Anzeige

Laborführung

Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit: Dentallabore und Dentalindustrie übernehmen Verantwortung

Nachhaltigkeit und Klimaschutzmaßnahmen sind in der Zahntechnik keine „inhaltsleeren“ Schlagworte mehr, sondern werden von Dentallaboren in verschiedenen Bereichen bereits umgesetzt. Ob E-Mobility für Botenfahrten, biobasierte Materialien, „saubere“ Goldlegierungen, papierlose Kommunikation, Ausbildungs- und Gesundheitsmanagement, soziales Engagement oder CO2-Ausgleichsmaßnahmen – Zahntechnikerinnen und Zahntechniker stellen sich mit vielen kleinen und großen Taten der globalen Herausforderung.

. Darkmoon_Art/Pixabay
.
.

Im März 2021 fiel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [1]: Das Klimaschutzgesetz muss geändert werden. Ein wegweisendes Urteil, mit dem die Richter der Forderung nach Klimaneutralität eine hohe Verbindlichkeit geben. Plötzlich ist Klimaschutz weder Floskel noch leere Wahlkampf-Lyrik, sondern juristisch verbindliche Notwendigkeit. Denn Klimaschutz ist Generationengerechtigkeit.

Doch die Thematik ist komplex. Das zeigen unter anderem die verschiedenen Begrifflichkeiten im Kontext der „Nachhaltigkeit“. Im Kern verfolgen sie ein gemeinsames Ziel: ein gutes, gesundes Leben für alle – weltweit, heute und in Zukunft. Und während in der Politik die Mühlen oft langsam mahlen, agiert die Wirtschaft agil und weitsichtig. Ob im alteingesessenen Industrieunternehmen oder bei jungen Start-ups: Es wird geforscht und entwickelt. Produkte, Werkstoffe und Lösungen gefunden, die den Klimaschutz vorantreiben. Unternehmen stellen sich um, agieren umsichtig und ressourcenschonend – auch im Dentallabor und der begleitenden Industrie.

Nachhaltigkeit im Dentallabor
Umdenken als Teil der Unternehmensstruktur – ZTM Dörte Thie, Berlin 

Maßnahmen rund um Umweltschutz und Ressourcenschonung sind im Dental-Studio Thie, Berlin/Blankenfelde fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Laborinhaberin ZTM Dörte Thie erhielt im Jahr 2018 mit ihrem Unternehmen – und als eines der ersten Labore – das Brandenburger Umweltsiegel, eine Zertifizierung für klein- und mittelständische Unternehmen, die aus Eigenengagement ein Umweltmanagementsystem aufbauen (Abb. 1).

Anzeige

Abb. 1: Übergabe des Umweltsiegels an Dörte Thie; links: Jörg Vogelsänger (damaliger Brandenburger Umweltminister), rechts: Robert Wüst (Präsident Handwerkskammer Potsdam). Pressestelle HWK
Abb. 1: Übergabe des Umweltsiegels an Dörte Thie; links: Jörg Vogelsänger (damaliger Brandenburger Umweltminister), rechts: Robert Wüst (Präsident Handwerkskammer Potsdam).

Dörte Thie bekennt sich klar zu Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Nachhaltigkeit. „Als Unternehmerin und als Mensch habe ich eine Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft und nachfolgenden Generationen. Dementsprechend handeln wir seit Jahren nachhaltig orientiert“, sagt sie. Die Umweltpartnerschaft mit dem Land Brandenburg sei ein wichtiger Baustein.

In diesem Jahr erfolgt die Re-Zertifizierung und erneut stehen die Prozesse des Laboralltags auf dem harten Prüfstand. „Das ist mit viel Arbeit verbunden, aber es zahlt sich aus – für die Umwelt und für unser Unternehmen.“ Zu den Umweltzielen gehören beispielsweise: das Reduzieren von Gefahrstoffen (z.B. Filamentdruck von Aligner-Modellen), die Senkung des Papierverbrauchs (digitale Dokumentenverwaltung) sowie Verringerung der Staubemission (kaum noch Einbettmasse, wenig Gips etc.), der Einbau von Luftfiltern und Schleifboxen, die Abfallreduktion und Senkung der Betriebskosten hinsichtlich Strom, Wasser etc.

