Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 6

Mühsames „Finden“ der Präparationsgrenzen auf den Arbeitsmodellen oder gar notwendiges „Erfinden“ kosten unnötig Zeit und Geld. Sowohl Ihr Labor-Team als auch Ihre Kunden wünschen sich ein perfektes Ergebnis von Anfang an. Dies erreichen Ihre Zahnärzte, wenn Sie die Abform- zur Präparationssitzung zeitlich versetzen. Gleichzeitig gelingt ihnen dadurch die perfekte Übertragung aller anatomisch wichtigen Bereiche.
„Gib der Gingiva die Zeit, die die Gingiva braucht!“ Dieses Prinzip wurde von Professor Körber, Kiel, oder auch Professor Chiche, New Orleans, vorgelebt. Speziell im ästhetischen Bereich terminieren Ihre Zahnärzte die Abformung am besten circa zwei bis drei Wochen nach der Präparationssitzung.
Das Prinzip Gingivavorbereitung
Wenn Sie nun diese gingivale Heilungsphase mit laborgefertigten Eierschalenprovisorien (siehe „Weg 4b: Eierschalen-Provisorien – eine Alternative zur effektiven Vorbehandlung“ auf www.ztm-aktuell.de/troost_weg4b) unterstützen und der Patient seinen Teil durch häufigen Gebrauch von Mundspülungen (hier: Listerine Zero, Johnson & Johnson, Neuss) beiträgt, werden alle Beteiligten verblüfft sein, welche Heilungstendenz und vor allem Geschwindigkeit das Gingivagewebe prinzipiell entwickeln kann. Intensive Techniken zur Blutstillung gehören im Praxisalltag Ihrer Laborkunden endlich der Vergangenheit an. Ihr Zahnarzt kann so Ihrem Dentallabor regelmäßig nicht nur die Präparationsgrenzen sicher übertragen. Ideal ist die Arbeitsunterlage, wenn zusätzlich noch circa 0,3 bis 0,8 Millimeter nicht beschliffene Zahnsubstanz mit abgeformt wurde. Professor Martignoni, Rom, spricht hier von „anatomischer Information“. Auch wenn Sie auf Ihrem Sägeschnittmodell die Präparationsgrenzen unterschneiden, so können Sie am ungesägten (gescannten) Kontrollmodell die Kronenkontur eindeutig definieren. Diese perfekte Außenkontur Ihrer Kronen ermöglicht überhaupt stabile Gingivaverhältnisse. Ohne anatomische Information erlebt Ihr Zahnarzt zumeist überkonturierte Kronen, die bereits bei der Einprobe die Gingiva weiß (blutleer) verpressen und Rezessionen direkt nach dem Zementieren erzwingen.
Die Gingivarezession
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der zeitversetzten Abformung ergibt sich aus der Möglichkeit, bei einzelnen Gingivarezessionen mit einer ästhetischen Nachpräparation die Präparationsgrenze noch einmal leicht ipsi- oder subgingival zu verlegen (Abb. 1a), bevor dann definitiv abgeformt wird. Ihr Zahnarzt umgeht das Problem, wegen einer Gingivarezession Ihre fertige Kronenarbeit nicht einsetzen zu können. Damit schließen Sie als Laborpartner lästige Wiederholungsarbeiten sicher aus.
Die Korrekturabformung: Vor- und Nachteile
Viele Kollegen bevorzugen noch heute das zweizeitige Abformen mittels Korrekturabformung. Mit einem Puttymaterial wird der Zahnbogen zunächst vorabgeformt. Nach Aushärten und Anbringen von Abflusskanälen (oder einer speziellen Folie) wird die Abformung mit einem dünnfließenden Material korrigiert. Der Vorteil ist, dass mit dieser Methode besonders schwer zugängliche Bereiche (subgingival, oder untersichgehende Gewebeareale) noch abzubilden sind. Hier zeigen sich die Grenzen für Polyether oder Hydrokolloide, die in diesen Problemzonen zu schnell reißen würden. Der Nachteil des Korrekturverfahrens liegt allerdings in viel zu hohen Kräften, die dazu führen, dass Zähne ausgelenkt und so nicht dimensionsgenau wiedergegeben werden. Ihre hochpräzisen Laborarbeiten passen zwar auf dem Modell, aber nicht im Mund.
