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Nachbericht 21. Prothetik Symposium: von herausnehmbaren Versorgungen und digital-gestützter Fertigung

Praxis auf der Bühne

Prothetik 4.0 – noch Vision oder schon Wirklichkeit? Erkenntnis und Klarheit über neue Behandlungs-, Praxis- und Laborkonzepte versprachen die Initiatoren Merz Dental und der Quintessenz Verlag. „Neue digitale Prozessketten bieten Vorteile auch im Bereich der herausnehmbaren Versorgungen“, so leiteten Friedhelm Klingenburg, Merz Dental, und Christian Haase, Quintessenz Verlag, das 21. Prothetik Symposium ein. Das Prothetik Symposium ist eine feste Institution für Zahntechniker und Zahnmediziner, das zeigte wiederholt die hohe Teilnehmerzahl von 500 Gästen Ende November in Berlin. Die fachliche Leitung der Veranstaltung haben abermals PD Dr. Jan-Frederik Güth und ZT Josef Schweiger übernommen und führten gewohnt souverän durch den Tag. Erstmals auf dem Prothetik Symposium wurde außerdem eine Live-Demonstration, die Versorgung eines Patienten mit einer vor Ort digital erstellten Totalprothese, gezeigt.

500 Teilnehmer erlebten beim 21. Prothetik Symposium live zwei Zahnarzt-Sitzungen mit dem Resultat einer eingesetzten fertig gefrästen herausnehmbaren Versorgung – und das innerhalb von sechs Stunden. Merz Dental GmbH
500 Teilnehmer erlebten beim 21. Prothetik Symposium live zwei Zahnarzt-Sitzungen mit dem Resultat einer eingesetzten fertig gefrästen herausnehmbaren Versorgung – und das innerhalb von sechs Stunden.
500 Teilnehmer erlebten beim 21. Prothetik Symposium live zwei Zahnarzt-Sitzungen mit dem Resultat einer eingesetzten fertig gefrästen herausnehmbaren Versorgung – und das innerhalb von sechs Stunden.

Aufregend und mit Spannung erwartet: So startete die erste Live-Versorgung auf dem Prothetik Symposium eines Patienten mit einer Baltic Denture System Prothese. Dr. Dr. Olaf Klewer M.Sc. (Aachen) erklärte mit seiner Assistentin Jasmin Göppert (ZMF, Merz Dental) die Bühne zum Behandlungszimmer und begann den Prozess der digital hergestellten Prothese mit der Funktionsabformung der unbezahnten Kiefer. Mit dem BDKEY® Set nahm der Zahnarzt die Abformung, Bissnahme und Übertragung vor. Die Visualisierung der Okklusionsebene und der Gesichtsmitte erfolgte bei dem geduldigen Patienten mittels BDKEY® Plane und BDKEY® Fin, die am UPPERKEY befestigt werden. Dieser wurde durch vollflächiges Auffüllen mit dem thermoplastischen Abformmaterial BDImpress® lagerichtig zur Okklusionsebene und Gesichtsmitte positioniert. Bei der anschließenden Verschlüsselung beider BDKEY® wird die Definition der patientengerechten Kieferrelation deutlich erleichtert und mit der Abformmasse BDImpress® im basalen Bereich des LOWERKEY fixiert.

Die Referenten des 21. Prothetik Symposiums in Berlin. Merz Dental GmbH
Die Referenten des 21. Prothetik Symposiums in Berlin.

Ein für Dr. Dr. Olaf Klewer schneller, sicherer und einfacher Abformprozess, der hervorragende präzise Ergebnisse und somit eine hohe Effizienz liefert. Bei der folgenden Überprüfung der Funktionsbewegungen sowie der Ästhetik wurden die Lach- bzw. Lippenschlusslinie analysiert. Nach nur 30 Minuten übernahm ZTM Pawlos Stilos die ermittelten Informationen und leitete im Hotelfoyer aufgebauten Dentallabor den digitalen Konstruktionsprozess ein. Während des Symposiums ließ Pawlos Stilos das Publikum am aktuellen Status der CAD Konstruktion mit der Software BDCreator® PLUS sowie dem Fräsprozess mit den vorkonfektionierten BDLoad® teilhaben. Die Spannung blieb den ganzen Tag über erhalten, schließlich ging es um die wichtige Fragestellung, ob die Prothese bis Veranstaltungsende fertig ist und dem Patienten passt.