Dörte Thie betont, dass es der Eigeninitiative bedarf und das Team in den Prozess eingebunden werden muss. „Leider fehlt es teilweise an Rahmenbedingungen. Interessant wäre es, u.a. aktuelle, branchenspezifische Vergleichszahlen zu Betriebskosten zu kennen.

Anhand dieser könnten wir unser Handeln bewerten und ggf. Verbesserungen anstreben.“ Sauberer Strom ist für ZTM Thie der größte Schritt im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit. Hier ist die Politik gefragt. Sie muss entsprechende Infrastrukturen rund um erneuerbare Energien etablieren. „Durch den großen Maschinenpark, den wir als Dentallabor mittlerweile haben, und unsere komplexe IT-Serverstruktur, verzeichnen wir einen vergleichsweisen hohen Stromverbrauch. Hier möchten wir uns zukünftig gerne selbst versorgen!“

Geplant wird momentan der Bau einer eigenen Photovoltaik-Anlage. „Wir wollen in spezielle Solarzellen bzw. Photovoltaik-Kacheln investieren, die an unseren Fensterfronten für sauberen Strom sorgen.“ Derzeit verzögern einige bürokratische Regularien die Umsetzung, werden diese aber sicherlich nicht stoppen. Weiterer Ansatzpunkt, um Nachhaltigkeit zu schaffen, ist der Fuhrpark. E-Mobility biete derzeit noch nicht die Lösung, denn unsere Boten fahren täglich weite Strecken, sodass ein E-Auto aktuell nicht infrage kommt; zumal Herstellung und Recycling der Batterien aus ökologischer Sicht noch viele Fragezeichen in sich bergen.“ Vor einiger Zeit wurde jedoch der Fuhrpark auf Fahrzeuge umgestellt, die einen geringen Verbrauch haben.

Umweltbewusstsein,
Gesundheit und Wirtschaftlichkeit – ZTM Martina Bollhorn-Siebert und ZTM Heiko Siebert, Glienicke

Nachhaltige Unternehmensführung bedeutet, stärker als bislang gesetzlich vorgeschrieben, in Umweltschutz und Sozialstandards zu investieren; am besten aus Überzeugung. Zwei Zahntechniker, die es mit der Nachhaltigkeit seit vielen Jahren ernst meinen, sind ZTM Martina Bollhorn-Siebert und ZTM Heiko Siebert (Abb. 2). In ihrem Dentallabor Zahntick in Glienicke bei Berlin wird seit 2012 mit dem E-Mobil gefahren; mittlerweile sind es zwei E-Autos, die für Botenfahrten und Praxisbesuche im näheren Umkreis genutzt werden. „Wir waren damals Exoten im Bereich der Elektromobilität“, sagt Martina Bollhorn-Siebert.

Abb. 2: Für Martina Bollhorn-Siebert und Heiko Siebert (Dentallabor Zahntick) ist Nachhaltigkeit seit Jahren Bestandteil der Unternehmenskultur. H.Siebert
Abb. 2: Für Martina Bollhorn-Siebert und Heiko Siebert (Dentallabor Zahntick) ist Nachhaltigkeit seit Jahren Bestandteil der Unternehmenskultur.

„Doch schon in den ersten zwei Jahren konnten wir 12.000 km schadstofffrei zurücklegen. Das hat uns sehr motiviert.“ Hohen Wert legt das Zahntick-Team auf den ressourcenschonenden Umgang mit Materialien sowie Rohstoffen und auf ein umweltfreundliches Verhalten – beruflich und privat. Seit Jahren wird ausschließlich Ökostrom bezogen. Der Strom für die Elektrofahrzeuge stammt seit zirka einem Jahr von der Photovoltaik-Anlage des eigenen Hauses.

