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Werkstoffe

Biologisch ungünstige Auswirkungen von Dentalwerkstoffen

Die dentale Technologie hat in den vergangenen Jahren ähnlich wie die Zahnmedizin außerordentliche Innovationen und Weiterentwicklungen erfahren. Neben dem Fortschritt der dentalen Herstellungsverfahren sollten die Auswirkungen von Werkstoffen in der Mundhöhle des Patienten vorrangig auch im Dentallabor bedacht werden. In erster Linie erfordern Metalllegierungen und Kunststoffe eine sorgfältige Auswahl, da sich nicht selten und dann teilweise schwerwiegende Konsequenzen auf die Mundschleimhäute und den Gesamtorganismus nach sich ziehen können. Insbesondere sollte bei implantatgetragenen Suprastrukturen auf mögliche Schädigungen des Implantatlagers geachtet werden. Im Folgenden zeigt Dr. Jan Foitzik relativ häufige Schädigungsursachen durch dentale Werkstoffe auf und nennt Möglichkeiten einer Risikovermeidung.

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Wenn man zunächst auf Gold- und Goldlegierungen blickt, muss man festhalten: Diese werden seit vielen Jahrzehnten in der Dentaltechnologie mit beachtlichem Erfolg verwendet. Die oft über Jahrzehnte beobachtete Überlebensdauer von Goldkronen, Goldinlays und -onlays spricht für die Verwendung von hochgoldhaltigen Legierungen in der restaurativen Zahnmedizin [4, 9, 15, 16, 21]. Doch sogar die „Goldversorgung“ bleibt nicht ganz ohne biologisch negative Antwort.

Metallallergie und Metallunverträglichkeit

In sehr seltenen Fällen wurden auch bei Gold Unverträglichkeitsreaktionen beobachtet [3, 5, 8, 21]. Eine echte Goldallergie kommt selten vor; häufiger ist die Ursache eine Allergie gegen andere Legierungskomponenten wie Silber, Palladium, Kupfer und Nickel, wobei die Letzteren heute in Dentallegierungen nicht mehr vorkommen [19, 21–24]. Nickelallergien sind allerdings häufig; sie werden überwiegend durch Modeschmuck und Piercings verursacht [1, 3, 8, 10]. Nicht jede Reaktion auf den Zahnersatz im Mund ist eine allergische [18]. Nicht selten entsteht ein entzündlicher Reiz im Bereich des Zahnersatzes, wenn die Mundhygienemaßnahmen unzureichend sind [2, 7, 12]. Bei einer echten Allergie können die Symptome außerhalb der Mundhöhle auftreten und die Diagnose erheblich erschweren.

In vielen Fällen verschwinden die Schleimhautveränderungen wieder, wenn der Reiz beseitigt wurde. In schwerwiegenden Fällen muss eine Behandlung der betroffenen Patienten angeschlossen werden – oder aber es war vorher eine Therapie ohne den zu erwartenden Erfolg durchgeführt worden, weil die Ursachen der Schleimhautreaktion nicht erkannt wurden.

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Kunststoffe in der Dentaltechnologie

Kunststoffe haben in der dentalen Technologie einen erstrangigen Stellenwert und werden seit vielen Jahrzehnten im großen Umfang verwendet. Sie spielen eine herausragende Rolle in der Hybridprothetik und werden auch heute noch gerne als Verblendmaterialien oder Befestigungsmaterial verwendet [6, 14].

Die Dentalkomposite bestehen chemisch aus verschiedenen Komponenten, welche in einem definierten Mischungsverhältnis miteinander verrührt werden und zum definierten Werkstück aushärten. Die den Kunststoffpolymeren zugesetzten flüssigen Monomere führen zur Verfestigung der Kunststoffe, aber es verbleiben Monomere in dem Werkstück und werden in kleinen Mengen aus dem Kunststoff freigesetzt [6, 14, 18].

Da Restmonomere eine komplexe Molekularstruktur haben, können sie in den umliegenden Geweben unerwünschte Reaktionen hervorrufen. Neben lokalen Schleimhautreizen sind auch andere Folgen möglich. Denn die Monomere werden mit dem Speichel in den Magen-Darm-Kanal gespült und von dort in den Organismus aufgenommen – so können sie in andere Körperorgane verteilt werden.

Lokal können die löslichen Kunststoffbestandteile bei höherer Konzentration toxisch wirken und/oder zu allergischen Reaktionen führen bzw. erhebliche Erkrankungen verursachen.