Faszination 3D-Druck

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Als begeisterter 3D-Druck-Anwender kam ZTM Ralf Oppacher (SHERA, Lemförde) auf die Bühne und motivierte zum Umdenkungsprozess. Für ihn erstreckt sich der digitale Workflow vom Intraoralscan über das Design bis hin zur Fertigung durch das 3D-Druckverfahren. Modelle mit Gingiva und Implantaten, Aufbiss-Schienen aus klarem Druckkunststoff, Bohrschablonen für die Implantologie, KFO-Klebehilfen oder Kronen und Modellgüsse in ausbrennbarem Kunststoff lassen sich mit hoher Präzision und Prozess-Sicherheit mit den aktuellen 3D-Druckern realisieren.

Aus seinem Vortrag ging ein klares Statement an die Zahntechniker hervor, Innovationen wie Intraoralscannen und 3D-Druck voranzutreiben. Damit können sich Laborinhaber als Technologieführer bei ihren Kunden positionieren. Fazit von ZTM Ralf Oppacher: „Der 3D-Druck lässt sich sinnvoll und wirtschaftlich in konventionelle Arbeitsabläufe integrieren und liefert die gesamte Bandbreite an präzisen Ergebnissen.“

Wo startet digital, wo hört analog auf?

ZTM Dietmar Schaan (Amann Girrbach, A-Koblach) beschäftigte sich mit der Fragestellung, ob CAD/CAM mit der Indikation Totalprothetik den täglichen Anforderungen in der Totalprothetik genügt. Die digitalisierten Totalprothetik-Prozesse im Ceramill-System unterteilte er in Standard- und Individualabläufe. Bei dem herkömmlichen Ceramill Full Denture System erfolgt nach dem lagerichtigen Scannen das Design in der Software Ceramill D-Flow und die digitale Herstellung mit Wachsanprobe. Hier endet der digitale Prozess, die Fertigstellung erfolgt mit der Aufstellung der Kunststoffzähne dreier großer Marktanbieter: VITA Zahnfabrik, KULZER und Merz Dental.

Mit dem neuesten Update der Ceramill-Software wird mit dem Baltic Denture System ein voll digitalisierter Weg der Herstellung eines 28ers ermöglicht, der höchst präzise, effizient und zeitsparend ist. Doch die besten Ergebnisse entstehen laut Dietmar Schaan erst, wenn Zahnarzt und Zahntechniker zusammen als Team dem Patienten das Gefühl geben, dass die neue Prothese allen Anforderungen gerecht wird. Dabei sei es unerheblich, ob sie als Standard- oder als Individualversorgung entsteht.

Schwachstellen in der digitalen Zahnmedizin

Kritisch betrachtet wurde die Digitalisierung in der Zahnmedizin von ZT Daniel Pally und PD Dr. Dr. David Schneider (CH-Zollikon). Als positive Faktoren nannten sie die Standardisierung und die Reproduzierbarkeit präziser Ergebnisse sowie eine ausgewogene Vielfalt an verfügbaren Materialien wie z. B. PEEK. Negativ hingegen beurteilten die Schweizer die Umsetzung des digitalen Workflows in der Praxis und im Labor. Vornehmlich sieht das Team dabei die fehlende Kompatibilität und die Investitionskosten als nachteilig. Outsourcing, vor allem an Drittanbieter, wird als Schwachstelle mit Logistikproblemen gerade auch im Zeitmanagement gesehen. Lediglich ein digitales Inhouse-Konzept kommt für die Beiden in Frage.

Eindeutige Vorteile stellten sie bei ihrem umgesetzten Praxiskonzept, der digitalgestützten schablonengeführten Implantation, heraus. Nach dem optischen Scan des Set-ups im Labor und einem DVT ohne Schablone in der Praxis, erfolgen die virtuelle chirurgische Planung und der 3D-Druck der Bohrschablone. Ein für Daniel Pally und Dr. Dr. David Schneider schlüssiges Erfolgskonzept, weil die präoperative Vorbereitung und Patientenaufklärung ergebnisorientiert durchführbar ist.

