Passgenaue Qualität und Vielfalt im validierten und verlässlichen CAD/CAM-Ablauf

Für ZTM Georg Hertle, Hildesheim, begann das Abenteuer CAD/CAM im Jahr 2007. Seine wesentliche Triebfeder zum Einstieg in die digitale Welt waren neue Materialien, die vielversprechende Indikationen abdeckten, sich aber nur fräsen beziehungsweise schleifen ließen.
Herr Hertle, seit Jahren konstruieren Sie virtuell und lassen Ihre Arbeiten bei Straumann, Basel, Schweiz, fertigen. Vor einem Jahr hat das Unternehmen Sie auf die frisch gegründete Software-Plattform Dwos mitgenommen. Was finden Sie dort vor?
Dwos (sprich Dí-woss) steht für „Dental Wings Open Software“. In diese „Übersoftware“-Plattform, wie ich sie nenne, hat Straumann als eines der Gründungsmitglieder seinen digitalen „Cares“-Ablauf eingebracht. Gleichzeitig wurde die Cares-Software auf die Version 8 gehoben. Mit diesen beiden Neuerungen gibt es einerseits offene Schnittstellen, andererseits einen geprüften und validierten Ablauf („Trusted Workflow“) mit hohen Qualitätsstandards innerhalb des Systems.
Sie sind ein Experte in Sachen digitaler Zahntechnik – aber Sie fräsen nicht im eigenen Labor. Warum nicht?
Zweierlei ist mir wichtig: eine Passung und Präzision der manuellen Zahntechnik vergleichbar – schließlich ist Verblendmetallkeramik der Goldstandard, den ich nicht aufgeben will, – und dann die Materialvielfalt. Beide Kriterien erfüllt der Dwos-Workflow im Verein mit Cares 8.
Können Sie das konkretisieren?
In 97 Prozent meiner Fälle erreiche ich eine Passung mit nur beziehungsweise maximal 40 Mikrometer Spiel für den Zementspalt. Zirkoniumdioxid-Käppchen für Implantatprothetik dürfen weder eine Friktion aufweisen, noch schaukeln. Mit Rotationsschutz versehen, sitzen die bestellten Käppchen passgenau. Um Ihnen dies zu zeigen, und zwar in unterschiedlichen Materialien, habe ich einen Fall dreimal realisiert (Abb. 1 bis 5): in VMK, in Lithium-Disilikat monolithisch und bemalt sowie als Zirkoniumdioxid-Gerüst mit händischer Verblendung. Der Auftrag für den Patienten hatte beinhaltet: konfektioniertes Abutment, Goldguss-Gerüst, manuell geschichtete Keramikverblendung. Wenn ich auf dem eigenen Laborgerät fräse, stehen mir nur die Materialien zur Verfügung, die ich mir vorgebe, das ist notgedrungen limitiert, und ich muss mich selbst um die Passung kümmern. Alle, wirklich alle Parameter bis hin zur Kenntnis des Kugellagers muss ich aufeinander einstellen und über die Zeit, sprich Abnutzung, im Auge behalten. Auf der Dwos-Plattform und mit Cares 8 ist dafür gesorgt, dass alles abgestimmt ist, auch wenn es Updates und Systemerweiterungen gibt, und die Ergebnisse eine hohe Passung aufweisen – unabhängig der vielfältigen Möglichkeiten, die mit 8 sogar noch größer geworden sind.
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Abb. 1: Ausgangssituation für die definitive Versorgung: Implantat mit konfektioniertem Abutment.
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Abb. 2: Virtuelle Konstruktion mit Straumann Cares 8 auf der Dwos-Softwareplattform.
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Abb. 3a: Opakerauftrag für die Verblendmetallkeramik-Lösung (VMK) mit Blick auf die distale Passung.
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Abb. 3b: Die fertige VMK-Krone – der Standard für Ästhetik und Passung.
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Abb. 4: Derselbe Fall per CAD/CAM gelöst. Auch in ausgeschliffenem Lithium-Disilikat (e.max, Ivoclar Vivadent, Schaan, Lichtenstein) zeigt sich die gute Passung, gleichzeitig ist die Restauration hoch ästhetisch.
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Abb. 5a: Überprüfung der Passung – hier wurde die Kappe in Zirkoniumdioxid ausgeführt.
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Abb. 5b: Die verblendete Zirkoniumdioxid-Versorgung überzeugt ebenfalls in Passung und Ästhetik. Die Materialqualität und gesicherten Abläufe unterstützen die Vermeidung von Chipping.
Wie sehr muss man IT-Fachmann sein, um anspruchsvolle CAD/CAM-Arbeiten zu realisieren?
Wenn man für sein eigenes Labor diverse Einzelkomponenten zum System zusammenschmieden will, braucht es eine bodenlos scheinende Kenntnistiefe und -weite auf dem IT-Gebiet und dauernde aktive Anstrengungen, auf dem Laufenden zu bleiben. Ein einziges Software-Update kann dazu führen, dass andere Dinge im selbst gezimmerten System nicht mehr funktionieren. Da muss man sich zu helfen wissen. Die dentale CAD/CAM-Welt wächst schließlich immer weiter. Für mich ist die garantierte Vertrauenswürdigkeit des Dwos-Prozesses – der seinerseits auch immer neue Komponenten eingliedert – ein geradezu unschlagbares Argument. Dwos ist kein halbherziges Produkt, die Macher bieten nur an, was funktioniert. Abläufe und Qualität stimmen.