Geschäftsreisen, wie z.B. zu Fortbildungen werden mit der Bahn zurückgelegt. Auf das Fliegen wird möglichst verzichtet. Alle Reisen werden über die Klimaschutzorganisation „atmosfair.de“ (CO2-Ausgleichsmaßnahme*) abgerechnet. Für die beiden Laborbesitzer ist es eine gesellschaftliche Verpflichtung, Umweltschutz als Teil der Unternehmensphilosophie zu leben. „Natürlich rechnen sich all diese Maßnahmen für unser Labor, vor allem jedoch für die Umwelt.“ Wasser wird aufgefangen und für Pflanzen genutzt, Silikon wird geschreddert und wiederverwertet, die Buchhaltung erfolgt komplett digital, Rechnungen werden nicht in Papierform versendet, auf Papier-Handtücher wird verzichtet und genutzt werden – wenn möglich – nur ökologische Produkte.

Der Versand der Arbeiten erfolgt seit zehn Jahren in wiederverwendbaren Pappboxen. „Zudem hinterfragen wir oft unser Tun und achten beispielsweise darauf, wo wir Waren einkaufen. Es ist uns wichtig, dass Produkte unter dem Aspekt der sozialen sowie ökologischen Nachhaltigkeit und unter Einhaltung von Arbeits- bzw. Menschenrechten gefertigt werden.“ Bevorzugt wird auf regionale bzw. europäische Anbieter zurückgegriffen. Technologisch arbeitet das Labor nach aktuellen Standards, wobei auch darauf geachtet wird, welche Werkstoffe verarbeitet werden. „Auf den 3D-Druck von Modellen aus Kunstharz verzichten wir komplett“, ergänzt Martina Bollhorn Siebert.

Für das Zahntick Dentallabor zählt ökologische Nachhaltigkeit ebenso zur Laborphilosophie wie Ganzheitlichkeit (interdisziplinäre Zusammenarbeit) und Gesundheitspflege. „Gesunde Mitarbeiter bedeuten bessere Laune, mehr Energie und weniger Krankheitstage“. Es gibt einen laboreigenen Yoga- und Fitnessraum. Zudem kann 2 x im Monat ein kostenfreies Workout bei einem extern gebuchten Personaltrainer in Anspruch genommen werden.

Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen – ZTM Carsten Müller, Leipzig

Für ZTM Carsten Müller, Avantgarde Dentaltechnik Leipzig, ist Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. Er führt ein Dentallabor mit 65 Mitarbeitern. „Als Unternehmer haben wir eine gesellschaftliche Verantwortung. Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch Ausbildung.“ Hier nimmt Carsten Müller mit seinem Team eine Pionierrolle ein. „Wir sind bereit, in die Ausbildung der jungen Leute zu investieren.“ Im Labor gibt es zwei Ausbildungsbeauftragte. Den Azubis werden interne und externe Fortbildungen angeboten und es wird in Team-Building-Maßnahmen innerhalb der Jahrgänge investiert. Das Konzept ist erfolgreich. Im vergangenen Jahr haben 2 Azubis mit Bestnoten ihre Ausbildung abgeschlossen und zugleich sehr gute Platzierungen beim Gysi-Preis gewonnen.

„Unsere Auszubildende Laura Schumann belegte Platz 1. Mit Platz 3 wurde unser Azubi Mahmoud Al Jawabra ausgezeichnet.“ (Abb. 3). Beide arbeiten heute als Zahntechniker bei Avantgarde Dentaltechnik. „Für die Teilnahme am Gysi-Preis haben wir die Azubis 4 Wochen freigestellt und ihnen Unterstützung auf Meister-Niveau angeboten. Das hat sich ausgezahlt“, freut sich Carsten Müller.