Die Doppelmischabformung: Vor- und Nachteile
Diese einzeitige Abformung läuft mit deutlich weniger Auslenkkräften ab und ist somit dimensionsgenauer. International gilt diese Abformtechnik mittlerweile als Goldstandard – so auch in der Implantatprothetik. Doch die Erfahrung vieler Praktiker zeigt auch, dass die Doppelmischabformung merklich fehlerbehafteter ist: Blasen, Nasen und Verziehungen treten hier deutlich häufiger auf, vor allem, wenn der Behandler seine Abformtechnik nicht an die besonderen Herausforderungen der Doppelmischtechnik anpasst.
Der individuelle Löffel
Eine Möglichkeit, dieser Fehlerhäufigkeit in der Doppelmischtechnik zu begegnen, besteht in der Anfertigung eines individuellen Löffels im Dentallabor. Die Hauptursache der Abformfehler wird nämlich durch den Einsatz von konfektionierten Abformlöffeln begünstigt: Während nach bukkal die Schichtstärke zwischen Löffelwand und Seitenzähnen oft nur zwei Millimeter beträgt, muss das Abformmaterial die Palatinalflächen präzise abbilden, obwohl hier regelmäßig Schichtstärken von dreißig bis vierzig Millimeter erreicht werden.
Mit einem individuellen Löffel standardisieren Sie diese Schichtstärken der Doppelmischabformungen, die dadurch nur noch zwischen zwei und vier Millimeter schwanken. Aber: Für die Herstellung eines laborgefertigten Löffels benötigt man bisher eine Situationsabformung, einen Labortermin, Platzhalterwachs und Kaltpolymerisat. Dieser Material- und Zeitaufwand ist somit gerade bei kleinen Restaurationen (Einzelkrone, Inlay et cetera) für viele Behandler sehr schnell unwirtschaftlich.
Das neue 3D-Setting
Dies hat uns veranlasst, ein Verfahren (3D-Setting nach Troost) zu entwickeln, das gänzlich ohne Laborschritt auskommt und das Ihr Zahnarzt direkt am Patienten intraoral anwenden kann. Das 3D-Setting ist schnell, kosteneffektiv und bietet dennoch alle klinischen Vorteile eines laborgefertigten individuellen Löffels. Abformfehler gehören seitdem auch in der Doppelmischtechnik der Vergangenheit an. Sie als Dentallabor profitieren.
Die Stuhlassistenz bedeckt den gesamten Zahnbogen mit einem Platzhalterwachs (Abb. 1b). Dabei achtet sie darauf, dass die Gingiva maximal zu drei Millimetern bedeckt ist. Zur Vorbereitung hat sie drei Lagen des hoch flexiblen Vorbereitungswachses (hier: von Bego, Bremen) übereinandergelegt und in 14 Millimeter breite Streifen vorgeschnitten. Nun formt sie den gesamten Zahnbogen wie bei einer Situationsabformung einschließlich des Wachs-Platzhalters ab (hier: Aquasil Ultra heavy, Dentsply DeTrey, Konstanz). Nach Aushärten und Entnahme entfernt sie das Wachs und schneidet den Gaumen sowie vestibuläre Umschlagfalten zurück. Dies war somit nicht die Abformung, sondern lediglich die intraorale Schnellversion eines laborgefertigten individuellen Löffels! Alle Zähne – auch die womöglich ausgelenkten – schweben nun drucklos in dem vorbereiteten 3D-Luftraum und nehmen wieder ihre nicht manipulierte und physiologische Position ein.