Aber auch hier würde ich sagen: Dwos mit Cares 8 ist der Ferrari oder Mercedes Silberpfeil. Man muss sich in die Denke einarbeiten, sowohl in digitale Abläufe als auch die Visualisierung. Schließlich nehmen wir Zahntechniker nichts mehr in die Hand – wir schauen auf dem zweidimensionalen Bildschirm dreidimensionale Objekte an; was wir tun, vollzieht sich im Kopf. Um die Möglichkeiten auszuschöpfen, das alles zu beherrschen und zu bedienen, muss man Stück um Stück hineinwachsen. Und wir dürfen die zahntechnische Kompetenz nicht an IT-Fachleute abgeben, sondern umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir bilden uns in der digitalen Welt weiter und biegen das CAD/CAMWerkzeug für die Zahntechnik zurecht. Es wird eine Zusatzausbildung geben müssen und die Labore müssen sich verändern.
Befürchten Sie also nicht, dass CAD/CAM den Zahntechnikern den Boden unter den Füßen wegzieht?
Was ich sehe und erfahre, bezieht sich auf das Kundenverhältnis: Viele Zahnärzte wollen gefräste Arbeiten – aber das Labor soll sich kümmern. Die Praxen verhalten sich oft zögerlich, 20.000 Euro für einen Mundscanner auszugeben – es könnte ja immer noch eine bessereEntwicklung kommen –, aber sie wollen Zirkoniumdioxid- oder andere CAD/CAM-Restaurationen. Die Investitionen und das digitale Arbeiten überlassen sie dem Zahntechniker. Hier ist unser Feld. Dieses bringt mit sich, dass sich das Verhältnis wandelt und schon gewandelt hat. Zahnarzt und Zahntechniker sind Partner, was die jeweilige berufliche Kompetenz angeht. Der Auftragszettel mit der Abformung im Päckchen genügt nicht. Im Mittelpunkt steht immer mehr die Rückwärts-Planung. Mit uns zusammen müssen sich die Zahnärzte frühzeitig Gedanken um die materialbezogenen Indikationen machen sowie um das Design der Prothetik – getrennte Brücken, die zementiert werden, verschraubte Brücken, welches Material, denn die Vielfalt wächst … um nur einen kleinen Ausschnitt zu nennen. Wir sind beim Backward-Planning die Berater, auf die sich die Zahnärzte aus meiner Sicht verstärkt stützen. Damit wir das leisten und uns derart profilieren können, brauchen wir unsererseits im Labor andere Abläufe. Das althergebrachte Abteilungsdenken ist nicht mehr möglich. Und natürlich sind andere Qualifizierungen der Mitarbeiter nötig.
Damit schließt sich die Frage an: Wie vollzieht sich denn das moderne digitale Arbeiten im Labor?
Jeder Partner im Dwos-System, also beispielsweise Straumann, 3M Espe oder Dental Wings, vertreibt das Produkt eigenständig.
Straumann hat uns mit Schulungen sehr weitgreifend unterstützt – die Support-Beauftragten sind auch ins Labor gekommen – und sie betreuen uns zeitlich engmaschig. Es gibt Spezialisten zum Beispiel für Mundscanner, die geführte Implantologie oder Abutments. So erfüllen die Mitarbeiter in meinem Labor schon längst alle Voraussetzungen für das digitale Arbeiten. Wir zahlen eine jährliche Lizenzgebühr an Straumann, die Updates und Informationen einschließt und die keine Obergrenze für das genutzte Volumen beinhaltet. Trotz der Lizenzbindung sind wir wegen der offenen Schnittstellen in der Auftragsvergabe frei. Wenn die Planung mit dem Zahnarzt steht und das Prothetikziel unter Einbeziehung des Patienten definiert ist, geht man Schritt für Schritt vor (Abb. 6).
Das kann zum Beispiel konkret so aussehen: Auftragsanlage, Scannen, Datenimport, Berechnung, Konstruktion, Kontrolle, Versand. In der Konstruktionsmaske gibt es Voreinstellungen mit Empfehlungen zu sehr vielen Einzelschritten. Man folgt ihnen oder passt sie an, beispielsweise den Randspalt einstellen, die Materialstärke pro Krone wählen – die vielen Wahlmöglichkeiten bezeichne ich als Ferrari oder Silberpfeil. Alle Schritte werden gespeichert, ich kann jederzeit zurückgehen, wenn ich etwas doch anders machen will. Es gibt umfangreiche Sicherheiten, sodass sogar bei einem Datenabsturz nichts verloren geht. In den Workflow eingebunden sind alle Schritte vom Intraoralscanner, Computer- und Volumentomographen sowie der Navigation für die Implantologie über die Konstruktion von OP- und Bohrschablonen, Abutments, Provisorien, Schienen, Wax-ups, Modellen, definitiven Versorgungen einschließlich Stegen, Modellguss, Teleskopen, Gerüsten, Verblendungen und monolithischen Restauration bis hin zum Fräs- und Schleifauftrag beziehungsweise dem Vergeben an ein Fräszentrum oder dem Senden an die laboreigene Maschine. Genauso können die STL-Daten beispielsweise zum Lasersintern oder 3D-Druck gehen.
Ihr Fazit, Herr Hertle?
Durch die vielen Möglichkeiten und die Umsicht der Einstellungen kommen wir im Trusted Workflow zu der hohen Qualität der Ergebnisse, die keinen Vergleich zu scheuen braucht. Die Reproduzierbarkeit der guten Passung ist in der ganzen Materialvielfalt gegeben. Wenn ich das „Gefährt“ beherrsche, kann ich mit Cares 8 auf der Dwos-Plattform die kompliziertesten Fälle lösen. Das fasziniert mich und überzeugt uns wie unsere Zahnärzte und Patienten. Daneben will ich aber die „manuellen“ Versorgungen nicht missen. Es muss patientenbezogen entschieden werden.
Vielen Dank für die Informationen, Herr Hertle! Und vor allem auch für die Sonderarbeit in drei Variationen!
Das Interview führte Dr. Gisela Peters