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Laborführung

Mein Weg in die Selbstständigkeit

Mit 45 Jahren ging Katharina Curtius parallel zu ihrer Arbeit als Zahntechnikerin die Meisterprüfung an. Ausschlaggebend war die Abiturvorbereitung ihres Sohnes. Mittlerweile hat sie ein eigenes Labor in Hamburg- Harburg. Statt für eine Neugründung entschied sie sich für die Übernahme.

Katharina Curtius in Ihrem Labor in Hamburg Harburg. Curtius
Katharina Curtius in Ihrem Labor in Hamburg Harburg.
Katharina Curtius in Ihrem Labor in Hamburg Harburg.

Nachdem sie 30 Jahre als Gesellin in Frankfurt gearbeitet hatte, wollte Katharina Curtius selbst Chefin werden, um mit einem eigenen Labor so richtig durchzustarten. Mit 14 kam sie mit ihren Eltern nach Deutschland. Ihr erstes Jahr in der hiesigen Schule schloss die gebürtige Polin mit einer glatten 1 in Mathe ab.

In allen anderen Fächern mit einem „teilgenommen“ – schließlich sprach sie zu diesem Zeitpunkt noch kaum ein Wort Deutsch. „Mein Vater war Mediziner, und auch ich träumte von einem Beruf im Gesundheitswesen.

Insbesondere der soziale Bezug war mir wichtig.“ Um dieses Ziel zu erreichen, schulte sie ihre Sprache aktiv und wechselte schließlich aufs Gymnasium.

Nach dem Fachabitur folgte die Ausbildung zur Zahntechnikerin. Mit 45 entschied sie sich dann, die Meisterschule zu besuchen. Entscheidend dafür war ihr Sohn, der zu dieser Zeit für seine Abiturprüfung büffelte.

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„Das kannst du auch!“, dachte sie und meldete sich für den Meister an. Insgesamt kostete sie die Prüfung für alle 4 Module 5 Jahre. Ihr Sohn hatte mittlerweile sein Abitur längst in der Tasche, was der Motivation von Powerfrau Curtius jedoch keinen Abbruch tat.

Trotz anfänglicher Pläne in Richtung eigenes Labor, war sich die frischgebackene Meisterin dann doch unsicher, ob sie tatsächlich den Schritt in die Selbstständigkeit wagen sollte oder lieber weiter angestellt arbeiten würde. „Mit jedem neuen Bewerbungsgespräch kristallisierte sich aber zunehmend heraus, dass ich unabhängig sein und meine eigenen Entscheidungen treffen wollte – deswegen gab es für mich letztendlich nur den einen Weg: die Selbstständigkeit.“ Statt für eine Neugründung entschied sie sich bewusst für eine Betriebsübernahme.

So ließen sich bereits vorhandene Kapazitäten nutzen und Mitarbeiter übernehmen. Beim Weg hin zum eigenen Labor waren Beharrlichkeit und viel Verhandlungsgeschick gefragt. Vielen Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhabern schien es, so erzählt Curtius, sehr schwer zu fallen loszulassen.

In die Höhe der Übernahmesumme flösse dann oft noch der emotionale Wert ein. „So manche Inhaber hätten trotz Verkaufsabsicht am liebsten noch ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht erwirkt. Und ich kann das absolut verstehen, aus Sicht einer „Übernehmerin“ ist es allerdings keine Option.“

Rat einholen, Kontakte pflegen, weitergehen

Auf dem Weg in die Selbstständigkeit halfen die Handwerkskammer und eine auf Selbstständigkeit spezialisierte Unternehmensberatung. „Damit ich eine Idee davon hatte, was mein Wunschlabor objektiv gesehen wert ist, bat ich die Betriebsberatung der Kammer um Hilfe. Deren Experten haben sich dann das Ganze neutral angesehen und auf Basis der Bilanzen den Wert eingeschätzt.

Oft wird zudem versucht, Stammkunden als Wert zu verkaufen. Aber ob die nach der Übernahme bleiben, ist ja nicht sicher“, erläutert Katharina Curtius.

