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Anwendung in der Dentaltechnik: heute und morgen

Additive Fertigungsverfahren

Was ist Sache beim dentalen 3D-Druck? Was kann er schon? Wofür wird er erfolgreich genutzt? Welche Verfahrensunterschiede gibt es? Mit diesen Fragen beschäftigen sich ausführlich Wissenschaftler der Universität Tübingen. Stellvertretend für das Team gibt hier ZT Sebastian Spintzyk, M. Sc., einen Überblick.

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Fortschreitende Anwendungen von digitalen bzw. computergesteuerten Fertigungstechnologien in der Zahnmedizin wurden auf den letzten beiden Messen der Internationalen Dental-Schau (IDS in Köln; 2015 und 2017) präsentiert. Neuentwicklungen – wie z.B. Ultraschall-Intraoralscanner (RWTH Aachen), Schleifblöcke für den digitalen Workfl ow implantatgetragener Restaurationen (Vita Zahnfabrik), Produktionseinheiten, die mittels Laserablation Materialien bearbeiten (Dentalwings, Kulzer), bis hin zum Bereich der additiven Fertigungsverfahren, etwa von Herstellern wie Bego, Dentona, Formlabs, Kulzer, LukaDent, Rapid Shape, VOCO, W2P usw. – wurden dort vorgestellt. Die additiven Verfahren bieten dem Zahntechniker neue Möglichkeiten, seinen digitalen Workflow abzurunden.

Um einen Einblick in bzw. Überblick über additive Fertigungstechnologien zu vermitteln, fassen die Autoren in diesem Beitrag die unterschiedlichen Verfahren allgemein zusammen, um dann speziell auf Anwendungen im dentalen Bereich einzugehen.

Der Ausgangspunkt für jedes computerunterstütze Fertigungsverfahren, ob nun Frästechnik oder 3D-Druck, ist ein im „Computer Aided Design“ (CAD) gewonnener digitaler Datensatz (z. B. STL-Datei). Im Beispiel von Abb. 1 stellt die Tomate den dreidimensionalen Datensatz dar. Dieser wird in einem weiteren Prozess mithilfe von räumlichen X-, Y- und Z-Koordinaten weiterverarbeitet (Computer Aided Manufacturing; CAM). Das physische Bauteil wird dann Schicht für Schicht gefertigt (Abb. 2). Am Beispiel der geschnittenen Tomate wird deutlich, wie die Scheiben (Schichten) in der Maschine übereinandergelegt werden.

Abb. 1: Prinzip der additiven Fertigung, digitaler Schritt. Spintzyk
Abb. 1: Prinzip der additiven Fertigung, digitaler Schritt.
Abb. 2: Entstehung eines physischen Modells mittels Schicht-für-Schicht-Aufbau. Spintzyk
Abb. 2: Entstehung eines physischen Modells mittels Schicht-für-Schicht-Aufbau.
Abb. 3: Einteilung der in der Zahntechnik verwendeten Fertigungsverfahren. Spintzyk
Abb. 3: Einteilung der in der Zahntechnik verwendeten Fertigungsverfahren.

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Ein wesentlicher Vorteil der additiven Verfahren liegt im Herstellen von geometrisch komplexen Bauteilen, die mittels subtraktiver Verfahren nicht realisierbar wären. Betrachtet man das Beispiel aus Abb. 1, kann man sich vorstellen, dass die innere Struktur der Tomate durch Fräsen oder Schleifen nicht herstellbar wäre. Im 3D-Druck ist dies aber möglich.

Mittels additiver Verfahren lässt sich im Polymerisations-, Schmelzoder Sinterprozess Schicht für Schicht des Materials über den aufbereiteten Datensatz nacheinander und übereinander aufbauen, bis das physische Bauteil fertiggestellt ist.

