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Grundlagen, Tipps und Tricks in der KFO

Teil 4: Ausarbeiten und Fertigstellen

Unser Autor Jörg Stehr, langjähriger Zahntechniker für Kieferorthopädie, hatte im vorigen Teil seines Fachbeitrages das Herstellen der Platte bis zum Abheben der Zahnspange vom Gipsmodell und Herauslösen der Platzhalter für die Schraube geschildert. Jetzt steht das große Finale an: Auch hier muss man mögliche Fehlerquellen und Arbeitserleichterungen kennen und erkennen.

Auswahl an Fräsen. Stehr
Auswahl an Fräsen.
Auswahl an Fräsen.

Noch können wir unser kieferorthopädisches Gerät als Rohling bezeichnen. Dieser muss nun für die weitere Bearbeitung zuerst gesäubert werden.

Ausbrühen

Im ersten Schritt muss man das Wachs, das man zum Befestigen der Drahtelemente und zum Ausblocken des Gipsmodells angebracht hat, wieder von der Arbeit und vom Modell entfernen.

Abb. 38: Heißwasserbereiter und Ausbrühwanne. Jörg Stehr
Abb. 38: Heißwasserbereiter und Ausbrühwanne.

Das geht am besten, indem man alles mit sehr heißem Wasser abspült. Man braucht dabei nicht zu befürchten, dass der Kunststoff weich wird. Dazu müsste man die Arbeit schon für mehrere Minuten in kochendes Wasser legen. Für das sogenannte Ausbrühen eignet sich am besten ein fest installierter Heißwasserbereiter mit einem etwas längeren und beweglichen Wasserhahn, der etwas höher über dem Waschbecken angebracht wird (Abb. 38).

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Ich erhitze mir immer ungefähr anderthalb bis zwei Liter Wasser für eine Platte und das dazugehörige Modell. Ein paar wenige Minuten bevor ich die Arbeit aus dem Drucktopf hole, schalte ich den Heißwasserbereiter ein. Das Wasser ist dann heiß, wenn ich mit dem Herausnehmen der Spange aus dem Drucktopf und dem Abheben vom Modell fertig bin. So kann ich ohne Verzug weiterarbeiten.

Ganz wichtig ist es, ins Waschbecken eine Schüssel zu stellen, in der ein Sieb hängt, um das Wasser mit dem gelösten, d.h. flüssigen Wachs aufzufangen. Das Wachs sollte nicht direkt in den Abfluss gelangen, weil sich sonst im Lauf der Zeit der gebogene Siphon und das Abflussrohr mit dem Wachs zusetzen. Zum Ausbrühen lege ich das Gipsmodell in das Sieb in der Schüssel, direkt unter den Wasserhahn des Heißwasserbereiters. Dann halte ich die Arbeit mit einer Zange oder einer großen Pinzette, im Fachhandel erhältlich, oder einer sogenannten Bratenpinzette, die es in Haushaltwarengeschäften gibt, unter das heiße fließende Wasser aus dem Hahn (Abb. 39). Dabei drehe ich die Arbeit so lange hin und her, bis das ganze Wachs entfernt ist. Danach muss ich noch das Modell von den Wachsresten befreien. Da es bereits im Sieb unter dem heißen Wasserstrahl lag, geht dies relativ rasch und einfach: Es ist ja mit erwärmt worden und ein Teil des Wachses wurde beim Ausbrühen der Arbeit schon abgespült. Damit das Waschbecken wieder frei zum Arbeiten ist, kann man die Schüssel, wenn man möchte, beiseitestellen (Abb. 40a u. b). Beim Abkühlen des Wassers sammelt sich das Wachs an der Wasseroberfläche und wird wieder fest. Das kalte Wasser mit dem wieder erstarrten Wachs gießt man dann später durch das Sieb ins Waschbecken zurück und klopft oder kratzt das Wachs aus dem Sieb in den Mülleimer. Somit ist wieder alles bereit für die nächste Runde.

