3D-Druck – nicht vor der Abrechnung drücken

Innerhalb der digitalen Fertigungsprozesse findet der 3D-Druck immer mehr Anwendungsgebiete. Allerdings ist die Erstellung der passenden Leistungen zu den erbrachten Arbeitsschritten abrechnungstechnisch nicht immer klar. Welche Leistungen entstehen in diesem Zusammenhang und welche werden über die herkömmlichen BEB-Leistungen abgedeckt? Was es zu berücksichtigen gilt, zeigt Abrechnungsexperte Stefan Sander.
Wenn über CAD/CAM-Leistungen gesprochen wird, denken wir in erster Linie an digitales Konstruieren und digitale Fertigung. In der Fertigung liegt der Fokus in der Regel auf den Fräsanlagen, mit denen aus den verschiedenen Werkstoffen die entsprechenden Konstruktionen herausgefräst werden. Im 3D-Druck wird ein anderer Weg beschritten.
Hier werden die Konstruktionen additiv aus dem jeweiligen Werkstoff aufgebaut bzw. gedruckt. Diese Vorgehensweise erzeugt in der Abrechnung neue andere BEB-Leistungen, die mit bereits bestehenden CAD/CAM-Leistungen kombiniert werden können. Ein großes Problem besteht darin, dass in keiner offiziellen BEB-Liste Abrechnungspositionen vorhanden sind, die die 3D-Technologie abbilden.
Dagegen steht der Vorteil, dass die BEB-Listen um genau diese Positionen erweitert werden können. Dazu müssen aber nicht nur die „reinen“ digitalen Leistungen betrachtet werden, sondern auch die dazugehörigen „Standardleistungen“. Sehr oft werden Arbeitsprozesse in der Gesamtheit betrachtet.
Das Risiko besteht dann darin, dass Leistungen nicht separat erkannt werden. Was kann das bedeuten? Betrachten wir zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Patient: PKV
Auftrag: 3D-gedruckter Abformlöffel, Situmodell vorhanden
BEB | Position | Menge | Bemerkung |
---|---|---|---|
0xxx | CAD/CAM-Auftragsanlage | 1 | neue Position für das Anlegen des Auftrags in der Software |
0xxx | Model einscannen | 1 | neue Position, je Scan |
0xxx | Modell digital ausblocken | 1 | neue Position für das Ausblocken des Modells als Platzhalter für die spätere Abformung |
1xxx | CAD-Konstruktion Abformlöffel | 1 | neue Position |
1xxx | Abformlöffel 3D-gedruckt | 1 | neue Position |
Mat. | Druckmaterial |
Das Material kann entweder separat abgerechnet oder dem 3D-Löffel zugerechnet werden. Auf den ersten Blick scheint es sicher einigen übertrieben, 5 Leistungen für einen gedruckten Löffel aufzurufen. Aber sind das nicht die Arbeitsschritte, die im Labor erbracht werden?
Je nach Verfahren könnten noch weitere Leistungen angelegt und dokumentiert werden. Das Ziel dieser „aufwendigen“ Leistungsdokumentation ist es, die größtmögliche Flexibilität in der Abrechnung zu erreichen.
Gleichzeitig schafft man so eine solide Basis, um auf unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen mit individuellen Leistungspositionen reagieren zu können. Weshalb hier Flexibilität Trumpf ist, lässt sich gut an folgendem Beispiel erkennen.
Patient: PKV
Auftrag: 3D-gedruckter Abformlöffel, Intraoralscan
BEB | Position | Menge | Bemerkung |
---|---|---|---|
0xxx | CAD/CAM-Auftragsanlage | 1 | neue Position für das Anlegen des Auftrags in der Software |
0xxx | Intraoralscan prüfen | 1 | neue Position, je Scan |
0xxx | Modell digital ausblocken | 1 | neue Position für das Ausblocken des Modells als Platzhalter für die spätere Abformung |
1xxx | CAD-Konstruktion Abformlöffel | 1 | neue Position |
1xxx | Abformlöffel 3D-gedruckt | 1 | neue Position |
Mat. | Druckmaterial |
Natürlich lassen sich auch Arbeitsprozesse zusammenfassen. Dies kann möglicherweise kundenseitig gewünscht sein, muss aber nicht zulasten der Dokumentation erfolgen. So könnte man in obigem Beispiel etwa die Positionen „Intraoralscan prüfen“, „Modell digital ausblocken“ und „CAD-Konstruktion Abformlöffel“ auch einfach unter dem Überbegriff „Serviceleistung“ deklarieren.