Abb. 3: ZTM Carsten Müller mit ZT Laura Schumann und ZT Mahmoud Al Jawabra. Die beiden jungen Handwerksgesellen haben ihre Ausbildung mit Bestnoten abgeschlossen. C. Müller
Abb. 3: ZTM Carsten Müller mit ZT Laura Schumann und ZT Mahmoud Al Jawabra. Die beiden jungen Handwerksgesellen haben ihre Ausbildung mit Bestnoten abgeschlossen.

Nachhaltigkeit bedeutet für ihn außerdem soziale Verantwortung zu übernehmen. Das Labor engagiert sich in verschiedensten Projekten, z.B. für die Kinderarche Sachsen e.V. oder die Elternhilfe für krebskranke Kinder. Und ökologische Nachhaltigkeit? Hier sagt der Laborinhaber: „Wir können nicht mehr an den Folgen der Umweltbelastung vorbeischauen; es betrifft uns alle. Ich möchte mit meinem Labor agieren, bevor mir die Politik Maßnahmen auferlegt.“

Ziel von Carsten Müller ist es, sein Labor in den kommenden zehn Jahren zur CO2-Neutralität zu führen. Momentan scheitere es u.a. an vielen Rahmenbedingungen und der Infrastruktur, z.B. an ausreichend starken Stromnetzten für Ladestationen (E-Mobility). Die Botenfahrzeuge legen zwischen 400 bis 500 km am Tag zurück.

„Nur ein E-Auto zu kaufen, um für das gute Image zu werben, ist nicht mein Weg.“ ZTM Müller setzt auf ganzheitliche Konzepte und dies beginnt damit, die CO2-Bilanz zu erfassen, Emissionsquellen zu erkennen und basierend darauf Reduktionen anzustreben. „Problem ist, dass uns Konzepte fehlen. Wir benötigen Unterstützung, am besten von neutralen Experten bzw. CO2- Energieberatern.“ Nichtsdestotrotz wird bei Avantgarde Dentaltechnik tagtäglich auf energieeffizientes Handeln ebenso Wert gelegt wie auf Ressourcenschonung und das verantwortungsvolle, soziale Miteinander.

Saubere 3D-Drucktechnik mit dentalspezifischen Filamentdruckern – ZTM Christian Born, Berlin

Auch beim Thema „3D-Druck“ spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Insbesondere SLA- und DLP-Drucker (Resindruck) haben sich in Dentallaboren etabliert. Allerdings haben die im Dentalbereich bewährten Technologien auch Nachteile, z.B. das Verwenden schadstoffhaltiger Reinigungs- und Lösungsmittel und die geringe Biokompatibilität der Druckmaterialien. Betrachtet man den kompletten Druckprozess, wird deutlich, dass als Nebenprodukt je nach Drucktechnologie vergleichsweise viel Abfall entstehen kann (Papiertücher zum Reinigen, Einmalhandschuhe etc.).

Abb. 4: ZTM Christian Born setzt für die Modellherstellung auf den 3D-Filamentdruck mit Bio- Filamenten. Renfert
Abb. 4: ZTM Christian Born setzt für die Modellherstellung auf den 3D-Filamentdruck mit Bio- Filamenten.

Zudem setzt der Nachbereitungsprozess beim Resindruck Dämpfe frei, die sich im Raum verteilen und die Luft verschmutzen. Eine Alternative stellt der 3D-Filamentdruck (FDM/FFF-Verfahren) dar. ZTM Christian Born führt ein kieferorthopädisches Fachlabor in Berlin und hat viele Prozesse in seinem Unternehmen auf digital umgestellt (Abb. 4).

Modelle werden im 3D-Druckverfahren hergestellt. Wichtig sind ihm – zusätzlich zur Qualität der Druckergebnisse – ökologische Aspekte und ein möglichst nachhaltiges Arbeiten. Nach einigen Recherchen hat er sich für den Filamentdruck als Alternative zum Resindruck entschieden. Er arbeitet seit einiger Zeit mit dem neuen SIMPLEX 3D Filamant-Druckersystem von Renfert (Abb.5).