Abb. 39: Werkzeug zum Gipsen und zum Ausbrühen. Jörg Stehr
Abb. 39: Werkzeug zum Gipsen und zum Ausbrühen.
Abb. 40a u. b: Mein Nassarbeitsplatz. Jörg Stehr
Abb. 40a u. b: Mein Nassarbeitsplatz.

In vielen Laboren gibt es leider keine Heißwasserbereiter, und das Wasser aus dem normalen Wasserhahn ist meistens nicht heiß genug zum Ausbrühen. Außerdem sitzt ein normaler Wasserhahn oft zu tief im Waschbecken oder der Auslass befindet sich zu nah an der Wand des Waschbeckens, um damit effektiv ausbrühen zu können. Hier muss man sich mit einem Wasserkocher behelfen, wie man ihn aus der Küche kennt. Das ist aber sehr umständlich, und man muss ständig jonglieren. Mit der einen Hand muss man Wasser auskippen und mit der anderen die Arbeit unter den Strahl halten, wobei man das Wasser am besten nicht zu üppig ausgießt oder es zu schnell verbraucht, damit alles Wachs in einem Arbeitsgang entfernt werden kann – und das alles, ohne sich das heiße Wasser über die Finger zu schütten. Der Wasserkocher sollte auch genug Inhalt haben, um alles auf einmal ausbrühen zu können … aber je mehr Wasser man einfüllt, umso mehr Gewicht hat er und umso schwieriger ist das Handling.

Der nachträgliche Einbau eines Heißwasserbereiters scheitert leider oft am Platzmangel über dem Waschbecken oder an der Wasserzufuhr zum Gerät. Aber eines tröstet bei dieser Aktion: Übung macht den Meister.

Nachdem alles ausgebrüht wurde, empfiehlt es sich, die Arbeit noch mit einem Dampfstrahler von den allerletzten Wachsresten zu befreien. Übrigens: Nur mit einem Dampfstrahler das gesamte Wachs zu entfernen, gibt eine Riesenschmuddelei. Da freut sich jeder, der das Waschbecken und die Wand dahinter wieder sauber machen darf.

Ausarbeiten

Im nächsten Schritt wird unser nun vollkommen wachsfreies Werk ausgearbeitet. Dazu muss man einige Sicherheitshinweise beachten, da zum Ausarbeiten rotierende Instrumente, auch einfach Fräsen genannt, zum Einsatz kommen. Die Fräsen bzw. rotierenden Instrumente müssen immer einen langen Schaft zum Einspannen in das Handstück haben; Fräsen mit kurzem Schaft, wie sie am Behandlungsstuhl in den Turbinen eingesetzt werden, halten nicht sehr gut in den Technikmaschinen. Sie können beim Ausarbeiten durch die Fliehkraft herausrutschen und werden dann davongeschleudert, dies birgt Verletzungsgefahr.

Man sollte auch immer mit einer Absauganlage arbeiten und eine Schutzbrille zum Abhalten von Frässpänen tragen. Oder man benutzt eine Schutzscheibe, die am Absaugmaul befestigt ist. Die Absaugung sollte selbstverständlich groß genug dimensioniert sein und genügend Leistung erbringen, um die Frässpäne auch aufnehmen und absaugen zu können.

Einfache Absaugungen, so ähnlich wie Staubsauger, die unter dem Arbeitsplatz stehen, sind oft sehr laut und werden daher nur ungern und kurz oder gar nicht eingeschaltet, weil die Lautstärke auf Dauer unerträglich ist. Das geht dann zulasten der Lungengesundheit, weil man neben dem Staub und den Schleifspänen, die beim Ausarbeiten austreten, zusätzlich auch durch die entstehende Wärme beim Schleifen ungesunde Dämpfe produziert.

Diese sollten aber, wie in Teil 3 dieses Beitrages unter „Arbeitsschutz“ ausführlich geschildert, ebenso wie die Monomerdämpfe von Aktivkohlefiltern aufgefangen werden.