Insbesondere werden Methylmethacrylate als die häufigsten Verursacher von Reaktionen diskutiert. Auch der Zahntechniker selbst ist bei seiner täglichen Arbeit den Monomeren aus dieser Materialgruppe ausgesetzt, weshalb eine maximal erlaubte Monomerkonzentration in der Raumluft von Dentallaboren einen Niederschlag in der Gefahrstoffverordnung fand [14].

Demgegenüber ist bei der Verwendung von Polygläsern die toxische Wirkung auf die Gewebezellen geringer einzuschätzen [14].

Hinzu kommt eine rasant angestiegene „Umwelt“belastung durch Kunststoffe und ihre Monomere und Bisphenole, welche in den Regelungskreislauf der Zellen eingreifen können [18]. Deren hormonartige Wirkungen werden diskutiert, und der Verordnungsgeber sieht sich aufgefordert, für die Verwendung von Kunststoffen in der Dentaltechnik und in der Zahnmedizin Vorschriften zu erlassen.

Abb. 1 a–c: Toxische Gingivareaktion auf Befestigungskunststoffe.
Abb. 1 a–c: Toxische Gingivareaktion auf Befestigungskunststoffe.

Anhand des folgenden klinischen Falles kann die Problematik von Kunststoffen in der Dentaltechnik anschaulich dargestellt werden (Abb. 1 a–c).

Bei der Herstellung einer Oberkieferprothese, welche über acht keramische Primärteleskopkronen stabil gelagert wurde, wurden die sekundären Galvanoteleskope mit einem Kunststoffkleber in das Prothesengerüst eingeklebt. Die Primärkronen wurden mit einem Glasionomerzement auf den Zahnstümpfen befestigt.

Nach einem Zeitraum von rund einem Jahr trat im Bereich der marginalen Schleimhaut ein hochroter ca. 2 mm breiter Reaktionsbezirk auf, der einer ganzen Anzahl von Therapiemaßnahmen trotzte. Die marginale Schleimhaut blutete bei geringer mechanischer Reizung stark. Der marginale Knochen hingegen zeigte keine Infektionszeichen und keinen Abbau, sodass die Zähne parodontal stabil waren.

Schließlich – ca. 3 Jahre nach der Eingliederung der Teleskopprothese – wurde der Zahnersatz entfernt und durch eine festsitzende Brückenkonstruktion ersetzt. Im distalen Bereich konnten aufgrund eines günstigen Knochenangebotes jeweils zwei Implantate eingesetzt werden.

Bereits wenige Tage nach der Entfernung des Zahnersatzes verschwanden die Gingivaveränderungen spontan.

Spaltkorrosion – Gefahr für den prothetischen Pfeiler

Mit dem Anstieg des Goldpreises war die Suche nach einem geeigneten Ersatzmetall notwendig geworden. So kamen zunächst goldreduzierte Legierungen und die edelmetallfreien Legierungen zum Einsatz.

In Form von Kobaltbasislegierungen wurden biologisch günstige und weitestgehend stabile Materialien eingeführt – wobei aber deren Verarbeitung deutlich mehr Schwierigkeiten und Probleme bereitete als von hochgoldhaltigen Legierungen [15].

Mit der Entwicklung unzähliger Dentallegierungen und deren Einsatz bei den Patienten wurden zum Teil ungünstige Erfahrungen gewonnen. Da diese zeitlich mit der zunehmenden Herstellung von implantatgetragenen Suprastrukturen zusammenliefen und hierbei hochkomplexe Verbindungselemente wie verschraubte Geschiebe, Riegel und Abutment-Kronen-Verschraubungen verstärkt verwendet wurden, traten aufgrund des dabei entstehenden Mikrospaltes Korrosionserscheinungen auf, welche teilweise zu heftigen Gewebeläsionen führten [21, 22].

Spaltkorrosion wurde bereits bei der Verwendung von metallischen Aufbaustiften beobachtet. Diese Stifte wurden im Wurzelkanal zementiert und korrodierten infolge von Undichtigkeiten der Befestigungszemente und Eintritt von Sekreten zwischen dem Aufbaustift und der Zahnkanalwand.

Die Folgen waren Zahnfissuren und Wurzelfrakturen und in den meisten Fällen zusätzlich auftretende Schwarzfärbungen der umgebenden Schleimhäute, die man als Metallose des Gewebes bezeichnet [11, 13, 17, 20]. Diese Verfärbungen entwickeln sich aufgrund des Austritts von Metallionen aus der Dentallegierung und der Niederschlagung im Gewebe (Abb. 2 a–c).