Abb. 5: 3D-Filamentdruck als Alternative zum Resindruck. Beispiel: SIMPLEX 3D-Filament- Druckersystem (Renfert) speziell für den Druck von KFO-Modellen. Renfert
Abb. 5: 3D-Filamentdruck als Alternative zum Resindruck. Beispiel: SIMPLEX 3D-Filament- Druckersystem (Renfert) speziell für den Druck von KFO-Modellen.

 

„Ich möchte für den 3D-Druck von Modellen keine Kunstharze nutzen. Wir haben im Labor genug mit Gefahrstoffen zu tun. Beim Filamentdruck kann ich auf regenerierbare Ressourcen zurückgreifen und theoretisch fast alles restlos verdrucken“, begründet er. Zudem entfallen beim Filamentdruck die Nacharbeiten mit biologisch bedenklichen Materialien – das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Effizienz im Labor. „Für die Drucker-Filamente, (SIMPLEX) verwendet Renfert geprüfte Werkstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen, die ohne aufwendigen Prozess industriell kompostierbar sind.“

Bio-Filamente bestehen zu einem großen Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen. PLA (Polylactide), auch Polymilchsäure genannt, wird aus nachwachsenden und natürlichen Rohstoffen (z.B. Maisstärke) gewonnen. Der biokompatible Rohstoff ist mit seinen guten mechanischen Eigenschaften (z.B. hohe Oberflächenhärte, Steifigkeit und hohes E-Modul) u.a. gut für Modelle geeignet. Betrachtet man allein die Aligner-Herstellung mit ihrer großen Anzahl an Modellen, wird deutlich, wie hoch der „Abfall“ (aufgrund dieser Vielzahl an Modellen) sein kann. Hier sind ressourcenschonende Materialien ein großer Schritt in ein nachhaltigeres Arbeiten.

Digitalisierung als Baustein für mehr Nachhaltigkeit bei der Flemming Dental GmbH

Soziale Nachhaltigkeit im Unternehmen lässt sich in interne und externe Maßnahmen gliedern. Zu den externen Maßnahmen zählen beispielsweise ethische Geschäftspraktiken, soziales und gesellschaftliches Engagement und regionaler Einkauf. Interne Ziele betreffen Dinge wie Lohngleichheit, Chancengleichheit, angemessene Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gesundheitsschutz, Sozialstandards sowie die Ausbildung von Fachkräften. Auch die Flemming Dental Gruppe agiert sozial nachhaltig (Abb. 6).

Abb. 6: Soziale Nachhaltigkeit und die Zahntechnik bei Flemming Dental. Flemming
Abb. 6: Soziale Nachhaltigkeit und die Zahntechnik bei Flemming Dental.

Als größter Ausbilder der Branche werden derzeit beispielsweise mehr als 100 Azubis zum Zahntechniker ausgebildet. „Wir sind in vielen Regionen Deutschlands vertreten und somit eng in den jeweiligen regionalen Wirtschaftskreislauf eingebunden. Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst“, sagt Ulrike Buchholz (Mitglied der Geschäftsführung der Flemming Dental Gruppe). Zudem ist ökologische Nachhaltigkeit für die Flemming Gruppe ein zentrales Thema. „Umwelt- und Klimaschutz sind Teil unserer Unternehmensphilosophie“.

Die Digitalisierung spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Im Großteil der Laborgruppe ist das Rechnungswesen bereits vollständig auf digital umgestellt. Im Online-Kundenportal sind alle Unterlagen (Broschüren, Flyer etc.) im digitalen Format abrufbar. Über eine App (Compleo Guide) erfolgt die Patienteninformation digital. Zudem stehen für Botenfahrten zunehmend Elektro-Autos und Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb bereit. „Und auch der digitale Workflow (abformfreie Prothetik), der bei uns intensiv vorangetrieben wird, spart Ressourcen. Abformmaterialien und Botenfahrten lassen sich auf Basis von Intraoralscandaten signifikant reduzieren.“ In die Planung und die Umsetzung weiterer Maßnahmen in Sachen Umwelt- und Klimaschutz werden bei Flemming Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Ideen und Konzepten eng eingebunden.