Moderne altersgerechte Prothetikkonzepte

Prof. Dr. Martin Schimmel nahm das Publikum mit in die Welt der Geroprothetik. Die Verringerung der Keimlast gehört für Prof. Schimmel ebenso zu zahnmedizinischen Zielen wie die Förderung der mundheitsbezogenen Lebensqualität. Dazu zählen die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der Kaufunktion und die Sicherung einer akzeptablen oralen Ästhetik. Die Ästhetik findet sich nicht bei Versorgungen mit klammerbasierten Teilprothesen wieder. Hier sieht Prof. Schimmel ganz klar die negative Beeinflussung der oralen Gesundheit, die Förderung von Plaque und Gingivitis sowie die Erhöhung des Kariesrisikos. Schimmel betonte: „Moderne Konzepte sind gefragt, die dem physiologischen Altern und der Autonomie der Patienten entsprechen.“ Ist der physische und mentale Status des Patienten sowie das soziale Umfeld des betagten Patienten noch zuträglich, kommt die Standardversorgung des zweiteiligen Implantats in Frage. Die minimal-invasiven Eingriffe werden an Begleiterkrankungen angepasst und die Implantatlänge als auch der -durchmesser so klein wie möglich gehalten.

Bei Patienten im 4. Lebensabschnitt mit hoher Pflegebedürftigkeit und eingeschränkter manueller Geschicklichkeit bietet sich mit der schleimhautgetragenen Totalprothese ein modernes Prothetikkonzept an. Die Standardisierung der klinischen Abläufe, das „industrielle“ Design und die Fräsung versprechen geringere Kosten, bessere Materialeigenschaften und vor allem weniger Zahnarztbesuche für die betagten Patienten. Für sie sei es besser, so Prof. Schimmel: „Die Dinge so einfach wie möglich zu machen!“

Kombiarbeit 4.0

Einen praxisorientierten Lösungsansatz für digitale Prozesse im Labor skizzierten ZTM Jan Berger und ZTM Daniel Seebald: „Die Kombiarbeit 4.0“, eine digitale Prozesskette zur Herstellung teleskopbasierter Versorgungen. Um die geforderte Präzision zu erhalten, werden die Primärteile zusätzlich zum optischen Scan mit dem taktilen Renishaw-Scanner gescannt und im Workflow mit der Tizian Cut Fräsmaschine fertigt. Ein für sie zukunftsweisender, sicherer Workflow mit vorhersehbaren sowie reproduzierbaren, ästhetischen Ergebnissen. Während der Behandlung erhält der Patient gefräste Eierschalenprovisorien, „damit ist der Patient über den gesamten Behandlungszeitraum gut versorgt“. Automatisierte Fertigungsprozesse sehen die Zahntechnikermeister als gewinnorientierte Qualitäts- und Effektivitätssteigerung für das Labor. Die digitale Datenübertragung garantiert eine schnellere und direktere Kommunikation zu den Zahnärzten – ein anregender Vortrag, der zeigte, dass es ohne CAD/CAM in der Zahnmedizin und Zahntechnik nicht mehr geht.

Smile Design – auch für herausnehmbaren Zahnersatz

„High-End-Ästhetik muss sich auch in der herausnehmbaren Prothetik wiederfinden“, forderte Prof. inv. Dr. Jürgen Wahlmann (Edewecht) eindringlich und öffnete mit seinem Vortrag die Augen für fantastische ästhetische Möglichkeiten auch in der nicht-festsitzenden Prothetik. Mit dem Digital Smile Design Konzept zeigt er Patienten das ästhetische Ergebnis von Versorgungen bereits vor der Behandlung auf. Die Methode visualisiert die neuen Zähne im Mund. Beste Voraussetzungen also, um Form und Farbe der herausnehmbaren Versorgung optimal auf das Gesicht, die Mimik und den Typ abzustimmen. „Für das Lächeln, das Patienten sich wünschen“, betonte Prof. inv. Dr. Jürgen Wahlmann. Wie es funktioniert?