Überblick über zahntechnische Fertigungsverfahren

Die zahntechnischen Fertigungstechnologien, im Allgemeinen gesehen, lassen sich in drei Gebiete aufteilen (Abb. 3):

  • Formative Fertigungsverfahren (formbringend): Hierzu zählt die Gusstechnik, welche sich seit Jahrzehnten in der Zahntechnik im Einsatz befindet – daher in Abb. 3 mit „1.0“ bezeichnet, z. B. für die Herstellung von Kronen oder Modellgussgerüsten.
  • Subtraktive Fertigungsverfahren (abtragend): Sie stellen den zweiten Entwicklungsschritt „2.0“ dar. Hierzu gehören das Fräsen oder Schleifen, z. B. auf modernen CNC-Fräsanlagen. Typische Anwendungen sind Zirkoniumdioxidkronen, gefräste (edelmetallfreie) Gerüste oder auch Aufbissschienen aus Kunststoff.
  • Additive Fertigungsverfahren (aufbauend): In diese Kategorie – die jüngste – fällt das weite Feld des „3D-Drucks“ mit seinen unterschiedlichen technologischen Lösungen, wie sie weiter unten detailliert aufgeführt werden. Parallel und synonym wird auch von „generativen“ Fertigungsverfahren gesprochen. Zusätzlich muss erwähnt werden, dass der Begriff „3D-Druck“ hier umgangssprachlich für die aufgeführten additiven Fertigungsverfahren benutzt wird. Rein technisch gesehen ist der 3D-Druck eigentlich ein Verfahren, welches zu den additiven Verfahren gehört.

Einteilung der additiven Fertigungsverfahren nach ihrer Anwendung

Abb. 4: Überblick über die additiven, auch „generativ“ genannten Fertigungstechnologien und deren Anwendung in der Zahnmedizin in Anlehnung an Gebhardt. (Gebhardt A. 3D-Drucken. Grundlagen und Anwendungen des Additive Manufacturing (AM). Carl Hanser Verlag, 2014) Carl Hanser Verlag
Abb. 4: Überblick über die additiven, auch „generativ“ genannten Fertigungstechnologien und deren Anwendung in der Zahnmedizin in Anlehnung an Gebhardt. (Gebhardt A. 3D-Drucken. Grundlagen und Anwendungen des Additive Manufacturing (AM). Carl Hanser Verlag, 2014)

Obwohl die Anwendungen der additiven Fertigungsverfahren auch schon in der Vergangenheit in der Zahnmedizin zum Einsatz gekommen sind, z. B. für Bohrschablonen oder Operations-Planungs-Modelle, ist diese Technologie auch heute noch nicht komplett ausgeschöpft. Durch die ständige Weiterentwicklung der Technologien und Materialien dringen die additiven Verfahren immer noch weiter vor. Im Schaubild in Abb. 4 sind die derzeitigen Anwendungsbeispiele in der Dentaltechnik, angelehnt an die 2014 von Professor Dr. Andreas Gebhardt genannten Einteilungen, zusammengefasst. Gebhardt spricht bei additiven Verfahren auch von generativen Fertigungsverfahren und teilt diese in zwei Bereiche ein: das Rapid Prototyping und das Rapid Manufacturing. Nach diesem Konzept stellen die Begriffe also keine austauschbaren Synonyme dar, wie im Alltag oft verwendet.

Abb. 5 zeigt z. B. Anschauungsmodelle für die Lehre der Zahnmorphologie und verschiedene geometrische Objekte nach dem Rapid Prototyping. In Abb. 6 sind funktionelle Modelle abgebildet, die z. B. für die Operationsplanung verwendet werden. An den Modellen kann der Chirurg seine Operationsschritte durchgehen. So ist es ihm etwa möglich, vor der Operation anhand von Kunststoffmodellen Titangitter nach Bedarf an die Schädelform anzupassen. Des Weiteren können derartige Modelle für die Ausbildung von Zahnmedizinstudenten verwendet werden. Im Lehrbetrieb der Poliklinik für Zahnerhaltung, Tübingen, kommen sie bereits zur Simulation von Wurzelkanalbehandlungen zur Anwendung.

Abb. 5: Rapid Prototyping von Schaumodellen, beispielsweise für die Lehre und Ausbildung. Spintzyk
Abb. 5: Rapid Prototyping von Schaumodellen, beispielsweise für die Lehre und Ausbildung.
Abb. 6: Rapid Prototyping von Planungsmodellen, z. B. für die präoperative Planung, oder zur Simulation von Zahnbehandlungen, etwa in der Endodontie. Spintzyk
Abb. 6: Rapid Prototyping von Planungsmodellen, z. B. für die präoperative Planung, oder zur Simulation von Zahnbehandlungen, etwa in der Endodontie.
Abb. 7: Rapid Manufacturing von Hilfswerkstücken für die Fertigung von z. B. Epithesen oder Modellgussprothesen (etwa ein Wax-up für die Presskeramik). Spintzyk
Abb. 7: Rapid Manufacturing von Hilfswerkstücken für die Fertigung von z. B. Epithesen oder Modellgussprothesen (etwa ein Wax-up für die Presskeramik).