Nachdem die Assistenz die Fäden gelegt hat (hier: KnitTrax, Sigma Dental Systems, Handewitt) und diese circa fünf bis acht Minuten in situ lagen, kommt der Zahnarzt erstmals zur Behandlung dazu und führt nun eine Doppelmischabformung durch. Nur diesmal – wie bei einem laborgefertigten individuellen Löffel – mit standardisierten Schichtstärken zwischen zwei und vier Millimetern! Und dies ohne großen zusätzlichen Zeit- und Laboraufwand im Dentallabor. Ihre Zahnärzte können so die meisten Abformfehler erstmals sicher ausschließen (Abb. 2a und b).
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Abb. 2a: 3D-Setting nach Troost.
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Abb. 2b: Systematik 3D-Setting.
Die neue Oberflächenentspannung
Entsprechend dem früheren PrepWet für die damaligen Hydrokolloid-Materialien hat nun Dentsply De-Trey eine Oberflächenentspannung für sein A-Silikon entwickelt (hier: B4, Pre Impression Surface Optimizer). Direkt vor der Doppelmischabformung beschickt Ihr Zahnarzt alle Zähne des Zahnbogens, präparierte und nicht-präparierte. Zeitgleich platziert er das dünnfließende A-Silikon (hier: Aquasil Ultra XLV) an allen Zähnen. Lediglich die präparierten Zähne eines Zahnbogens mit dem präzisen Material zu beschicken, wäre ein fauler Kompromiss.
Das Löffel-Handling nach Troost
Und immer noch können sich Fehler auf Seiten Ihrer Kunden einschleichen. Bei Alginaten/Hydrokolliden kann man den Löffel zwar rotieren. Bei Polyethern/A-Silikonen empfehlen wir unsere neuen Point Wangen- und Zungenhalter 2.0 (nach Troost, Abb. 3a). Erstmals können Ihre Kunden die Abformlöffel präzise und weichgewebsfrei platzieren. Der Zahnarzt positioniert den Löffel zunächst parallel zur Okklusionsebene vor, um diesen dann zügig in seine Endposition zu führen. So vermeidet er sicher sogenannte Abformschatten oder -nasen beziehungsweise Verziehungen, die jeder Zahntechniker nur zu gut kennt. Die Entnahme erfolgt mit einem langsamen Hebeln. So dürfen Sie sich auf perfekte Meistermodelle mit dreidimensionaler Präzision freuen (Abb. 3b)!
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Abb. 3a: Wangen- und Zungenhalter nach Troost.
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Abb. 3b: Fehlerfreie Doppelmischabformung – erste Grundlage für das perfekte Meistermodell.
Die digitale Abformung wird kommen
Heute vermag die digitale Abformung die klassisch analoge Technik noch immer nicht vollständig zu ersetzen. Sie ist auf bestimmte Indikationen beschränkt und damit noch viel zu teuer. Dennoch werden sich Intraoralscanner in den kommenden Jahren durchsetzen, wenn sie endlich auch ganze Zahnbögen genügend präzise übertragen, die „Matching“-Ungenauigkeiten bei Frontzähnen gelöst sind und die Kameragrößen dringend deutlich kleiner werden. Im Moment sind diese „Kolben“ viel zu groß und erzwingen speziell beim Scannen der Unterkiefermolaren eine maximale Mundöffnung des Patienten, was zwingend die Verwindung der Mandibula und somit Dimensionsfehler zur Folge hat. Auf diese ausgereiften neuen Generationen der Intraoralscanner dürfen wir uns schon heute freuen. Bis dahin schulen wir Ihre Zahnärzte auf unseren analogen Abformkursen weiterhin mit Leidenschaft, wie sie mit professionellem Material- und Löffelhandling Ihr Labor- Team mit kompromisslos guten Arbeitsunterlagen begeistern.
Im letzten Teil der Serie zeigt Piet Troost, wie durch einen zusätzlichen Registrier-Schritt Einschleifmaßnahmen im Patientenmund sicher vermieden werden können.
Weiterführende Links
> Die sieben Wege zur Okklusion - Einleitung> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 1
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 2
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 3
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 4a
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 4b
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 5
> Die sieben Wege zur Okklusion - Weg 7