Die Drehzahl der Technikmaschinen oder Handstücke sollte beim Fräsen und Ausarbeiten von kieferorthopädischen Kunststoffen bei ungefähr 25.000 bis 30.000 Umdrehungen in der Minute liegen. Wenn man eine höhere Drehzahl benutzt, kann sich der Kunststoff zu stark erwärmen und es können sich dadurch Schmelzschlieren oder weiße Streifen bilden.

Abbildung 41 zeigt die Fräsen, mit denen ich hauptsächlich arbeite. Die zwei Fräsen außen links im Bild benutze ich, um Gipsmodelle zu bearbeiten. Dabei dient die dickere Fräse dazu, Kanten zu brechen und störenden und überschüssigen Gips zu entfernen. Die schmale Fräse verwende ich zum Lochbohren für den Schraubenplatzhalter bei den medianen Schrauben und außerdem zum vorsichtigen Vorradieren zwischen den Gipszähnen für die Halteelemente (Abb. 42).

Abb. 41: Meine meistgenutzten Fräsen. Jörg Stehr
Abb. 41: Meine meistgenutzten Fräsen.
Abb. 42: Ober- und Unterkiefermodelle, interdental radiert und mit angezeichneten Positionen der Drahtelemente. Jörg Stehr
Abb. 42: Ober- und Unterkiefermodelle, interdental radiert und mit angezeichneten Positionen der Drahtelemente.

Die dritte Fräse von links hat eine sehr grobe Verzahnung; es ist dieselbe Fräse, die ich zum Gipsbearbeiten nutze. Ich schleife damit meine Arbeiten grob vor.

Danach benutze ich die schmälere konische Fräse (die vierte von links) mit einer mittleren Verzahnung. Damit arbeite ich die Feinheiten aus, wie die Ränder der Platte und den Platz für noch nicht ganz durchgebrochene Zähne. Ich entferne damit auch störende Kunststoffanteile, die die Zahnbewegungen behindern oder Zähne im Durchbruch stören. Dazu muss man die Arbeit immer wieder auf das Gipsmodell setzen und alles kontrollieren. Ganz wichtig ist es, auch darauf zu achten, dass Muskelansätze und Bänder nicht gestört werden. Hier meine ich vor allem das Zungenbändchen in der Unterkieferfront, dem oft wenig Beachtung geschenkt wird. Wenn die Zahnspange dort nicht genügend gekürzt wird, kann das Bändchen gequetscht werden und die Zunge sich nicht richtig bewegen – dies kann Schmerzen verursachen und zu Verletzungen führen. Auch die Okklusion und der Kontakt mit Geräten, die gegebenenfalls im Gegenkiefer eingesetzt sind, müssen beachtet werden. Es sollen hier ebenfalls keine Störungen oder Druckstellen entstehen (Abb. 43a u. b).

Abb. 43a: OK-Platte von basal. Jörg Stehr
Abb. 43a: OK-Platte von basal.
Abb. 43b: UK-Platte von basal. Jörg Stehr
Abb. 43b: UK-Platte von basal.

Mit dieser schmalen Fräse entferne ich auch scharfe Grate und Kanten auf der Basalseite der Geräte, vor allem um das Loch des Schraubenplatzhalters herum, um dort Druckstellen und Verletzungen zu vermeiden. Auch interdental um die Drähte herum werden alle störenden Kunststoffanteile entfernt. Dies geschieht möglichst ohne die Drähte anzuschleifen und dadurch zu schwächen.

Die Basalseiten von kieferorthopädischen Geräten werden ansonsten weder beschliffen noch geschmirgelt oder gar poliert. Das ist nicht nötig, da ja durch das Isolieren des Gipsmodells vor dem Aufstreuen schon eine glatte und sogar ganz leicht glänzende Oberfläche vorhanden ist. Außerdem werden durch jedes Bearbeiten der Basalfläche diese Stellen sozusagen hohlgelegt, es entsteht ein minimaler Spalt zwischen Gerät und Schleimhaut oder Zahn. Das kann den Halt oder die Funktion beeinträchtigen. Wenn dann alle Details und Feinheiten für die Funktion des kieferorthopädischen Geräts ausgearbeitet sind, wähle ich eine dickere Fräse, um die Spangenoberfläche zu bearbeiten und das Gerät in die gewünschte Größe und Form zu bringen sowie auf die optimale Stärke zu schleifen.