Anhand von Patientenfotos wird softwareseitig ein Vorschlag gestaltet, der über die Aufnahmen geblendet wird. Gemeinsam mit dem Patienten werden Form, Farbe und Gestaltung bearbeitet, bis eine optimale Lösung gefunden wird. Umgesetzt werden die digitalen Daten in ein Wax-Up und für den nächsten Patiententermin in ein Mock-Up. Eine hervorragende Möglichkeit für den Patienten, das künftige Ergebnis im Spiegel sichtbar und für Lippen und Zunge erlebbar zu machen. Ist er zufrieden, wird seine neue Versorgung realisiert. Prof. Wahlmanns Resümee: „Egal ob festsitzend oder herausnehmbar, High-End-Ästhetik ist für jeden umsetzbar.“

Grundlagen der Materialbearbeitung und -befestigung

Silan-MA als Primer bei Glaskeramik und Kunststoff, Phosphorsäure-MA bei Oxidkeramik als auch NEM und Disulfid-MA bei Gold und Edelmetall nutzen, unter anderem diese Tipps gab Prof. Dr. Martin Rosentritt (Universität Regensburg). In seinem Vortrag ging es um die praktische Anwendung von Primern und Reinigungs- und Befestigungsmöglichkeiten wie Zementieren und Kleben. Dafür ging Prof. Dr. Rosentritt auf die Vielzahl der zahnfarbenen Materialien und deren chemischen Eigenschaften ein, die die richtige Bearbeitung sowie Befestigung bedingen. Ein sehr anschaulicher Vortrag, der ein hohes Maß an Wissen darüber vermittelte, welche Werkstoffe wie befestigt werden müssen, um eine Versorgung erfolgreich einzugliedern.

Gute Ziele sind SMART

Erfolg ist etwas sehr persönliches und wirtschaftlicher Erfolg ist das Ergebnis von gutem Management (Personal, Marketing, Organisation und Finanzen). Erfolg kann jedoch nur generiert werden, wenn vorher eine eindeutige Zieldefinition erfolgt. „SMART sollte diese sein“, erklärte Uwe Schäfer (HEALTH AG, Hamburg). SMART steht für spezifisch, messbar, aktiv beeinflussbar, realistisch und terminierbar. Im Abschlussvortrag des Symposiums gab der Betriebswirt den Teilnehmern seine persönliche Erfolgsformel mit auf den Weg: E = ZeitQ. Gemeint ist damit die Erhöhung der Lebensqualität bei sich einstellendem Erfolg. Unternehmerisches Format, wertschätzende Kommunikation mit Partnern, Mitarbeitern und Patienten, Innovationsfreude, chancenorientiertes Denken und Handeln und letztlich der eigene Fokus auf Erfolg führte Uwe Schäfer als Erfolgsfaktoren an, mit denen der Praxisinhaber unter sonst gleichen Bedingungen erfolgreicher ist. Damit lieferte er motivierende Ansätze mit einer inhaltlich wertvollen Take-Home-Message für die Teilnehmer.

Fazit

Seinen Höhepunkt erreichte das Prothetik Symposium nach dem letzten Vortrag mit dem Einsetzen der fertig gefrästen und finalisierten herausnehmbaren Prothese. Die Teilnehmer erlebten eine reibungslose Eingliederung und einen Patienten mit einem strahlenden Lächeln, denn die Versorgung passte auf Anhieb. Mühelos zählte der Patient mit einwandfreier Phonetik von 50 bis 60… Ein großartiges Resultat des 21. Prothetik Symposiums, das das Publikum mit begeistertem Applaus honorierte.

Das fachlich hervorragende Moderatorenduo, die spannende 2-Sitzungsbehandlung und ein großartiger Vortragsmix mit erfahrenen Referenten machten das Prothetik Symposium wieder zu einem Highlight im dentalen Fortbildungsjahr. Das anschließende Get-Together nutzten Zahnärzte, Zahntechniker, Meister- und Berufsschüler, um Antworten auf ihre Fragen zum Baltic Denture System zu erhalten sowie zum zwanglosen intensiven Austausch mit Kollegen und Referenten. Zum Schluss noch der Hinweis auf das 22. Prothetik-Symposium, das am Samstag, den 01.12.2018, dann wieder einen Tag vor dem 1. Advent, in Berlin stattfindet.

Claudia Gabbert

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