Abb. 2 a–c: Zerstörung einer Zahnwurzel durch Spaltkorrosion an einem gegossenen Kronenaufbaustift.
Abb. 2 a–c: Zerstörung einer Zahnwurzel durch Spaltkorrosion an einem gegossenen Kronenaufbaustift.
Abb. 3: Schematische Darstellung der Spalt- oder Lochfraßkorrosion.
Abb. 3: Schematische Darstellung der Spalt- oder Lochfraßkorrosion.

Die chemischen Ursachen der Spaltkorrosion (Abb. 3) beruhen auf der Dissoziation des Wassermoleküls in einem feuchten unbelüfteten Spalt [17, 21]. Bei diesem spontan ablaufenden chemischen Vorgang werden Wassermoleküle in positiv geladene H+- und negative OH–-Ionen gespalten. Die OH–-Ionen lösen in der Folge die im Legierungsgefüge oberflächlichen Metallionen heraus. Bevorzugt besiedeln diese Zahn- und Implantatoberflächen und führen dort zu metalltoxischen Gewebezerstörungen.

Abb. 4: Deutlich sichtbare Goldionenablagerung nach 30 Jahren auf Titanabutments von IMZ-Implantaten (IMZ = intramobiles Zylinderimplantat).
Abb. 4: Deutlich sichtbare Goldionenablagerung nach 30 Jahren auf Titanabutments von IMZ-Implantaten (IMZ = intramobiles Zylinderimplantat).

Auch bei der Metallverblendkeramik-Versorgung kann Spaltkorrosion auftreten, wenn es der Zahntechniker versäumt hat, den Oxidbrand nach der Kronenverblendung zu entfernen. Beim Oxidbrand treten an der Legierungsoberfläche die unedlen Metallionen an die Gerüstoberfläche und vermitteln einen stabilen Halt der Verblendkeramik. Die Keramik deckt das Oxid ab, an allen anderen Oberflächen muss es manuell entfernt werden. Nach der Verblendung können die Zahnkronen auch von innen abgestrahlt werden, um diese Metalle zu entfernen [20].

Bei Implantaten und insbesondere bei zusammengesetzten und verschraubten Abutments kann die Ionenablagerung mit bloßem Auge sichtbar werden (Abb. 4).

Die Spaltkorrosion verursacht typische klinisch erfassbare Symptome bei den betroffenen Patienten:

  • Geschmacksirritationen
  • Verfärbungen (Metallose)
  • Schleimhautbrennen
  • Schleimhautinfektion
  • Gingivitis, Parodontitis, Periimplantitis
  • Mundtrockenheit
  • Lysen am Alveolarknochen
  • Schleimhautnekrosen

Durch die Verwendung korrosionsstabiler Metalle oder vollkeramischer Suprastrukturen lassen sich Korrosionserscheinungen sicher vermeiden. Der Verzicht auf komplizierte Konstruktionselemente wie verschraubte Geschiebe, Transversalverschraubungen und die zementierte Suprastruktur sind für die Vermeidung von Korrosionsschäden von besonderer Bedeutung [4, 21].

Der in den letzten Jahren immer höhere Stellenwert von vollkeramischen Suprakonstruktionen begünstigt die zunehmende Verdrängung der Metalle in der dentalen Technologie, was zur Vermeidung von Korrosionsvorgängen führt – denn Vollkeramiken korrodieren nicht.

Ausblick: Was muss und was kann der Zahntechniker beachten?

Die biologisch ungünstigen Auswirkungen von dentalen Materialien im Mund der Patienten können auch für den Zahntechniker eine rechtliche Haftungsproblematik auslösen, wenn der Zahntechniker aus Unwissenheit oder im eigenen Ermessen ein schädigendes Material wählt, falsch verarbeitet oder die Anweisungen des auftraggebenden Zahnarztes missachtet.

Andererseits haftet der Zahntechniker für die korrekte bzw. vorschriftgemäße Verarbeitung der Legierungen, korrekte Herstellung des Zahnersatzes gemäß der zu erwartenden Kaubelastung, alle in den Normenvorgaben einzuhaltenden Bearbeitungs- und Anwendungsrichtlinien und die Einhaltung von Verarbeitungsverboten – wie z. B. das Löten, wenn der Behandler diese Art der Metallverbindung untersagt hat. Randbemerkung: Das Löten ist nicht grundsätzlich verboten; es besteht aber bei Verwendung verschiedener Metalle ein Korrosionsrisiko am jeweils unedleren Metall.