Dazu gibt es leider keine genauen Vorgaben. Aber es gibt ein Ziel: Das KFO-Gerät sollte immer so zierlich wie möglich gefertigt werden, um einen angenehmen Tragekomfort zu erreichen, gleichzeitig muss es aber auch stabil genug sein, um beim Einsetzen und Herausnehmen nicht zu zerbrechen oder verbogen zu werden. Auch durch Kau- und Schluckbewegungen sollte die Spange im Mund nicht entzweigehen.

Nachdem dies erledigt ist, bearbeite ich die Oberfläche noch einmal mit einer feiner verzahnten, dicken Fräse, um Details exakter auszuarbeiten und die Oberfläche noch etwas glatter zu schleifen. Das ist nicht unbedingt nötig, aber ich persönlich finde, dass sich das im Finish auszahlt.

Tipp:
Unter dieser Adresse kann man sich ein Video zur Ausarbeitung und Politur anschauen: www.dentaurum.de/deu/polymerisation-und-ausarbeitung-17511_17967.aspx

Der Sägeschnitt vor dem Schmirgeln und Polieren

Nun hat die KFO-Arbeit ihr endgültiges Aussehen erhalten und ist fast bereit zum Schmirgeln und Polieren. Doch zuvor muss noch der Sägeschnitt für die Schraube gemacht werden (Abb. 44a u. b).

Abb. 44a: Aktivator mit Sägeschnitt, Beispiel 1 (im Bild als dunkler Strich vor der UK-Front zu sehen). Jörg Stehr
Abb. 44a: Aktivator mit Sägeschnitt, Beispiel 1 (im Bild als dunkler Strich vor der UK-Front zu sehen).
Abb. 44b: Aktivator mit Sägeschnitt, Beispiel 2 (am Übergang vom blauen zum gelben Kunststoff). Jörg Stehr
Abb. 44b: Aktivator mit Sägeschnitt, Beispiel 2 (am Übergang vom blauen zum gelben Kunststoff).

Hierzu kann man eine Handsäge, zum Beispiel eine Bogensäge, verwenden, wie man sie in der Kronen- und Brückentechnik zum Trennen von Gipsstümpfen benutzt. Oder man nimmt eine Laubsäge aus dem Hobby- und Bastelbereich. Dies ist aber sehr anstrengend und zeitaufwendig und man muss gut aufpassen, um einen geraden und sauberen Sägeschnitt zu erhalten. Besser wählt man eine Trennscheibe, wie sie auf Abbildung 41 ganz rechts zu sehen ist. Diese gibt es in unterschiedlichen Durchmessern.

Es empfiehlt sich, für den Sägeschnitt eine Diamanttrennscheibe zu verwenden, die nur am Rand diamantiert ist. Falls die Scheibe komplett diamantbeschichtet ist, kann es passieren, dass man den Sägeschnitt, wenn man nicht aufpasst und das Handstück nicht ruhig hält, beim Trennen immer breiter macht. Außerdem sollte die Trennscheibe Löcher besitzen, die einen kühlenden Effekt ausüben. Sonst kann die Scheibe beim Trennen heiß werden und dadurch den Kunststoff zum „Schmelzen“ bringen. In dem Fall könnte dieser an der Trennscheibe hängen bleiben und es entsteht ein ausgefranzter Sägeschnitt mit verschmorten Stellen. Andere Trennscheiben, zum Beispiel vernetzte oder ähnliche, sind ungeeignet. Sie schneiden keinen sauberen Sägeschnitt, sind zu dick oder zerbrechen sehr leicht, wenn man beim Trennen die Scheibe verkantet.