Die angewendete BEB bietet die Möglichkeit zu einer sehr individuellen Leistungsdokumentation. Es sind dabei aber jeweils die spezielle Ausgangssituation und das gewünschte Ergebnis zu betrachten. Nehmen wir, um das zu verdeutlichen, den Bereich der 3D-gedruckten Modelle: Auch hier müssen die einzelnen Parameter in den Leistungspositionen berücksichtigt werden.
Handelt es sich beispielsweise um ein komplettes oder partielles Modell bzw. Sägemodell oder Segmente? Sind herausnehmbare Bereiche vorhanden und wo sind die Stümpfe zu verorten: „im Modell“ oder separat? Aus welchem Material bestehen sie (z.B. zahnfarbener Kunststoff bei Vollkeramik)?
Und nicht zuletzt: Ist ein Intraoralscan vorhanden oder wird der Abdruck im Labor eingescannt? Ziel dieser Fragen ist es wie stets, sich alle Arbeitsschritte, die im Labor erbracht werden, zunächst als solche bewusst zu machen.
Denn digitale Leistungen und Techniken sind zwar ein großer Zugewinn in den zahntechnischen Arbeitsprozessen, doch ergeben sich durch die vielfältigen Verfahren auch zwangsläufig sehr unterschiedliche Abrechnungsleistungen. Diese lassen sich nicht pauschal erfassen, was dazu führt, dass die entsprechenden Leistungen in der BEB selbst erstellt werden müssen.
Zusätzlich stellt sich die Frage, wie mit den erzeugten Modellen im weiteren Verlauf gearbeitet wird. Glücklicherweise lassen sich diese Folgeleistungen in der Regel über Standardpositionen erfassen.
Patient: PKV
Auftrag: 3D-gedrucktes Sägemodell, Stümpfe sind herausnehmbar, Intraoralscan
BEB | Position | Menge | Bemerkung |
---|---|---|---|
0xxx | CAD/CAM-Auftragsanlage | 1 | neue Position für das Anlegen des Auftrags in der Software |
0xxx | Intraoralscan prüfen | 1 | neue Position, je Scan |
0xxx | Modellsegment sägen – digital | 1 | neue Position |
1xxx | CAD-Modellgestaltung | 1 | neue Position |
1xxx | Sägemodell gedruckt | 1 | neue Position |
0xxx | Stumpf aus Kunststoff, gedruckt, herausnehmbar | je | neue Position |
1xxx | 3D-Modell, Artikulatorfixierung, je Modell | 1 | neue Position |
Mat. | Druckmaterial |
Selbstverständlich kann dieses gedruckte Modell um zusätzliche Leistungen (z.B. 3D-Zahnfleischmaske, 3D-Stumpf vorbereiten usw.) ergänzt werden. Sobald die neuen Positionen angelegt und in die richtigen Hauptgruppen in der Abrechnungssoftware eingepflegt sind, gilt es lediglich noch, die entsprechenden Preise für die neuen Leistungen zu ermitteln.
Hierzu sind grundsätzlich 2 Kennzahlen notwendig: 1. der Kosten-/Stundensatz des Betriebs; 2. die Planzeiten der neuen Leistung. Kalkuliert wird dann wie folgt:
Kalkulationsweg einer BEB-Leistung Planzeit in Minuten + ca. 25% Rüst- und Verteilzeit x Kosten-/Stunden-/Minutensatz = Herstellungskosten + ggf. Materialkosten + % (5–25) Risikozuschlag + % (5–35) Gewinnzuschlag = Gesamtpreis |
Sollten diese Werte nicht vorliegen, können Sie sich vielleicht an bereits bestehenden Positionen in Ihrer BEB orientieren. Beispiel: Die BEB-Leistung 0xxx „Intraoralscan prüfen“ ist angelegt und soll abgerechnet werden.
Der Zahntechniker benötigt im Durchschnitt 3 Minuten für diese Leistung. Der Kosten-/Stundensatz des Betriebs liegt allerdings nicht vor.
Dafür gibt es aber andere bekannte BEB-Leistungen, die ebenfalls eine Planzeit von 3 Minuten vorsehen – etwa 0306 „Abdecken eines Kieferteiles“ oder 0307 „Radieren des Abschlussrandes“. Diese könnte man dann als Vorlage für die Preiserstellung verwenden, solange kein speziell ermittelter Kosten-/Stundensatz bekannt ist.
Fazit
Die Möglichkeit, zu den konventionellen Herstellungsmethoden und den – meistens vorhandenen – CAD/CAM-Prozessen zusätzlich den 3D-Druck anzubieten, birgt viele Vorteile, wenn diese Leistungen dann auch berechnet werden. Dafür gilt es stets die jeweiligen Herstellungsprozesse im Detail zu betrachten, da diese im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen können. Eine pauschale Abrechnung ist hier nicht empfehlenswert.