Beispiele für das Rapid Manufacturing finden sich in Abb. 7. Man kann etwa Werkzeuge (Direct Tooling) herstellen, die für die Fertigung eines Bauteils benötigt werden. Additive Fertigungsverfahren generieren so Bauteile als Hilfswerkstücke, um z. B. anschließend eine definitive Epithese zu produzieren. Der fehlende Teil des menschlichen Körpers wird z. B. zunächst in Wachs gefertigt und später weiterverarbeitet. Zum Direct Tooling, auch Rapid Tooling genannt, zählen des Weiteren additiv hergestellte ausbrennbare Formen von Kronen- oder Brückengerüsten für die Weiterverarbeitung im Feingussverfahren (Metall) bzw. in der Presstechnik (Keramik).

Abb. 8: Rapid Manufacturing von fertigen Bauteilen (=Werkstücken) für den sofortigen Einsatz am bzw. im Patienten. Beispiele sind individuelle Löffel, Totalprothesen, Epithesen, Metallgerüste, Schienen, provisorische Kronen oder Brücken. Spintzyk
Abb. 8: Rapid Manufacturing von fertigen Bauteilen (=Werkstücken) für den sofortigen Einsatz am bzw. im Patienten. Beispiele sind individuelle Löffel, Totalprothesen, Epithesen, Metallgerüste, Schienen, provisorische Kronen oder Brücken.

Ein weiteres Verfahren des Rapid Manufacturing ist das Direct Manufacturing. Anders als beim Rapid Tooling werden hier nicht Hilfswerkstücke oder Formen generiert, sondern fertige Bauteile (Abb. 8), die direkt im oder am Patienten zum Einsatz kommen. Die Zusammenstellung gibt Bildbeispiele für diese Art des additiven Fertigens: So lassen sich z. B. direkt hergestellte Einstückgussprothesen, individuelle Abformlöffel, Aufbissschienen oder sogar Silikonepithesen seit Neuestem direkt fertigen (Unkovskiy et al.).

Einteilung der additiven Fertigungsverfahren nach Drucktechniken

Abb. 9: Das Verfahren des „Fused Deposition Modeling“ (FFF; Schmelzschichten). Spintzyk
Abb. 9: Das Verfahren des „Fused Deposition Modeling“ (FFF; Schmelzschichten).

Nachdem Anwendungsbeispiele zu additiven Verfahren aufgelistet wurden, wird im Folgenden auf unterschiedliche Druckverfahren eingegangen.

Das Schmelzschichten

Beim Schmelzschichten (Abb. 9) wird ein Polymer-„Draht“ (Filament) in einem Extruder in eine beheizte Düse gezogen bzw. gedrückt. Das Filament schmilzt in der Düse und wird über diese flüssig ausgepresst – ähnlich wie bei einer Heißklebepistole. Dieses Verfahren wird mit dem englischen Begriff „Fused Filament Fabrication“ (FFF) genannt oder speziell für die Firma Stratasys mit „Fused Deposition Modeling“ (FDM) bezeichnet.

Das geschmolzene Material wird auf einem beheizten Druckbett abgelegt bzw. auf der Vorgänger-Schicht deponiert. Je nach Hersteller lässt sich entweder das Druckbett in Z-Achse und der Druckkopf in X- und Y-Achse bewegen oder umkehrt. Das zu fertigende Objekt wird so Schicht für Schicht aus aufgeschmolzenem Material erstellt und kühlt anschließend ab.

Abb. 10: Mittels Schmelzschichten aus Valplast-Filament gefertigt: links eine Klammerprothese, rechts ein individueller Abformlöffel. Spintzyk
Abb. 10: Mittels Schmelzschichten aus Valplast-Filament gefertigt: links eine Klammerprothese, rechts ein individueller Abformlöffel.