Beim Trennen für den Schraubenschlitz muss man auch sehr darauf achten, dass man keine Federn, Retentionen oder gar den Labialbogen ansägt bzw. sogar durchtrennt. Das kann im Eifer des Gefechts und bei Anfängern sehr leicht passieren. Deshalb muss man schon beim Biegen der Drahtelemente sehr auf die Lage der Retentionen und Federn achten. Auch sollte man aufpassen, dass man die Schraube oder womöglich den Finger unter dem Gerät, mit dem man die Arbeit hält, nicht ansägt. Lieber stoppt man ein kleines Stück davor.

Das letzte Stück des Kunststoffs bricht dann beim anstehenden Funktionstest der Schraube.

Der Durchmesser der Trennscheibe richtet sich nach der Lage und den Platzverhältnissen des zu trennenden Bereichs. Denn man muss immer darauf achten, vor allem bei den Sägeschnitten für Segmente, nicht über die gewünschte Länge des Schnitts hinaus zu trennen oder gar aus Versehen Kerben an anderen Stellen in den Kunststoff zu fräsen.

Nachdem alle Schraubenschlitze von beiden Seiten bis zum Schraubenkörper getrennt wurden, muss man die Funktionsfähigkeit der Schraube testen. Dazu dreht man diese drei- bis viermal mit dem Schlüssel auf und kontrolliert, ob sie funktioniert. Dabei bricht dann der noch nicht vollständig getrennte Kunststoffteil der Gerätebasis, was man als ein leises Knacken hören kann. Anschließend darf man aber auf keinen Fall vergessen, die Schraube wieder zuzudrehen – aber ohne sie dabei zu überdrehen. Sehr wichtig dabei ist, dass man sich die Zahl merkt, wie oft man den Schlüssel angesetzt hat. Wenn man nämlich zu wenig zurückdreht, klemmt die Platte beim Zurücksetzen auf das Modell und im Mund des Patienten. Wenn man zu oft zurückschraubt, kann man das Gewinde der Schraube überdrehen und so kaputtmachen oder es bildet sich sogar ein Sprung im Kunststoff.

Falls der untere Teil des Platzhalters noch in der Arbeit steckt, lässt dieser sich am einfachsten herauslösen, indem man die Schraube zehnmal aufdreht. Zehnmal Aufschrauben entspricht ungefähr der Platzhalterbreite, mehr aufzuschrauben ist nicht nötig, bei weniger Umdrehungen hat man Probleme mit dem Herauslösen.

Für Segmentschrauben oder sonstige Schrauben, die nur auf der Oberfläche des Modells befestigt wurden, gilt selbstverständlich dasselbe.

Das Bearbeiten der Innenseite des Sägeschnitts ist nicht nötig. Wenn man die Trennscheibe beim Trennen sauber und ruhig führt, ist die Oberfläche der Innenseiten schön glatt. Die Kanten des Sägeschnitts werden an der Oberseite der Arbeit – dort, wo die Zunge gegebenenfalls irritiert werden könnte, – beim Schmirgeln und Polieren automatisch mit abgerundet. Auf der Basalseite wird, wie bereits weiter oben gesagt, außer scharfen Graten und Kanten nichts bearbeitet.

Schmirgeln

Abb. 45: Selbstgebauter Schmirgelpapierspender. Jörg Stehr
Abb. 45: Selbstgebauter Schmirgelpapierspender.

Nun wird noch die Oberseite unserer Spange mit Schmirgelpapier geglättet (Abb. 45). Geschmirgelt wird mit ungefähr 10.000 U/min. Wenn man eine höhere Geschwindigkeit einstellt, fetzt man nur mit den Enden des Schmirgelpapierstreifens über die Arbeit und schmirgelt nicht wirklich.

Für das Schmirgeln von KFO-Kunststoffen eignet sich Korund- Schleifpapier oder Flintpapier mit einer 180er-Körnung am besten. Schmirgelleinen kann man auch heranziehen, diese Streifen lassen sich aber aufgrund ihrer Leinenbasis schlechter abreißen und man kann dabei Fäden ziehen.