Und so war es auch. Ein paar der Stammkunden wechselten nach der Übernahme das Labor. „Das war zwar schade, aber bei einem Wechsel in der Geschäftsführung auch nicht ungewöhnlich.“

Grund zur Sorge gab es dadurch glücklicherweise nicht, denn durch gute und termingerechte Arbeit etablierte sich Katharina Curtius schnell als verlässliche Adresse und konnte so die anfänglichen Kundenstamm-Verluste auffangen. Akquise betreibt sie aber weiterhin. Es macht ihr Freude, Erfahrungen auszutauschen, weiterzugeben und den Praxisinhabern zu zeigen, dass sie ihren Beruf mit Leidenschaft betreibt.

Für mich ist generell Netzwerken das A und O. Jedes Gespräch bringt einen weiter – auf so vielen Ebenen.“

Nach der aufregenden Zeit der Übernahme einen Gang zurückzuschalten, kommt für Katharina Curtius nicht infrage: „Ich fange doch gerade erst an! Es ist schön, meine eigenen Vorstellungen und Pläne umzusetzen. Das, was ich in der kurzen Zeit erreicht habe, macht mich unheimlich stolz.“

Sie hat sich ihren Traum vom eigenen Betrieb durch eine Übernahme erfüllt. Dabei hatte sie durch die späte Migration alles andere als einen leichten Weg. Ehrgeiz und Fleiß haben sie weit gebracht.

Dennoch, so sagt sie, ist natürlich bei der Übernahme oder Neugründung eines Handwerksbetriebs Rückgrat gefragt und die Fähigkeit zu erkennen, wann man Hilfe und Beratung braucht. „Man muss im Sturm stehen können, denn manchmal sind die Böen ganz schön stark.“ Insbesondere wenn man bedenkt, zu welcher Zeit sich Katharina Curtius ans eigene Labor wagte.

„In die Selbstständigkeit unter Pandemiebedingungen zu starten, war herausfordernd.“ Dass es so gut geklappt hat, ist ohne Zweifel beeindruckend. Das Dentallabor Selig, welches Curtius übernahm, feierte im März 2021 sein 50. Jubiläum.

Seit seiner Gründung ist es in einem kleinen Häuschen mit hanseatischem Charme im Süden Hamburgs zu Hause. Carl-August Selig gründete das Labor 1971 und legte damit den Grundstein für den Meisterbetrieb. Dieser wurde über die Jahre kontinuierlich modernisiert.

Im Januar 2021 übernahm dann Katharina Curtius mit frischen Ideen das Dentallabor als inhabergeführtes Unternehmen. Seitdem hat sich in der Fertigungsstätte für individuelle Zahntechnik erneut viel getan – von der Renovierung der Laborräume über die Modernisierung des Maschinenparks bis hin zur Transformation zum vollwertigen Ausbildungsbetrieb.

Fertig? Bei Weitem nicht!

Sowohl das Innungsmagazin als auch die Handwerkskammer wurden auf die späte Übernehmerin aufmerksam. Außerdem wurde Katharina Curtius für den „she succeeds award 2022“ des Verbandes deutscher Unternehmerinnen e.V. nominiert und ist mit ihrem Labor Teil einer Reportage des „Hamburg Journal“ des NDRs. All das hat ihr gezeigt, dass Visionen und eine positive Einstellung Türen öffnen können.

„Ich bin gespannt, was mein Leben mit der Unterstützung meiner Kinder und Freunde noch so alles für mich bereithalten wird, und froh, dass ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt habe.“ Mut und Kraft sind es auch, die Katharina Curtius durch das Aufzeigen ihres Weges an andere weitergeben will: „Es ist machbar – unabhängig von Alter, Nationalität oder Geschlecht. Aber man muss es eben machen.“

Im nächsten Jahr ist übrigens die Tochter der Hamburger Laborleiterin mit dem Abitur an der Reihe. Man darf gespannt sein, was sich dann bei Frau Curtius tut: „Mit meinen Ideen jedenfalls bin ich noch lange nicht fertig.“

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