Der Einsatz mehrerer Druckköpfe ermöglicht die Verwendung von Stützstrukturen und erlaubt einen Multi-Material-Druck. Das FFF-Verfahren steckt im zahntechnischen Bereich aktuell noch in den Kinderschuhen. Erste Anwendungen und Studien hierzu sind aber vielversprechend. So scheint es für den Druck kieferorthopädischer Modelle und individueller Abformlöffel gut geeignet zu sein (Krey et al.). Auch Teilprothesenbasen inklusive Halteklammern können bereits im FFF-Verfahren hergestellt werden. Als erster Hersteller weltweit hat das US-amerikanische Unternehmen Valplast sein bisher nur konventionell zu verarbeitendes Thermoplast – ebenfalls mit Namen Valplast – als Filament auf den Markt gebracht. Hierdurch wird das bereits seit Jahren im Injektionsverfahren verwendete Material in das digitale Zeitalter gehoben. Da prinzipiell dasselbe Fertigungsverfahren, nämlich das Aufschmelzen und Informbringen, zugrunde liegt, konnte das Valplast-Filament (Abb. 10) bereits als Medizinprodukt auch für die FFF-Variante zertifiziert werden und auf umfangreiche Studien zurückgreifen (Boeckler et al., Roggendorf et al.).

Weitere Materialien, die für die zahntechnische Anwendung des FFF-Verfahrens interessant wären, sind Polyethylenterephthalat- Glycol (PETG) für Abformlöffel (vgl. Abb. 10 rechts), Polymethylmethacrylat (PMMA) für Prothesenbasen und -zähne sowie Polyoxymethylen (POM) oder gar Polyetheretherketon (PEEK).

Allen Materialien gemeinsam ist der Nachteil des FFF-Druckes, dass zurzeit die Auflösung des gedruckten Objektes noch nicht an die der anderen Druckverfahren heranreicht. Vorteilhaft ist es hingegen, dass aufgrund der Verarbeitung ohne Polymerisation die höchstmögliche Biokompatibilität von allen Verfahren des Kunststoff- Druckens erreicht wird.

Maskenbelichtung und punktgenaue Belichtung

Anders als beim FFF wird bei der Maskenbelichtung („Digital Light Processing“; DLP) die Schichtung nicht über Aufschmelzen und Abkühlen, sondern über Polymerisationsprozesse erreicht. Hier kommen flüssige lichthärtende Polymere zum Einsatz.

Das Polymer wird in eine Schale („Badbehälter“) gefüllt, welche am Boden lichtdurchlässig ist. Über eine Lichteinheit (Lichtstrahl, Spiegel, Projektor), meist mit den Wellenlängen von 405 nm oder 385 nm, wird das Polymer durch die Wanne hindurch Schicht für Schicht ausgehärtet (Abb. 11). Mithilfe des Projektors wird dazu jeweils ein „Bild“ auf die gefüllte Wanne geworfen. Helle bzw. schwarz belassene Teile des projizierten Bildes (Maske) bestimmen die Stellen, die vom Licht erreicht werden. Das ausgehärtete Objekt befindet sich hier an einer Bauplattform haftend, die über die Z-Achse in bzw. aus der Wanne heraus bewegt wird.

Abb. 11: Prinzip eines DLP-Druckers. Spintzyk
Abb. 11: Prinzip eines DLP-Druckers.
Abb. 12a: DLP-Gerät der Firma W2P. W2P
Abb. 12a: DLP-Gerät der Firma W2P.
Abb. 12b: Der DLP-Drucker D30 II der Firma Rapid Shape. Rapid Shape
Abb. 12b: Der DLP-Drucker D30 II der Firma Rapid Shape.

Der DLP-Druck ist das in der Zahntechnik zurzeit weitest verbreitete Verfahren. Nicht zuletzt aufgrund des rapiden Preisfalls bei DLP-Druckern bildet es einen schnellen Einstieg für die Dentallabore (Abb. 12a u. b).

Abb. 13: SLA-Gerät der Firma Formlabs. SLA
Abb. 13: SLA-Gerät der Firma Formlabs.

Das DLP-Verfahren ist eine Variante des Lithografie-Verfahrens, das mit lichthärtenden Systemen arbeitet. Die andere Variante ist die Stereolithografi e („Stereolithography Apparatus“; SLA): Hier erfolgt die Belichtung punktgenau und sukzessive mittels eines Lasers, nicht flächig durch eine Maske hindurch. Den wesentlichen Technologieunterschied macht die jeweils entwickelte Belichtungseinheit aus. Diese wiederum führt zu Unterschieden in den eingesetzten und einsetzbaren Materialien. Zum Beispiel werden mit dem Form2-Gerät (Abb. 13) Materialien mit der Wellenlänge 405 nm verwendet. Welcher Variante man auch folgt, nach dem Belichtungsprozess im Drucker muss das Objekt noch einem sogenannten Postprocessing unterzogen werden, um den Polymerisationsprozess vollständig abzuschließen und eine volle Dimensionsstabilität und Biokompatibilität zu erreichen. Hierzu müssen die Bauteile in einem Akoholbad gereinigt und anschließend in speziellen Lichthärtegeräten mit der entsprechenden Wellenlänge nachbelichtet werden.

Ein breites Angebot an erhältlichen Photopolymeren deckt schon heute ein weites Spektrum zahntechnischer Anwendungsmöglichkeiten ab. Für Bohrschablonen über ausbrennbare Gerüstformen bis hin zu Prothesenbasen und Aufbissschienen sind die verschiedensten Materialien bereits im Einsatz – in der Regel auf Basis eines lichtpolymerisierenden Acrylates.

Vorteile der Lithographie-Druckverfahren betreffen die relativ hohe Genauigkeit, den hohen Durchsatz sowie die Vielfalt an zugelassenen Materialien. Ein großer Nachteil der Lithografie-Verfahren besteht noch in der ebenso von konventionellen lichthärtenden Dentalmaterialien her bekannten fehlenden Beständigkeit der Materialien in Bezug auf Dimensionsstabilität, Biokompatibilität und Materialeigenschaften.

Das PolyJet-Verfahren

Abb. 14: Das PolyJet-Verfahren der Firma Stratasys, Rehovot/Israel. Firma Stratasys
Abb. 14: Das PolyJet-Verfahren der Firma Stratasys, Rehovot/Israel.

Beim PolyJet-Verfahren (Abb. 14) wird wie bei einem herkömmlichen Tintenstrahldrucker mit einem Kartuschen-System gearbeitet. In den Kartuschen befinden sich lichthärtende Polymere, die über feine Düsen („Jets“) auf ein Druckbett gesetzt werden. Nach dem Auftrag wird über die im Druckkopf eingebauten UV-Lampen die jeweilige Schicht polymerisiert.

Das PolyJet-Verfahren ist bereits seit Längerem im Dentalbereich etabliert und dient dort z. B. dem Drucken von Dentalmodellen (etwa in der Aligner-Therapie) oder ausbrennbaren Objekten für die Gusstechnik. Die Hauptgruppe der bisher verwendeten Materialien basiert auf Acrylaten, diese sind teils mit keramischen Füllstoffen versetzt.

Ein großer Vorteil des PolyJet-Verfahrens liegt in der Verwendung von Kartuschen, die prinzipiell auch einen Multi-Material- bzw. Multi- Farbdruck gestatten. Diese Möglichkeit mag in Zukunft spannend werden, da so z. B. der Druck von anatomisch gestalteten Konfektionszähnen (Schweiger et al.) oder von Prothesenbasen inklusive integrierter Prothesenzähne im gleichzeitigen Druckvorgang möglich sein könnte.

Es lassen sich über mehrere Druckköpfe Stützstrukturen mitdrucken, die aus anderem Material als das eigentliche Objekt bestehen und effizient zu entfernen sind. Positiv zu vermerken sind sicherlich auch die hohe Auflösung beim PolyJet-Verfahren sowie der relativ gute Materialdurchsatz.

Es ist als nachteilig anzusehen, dass relativ hohe Kosten für Geräte und Materialkartuschen anfallen. Hinzu kommen die zurzeit begrenzte Verfügbarkeit unterschiedlicher Photopolymere sowie die mit lichthärtenden Materialien einhergehende geringere Biokompatibilität und Langzeitbeständigkeit. Dies gilt im selben Maße wie bei den Photopolymeren für die Lithografie-Verfahren.