Ich benutze zum Schmirgeln Schleifpapierstreifen mit einer Länge von ungefähr 5 cm. Wenn die Außenseite stumpf ist, spanne ich einen neuen Streifen ein. Mit zwei bis drei Streifen ist eine Arbeit dann geglättet. Manche Kollegen benutzen auch längere Streifen, um sie dann Stück für Stück während des Schmirgelvorgangs abzureißen … oder sie lassen das Ende des Streifens durch eine zu hohe Drehzahl langsam „abfetzen“. Hierbei hat man aber eine längere Fahne, die dann durch die hohe Geschwindigkeit relativ unkontrolliert über das Gerät schlägt und dadurch auch an Stellen Material abträgt, an denen es gar nicht gewünscht ist.

Wenn man möchte, kann man nach dem Schmirgeln die Ränder der Platte und die Drähte noch vorsichtig mit einem nicht zu harten Gummipolierer bearbeiten und glätten. Auch Stellen, an die man später mit der Polierschwabbel schlecht herankommt, weil sie zu eng sind, kann man mit einem Gummierer vorglätten.

Polieren

Im letzten Akt wird nun noch die Oberseite der Zahnspange am Poliermotor auf Hochglanz poliert. Basal wird, wie bereits weiter vorne beschrieben, nicht poliert, um den Sitz des Gerätes nicht zu beeinträchtigen. Dafür benutzt man zuerst Bimssteinmehl oder ein ähnliches Polierpulver, das mit Wasser gebunden wird, damit nichts staubt. Außerdem dient das Wasser zur Kühlung während des Poliervorgangs.

Abb. 46: Poliereinheit mit Kopfbürste und Hochglanzpoliermittel. Jörg Stehr
Abb. 46: Poliereinheit mit Kopfbürste und Hochglanzpoliermittel.

Mit runden Bürsten, die auf einer der beiden Spindeln eines Elektromotors montiert werden, gibt man seiner Arbeit nun den letzten Schliff (Abb. 46). Von der Industrie wird eine riesige Auswahl an Polierbürsten in allen möglichen Dimensionen, Größen, Breiten, Härten und Materialien angeboten. Auch hier muss jeder für sich herausfinden und ausprobieren, womit er am effektivsten arbeiten kann.

Auf jeden Fall dürfen die Borsten der Polierbürste nicht zu hart sein. Am besten orientiert man sich an den Empfehlungen der Hersteller für den jeweiligen Einsatzbereich und testet es aus. Für die Kieferorthopädie stehen zum Beispiel eigens die sogenannten KFO-Schwabbeln oder KFO-Faltenschwabbeln zur Verfügung.

Für enge Stellen wie zum Beispiel den vorderen Teil von bimaxillären Geräten oder für tiefe oder schmale Gaumen gibt es sogenannte Kopfbürsten. Deren Borsten sollten aber ebenfalls nicht zu hart sein. Sonst kann es passieren, dass die Oberfläche des Kunststoffs zu heiß wird und es Schmelzplatten gibt, wenn man mit zu viel Kraft und zu wenig Wasser zum Kühlen arbeitet.

Die Poliermotoren für die Zahntechnik haben normalerweise zwei Geschwindigkeitsstufen: 3.000 U/min. und 1.500 U/ min. Ich empfehle zum Polieren von KFO-Arbeiten die niedrigere Geschwindigkeit. Vor allem für Anfänger oder Ungeübte ist dadurch die Gefahr, mit den Drahtelementen in der Polierbürste hängen zu bleiben, etwas geringer und man kann auch besser die Ränder zwischen den Drähten polieren.

Wenn das Vorpolieren mit Bimsmehl beendet ist, wird die Arbeit unter fließendem Wasser gut abgespült und anschließend mit Pressluft trockengeblasen. Jetzt wird die Zahnspange noch mit einer Schwabbel oder einer weichen Polierbürste und einem geeigneten Poliermittel für Kunststoff, das es im Fachhandel gibt, auf Hochglanz poliert.

Ist man mit dem Ergebnis zufrieden, kommt die Arbeit zur Reinigung in das Ultraschallgerät, um anhaftenden Schmutz und Poliermittelreste zu entfernen.