Fingerspitzengefühl bei Produktentscheidungen – C. Hafner GmbH + Co. KG

Beim Kauf von Produkten und Materialien gilt der Blick des Unternehmens auf die Umweltverträglichkeit von Herstellung, Verpackung und Versand. Im Gegensatz zum privaten Konsum lassen sich viele Werkstoffe im Dentallabor nicht einfach gegen Bio-Produkte ersetzen. Trotzdem lohnt es sich, auf Nachhaltigkeit zu achten. Beispiel sind Goldlegierungen.

Um nachhaltig, fair sowie ethisch unbedenklich zu handeln, sollte man die Herkunft der Goldlegierung hinterfragen. Es gibt Alternativen zum konventionellen Goldabbau. Der sauberste Weg ist das Recycling, also das Wiederverwerten von Gold, welches bereits im Wirtschaftskreislauf ist. Diesem Anspruch widmen sich Scheideanstalten (z.B. C. HAFNER, Wimsheim), die Goldabfälle jedweder Art recyceln – Urban Mining anstelle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzung. Um einen ökologisch und sozial verträglichen Weg zu beschreiten, wurden weltweit branchenübergreifend Institutionen gegründet.

Der Responsible Jewellery Council (RJC) ist ein internationaler Zusammenschluss von Unternehmen aus der Gold- und Juwelierwarenbranche. Diesem Zusammenschluss gehört C. HAFNER an. In der Dentalsparte bekannt als Lieferant von Goldlegierungen sowie als Fräsdienstleister für Goldrestaurationen stellt sich das Unternehmen seiner Verantwortung. Ziel ist eine ethische, sozial- und umweltverträgliche sowie menschenrechtskonforme Unternehmenspolitik. In unserem Haus gewinnen wir alles Gold aus eigenem Recycling, ebenso die meisten anderen Ausgangsstoffe für Legierungen (Platin, Palladium, Silber)“, fasst Heiko Grusche (Abb. 8), Vertriebsleiter bei C. HAFNER, zusammen.

Abb. 9: Beispiel: Die Online-Plattform planetly.com bietet u. a. die Echtzeitberechnung des CO2-Verbrauchs und entsprechende Maßnahmen für ein CO2-Management. A. Kieschnick
Abb. 9: Beispiel: Die Online-Plattform planetly.com bietet u. a. die Echtzeitberechnung des CO2-Verbrauchs und entsprechende Maßnahmen für ein CO2-Management.

Nachhaltigkeit aktiv fördern

CO2-Emission senken
Maßgeblicher Treiber für den Klimawandel ist CO2. Daher steht die Reduktion der CO2-Emission im Fokus aktueller Diskussionen. Etwa 84% aller durch Menschen gemachte CO2-Emissionen resultieren aus den Bereichen Elektrizität- und Wärmeproduktion, Landwirtschaft, Industrie und Transport [2]. Nimmt die Politik die Ziele des Pariser Klimaabkommens ernst, muss CO2 massiv eingespart werden. Es ist zu erwarten, dass staatliche Auflagen für Privatpersonen und insbesondere Unternehmen diesen Weg begleiten werden. Doch anstatt die gesellschaftlichen Verpflichtungen aus dem Klima- und Umweltschutz als „Pflicht-Arznei“ zu betrachten, lohnt es sich, sie in Chancen zu verwandeln.

Es ist nie zu früh, um ökologische Nachhaltigkeit zum Teil der Unternehmensstruktur werden zu lassen. Dentallabore und Industrieunternehmen können beispielsweise ein betriebliches Klimamanagement etablieren. Sinnvoll scheint auch die Gründung eines Nachhaltigkeitsteams. So werden Mitarbeiter aktiv eingebunden und können mit ihren Ideen einen wichtigen Beitrag leisten.