Selektives Laserschmelzen

Abb. 15: Das selektive Laserschmelz-Verfahren. Spintzyk
Abb. 15: Das selektive Laserschmelz-Verfahren.

Beim „Selective Laser Melting“ (SLM; Abb. 15) werden Metalllegierungen als druckbares Material in Pulverform verwendet. Das Pulver befindet sich in einer Kammer, die in der Z-Achse bewegt werden kann. Die einzelnen Schichten werden mittels einer Laser-Quelle, über eine Spiegel-Optik geleitet, aufgeschmolzen. Nach jeder Schicht wird mit einem Rakel die alte Schicht des Pulvers entfernt und eine neue Schicht aufgebracht, während sich die Bauplattform in der Z-Achse nach unten bewegt. Die fertigen Objekte müssen anschließend noch über eine Nachbearbeitung fertiggestellt werden (Temperaturbehandlung und Verschleifen der Stützstrukturen).

In der Zahntechnik kommen zurzeit die aus der konventionellen Gusstechnik bekannten Legierungen mit Gold, Titan oder Kobalt- Chrom auch in der Laserschmelztechnik zum Einsatz. Dieses Verfahren stellt eine hohe Anforderung an die verwendeten Materialien in Bezug auf Rieselfähigkeit, Beschaffenheit und Größe der Pulverpartikel. Bei der Verwendung solcher Geräte für die additive Fertigung ist ein sehr hoher technologischer Aufwand nötig und die Methode bietet sich deshalb eher für dienstleistende Fertigungslabore an.

Vorteilhaft am SLM-Verfahren sind die hohe Genauigkeit des Verfahrens und die Biokompatibilität der Materialien. Als nachteilig werden die pockenartige Oberfläche sowie das aufwendige Entfernen und Verschleifen der metallischen Stützstrukturen angesehen. Nachteilig ist zurzeit auch noch der hohe Preis dieser SLM-Geräte, wobei seit kürzerer Zeit auch SLM-Geräte aus dem Nicht-Dental- Bereich für unter 10.000 Euro auf den Markt gekommen sind. Sicherlich wird sich gerade hier in den nächsten Jahren noch viel weiterentwickeln. Daneben gibt es auch das dem völligen Aufschmelzen eng verwandte Verfahren des Lasersinterns.

Ausblick

Wurde in der Vergangenheit der 3D-Druck aufgrund der hohen Kosten in den meisten Fällen für den Prototypenbau ausschließlich in der Industrie verwendet, ist diese Technik in der heutigen Zeit durch den Wegfall einiger Patente und neue, günstige Technologien für den breiten Markt finanzierbar geworden. Heutzutage kann ein einfacher 3D-Drucker für wenige Hundert Euro quasi von jedermann käuflich erworben werden. In sogenannten „FabLab Communities“, die es als offene Werkstätten auch in etlichen deutschen Städten gibt, schließen sich interessierte Personen zusammen. Sie setzen sich mit additiven Verfahren auseinander und teilen in der Community Wissen und Geräte miteinander. Die 3D-Druck-Technologie, die sich dabei für Konsumenten am erschwinglichsten darstellt, ist das beschriebene Filament-Verfahren, welches sich aus Sicht der Autoren auch verstärkt für dentale Anwendungen anbieten würde. Eine Studie von Kasparova et al. hat gezeigt, dass FFF-gedruckte Modelle im Vergleich zu klassischen Gipsmodellen eine ähnliche Präzision aufweisen. Somit wäre das FFF-Verfahren auch z. B. für Situationsmodelle nach digitaler Abformung und die Herstellung von individuellen Abformlöffeln für die Prothetik denkbar. Ein großer Vorteil der im FFF-Verfahren gedruckten Löffel liegt im Vergleich zur konventionellen Herstellung (lichthärtendes Polymer auf dem Modell adaptieren) in der hohen Biokompatibilität, sodass der Zahntechniker nicht mehr mit den lichthärtenden Löffelmaterialien in Kontakt kommt. Zusätzlich erhöht sich die Reproduzierbarkeit der Fertigung. Es lassen sich Platzhalter digital einstellen und somit auch gleichmäßige Abformmassen-Stärken realisieren. Groth et al. nennen sogar die Herstellung von Retainern und Alignern, die mittels FFF-Verfahren hergestellt werden.

Um zu untersuchen, ob das Schmelzschichten und die verwendeten Materialien überhaupt am Patienten angewandt werden können, wurden im biologischen Labor der Sektion für Medizinische Werkstoffkunde & Technologie (Sektion MWT) am Universitätsklinikum Tübingen erste Biokompatibilitäts-Test nach ISO-Standard mit einem kommerziell erhältlichen Polylactid-Filament (PLA) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen: Im Vergleich zu einem lichthärtenden Polymer, wie es z. B. für Löffelplatten eingesetzt wird, weist das verwendete PLA-Material ein ähnliches biologisches Verhalten auf wie konventionelle Löffelmaterialien. Weitere FFF-Polymere wie Valplast (Polyamid 12) oder PETG des Herstellers Arfona sind sogar bereits als Medizinprodukt für den oralen Einsatz CE-zertifiziert.

Erste Ergebnisse zeigen ein mögliches Anwendungspotential in der Zahntechnik für Polymer-Filamente im FFF-Verfahren. Weitere biologische Untersuchungen wie z. B. ein Test zur Zellproliferation oder Überlebensfähigkeit von Zellen (XTT-Test) und Tests an Extrakten sollten durchgeführt werden, um die biologische Verträglichkeit der angebotenen Materialien auf dem Markt zu belegen. Außerdem sollten die Materialverträglichkeit und Haftung z. B. mit den nachfolgend eingesetzten Abformmaterialien untersucht werden.

Bereits durch den Einsatz von ersten digitalen Fertigungstechnologien, wie z. B. der subtraktiven Bearbeitung mittels CNC-gesteuerter Fräsmaschinen, kamen neue Werkstoffe in der Zahntechnik zur Anwendung. Viele dieser Werkstoffe würden sich mit den herkömmlichen Fertigungstechnologien nicht verarbeiten lassen. Außerdem können nun auf einfache Weise reproduzierbare und homogene Werkstücke gefertigt werden. Durch die hinzugekommene additive Fertigung lassen sich jetzt auch komplizierte, bislang schwierig zu realisierende Geometrien automatisiert herstellen.

Abb. 16: Anforderungen in der Prozesskette Zahntechniker-Zahnarzt-Patient an die additiven Verfahren. Spintzyk
Abb. 16: Anforderungen in der Prozesskette Zahntechniker-Zahnarzt-Patient an die additiven Verfahren.

Digitale Technologien üben einen starken Druck auf das berufliche Profi l der Zahntechnik aus, sodass sich Zahntechniker mit diesen Fertigungsverfahren auseinandersetzen müssen. Auch die berufliche Bildung und Ausbildung muss diesem neuen Anforderungsprofi l gerecht werden. Gleichzeitig können die neuen Fertigungsverfahren auch dem Berufsbild des Zahntechnikers neue Attraktivität verleihen und so auch junge Menschen zum Ergreifen dieses Handwerksberufes gewinnen. Durch den Einsatz dieser Verfahren wird das Berufsbild noch vielfältiger gestaltet; neue Verfahren dienen als Motivation für die Aus- und Weiterbildung und sind unerlässlich in der engen Zusammenarbeit mit dem behandelnden Zahnarzt, um die höchste Patientenzufriedenheit sicherzustellen (Abb. 16).

Nicht zuletzt war es der Fachkräftemangel, der die Automatisierung in der Zahntechnik vorangetrieben hat. So wird versucht, durch den gezielten Einsatz neuer Technologien fehlendes Personal auszugleichen bzw. bestehendes Personal für andere Fertigungsschritte verfügbar zu machen.

Die additiven Fertigungsverfahren sind im Dentallabor für die breitere Masse verfügbar geworden und es wird sich erweisen, inwieweit folgende Entwicklungen diese Technologie noch verbessern. Erste Ansätze zeigen 3D-Drucker mit eingebauter Nachbearbeitungseinheit: Die Automatisierung bezieht auch Schritte wie Reinigen in Alkohol und Nachbelichten mit ein (Structo 3D: Velox). Maschinen wie die der Firma Carbon zeigen eine signifikant erhöhte Fertigungsgeschwindigkeit, die den Produktionsausstoß von 3D-gedruckten Objekten erhöhen würde (Carbon: M1). Die gleichen Ansätze gibt es auch im Bereich des Filament-Drucks. Hier haben Forscher am Massachusetts Institute of Technology das Verfahren so modifiziert, dass eine 7-fache Volumendurchflussrate möglich wird. Die Prozessgeschwindigkeit erhöht sich gegenüber herkömmlichen FFF-Geräten deutlich (Go & Hart).

Im Bereich der Materialentwicklung für Lithografie-Verfahren geht die Firma Cubicure derzeit einen vielversprechenden Schritt. Hier wird der Bauraum des 3D-Druckers (Caligma) beheizt: Somit lassen sich hochgefüllte Polymer-Systeme mit einer hohen Viskosität verwenden, die in ihren mechanischen Eigenschaften denen der normalen Lithografie-Materialien überlegen sind (Hot Lithography). Auch im Bereich der Keramikverarbeitung gibt es Ansatzpunkte für additive Verfahren, die vielleicht in der Zukunft für dentale Anwendungen eingesetzt werden könnten (Lithoz; XJET; Rapidshape).

Diese spannenden Ausblicke zeigen das Entwicklungspotenzial im Bereich der additiven Fertigungsverfahren und es ist abzuwarten, was uns für die Dentaltechnik in der Zukunft als Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen wird.

Danksagung

Als Erstes danken wir allen Kollegen am Universitätsklinikum Tübingen, die im Projekt „Anwendung von additiven Fertigungsverfahren in der Zahnmedizin“ (https://www.researchgate.net/project/Additive-manufacturing-in-dentistry) mitwirken und zum guten Gelingen beitragen.

Des Weiteren danken wir Markus Nordmann (VOCO GmbH, Cuxhaven) und den Kollegen der Firma W2P Engineering GmbH (Klosterneuburg, Österreich) für die sehr gute Unterstützung beim Umgang mit den Materialien und der DLP-Technologie.

Verfasser:
Hauptautor: Sebastian Spintzyk; M. Sc. ZT (1)
Alexey Unkovskiy; Dr. med. dent. (2)
Thies Elteste; Geschäftsführer (3)
Bernd Koos; Prof. Dr. med. dent. (4)
Ashraf ElAyouti; PD Dr. med. dent. (5)
Fabian Hüttig; OA Dr. med. dent. (2)
Jürgen Geis-Gerstorfer; Prof. Dr. rer. nat. (1)
Anschriften:
(1) Sektion Medizinische Werkstoffkunde & Technologie
Universitätsklinikum Tübingen, Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen
(2) Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik mit Propädeutik
Universitätsklinikum Tübingen, Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen
(3) Johannes Weithas GmbH & Co. KG
Gartenstr. 6, 24321 Lütjenburg
(4) Poliklinik für Kieferorthopädie
Universitätsklinikum Tübingen, Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen
(5) Poliklinik für Zahnerhaltung
Universitätsklinikum Tübingen, Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen

Auswahl von Herstellern und Produkten aus dem dentalen 3D-Druck-Bereich

Firmennamen und Firmensitz
Bego, Bremen
Dentalwings, Letourneux, Montreal/Kanada
Dentona, Dortmund
Formlabs, Somerville, Massachusetts/USA
Kulzer, Hanau
Lithoz, Wien/Österreich
LukaDent, Schwieberdingen
Rapid Shape, Heimsheim
W2P, Engineering Klosterneuburg/Österreich
XJET, Rehovot/Israel
Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen
VOCO, Cuxhaven
Materalien und Geräte          Firmen
Caligma                                 Cubicure, Wien/Österreich
Form2                                    Formlabs, Somerville, Massachusetts/USA
M1                                         Carbon, Redwood City, Kalifornien/USA
PolyJet                                   Stratasys, Rehovot/Israel
r.Pod                                      Arfona, Brooklyn, New York/USA
SOLFLEX 170PLUS                W2P Engineering, Klosterneuburg/Österreich
Valplast                                  Johannes Weithas GmbH & Co. KG, Lütjenburg
VELOX                                    Structo/Singapur
Diese Aufstellungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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