Für das Ultraschallgerät benutze ich wie für den Drucktopf Kondenswasser aus dem Wäschetrockner oder Luftentfeuchter, um mir auch hier das lästige Putzen zu erleichtern. Dazu gebe ich noch etwas Reinigungsmittel für Ultraschallbäder hinzu.

Was viele nicht wissen: Man muss das Wasser im Ultraschallreinigungsgerät vor dem ersten Benutzen erst „töten“. Das heißt, man sollte das Gerät nach dem Befüllen mit Wasser ungefähr 15 min. laufen lassen, damit die Sauerstoffmoleküle aus dem Wasser „herausvibriert“ werden. Sauerstoffarmes Wasser reinigt besser.

Durch die schnelle Vibration des Ultraschalls bilden sich zwischen den Wassermolekülen sogenannte Vakuolen, das sind mikroskopisch kleine luftleere Bereiche, die sofort wieder zusammenfallen. Sie erzeugen die Schwingungen, die die Wassermoleküle bewegen und dadurch die Schmutzpartikel von den Oberflächen rubbeln und lösen. Wenn zu viele Sauerstoffmoleküle im Wasser enthalten sind, stören diese die Bildung dieser Vakuolen.

Man sollte das Ultraschallbad während des Betriebs auch nicht zum Händewaschen benutzen. Es wird nicht nur Schmutz von äußeren Oberflächen gelöst, sondern es lösen sich auch organische Gewebeverbindungen, wenn die Hände hineingetaucht werden, zum Beispiel Knochenhaut von Knochen.

Nach ein paar Minuten im Ultraschall-Reinigungsbad wird die Zahnspange herausgenommen, noch einmal kurz abgespült und mit Pressluft getrocknet.

Abschließende Prüfung

Nun folgt der letzte Schritt. Die fertige Arbeit wird auf das Gipsmodell gesetzt und alles noch einmal genau kontrolliert:

  • Die Kunststoffbasis muss spaltfrei auf dem Modell sitzen und darf nicht schaukeln.
  • Sind alle Drahtelemente dort, wo sie hingehören? Oder müssen sie noch einmal vorsichtig zurechtgebogen werden?
  • Liegt der Labialbogen an den Frontzähnen an und verläuft horizontal? Stehen die U-Schlaufen des Labialbogens ab? Sonst können sie Druckstellen und Schmerzen verursachen.
  • Sind die Federn funktionsfähig? Stören keine Kunststoffanteile bei deren Aktivierung?
  • Die Halteelemente dürfen nicht zu locker sitzen, aber auch nicht zu fest aktiviert sein, um dem Gerät optimalen Halt zu geben, ohne dabei dem Träger Schmerzen zu verursachen.
  • Ist die ganze Arbeit schön poliert? Sind keine Riefen oder Kratzer mehr zu sehen?
  • Glänzt die Oberfläche streifenfrei?

Somit ist unser kieferorthopädisches Gerät nun fertig und bereit zur Abgabe an den Patienten.

Finish

Der Behandler sollte die wunderschöne neue Zahnspange jetzt ohne Probleme einsetzen können. Er wird den Sitz im Mund prüfen und alles kontrollieren: ob es Druckstellen gibt oder der Patient Schmerzen hat, ob etwas stört oder ob es sonstige Beschwerden gibt.

Nun beginnt die oft lange Zeit der Zahn- und Kieferregulierung. Ist alles bestens gelungen, sehen wir unsere Zahnspange nicht wieder, außer es muss etwas repariert werden.

Wir wissen aber, dass die Patienten am Ende der kieferorthopädischen Behandlung mit neuer Zahn- und Kieferstellung und einem hoffentlich schönen und strahlenden Lächeln durch die Welt gehen werden.

Ausblick

Im fünften Teil der Serie gebe ich weitere Informationen und stelle Tipps und Tricks rund um die Arbeitsvorbereitung sowie zu Werkzeug und Material vor. Außerdem zeige ich Ihnen ein paar Spezialgeräte und spezielle Schrauben und Drahtelemente.

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