Der Standard DIN EN ISO 14064-1 unterstützt Unternehmen dabei, ihre CO2-Emissionen zu erfassen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die ISO-Norm ist Grundlage zur Bilanzierung der eigenen Treibhausgasemissionen und zum Erstellen des Corporate Carbon Footprints** (CCF). Gemeinsam im Team können Unternehmen festlegen, was das Klimamanagement erreichen will (z.B. Emissions-Hotspots finden und/oder CO2-Reduktion). Ein relativ junger Ansatz, um Ziele der Emissionsreduktion für Unternehmen festzulegen, sind die auf wissenschaftlichen Fakten basierten Science-Based Targets (SBT).

Sozial weitsichtig agieren
Nachhaltigkeit betrifft aber noch viele weitere unternehmerische Aspekte. So bedeutet auch ein wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern, soziale Verantwortung zu übernehmen. Nachhaltige soziale Unternehmenskultur beinhaltet z.B.: Aus- und Weiterbildung von Fachkräften, Chancengerechtigkeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Gesundheitsförderung. Unternehmerinnen und Unternehmer, die nachhaltig agieren und dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben möchten, wissen, dass qualifizierte Mitarbeiter das wichtigste „Kapital“ sind. Sie zu finden, für die Anforderungen in Dentallabor und -industrie auszubilden und über einen langen Zeitraum zu binden, ist eine Herausforderung.

Strategisch und strukturiert vorgehen
Egal welchem Aspekt der Nachhaltigkeit man sich widmet, um erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement zu betreiben, bedarf es eines Konzepts und einer Strategie. Dabei kann es hilfreich sein, auf externe Experten zurückzugreifen (z.B. Nachhaltigkeitsmanager). Zudem geben diverse Online-Plattformen hilfreiche Einblicke in Nachhaltigkeitsstrategien und Unterstützung bei der Umsetzung (z.B. myclimate.org). Interessant sind auch Software-Lösungen, die Echtzeitberechnungen wie CO2-Verbrauch (Abb. 9), Hotspot-Analysen, Workflow-Management, Benchmarks und Reduktionstrackings integrieren.

Beispiel ist die All-in-One-Plattform planetly.com für das maßgeschneiderte CO2-Management im Unternehmen. Bei better-choice.io gibt es die Möglichkeit eines Online-Coachings ohne aufwendige Zertifizierung; der Kick-Start-Guide zum Einstieg ist gratis. Und wer sich selbst oder einen Mitarbeiter im Bereich „Nachhaltigkeit im Unternehmen“ intensiver schulen möchte, findet auf nRole.de – einer Online-Academy für nachhaltiges Wirtschaften – zahlreiche Manuals, Videos und Podcasts. Angeboten werden zudem spezielle Trainingsprogramme für Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Unternehmen.

Weitere konkrete Beispiele für ökologisch nachhaltige Maßnahmen, die sich einfach und schnell umsetzen lassen sind: Ökostrom beziehen, Fax-Gerät abschaffen (Umstieg auf digitales Fax), das Konto bei einer grünen Bank einrichten (z.B. Umweltbank oder Ethikbank z.B. tommorow.one), grünen E-Mail-Provider nutzen (z.B. posteo.de), ökologische Suchmaschine (z.B. Umstellung von Google auf ecosia.org) und grüne Server nutzen (nachhaltige Cloud-Anbieter), CO2-Ausgleichsmaßnahmen vornehmen (z.B. atmosfair.de), klimaneutrale Versandoptionen wählen (z.B. GoGreen), auf Kundengeschenke verzichten oder auf ökologisch vertretbare Give-Aways umsteigen, Wasserspender im Labor etablieren (Trinkwasser regional, kein Transport, keine Lagerung, keine Leergutreinigung, kein Abfall und obendrein: gesund), nachhaltig produzierte Waren kaufen (z.B. utopia.de), intelligente Energiesysteme etablieren (z.B. Sensoren, statt Lichtschalter), Geschäfts- und Fortbildungsreisen nach Nachhaltigkeitsstandards ausrichten (z.B. über B´nTree) und gedruckte Werbemittel (z.B. Flyer) reduzieren oder Recycling-Papier verwenden.