Es ist sinnvoll, dass der Zahntechniker mit den Zahnärzten, mit denen er regelmäßig zusammenarbeitet, eine Referenzorientierung definiert. Im Folgenden sind beispielhaft einige Punkte aufgeführt, für die eine Vereinbarung getroffen werden sollte (die Liste ist nicht vollständig und nicht bindend):

  • Bei ungenauen Abformungen:
    – Abdruckwiederholung, nicht radieren
    – Individuellen Löffel erstellen
  • Konventionell und Implantatprothetik:
    – Einzelkronen auf natürlichen Zähnen Metallgerüst: aus einer hochgoldhaltigen Legierung
    – Einzelkronen auf Implantaten aus Vollkeramik: zementiert oder verschraubt nach Anweisung
    – Brücken auf natürlichen Zähnen VMK-Keramik oder Vollkeramik: zementiert
    – Brücken auf natürlichen Zähnen und Implantaten: zementiert und nicht mehr als 2 Pfeiler verblockt – Brücken auf natürlichen Zähnen und Implantaten: entweder VMK oder Vollkeramik
    – Brücken mit mehr als 2 Pfeilern (VMK oder Vollkeramik): max. 2 Pfeiler verblockt, sonst nach Anweisung
    – Verblockung von mehr als 3 verblockten Pfeilern: verschraubt oder nach Anweisung
    – Kronenränder dünn und scharf, bei Stufenpräparation Zahnkontur nachempfinden
    – Brückenglieder – insbesondere im Seitenzahnbereich – hygienefreundlich, konvex an der Gingiva
    – Bei Implantaten „Putzrillen“ zur Hygieneerleichterung herstellen
    – NEM-Keramikkronen nach dem Brennen sorgfältig abstrahlen
    – Mikrospalt vermeiden (Verschraubungen oder Riegel nur nach Anweisung)
    – Konfektionierte Implantatsekundärteile nicht verändern
    – Nicht auf dem Modell radieren
  • Modell für prothetische Gerüste:
    – Hochgoldhaltige Legierung, Kobaltbasislegierung, Vollkeramik (Empress, Zirkon)
    – Andere Materialien nach Anweisung
    – Teleskopierender Zahnersatz: Primärkronen aus Vollkeramik, Sekundärkronen aus Galvano oder NEM
  • Hybrid- und Totalprothetik:
    – Zähne möglichst auf Kieferkammmitte aufstellen
    – Zähne möglichst nicht einschleifen
    – Balancekontakte über mindestens 3 Zähne
    – Bei Platzmangel Aufstellung bis zum ersten Molaren

Es können sich natürlicherweise viele zusätzliche Einzelvereinbarungen im Verlauf einer Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker ergeben und in die Referenzvereinbarung einfließen. Diese zwischen dem Zahnarzt als Auftraggeber und dem Zahntechniker als Auftragnehmer vereinbarten Rahmenbedingungen müssen nicht bei jedem Arbeitsauftrag erteilt werden und dienen der Vereinfachung der Zusammenarbeit. Biologisch ungünstige Auswirkungen auf Patientenseite können in ihrer Zahl gemindert werden, wenn in den Vereinbarungen auch eine entsprechende Auswahl an Dentalwerkstoffen und Verfahren Beachtung findet bzw. hinsichtlich Nutzen und Risiko abgewogen wird.

Anmerkung der Chefredaktion

Im vorangegangenen Beitrag „Biologisch ungünstige Auswirkungen von Dentalwerkstoffen“ klingt ein Problem an, das nicht neu ist und seit Jahren immer wieder thematisiert wird: Die korrekte Verarbeitung der Werkstoffe. Dabei sind es eben nicht nur die Metalle, sondern in zunehmendem Maße auch die Kunststoffe, die Probleme bereiten können. Das hat der Autor sehr anschaulich herausgearbeitet.

Zu unterstreichen ist aber insbesondere der Aspekt der Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker. Beide müssen ihren Verantwortungsbereich wahrnehmen. Der Zahnarzt, dass er eben mit seinem Techniker tatsächlich direkt kommuniziert und der Zahntechniker, der die optimale Materialverarbeitung anstrebt und auch einmal dem Zahnarzt eine Rückmeldung gibt, dass ein Arbeitsschritt wiederholt werden muss, wenn die gelieferte Grundlage für die zahntechnische Umsetzung nicht ausreicht.

Hier müssen die Begriffe „Vertrauen“ und „gegenseitiger Respekt“ vor „Gewinnmaximierung“ und „Zeit sparen“ stehen. Dann steht nicht nur die Gesundheit des Patienten wieder im Mittelpunkt, sondern auch das Arbeiten macht Spaß.

Prof. Dr. Peter Pospiech

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