindlichkeiten, Privatund Eigenkapitalkonten, Wareneinkauf/Materialaufwand, Löhne und Gehälter und die sonstigen Aufwendungen und Erlöse.
In der Jahresübersicht werden die Summen je Monat gezeigt. Zusätzlich weist die Monatsauswertung die Anfangsbestände und die Spalten Soll („S“) und Haben („H“) aus, um zu zeigen, wie der Wert zustande gekommen ist.
Betrachten wir zunächst die Erlöse und Aufwendungen: Erlöse werden im Haben gebucht und Aufwendungen im Soll. Falls sowohl Haben- als auch Sollwerte ausgewiesen werden, liegt dies in der Regel daran, dass eine Gutschrift zu einer Rechnung gebucht wurde. Meist wird der Leser bei Auswertung der BWA eher die kurzfristige Erfolgsrechnung, wie in Abbildung 1 dargestellt, nutzen als die Summen- und Saldenliste, weil er dort auch direkt den Kontext zur Ergebniszusammensetzung hat.
Die Summen- und Saldenliste wird daher unterjährig meist dann als Informationsquelle genutzt, wenn man sehen will, wie sich bestimmte Bilanzpositionen entwickelt haben, beispielsweise Bankkonten, Forderungen oder Verbindlichkeiten.
Der Eröffnungsbilanzwert zeigt den Anfangsbestand zum Jahresanfang an und der Saldo zeigt den aktuellen Wert zum Stichtag der Auswertung. Beachten Sie, dass sich Anfangsbestände und Summen während des Jahres ändern können. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vorjahresabschluss fertig erstellt wurde und durch die Jahresabschlussbuchungen noch Änderungen eintreten, die zu einer Korrektur des Anfangsbestandes führen.
Zur Veranschaulichung folgt eine kurze Erläuterung anhand des Zahlenbeispiels aus Abbildung 3: Das Konto 200: „Technische Anlagen und Maschinen“ weist zum Beginn des Jahres einen Vortrag (Eröffnungsbilanzwert) in Höhe von 48.000 Euro aus (im Soll „S“). In den ersten drei Monaten wurde jeden Monat die Abschreibung in Höhe von 400 Euro (im Haben „H“) gebucht. Als Gesamtsaldo ergibt sich so Ende März ein Wert von 46.800 Euro im Soll „S“ (48.800 abzüglich 3× 400 Euro).
Beim Konto Betriebsausstattung wurde zusätzlich zu der monatlichen Afa von 250 Euro im Monat März ein Zugang von 1.000,- Euro gebucht (im Soll „S“). Der Saldo im März in Höhe von 750 Euro (im Soll „S“) ergibt sich aus 1.000 Euro Zugang abzüglich 250 Euro Abschreibung. Ein Hinweis: Wer das Zustandekommen von Bewegungen bei Soll und Haben genau nachvollziehen möchte, wählt statt der Jahresübersicht die Monatsauswertung.
In der Zeile mit dem Konto 3500: „Nr. 1689 Volksbank Darlehen“ wurde jeden Monat eine Tilgung von 700 Euro (im Soll „S“) gebucht, sodass sich Ende März ein Darlehensstand von 77.900 Euro (im Haben „H“) ergibt.
Wie werte ich die Offene-Posten-Liste aus?
Die Offene-Posten-Liste zeigt dem Unternehmer an, wie sich die Forderungen (Debitoren) und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (Kreditoren) entwickelt haben. Jeder Kunde und jeder Lieferant erhält eine eigene 5-stellige Nummer. Debitoren fangen in der Regel mit 1 an und Kreditoren mit 7. Sie können anhand der Aufstellung sehen, was Ihnen der einzelne Zahnarzt noch schuldet beziehungsweise was Sie Ihren Lieferanten schulden.
Das Beispiel in Abbildung 4 zeigt einen Auszug einer Offene-Posten-Liste. Der Kunde Dr. Johannes Meier hat in dem Buchungsmonat die Rechnung vom 31.01.2019 in Höhe von 3.560 Euro am 10.02.2019 bezahlt. Zum Abschluss des Buchungsmonats offen ist noch die Rechnung vom 28.02.2019 in Höhe von 5.670 Euro. Dieser Betrag wird entsprechend als Saldo angezeigt. Forderungen werden dabei im Soll („S“) ausgewiesen. Analog funktioniert die Systematik bei den Lieferanten, wo im Beispiel noch eine Rechnung bei einem Depot offen ist. Die Verbindlichkeit wird im Haben („H“) ausgewiesen.
Fazit
Es lohnt sich, dass Sie sich regelmäßig mit Ihrer BWA befassen. Dazu ist ein wenig Basiswissen über die Buchführungssystematik notwendig, um das Zahlenwerk zu verstehen und für sich nutzen zu können. Für Verständnisfragen sollte Ihr Steuerberater stets ein offenes Ohr haben.