Fazit

Die vielen Gespräche und Recherchen im Zuge des Artikels haben eines gezeigt: Viele Unternehmen im Umfeld der Dentalindustrie setzen sich intensiv mit den Herausforderungen auseinander, die Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit sich bringen. Zahntechnikerinnen und Zahntechniker wie Carsten Müller, Dörte Thie, Christian Born, Martina Bollhorn-Siebers und Heiko Siebers stehen beispielhaft für viele ihrer Kollegen. Alle drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, sozial) sind Teil ihrer Unternehmensstrategien. Und nicht erst seit „Fridays for Future“ ist klar, dass besonders die junge Generation Nachhaltigkeit einfordert. Die Schülerinnen und Schüler von heute sind die Fachkräfte von morgen und damit eine wichtige Zielgruppe für das Dentallabor.

Unternehmen können es sich also aus vielerlei Sicht kaum noch erlauben, die aktuelle Debatte um den Klimaschutz zu ignorieren. Nachdem schon vor vier Jahrzehnten der Begriff „Grenzen des Wachstums“ geprägt wurde (Club of Rome), herrscht heute Konsens, dass Unternehmen sich daran messen lassen müssen, wie sie eine nachhaltige Entwicklung verfolgen. Anfangs oft Imagepflege, sollte Nachhaltigkeit heute Teil der Unternehmenskultur sein.

* CO2-Ausgleichsmaßnahme: durch freiwillige emissionsabhängige Beiträge werden Klimaschutzprojekte finanziert.
** Carbon Footprint – Gesamtmenge an CO2-Emissionen einer Person; Corporate Carbon Footprint (CCF) – Gesamtmenge an CO2-Emissionen eines Unternehmens

Literatur:
[1] BVerfG (2021). Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 -, Rn. 1-270. Zuletzt aufgerufen am 14.07.2021 unter http://www.bverfg.de/e/rs20210324_1bvr265618.html.
[2] Global Carbon Atlas 2017; IPCC 2014 Assessment Report 5; IPCC 2014 Syntheseband. (Schaltegger, Herzig, Kleiber, Müller).
[3] Brundtland-Bericht, Vereinte Nationen 1987. Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven: Eggenkamp Verlag, S. XVIII-27.
[4] BMU/BDI (Hrsg.) 2002: Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen. CSM, Universität Lüneburg.

Definition der verschiedenen Begrifflichkeiten im Kontext der Nachhaltigkeit

Umweltschutz bezeichnet die Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, um die Gesundheit des Menschen zu erhalten. Dabei kann der Umweltschutz in manchen Fällen auch Klimaschutzmaßnahmen bremsen.
Klimaschutz bezeichnet Maßnahmen, die der globalen Erwärmung entgegenwirken bzw. mögliche Folgen abmildern oder verhindern sollen. Dabei kann der Klimaschutz auch mal konträr zum Umweltschutz stehen.
Nachhaltigkeit verfolgt eine Entwicklung, die gewährt, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, als gegenwärtig lebende [3]. Kommenden Generationen soll ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen werden, in dem die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, die gesellschaftliche Solidarität und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gleichberechtigt Berücksichtigung finden [4]. Demnach lässt sich Nachhaltigkeit in drei Bereiche teilen: ökologisch, ökonomisch, sozial.
Ressourcenschonung ist der rücksichtsvolle Umgang mit Rohstoffen. Natürliche Ressourcen sollen durch einen effizienten Einsatz für nachfolgende Generationen erhalten bleiben und ein gerechtes Gleichgewicht zwischen Industrieländern und weniger entwickelten Ländern ermöglichen.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige