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Nachbericht zur 47. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie e. V.

Teil 2: Zeitgemäße Zahnprothetik – nach allen Regeln, mit allen Mitteln der Kunst

Lesen Sie im Folgenden den zweiten Teil unseres ausführlichen Nachberichts zu den Vorträgen und dem Programm der 47. Jahrestagung der ADT vom 31. Mai bis 02. Juni 2018 in Nürtingen.

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PD Dr. Bogna Stawarczyk, M. Sc. (München) sprach über „Zirkoniumdioxid und seine Generationen“ und ging dabei auf die Veränderungen ein, die dieser Werkstoff in nunmehr nahezu 20 Jahren erfahren hat. Der hohen Festigkeit stand die opake Farbe gegenüber, die seither hin zu mehr Transluzenz verändert wurde – bei technisch bedingter, gleichzeitiger Verringerung der Festigkeitswerte. Dies mache es notwendig, die verschiedenen Zirkoniumdioxid- Generationen (wie 3Y-TZP-A oder 5Y-TZP) zu kennen und streng nach Indikationsfreigabe der Hersteller zu verwenden, um die jeweiligen Werkstoffeigenschaften für die Restaurationen optimal zu nutzen.

Abb. 1: ZTM Vincent Fehmer. David Knipping, Lindau
Abb. 1: ZTM Vincent Fehmer.

In „Digitale Zahnmedizin – Möglichkeiten und Grenzen computergestützter Technologien in der festsitzenden Prothetik“ zeigte ZTM Vincent Fehmer (Genf), wie sich die anfänglichen Grenzen zahntechnisch CAD/CAM-gestützter Fertigung immer weiter zugunsten eines kompletten zahnärztlich/zahntechnisch digitalen Workflows verschoben haben – und weiter verschieben (Abb. 1). Für Fehmer kommt dabei der Haltbarkeit der Restauration eine, wenn nicht „die“ entscheidende Bedeutung zu. Dieser Forderung nach Langlebigkeit würden monolithische Zirkoniumdioxid-Restaurationen auf das Beste gerecht – bei gleichzeitig guter Ästhetik durch die Oberflächenkolorierung mittels Malfarben. Fehmer zeigte aber auch, dass die Maltechnik an die ästhetische Qualität dentalkeramisch geschichteter Verblendungen (noch) nicht heranreicht. Für ihn gilt es daher, Werkstoffe und Verblendart nach der jeweiligen Indikation und Kaukraftbelastung sowie der gewünschten ästhetischen Wirkung auszuwählen und (gegebenenfalls) zu kombinieren.

Fluoreszierende Zirkoniumdioxide (wie Lava Esthetic, 3M, Seefeld) oder Resin-Nano-Keramiken (wie Lava Ultimate) für die non-invasive Therapie sowie die CAD/CAM-gestützte Fertigung standen Pate für den Vortrag „Weiß und digital – das Leben wird einfacher“ von ZT Josef Schweiger (Unterhaching, Abb. 2). Schweiger zeigte, wie sich mittels einer indikativ richtigen Werkstoffwahl sowie des digitalen Designens und Fertigens die Wirkung der späteren Restauration vorteilhaft unterstützen lässt. Das in seinen Fallbeispielen gezeigte „Münchener Schienenkonzept“ wurde später in einem „Einspringervortrag“ über „Innovative Möglichkeiten zur Vorbehandlung komplexer Fälle“ von ADT-Präsident Prof. Dr. Daniel Edelhoff (München) weiter vertieft (Abb. 3) – und deshalb an dieser Stelle aufgeführt. Edelhoff berichtete, dass sich aufgrund zunehmender Abrasionsdefekte durch Biokorrosion die Defektmorphologie verändern und beispielsweise in einer fehlenden Abstützung manifestieren würde. Neben funktionellen, phonetischen und ästhetischen Einschränkungen ließe dies die Patienten „voraltern“. In seinen Fallbeispielen wurde in strukturierten Arbeitsprozessen die definitive Restauration mittels Wax-ups antizipiert und in Mock-up-Schienen überführt, die digital aus Polykarbonat gefertigt wurden. Diese Schienen dienten einem funktionellen „Probefahren“, um gegebenenfalls notwenige Korrekturen in der definitiven Restauration zu berücksichtigen.

Abb. 2: ZT Josef Schweiger. David Knipping, Lindau
Abb. 2: ZT Josef Schweiger.
Abb. 3: Prof. Dr. Daniel Edelhoff. David Knipping, Lindau
Abb. 3: Prof. Dr. Daniel Edelhoff.

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Für ZT Andreas Nolte (Münster) sind „Fluoreszenz, Transluzenz und Opazität bei Zirkoniumdioxid“ Eigenschaften, die die ästhetische Wirkung einer Restauration von Grund auf beeinflussen. In seinen Erläuterungen zur Gestaltung der Arbeiten schwangen immer wieder Hinweise mit, den Patienten zuzuhören, um deren Vorstellungen und Wünsche zu erfassen und in die Arbeit zu integrieren. Dies unterstrich Nolte auch durch seine Botschaft „werdet zu Beurteilern, Planern, Architekten“. Auch für die Reproduktion der Zahnfarbe ist diese Aussage bedeutsam, da sich die Werkstoffwahl neben dem Restaurationsumfang und dessen Belastung auch nach der Zahnfleischfarbe und -dicke („ein Zirkon für alles funktioniert nicht“) richten sollte: je heller und dünner das Zahnfleisch, desto transluzenter das Zirkoniumdioxid. Sehr klar strukturiert zeigte Nolte, wie er patientenindividuelle ästhetische Restaurationen entstehen lässt und welchen Anteil Emergenzprofil, Zahnform, Farbe und Oberflächenstruktur daran haben – und beeindruckte damit sein Publikum.

Wie aus Kenntnis der Begriffe „Brightness – Value … Helligkeit“ ästhetische Zahnprothetik entsteht, daran ließ ZTM Haristos Girinis (Nagold) das ADT-Publikum teilhaben. Eine Einflussgröße dieser Ästhetik ist die Opazität/Transluzenz des Gerüstwerkstoffes. Darüber hinaus spielen aber der dentalkeramische Verblendwerkstoff sowie dessen Schichtung eine entscheidende Rolle, um die gewünschte Helligkeit der Farbe zu erzielen. Hierzu legt Girinis die höchste Helligkeit im zentralen Drittel des Zahnes an, indem er das Dentin bei der von ihm gewählten Keramik mit „Value Dentin“ modifiziert. Durch seine ergänzende Oberflächentextur entsteht so bei jedem Lichteinfall- und Betrachtungswinkel eine optimale Farbwirkung bei seinen Arbeiten. In seinem „ADT-Lernziel“ gab er dem Publikum mit auf den Weg: „Stimmt die Helligkeit, bleibt die Farbe stabil …“

Digitale Verfahren – auswählen und kombinieren

ZTM Christian Hannker (Hüde) referierte zu „Digital & Analog, das Beste aus beiden Welten“. Ob zahn- oder implantat- oder schleimhautgetragen – für Hannker lässt sich Totalprothetik in Brücken- oder Prothesenform schon heute komplett digital fertigen. Hierzu trägt die Design-, Material- und Fertigungsvielfalt bei, die der Prothetikvielfalt entspricht. Neben der digitalen Laborausstattung würde die Ergebnisqualität ganz entschieden aber auch vom Know-how des Zahntechnikers abhängen, so Hannker. Neben der anatomisch richtigen Gerüstgestaltung sei Letzteres auch für die Werkstoffwahl und deren Bearbeitung relevant.

Abb. 4: Prof. Dr. Karsten Kamm. David Knipping, Lindau
Abb. 4: Prof. Dr. Karsten Kamm.

Mit „Der digitale Weg in die Praxis – Wirklichkeit und Visionen“ knüpfte Prof. Dr. Karsten Kamm (Köln) in etwa an seinen Vorredner an, indem er die Fülle digitaler Anwendungen für die Prothetik ausbreitete – und wie sich dadurch die Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor sowie innerhalb der Labore verändern würde (Abb. 4). Ob Zahnfarbbestimmung, Funktionsdatenerfassung, Gesichtsscan und virtuelles Imaging, ob Implantatplanung, Intraoralscanner-gestützte Abformung, Modellfertigung oder Modellscan, ob Design und Fertigung – durch dies alles verdichtet sich das interdisziplinäre Miteinander zunehmend. Und durch die zu erwartenden (Weiter-)Entwicklungen würde dieser digitale Workflow immer kompletter: So wird über „Augmented Reality“ – ein Vorherwissen, wie die fertige Arbeit aussieht – das „Backward Planning“ für alle Bereiche der Prothetikfertigung anwendbar sein.

Implantatprothetik – digital optimieren

Die Rot-Weiß-Ästhetik entscheidet oft (immer?) bei implantatgetragenen Restaurationen über deren Gesamtwirkung. Wie diese digital beeinflusst werden kann, darüber informierte Dr. Haki Tekyatan (Simmern) das ADT-Publikum in seinem Vortrag „Soft Tissue Management an Implantaten 2.0 – der digitale Workflow in der Implantologie“. Tekyatan zeigte, welchen Einfluss das Implantologieprotokoll auf die Gestaltung der Mukosa hat und wie ein optimales Emergenzprofil geschaffen werden kann – beides Faktoren für die Ausgewogenheit der oben genannten Rot-Weiß-Ästhetik. Durch ein direktes Scannen des Implantats nach dessen Insertion sowie die Fertigung individueller Gingivaformer – in der anatomisch adäquaten Geometrie des Durchtrittsprofils – ließen sich dazu beste Voraussetzungen schaffen.

ZT Stephan Adler (Kaufering) kombiniert seine eigene implantatprothetische zahntechnische Expertise mit der einer Outhouse-Fertigung. Über das „Wie“ informierte er in seinem Vortrag „Große Suprastrukturen vorhersagbar anfertigen mittels externer CAD/ CAM-Technologien“. Für ihn gehören dazu zwischen Praxis und Labor abgestimmte Arbeitsprozesse, in denen alle Ablaufdetails vor Beginn der Fertigung festgelegt sind. Ob beispielsweise das Meistermodell – das die Mundsituation 1:1 widerspiegelt – durch offene oder geschlossene Abformung gewonnen wird, ob auf Implantatoder Abutmentebene gefertigt werden soll oder ob die Restauration verschraubt oder zementiert eingegliedert wird – Adler strukturiert hiernach (und weiteren Parametern) seine Arbeitsschritte und schließt diese jeweils mit einer Qualitätskontrolle ab. Der dem Patienten und Zahnarzt vorhergesagten implantatgetragenen Prothetik nähert sich Adler so schrittweise an – ohne Überraschungen zu erleben. Und dies betrifft auch seine Zusammenarbeit mit einem externen Fertiger (Atlantis, Dentsply Implants, Bensheim), dessen Wissen und Können er in seine Arbeiten integriert.

Abb. 5: ZTM Björn Roland. David Knipping, Lindau
Abb. 5: ZTM Björn Roland.

Für ZTM Björn Roland (Klein-Winternheim) ist der Inhouse-3DDruck von Bohrschablonen eine Innovation, die mehr und mehr in den Implantologiekonzepten seiner Kunden berücksichtigt wird; und sie gehören zur Antwort auf sein Vortragsthema „Moderne Konzepte in der Implantatprothetik – wo leisten uns digitale Technologien sinnvolle Hilfestellung?“ Für Roland (Abb. 5) gehört hierzu alles, was Behandlungs- und Fertigungsprozesse verkürzt und/ oder in ihrer Qualität optimiert. Als Teil eines strukturierten Protokolls nannte er des Weiteren auch den Modelldruck oder präoperativ gefertigte Provisorien.

Bester Vortrag 2018

Abb. 6: ZTM Jürgen Mehrhof. David Knipping, Lindau
Abb. 6: ZTM Jürgen Mehrhof.

Als „Bester Vortrag 2018“ beurteilten die ADT-Teilnehmer die Ausführungen von ZTM Jürgen Mehrhof (Berlin, Abb. 6). In seinem Vortrag widmete sich Mehrhof zunächst der Kommunikation mit dem Patienten – was sind dessen Wünsche, welche Vorstellungen hat dieser. Um eine „Blaupause der Natur“ zu fertigen, nutzt Mehrhof seine umfangreiche gescannte Modellsammlung. In Kombination mit einem Gesichtsscan kann er so die ästhetische Wirkung der Restauration simulieren und gemeinsam mit dem Patienten das gewünschte Design auswählen. Indem Mehrhof ergänzend zu den Zahnformen auch die Strukturen von Gingiva und Papillen integriert, kommt er zu sehr patientenindividuellen Ergebnissen. In der weiteren Gestaltung der Prothetik ist es Mehrhof wichtig, Voraussetzungen für eine optimale Prothesenhygiene zu schaffen – ein „Ovate Pontic Design“ mit fließenden Übergängen (nischenfrei!) sowie Putzkanäle gehören für ihn dazu. Seine Gerüstgestaltung, mit der er die Langlebigkeit seiner Arbeit unterstützt und die ihm gleichzeitig Basis für eine Keramikschichtung mit hochästhetischer Wirkung ist, erzielt Mehrhof durch die Kombination von Dentalerund Open-Source-Software.

Die „ADT“ – wegweisend auch 2019

Abb. 7 u. 8: Auch 2018 konnten sich Interessierte wieder in der begleitenden Industrieausstellung über neue und bewährte Produkte informieren. David Knipping, Lindau
Abb. 7 u. 8: Auch 2018 konnten sich Interessierte wieder in der begleitenden Industrieausstellung über neue und bewährte Produkte informieren.

Prof. Dr. Daniel Edelhoff, PD Dr. Jan Güth (beide München), ZTM Wolfgang Weiser (Essingen), ZTM Rainer Gläser (Freiburg) und ZTM Hans-Jürgen Stecher (München) als Vorstand sowie Marion Becht als Organisatorin hatten für die ADT-Jahrestagung 2018 ein Programm zusammengestellt, dessen Vorträge mit großem Applaus anerkannt wurden. Die Jahrestagung 2019 findet vom 20. bis 22. Juni statt, wiederum in der Stadthalle Nürtingen. Dort wird dann das 40-jährige Gründungsjubiläum der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie e. V. gefeiert und mit einem ganz speziellen Programm gekürt.

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